Zeilensport: Social Media, Dutt, College Football, Sportkommentator.
Bayer Leverkusen – Ronald Reng schreibt in der taz anläßlich des CL-Spiels in Valencia über Bayer Leverkusen und Robin Dutt. Interessant sind dabei die Details über Dutts Arbeit.
Ein aufstrebender Fußball-Lehrer, der Bayers Training zur Weiterbildung regelmäßig beobachtet, kann die Wellen des Konflikts anhand der Trainingsgestaltung bestens nachvollziehen: Zunächst trainierte Dutt – konträr zu seinem erfolgreichen Vorgänger Jupp Heynckes – nach der Lehre der Superkompensation montags und dienstags viermal, in den restlichen Tagen nur noch leicht; er ließ taktische Spielzüge über den halben Platz ohne Gegner einstudieren.
Plötzlich aber wurde wieder wie nach Heynckes Lehre der Ruhetag auf Montag verlegt und vor allem das Passen auf kleinstem Raum trainiert. Dutt hatte offenbar den Klagen der Spieler nachgegeben. Seit Kurzem baut der Trainer wieder vermehrt auf seine eigenen Übungen vom Spielzüge-Simulieren. Ein Trainer, anders als ein Torwart, kann nicht einfach über seine Fehler hinweglächeln.
aus: “Geeier Leverkusen”, Ronald Reng, taz 2.11.2011
College Football – Paul Myerberg mit einer Zustandsbeschreibung eines der kleineren College Football-Programme der obersten Kategorie, den UAB Blazers (University of Alabama-Birmingham), die in den fesseln des College-Systems des Bundesstaates Alabama gefangen sind: “U.A.B.’s Future Goes From Bleak to Dire”.
College Sports – Die Strukturen des US-College Systems werden derzeit komplett umgekrempelt. Die Conferences führen einen harten Kampf um die Colleges und werben sie sich gegenseitig ab. Seit Jahrzehnte etablierte Conferences verlieren ihre Gesichter und riskieren den Anschluß zu verlieren.
Nebenfolge dieses Strukturwechsel ist die Diskussion welche Rolle ESPN spielt, der als TV-Sender derzeit das meiste Geld in das College Sport-System reinpumpt. Ausgehend von einem “Versprecher” oder “mißverständlichen Bemerkung” des Sportdirektors von Boston College Mitte Oktober (“ESPN told us what to do“) , hat USA Today letzte Woche einen Artikel vorgelegt, der die steile These enthält, dass die Wechselspiele der Colleges von ESPN initiiert wurden, um jene Conferences zu stärken, auf die man den besten Zugriff besitzt: “Is ESPN the main force behind realignment in college sports?”.
tyduffy hält im Blog “The Big Lead” gegen. Ja, ESPN besitzt Strahlkraft. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ESPN proaktiv die College-Wechselspiele betreibt.
ESPN has expressed a preference for stability and the status quo. That makes sense. The current climate is a sweet deal. Radical change brings risk. Conferences are divided and locked down to longterm, potentially undervalued deals. Desperate for ESPN’s promotional power and influence over mainstream discussion, commissioners are reticent to test waters elsewhere. College football is, for the most part, ESPN’s private domain. Realignment means renegotiation for increased revenue, which comes from ESPN’s pocket. Wiggling BYU out of the WAC might be desirable, but it’s unclear ESPN or anyone benefits directly from nuking a BCS conference.
ESPN or, more accurately, its money may be the force behind conference realignment. That’s different from ESPN actively forcing realignment. ESPN may be the mama pig lying with her teats exposed, but the grubby little piglets scrambling and stepping over one another to latch on are acting of their own accord.
aus: “ESPN May Be The Force Behind Conference Realignment, That Doesn’t Necessarily Mean It is Forcing It.”, tyduffy, The Big Lead, 1.11.2011
TV – RealityCheck hat sich in seinem sportmedienblog mit Karsten Linke über die Arbeit als Sportkommentator unterhalten: “Sportkommentator – Traumjob und Knochenjob”
Social Media – Das kanadische Öffentlich-Rechtliche Fernsehen CBC gehört zu jenen Fernsehsender die Social Media eher klug in ihrem Programm integriert haben, namentlich die Eishockey-Redaktion rund um “Hockey Night in Canada” – für mich eines der Glanzstücke im TV-Sportjournalismus.
Und innerhalb dieser Redaktion gehört der Reporter Elliotte Friedman zu jenen, die sich Social Media am schnellsten und am besten angeeignet haben. Friedman hat nun einen Blogeintrag geschrieben, der sich differenziert mit Social Media im Sport beschäftigt. Er sieht dabei nicht nur die positive Seite der Integration von Fans und des “den Athleten eine eigene Stimme geben“: (Hervorhebung von mir)
[Michael DiLorenzo, the NHL’s manager of social media and business communications] Twitter feed (@NHLdilo) is very interesting; he posts a lot of thoughtful links.
“What we tell (those prospects) is, ‘Be yourself and be interesting, but don’t be controversial,'” DiLorenzo said on Tuesday morning. “Think twice before you post anything, but stay away from hot-button topics, like politics.”
Philosophically, I’m with DiLorenzo. Fans (and media) love these little peeks behind the curtain. Can’t get enough of it. But the Raffi Torres Halloween photo [Torres verkleidete sich als Jay-Z] is a perfect example of why teams and security people are scared. They know the cold, hard truth. We want this access, but we can’t handle all of the consequences […]
Most of us relax when we think we can be ourselves around friends. Two years ago, during the Stanley Cup playoffs, the HNIC group went out to dinner […] We can be merciless to each other. (Whenever PJ is around it’s also loud, since he has trouble completing sentences at many different decibel levels.)
We were walking out after this meal, and one stranger at another table said, “I can’t believe what you guys say to each other.”
I think about that in moments like this. No one at our table was offended by what was said. But, when you’re in a position where the general public can be a part of the conversation, the dynamic completely changes […]
It’s a delicate balance […] there is one undeniable fact: none of this happens without Twitter. And, you can’t help but ask: Is it worth the aggravation?
aus: “Athletes using Twitter a delicate balance”, Elliotte Friedman, 1.11.2011, CBC
Reaktionen
Ich musste jetzt erst ein Mal herausfinden, was an einer Verkleidung als Jay-Z _irgendwie_ kontrovers sein könnte. Es ist Rassismus. Sich im Fasching dunkelbraun anzumalen ist heutzutage also Rassismus. Ich fass es nicht. Und meine Empörungsschwelle ist in dem Zusammenhang nun wahrlich nicht hoch.
ich persönlich kann es auch nicht ganz nachvollziehen, aber das hat vor allem was mit der kulturgeschichte der sog. blackfaces in den minstrel-shows (http://en.wikipedia.org/wiki/Blackface) zu tun.
genauer also: es war damals stark rassistisch konnotiert und man läuft gefahr, das zu zitieren, wenn man sich heute als weißer schwarz anmalt.
war ein kleiner lokal-skandal hier in leipzig, als ein faschingsplakat vor einigen monaten solch ein hauptmotiv hatte.
Dudes, in Amerika ist blackfacing ein absolutes no-go. Dort ist man für gewisse Ausprägungen von strukturellem Rassismus weitaus stärker sensibilisiert, nicht zuletzt weil die black community da keine kleine Minderheit, sondern ein politisches Schwergewicht ist.
Der rassistische Subtext, sich schwarz anzumalen, ist in Zentraleuropa sicherlich weniger offensichtlich, weil eine Ebene direkter historischer Konfrontation mit den so Subjektifizierten fehlt, aber grundsätzlich ist es tatsächlich rassistisch (nicht erst heutzutage), eine fremde Kultur erst zu exotisieren (Stereotype über die Andersartigkeit zu produzieren) und dann diese Exotik aus der Position des Unmarkierten (versuch mal, dich Karneval als “Weißer” zu verkleiden) sich als Maske überzustülpen.
Das zu wissen, ist zumindest hilfreich, wenn man differenziert mit Menschen, die man möglicherweise unbewusst so ausgegrenzt hat, über seine Wahl sprechen möchte, Karneval als Indianer gegangen zu sein. Kann man als gute kölsche Tradition ansehen und machen. Kann man auch lassen, wenn man sich für die Empfindungen von Minderheiten so sehr emphatisch zeigen möchte, dass man es erst gar nicht auf Mißverständnisse ankommen lässt.
Du wirst lachen: Diese ganze Nummer mit den Blackfaces ist mir sogar bekannt (sogar aus diesem kleinen Theater hier, meine ich). Ich verstehe es trotzdem keinen Stück besser. Der Mann wird sich dort ja nicht absichtlich blöd gestellt haben – und wenn, dann allenfalls um konkret Jay-Z zu diskreditieren. Ich kapiere es nicht. Blackfaces waren doch nicht nur durch die Farbe Rassistisch.
@erz: Erstens finde ich nichts dabei, wenn ein Nicht-Weißer sich als Weißer verkleidet (gut, er würde schlicht als Emo durchgehen, aber dafür kann er ja nichts). Und zweitens ist Torres doch mal ganz klar als Jay-Z verkleidet – und nicht als Schwarzer.
Dass es in den USA gleich so hohe Wellen schlägt, liegt daran, dass aus der Geschichte des blackfacing heraus diese Art der Verkleidung bis in den Mainstream hinein als “geht nicht” und Rassismus verstanden wird. Die Hintergründe, warum, interessieren da schon nicht mehr, das ist einfach als kulturelles Tabu etabliert.
Extrem überzogene Reaktion von “some people”. Cool wäre wenn Jay jetzt nachzieht. Wie Wade als Timberlake.
Mei, in anderen Ländern wäre es auch nicht so schlimm, wenn jemand zu Halloween oder Fasching als “Nazi” geht, mit Uniform und allem. Also politisch unkorrekt, aber machbar. Bei uns ist das ein bisschen anders. Und umgekehrt ist es halt mit Blackfaces in den USA.
Jetz check ich auch erstmal, was daran so komisch ist.. Ich wäre da jetz nicht draufgekommen, dass man sowas als Rasissmus sehen kann, aber gut.
@erz: Deine zeilen kann man unterschreiben. was macht man dann allerdings mit ihm hier: “Günter Wallraff: Schwarz auf Weiß”?
@franzferdl
Mein Bedarf an Rassismusdiskussion ist aufgrund ausartender Kommentarschlachten anderenorts für diesen Monat gedeckt, deswegen entschuldige, dass ich nicht fundiert Stellung beziehe. Die Wallraffkiste kam bei einigen Leuten jedenfalls nicht so gut an. Weil Rassismus eben mehr ist, als wenn Menschen einer Hautfarbe Menschen anderer Hautfarbe schlimme Dinge wünschen.
Rassismus hat viel mit historisch gewachsenen Strukturen und Unwissenheit um die eigene Rolle in diesen Strukturen zu tun. Das zu durchschauen ist wirklich alles andere als einfach, zumal da Befindlichkeitsdiskurse immer wieder mit Definitionsmacht kollidieren. Deswegen kann ich nur jedem raten, Empathie für Anliegen marginalisierter Gruppen zu entwickeln, die einem unverständlich erscheinen, und in ruhiger Stunde mal ein wenig nachzuforschen, wie komplex das Thema wirklich ist.
Vielleicht in Kurzform: Ich finde es persönlich nicht schlimm, bin aber auch nicht farbig. Wenn es die schwarze Community nicht gut findet, ist es auch nicht gut. Punkt.
@Ex-Michael, boju: Bedenkswerte Argumentation, das muss ich zugeben. Ich verbleibe mal dabei, mir meines Standpunktes unsicher geworden zu sein.
@erz: Dein Engergament in allen Ehren (Du wirst mit mir bei wenig so viel Übereinstimmung fidnen), aber ich bestreite gerade, dass es ein solch, mit Verlaub, unglaublich albernes Tabu ein (sinnvolles) Anliegen marginalisierter Gruppen darstellen kann. Vielmehr festigen solche Abgrenzungsrituale aus meiner Sicht erst recht vorhandene Macht- und Unterdrückungsstrukturen. Sprich: Wer es heute als beleidigend empfindet, wenn sich ein Kaukasier zum Verkleidungsspiele die Haut anmalt, um einen Afroamerikaner darzustellen, der manifestiert gerade die Unterdrückungsrituale der Vergangenheit und macht es zur eigenen Aussage, dass es ein Beleidigungspotential hat, für einen Afroamerikaner gehalten zu werden. Aber nun, wir müssen darob sicher zu keiner Einigung kommen.
@franzferdl: Siehste, diese Nummer – dieses zweifellos verdienstvollen Mannes – empfand ich wiederum als zumindest albern, i.E. eine unglaublich arrogante Frechheit. Welch Anmmaßung, als wären dunkelhäutige Deutsche nicht selber des Schreibens kundig. Mal davon abgesehen, dass er m.E. nicht die Reaktionen seiner Umwelt auf einen dunkelhäutigen Deutschen, sondern diese auf einen schlecht geschminkten alten Mann in Erfahrung brachte.