Noch ein paar Haltestellen mehr für die NHL in Europa
Im US-Sport überlegen sie immer noch fiebrig, wie sie den europäischen Markt am besten anzapfen können. Nach dem Saisoneröffnungsspiel der NHL in London, wird es nächstes Jahr wieder so eine Veranstaltung in Europa geben. War Anfang Oktober noch Pittsburgh Penguins – Tampa Bay Lightning in Prag die Rede, hört es sich nun etwas anders an. Die Ottawa Sun spricht nun von Tampa Bay Lightning – NY Rangers in Prag und Pittsburgh Penguins – Ottawa Senators in Stockholm. Es könnten in den nächsten Jahren noch mehr werden.
[Nachtrag 27.1.2008: Die Ottawa Sun hat es richtig. Am 26.1. wurden die Begegnungen bekanntgegeben]
Aktion
Derzeit wird sowieso wild spekuliert. Der Start für ein ganzes Feuerwerk von Gerüchten kam aus Russland, wo der Stellvertr. Vorstandsvorsitzender der Gazprom Alexander Medwedjew eine Europaliga in Auftrag gegeben hat (siehe American Arena). Diese Europaliga soll mit Schwerpunkt in Russland (St. Petersburg, Moskau) und Anrainer beginnen (Kiew in der Ukraine, Astana in Kasachstan, Riga in Lettland und finnische Teams). Ziel ist es ein Gegengewicht zur NHL zu bilden um heimische, vulgo europäische Talente zu binden. Hintergrund ist die große Unzufriedenheit in Russland und Schweden, dass die NHL die einheimischen Talente nach Nordamerika bringt, dort teilweise in der AHL versauern lässt, aber nur eine geringe “Entschädigung” nach Russland bzw. Europa zurückfließt. Inzwischen kämpfen die Russen zurück. Seit 1-2 Jahre werden immer wieder vereinzelt Spieler aus der NHL mit großen Verträgen nach Russland geködert. Ein Kooperationsabkommen mit der NHL wurde inzwischen von Russland und Schweden gekündigt. Die Finnen sollen auch noch fristgerecht kündigen.
Laut kanadischer Medien haben schon Verhandlungen über TV-Rechte stattgefunden und soll ein Start bereits im September 2008 anvisiert werden. Einer der Gesprächspartner der neuen Liga, ist das dominante Team Finnlands: Jokerit aus Helsinki. Dessen Besitzer ist Harry Harkimo der in Hamburg die Color-Line-Arena errichten ließ (Standort der Hamburg Freezers und HSV Hamburg/Handball), bevor er sie drei Jahre später im April 2003 verkaufte.
Die Geschichte war auch Thema bei “Hockey Night in Canada”. In “Hotstove” wurde darüber spekuliert, dass diese Europaliga nichts andere werden soll, als ein Faustpfand von Gazprom/Medwedjew, um bei Errichtung einer European Division der NHL als Teilhaber dabei zu sein.
In die Runde wurde dann noch geworfen: die “Eishockey Champions League” die nächsten Winter debüttiert und Mittwochs ausgetragen werden soll, die sogenannte “Champions Hockey League” sowie die angekündigte massive Expansion von ESPN nach Europa für die ESPN ein solches Sportereignis gut brauchen können würde (man merkt, sehr viel mehr Konditionalsätze kann ich nicht mehr schreiben…)
Reaktion
Seitdem diese russischen Pläne bekannt sind, wird auch wieder etwas lauter von einer NHL-Expansion geschwatzt. Entweder will man zumindest verbal Claims abstecken, oder man will die Teambesitzer in Nordamerika beruhigen, denn es gibt einige Teambesitzer die wohl genervt sind, dass die NHL sich erstmal darum kümmert Franchises an nicht Eishockey-affinen Orten wie Phoenix oder Nashville zu etablieren, während der europäische Markt nicht abgegriffen wird.
Nun geht die NHL per Gerüchte in die Offensive. Die Sun Media Group in Kanada will von Spielern gehört haben, dass die Spielergewerkschaft NHLPA derzeit herumreist und Bescheid gibt, dass die Spieler sich in den nächsten 2-3 Jahren auf eine Ausweitung des Spielplans und auf insgesamt 8-10 europäische Spiele pro Jahr einstellen sollen.
Die Gegenrede folgt in Form vom Blogger Tom Benjamin/Canucks Corner. Die Mediengruppe hätte bewusst die Aussagen der Spielergewerkschaft verzerrt wiedergegeben. Die NHLPA hat sich mit einer Ausweitung des Spielkalenders einverstanden erklärt, damit im Spielplan mindestens zweimal jede Mannschaft gegen jede Mannschaft spielen kann. Mit Sicherheit aber nicht, damit die Spieler ermüdende Transatlantikreisen unternehmen. Zumal halbleere Hallen und schlechte TV-Verträge darauf deuten, dass in den USA eben nicht alles Potential durch die NHL ausgeschöpft ist.
Die Einwände klingen plausibel, deswegen sollte man als Europäer noch nicht allzufest auf 8-10 regular season-Spiele der NHL setzen. Wenn man aus deutscher Sicht sich die Bemühungen von NFL, NBA oder ESPN/NASN ansieht, dann noch BBL, DEL und GFL in den Topf packt, kann man sich nur wundern, woher der Glaube an einem pfannenfertigen europaweiten Interesse das nur darauf wartet abgeschöft zu werden, herkommt.
Reaktionen