Screensport am Sonntag

Heute geht eine Ära zu Ende, die nicht direkt mit Sport zu tun hat, aber trotzdem wohl recht viele “sport-affine”, vorallem “motorsport-affine” Menschen betrifft. Mit einer Zusammenstellung der besten Szenen der 22ten Staffel geht heute die Top Gear-Ära mit Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May zu Ende.

Letztendlich kamen die Einschläge immer näher, ohne das Jeremy Clarkson in Sachen Schmerzfreiheit nachließ. Keine Staffel verging mehr, ohne das Clarkson für irgendeine dumme Bemerkung oder Aktion gerüffelt wurde. Allerdings hatte die handgreifliche Auseinandersetzung mit einem der Mitarbeiter aus der eigenen Redaktion eine neue Qualität auf der Clarkson’schen Dummheitsskala erreicht, bei der ich nachvollziehen kann, dass du dich als BBC fragst, wo Clarkson eigentlich noch hin-eskalieren will.

Die Reaktion der BBC: keine Vertragsverlängerung mit Clarkson. Abbruch der 22ten Staffel, bei der drei Episoden in den Giftschrank wandern und eine Montage der besten Szenen dieser in Gänze erst einmal ungesendet bleibenden drei Folgen der 22ten Staffel zum Abschied der drei Moderatoren – Hammond und May weigern sich ohne Clarkson weiter zu machen.

Dass die BBC diesen Schnitt macht, zeigt wie groß die Schmerzen in Sachen Clarkson geworden sind, denn Top Gear ist für die BBC ein Dukatenesel ohne Ende. Verschiedene Medien sprechen von Erlösen zwischen 70 Millionen und 200 Millionen Euro pro Jahr.

Wie es mit der Show weiter geht, ist unklar. Clarkson, Hammond und May machen sich gemeinsam mit dem Produzenten der Show selbstständig und bieten das Konzept anderen Medienhäusern an – die Rede ist u.a. von ITV in Großbritannien und dem “neuen heißen Scheiß” Netflix. Die BBC hat mit Chris Evans, einem sehr populären und autoverrückten Radiomoderator, einen ersten Nachfolger ernannt und sucht nach weiteren Nachfolgern.

Für die BBC besteht das Problem, dass die Sendung im Laufe der letzten 5 Jahre konzeptionell eigentlich nur noch aus Clarkson-Hammond-May und Autos bestand. Tatsächlich hatte die Sendung ursprünglich auch Informationsgehalt in Form von Tests (grandios: die drei Moderatoren ließen ihre Mütter Kleinwagen testen) und Nachrichten. Seit Jahren bestand die Sendung aber nur noch aus “Lass uns mal um die Wette irgendwo hinfahren“, “Lass und irgendwas beknacktes rund um Autos basteln” und “Lass uns mal irgendwo auf der Erde von x nach y fahren” – was die Staffeln inzwischen ermüdend gemacht hat. Irgendwann war es dann scheißegal, ob sie gerade wieder durch die feuchtheißen Dschungel im Amazonas fahren, den feuchtheißen Wäldern Südostasiens oder doch wieder den feuchtheißen Tropen Afrikas. Irgendwann, gegen Sendeminute 20, wurde wieder auf einem selbstgebauten, klapprigen Floss, ein Fluss überquert und irgendwann, gegen Sendeminute 48, fiel Hammonds Auto auseinander.

Die Schmerzfreiheit mit der die Top Gear-Redaktion ihr eigenes Konzept zu Tode lutschten, lässt nichts gutes erahnen, über die Schmerzfreiheit mit der ein Clarkson inzwischen zu agieren glaubte.

Dazu kommt, dass Top Gear inzwischen Konkurrenz in Form diverser Dokukanäle wie Discovery, DMAX, Nat Geo etc… erwachsen ist, die ganze Sendetage damit befüllen, verrückte Scheiße zu machen (Stabilität von Koffern in Sperrmüllanlagen testen) oder Menschen durch verrückte Orte treiben. Das Top Gear-Konzept der letzten Jahre hat aufgehört “einzigartig” zu sein – nur noch die Chemie zwischen Clarkson, Hammond und May hielt das Ding zusammen.

Top Gear ohne die Drei ist eigentlich tot und ich glaube die BBC tut der Marke und den nachfolgenden Protagonisten, auch wenn Chris Evans kein Schlechter ist, keinen Gefallen, sie als Nachfolger antreten zu lassen. Aber nach dem man erst 2012 für teures Geld Clarkson und dem Produzenten die Anteile für die Produktion abgekauft hat, muss die Geldmaschine am Leben erhalten werden.

Top Gear, Episode #8, Staffel #22. Die Derniere von Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May. Heute ab 21 Uhr MESZ auf BBC Two. Bereits morgen abend ab 20h50 auf Motorvision TV bei SKY.

Trotz allem: vielen Dank an Clarkson, Hammond und May für die letzten 13 Jahre.

Und als Rausschmeißer, der legendärste Beitrag von Top Gear ever: “Killing a Toyota” – ein 16minütiger Beitrag mit nur einem Ziel: einen Toyota Hilux-Pickup fahrunfähig zu machen. Aus der 3ten Staffel von 2003.

Sektion Leder

Wer sich nicht für die weißrussische erste Liga interessiert, die ab 17 Uhr auf Laola1.tv gestreamt wird, für den bleiben zwei Derbys in der MLS übrig. Beziehungsweise ein Derby und ein “Derby”. Ersteres ist das zweite Duell zwischen den beiden New Yorker Klubs NYCFC und NY Red Bulls (ab 23 Uhr auf EURO). Die Rotbullen wesen so im Tabellenmittelfeld herum, während sich die neu gegründete Franchise NYCFC rund um David Villa eher am Tabellenende des Ostens bewegt. Mitte nächster Woche soll aber die nächste große Neuverpflichtung bekanntgegeben werden: Juves Andrea Pirlo soll ab der Saison 2016 für den Manchester City-Ableger spielen.

Das zweite Derby ist angesichts der 280km die zwischen Portland und Seattle liegen, kein richtiges Derby, aber die heißeste Rivalität die die MLS anzubieten hat, weil beide Städte fußballverrückt sind. Die Seattle Sounders haben einen Zuschauerschnitt von 40.000 Zuschauer und Portland Timber hat diese Saison alle 21.100 Plätze seiner bisherigen Heimspiele komplett ausverkauft bekommen. Portland – Seattle ab 1 Uhr auf EUROSPORT.

Zeilensport

Das NFL-Team Detroit Lions hat bis 2002 im Pontiac Silverdome gespielt – einer Halle, dessen Dachkonstruktion alleine durch den hohen Luftdruck in der Halle gehalten wurde. Mit dem Bau von Ford Field zogen die Lions aus dem Stadion und seitdem hat sich nicht so recht ein Betreiber der Halle gefunden. Etliche Ideen und Pläne wurden verworfen, so dass das Hallendach 2013 abgebaut wurde und das Stadion seit dem verfällt.

Red Bull hat den BMX-Fahrer Tyler Fernengel zu einer Session in diesem verfallenden Stadion eingeladen und dabei sind eindrucksvolle Bilder des Silverdomes entstanden:

“Abandoned Silverdome Becomes BMX Dream Playground” und “BMX Rider Inside Closed Silverdome“, via Bill Harris/Dubious Quality