Screensport Zwo: (Keine) neuen Spielpläne, Al-Jazeera und Plankton-TV.
(Keine) neue Idee von Bundesliga-Spielplan
Laut einer Meldung vom Papier-KICKER hat die DFL auf einer Managertagung der Bundesliga und Zweiten Liga eine neue Idee für den Bundesliga-Spielplan vorgestellt, die ab der Saison 2013/14 eingeführt werden könnte. Diese Meldung ist inzwischen von der DFL gegenüber sponsors.de dementiert worden. Da der KICKER sich aber ein derartiges Konzept mit diesen Details kaum aus den Fingern saugt, dürfte es zumindest ein Papier mit diesem Inhalt geben, das in der DFL herumgereicht wird…
Demnach soll die bisherige Spielplan-Struktur mit einer identischen Hin- und Rückrunde weggeschmissen werden. Die Rückrunde soll nicht mehr ein Spiegelbild des Hinrundenspielplans sein, sondern jeweils nach der Hinrunde neu erstellt werden. Dabei sollen Ergebnisse und Tabelle der Hinrunde eine Rolle spielen und damit potentiell “wichtige” Spiele eher nach hinten gelegt werden.
Hört sich unter dem Aspekt des Unterhaltungswert wie ein freundlicher Service des Entertainment-Dienstleisters DFL an. Nach Auffassung von SPONSORs dürfte aber auch ein anderer Grund dahinter stecken: der Europäische Gerichtshof hat vor kurzem das Urheberrecht für Spielpläne abgeschossen, weil die Schöpfungshöhe fehlen würde. Wenn aber nun eine Liga Teile ihres Spielplan per ausgetüftelten Algorithmus produziert, werden die Karten vor Gericht neu gemischt. Verschiedene Ligen würde gerne von Wettanbietern und anderen Online-Dienste Gebühren für die kommerzielle Nutzung der Spielpläne kassieren.
Wie macht es die Ligue 1?
Nicht nur in der Premier League hat der Rückrunden-Spielplan nichts mit dem Hinrunden-Spielplan zu tun. Auch die Ligue 1 mischt da munter kreuz und quer – allerdings wird der komplette Spielplan schon im Sommer festgelegt. In einem PDF werden die Mechanismen beschrieben.
- Es gibt allgemeine Faktoren des Ligaverbandes: keine Hochsicherheits-Spiele und Derbys in den ersten Wochen, unterschiedliche Spiele in den letzten Spieltagen im Vergleich zur Vorsaison, keine Spitzenspiele in den ersten und letzten Wochen etc…
- Pay-TV-Sender Canal+ hat sich innerhalb dieser Rahmenbedingungen für vier Spiele die Termine aussuchen dürfen.
- Die Vereine dürfen Wünsche äußern. Dazu haben sie ein Konto von 100 virtuellen Punkten und je nach Wunsch werden ihnen 10 bis 40 Punkte abgezogen. Wenn ein Klub zum Beispiel ein Spiel gegen die Top 5 an einen bestimmten Spieltag haben will, kostet es den Klub 40 der 100 Punkte…
Kurz und schmerzlos
Eishockey – Falls es denn noch der Rede wert ist: lt. sponsors.de unternimmt die IIHF und Cheffe René Fasel den gefühlt 20ten Versuch das Thema einer europäischen Championsleague anzustossen.
Boxen – SES Boxing wandert erst einmal von SPORT1 zum Sender “Das Vierten” (doch, den gibt es wirklich noch). Am 24ten März wird ein Kampfabend aus Maribor übertragen und eine Woche später aus Brünn. Danach wird man weitersehen, ob die Zusammenarbeit verlängert wird. Nähere Informationen bei SES Boxing: “Coming soon”.
Ach nee, sorry, ein Link-Problem. SES Boxing kriegt es anscheinend nicht gebacken Pressemitteilungen in seinem CMS zu verlinken und so findet man den richtigen Link nur auf der SES-Boxing-Facebook-Seite. SES vs CMS: das CMS ist Sieger nach Punkten.
In den Kommentaren wurde ja schon gestern geunkt, dass sich SPORT1 hier vielleicht ein weiteres TV-Recht nicht mehr leisten will (siehe Six Nations, siehe F1-Testsessions). Ich glaube aber in diesem Fall ist Ursache und Wirkung falsch aufgezäumt. SPORT1 dürfte wesentlich weniger Probleme haben, den Wegfall von SES-Kämpfen zu kompensieren, als SES die nun auf SPORT1-Reichweite verzichten müssen. “Das Vierte” ist ein medienpolitischer Totalschaden und in der deutschen TV-Nahrungskette ziemlich weit unten angelangt – so zirka Größenordnung “Plankton”. Es sieht mehr nach blanker Not bei SES als bei SPORT1 aus. Und das mit Leuten wie Stieglitz und Kentikian, die nun wirklich keine No-Names sind…
Al Jazeera – Wie erwartet, hat Al-Jazeera France auch die TV-Rechte der Primera Division für seinen französischen Sportsender eingekauft: Sommer 2012 bis Sommer 2015, für 20 Mio Euro pro Spielzeit statt wie bisher 6 Mio Euro. Über diesen Rechte-Wechsel war schon seit Wochen spekuliert worden, seit bekannt wurde, dass der Rechteinhaber Mediapro in dem Aufbau der Studiotechnik von Al-Jazeera France involviert ist. Mediapro ist seit vielen Jahren Technikpartner anderer Al-Jazeera-Sender.
Nach Rechnung der französischen Tageszeitung Le Figaro hat Al-Jazeera France damit in den letzten neun Monaten TV-Rechte für 260 Mio Euro pro Spielzeit eingekauft – dazu kommen noch die Kosten für die TV-Rechte der EM 2012 und 2016 (bei denen angeblich noch mal 200 Mio Euro von Al Jazeera France auf den Tisch liegen). Zudem soll der Sendebetrieb für die beiden Kanäle 15 bis 20 Mio Euro pro Jahr kosten und für die Ausstrahlung via IPTV, Kabel oder Satellit sollen lt. Figaro noch einmal 30% der Abogebühren an Provision anfallen.
Spekuliert wird immer noch über die Höhe des Abos. Während zuletzt u.a. von der L’Équipe ein Preis von knapp über 20 Euro gestreut wurde, will der Figaro weiterhin von 11 Euro pro Monat gehört haben und weiß selber nicht wie die Rechnung aufgehen soll. Demnach bräuchte Al-Jazeera über 3 Millionen Abonnenten um schwarze Zahlen zu schreiben.
Mit anderen Worten: keiner kennt das Geschäftsmodell von Al-Jazeera. Oder mit anderen Worten: es ist ein New Economy-Geschäftsmodell. Den Sektor derart mit Geld zuschütten, dass die Konkurrenz irgendwann aufgeben muss und man als “Last Man Standing” schließlich die Profite einsammelt. Kann das immer noch funktionieren?
ESPN – Viel Arbeit für ESPN in den USA. Einige Verträge von bekannten TV-Gesichtern müssen verlängert: Erin Andrews, Michelle Beadle und Scott van Pelt Verträge neigen sich dem Ende entgegen. Mit dem NBC Sports Network ist auf dem US-Markt ein neuer Player entstanden, der in seiner Startphase eher großzügig mit Geld für große Namen umgehen dürfte. Andrews werden auch Ambitionen bei den großen Networks nachgesagt – sie hatte schon Gastauftritte bei der Frühstückssendung von ABC. Qu: USA Today
Reaktionen
Naja, was den Punkt “Topspiele und Derbys am Ende der Runde” hat die DFL diesmal ja bereits unabsichtlich alles richtig gemacht:
30. Spieltag – Dortmund – Bayern
30. Spieltag – Bremen – Gladbach
31. Spieltag – Schalke – Dortmund
31. Spieltag – Gladbach – Köln
32. Spieltag – Dortmund – Gladbach
32. Spieltag – Bremen – Bayern
@Jannik: Ligue 1 = Topspiele und Derbys nicht in den ersten und letzten Wochen platzieren.
Zu Erin Andrews:
ABC und ESPN sind doch eine Senderfamilie, sollte also kein Hindernis für ESPN darstellen.
Ach, Das Vierte.. Mußte den Shoppingsender gestern erstmal in der Kanalliste ausgraben und ihn prominent auf die 4000 gelegt.
Aber kann es bei dem Sender nicht auch nur ein Braut-Aufhübschen sein? Evtl hat Lesnewski ja hier mitgelesen und hofft nun, daß er den Sender wenigstens zum Ausschlachten an AlJazeera oder ESPN vertickern kann, wenn sonst keiner zuschlagen will.
Ein Boxabend aus Maribor bzw Brünn gilt hier doch nicht als Sender-Aufhübschung, oder?
Wenn du den Sender mal gesehen hast ist da auch eine Coladose zur Aufhübschung geeignet….
Yo, grossartige Idee, wir setzen den Rückrundenspielplan erst im Winter fest, schliesslich ist uns der Stadionbesucher völlig wurscht, der vielleicht frühzeitig Auswärtsfahrten planen will…
Grundsätzlich find ichs gut, die Reihenfolge in der Rückrunde zu verändern, aber dann bitte vor der Saison…
Also ich teile die Einschätzung von Sponsors nicht. Es ändert sich kaum etwas, wenn jetzt die Rückrunde anders eingeteilt wird.
Denn jetzt bereits werden Spiele ja an einem Spieltag nicht nach Zufall festgesetzt, trotzdem verneint der EuGH ein Urheberrecht. Wieso soll das dann für die Spieltagsgestaltung über 17 Runden gelten?
Da fehlt für mich die Schöpfungshöhe (die wird bei einem Spielplan nie erreicht). Der EuGH hat ja auf eine dafür notwendige Kreativität hingewiesen. Dass eine Spieplangestaltung in der möglich angedachten Form Kreativität eine große Rolle spielt, mag ich stark bezweifeln. Es sind schlicht unternehmerische Entscheidungen, damit würde weitergedacht jegliche Unternehmsmaßnahme (z.B. Planung einer Werbekampagne durch bestimmte Programme) in einer gewissen Weise urheberrechtlich geschützt werden.
Dann spielt möglicherweise noch eine weitere Sache gegen diese Auffasung. Das Urteil ist zu jung, als das man direkt eine juristisch korrekte Lösung erarbeitet hat. Sicherlich kann man Alternativplänen arbeiten, aber die sind dann auch etwas ins Blaue rein.
Ich würde es für klare Wettbewerbsverzerrung halten, wenn man die Spielpläne in der Winterpause nach Tabellenstand auswürfelt. Gerade für die Abstiegskandidaten würde das bedeuten, dass sie erstmal nur gegen starke Mannschaften spielen und weniger chancenreich sind. Man muss auch bedenken, dass es nach jedem Spiel Fernsehgeld nach Tabellenstand gibt. Ich kann mit dem diesjährigen Spielplan gut leben außer dem Umstand, dass BVB gegen Bayern unter der Woche stattfindet. Absolut dämlich.
“nach jedem Spiel Fernsehgeld nach Tabellenstand”
Ist da nicht ausschließlich der Tabellenplatznach Abschluss der letzten (drei) Saison(s) entscheidend?
Späte Antwort:
http://www.noolaa.de/4JWerlaeuterung.html
Die durchschnittliche Platzierung der aktuellen Saison geht mit ein und der Betrag wird kontinuierlich über die Saison nach der jeweils aktuell gültigen Tabelle ausgezahlt.
Ach. Und ich habe jahrelang geglaubt, nein: gewusst, dass ausschließlich die Endplatzierung am letzten Spieltag der Schlüssel für die Ausschüttung der Saisoneinnahmen am ersten Spieltag der nächsten Saison darstellt. Jetzt verstehe ich auch endlich, warum sich Mannschaften, die drei Wochen vor Schluss jenseits von gut und böse sind, widerstandslos vom 8. auf den 13. Platz durchreichen lassen.
Wobei ich die Auszahlung kontinuerlich über die Saison aus der Quelle gerade nicht rauslese.