World Series of Boxing – 5 Monate später

Mitte November stellte ich die World Series of Boxing” (WSB) vor. An diesem Wochenende ging die WSB in ihre Playoffs. Im “Hinspiel” des ersten Halbfinals besiegte Astana Arlans die Los Angeles Matadors mit 4:1. Im zweiten Halbfinale gewann die Baku Fires gegen Paris United 4:1.

Die WSB ist der Versuch des Weltverbandes AIBA das Amateurboxen durch eine Prise Profiboxen zu popularisieren. Dazu startete man letztes Jahr in Zusammenarbeit mit dem Sportmarketing-Giganten IMG (die 25% Anteile an der Liga halten) einen Ligabetrieb mit 12 Franchises in Paris, Istanbul, Moskau, Mailand, Baku, Astana, Peking, Incheon (Südkorea), Los Angeles, Memphis, Mexico City und Miami.

Die Franchisebesitzer zahlen pro Saison 210.000 Euro an die AIBA. Im Gegenzug zahlt die WSB Preisgelder zwischen 35.000 Euro (für die Halbfinalisten) und 350.000 Euro für den Gesamtsieger. Dazu schüttet die AIBA/WSB auch Gelder an einzelne Amateurverbände aus, deren Boxer an der WSB teilnehmen und die individuellen Gesamtsieger in den einzelnen Klassen bekommen für Olympia 2012 eine Wildcard.

Die Franchises gehören überwiegend Agenturen und Konzernen. Milan Thunder wird zum Beispiel vom Luxusgüter-Konzern Dolce&Gabbana gehalten. Die Baku Fires in Aserbaidschan gehören der Gilan Holding, einem eng mit dem Staat verwobenen Mischkonzern. Die Los Angeles Matadors sind im Besitz von B 360 Studios, einem Unternehmen aus der Unterhaltungsbranche, das Inhalte für verschiedene Plattformen produziert. Die Astana Arlans sind komplett im Besitz des kasachischen Boxverbandes – und in Kasachstan investiert der Staat gerne viel Geld in Prestigeprojekte…

Paris United ist die einzige privat geführte Franchise und gehört dem Ex-Boxer und Olympiasieger Brahim Asloum. “Privat geführt” ist nur die halbe Wahrheit, denn Paris United bekommt viel Unterstützung, u.a. vom französischen Amateurboxverband (FFB), dessen Präsident Humbert Furgoni im WSB-Vorstand sitzt und zusätzlich Vizepräsident der AIBA ist. Diese enge Verbindung zwischen AIBA, WSB und FFB scheint Paris United nicht zu schaden.

Die FFB stellt für Paris United Trainer, Trainingshallen und medizinische Versorgung zur Verfügung. Die FFB zahlte am Wochenende die Flugtickets für United zur Anreise zum Halbfinale in Baku. Die L’Équipe schätzt den Wert der Unterstützung der FFB auf ca. 400.000 Euro. Dazu kommt die Gemeinde Levallois bei Paris, die sich als Austragungsort für Boxkämpfe profiliert und Paris United den Veranstaltungsort zur Verfügung stellt.

Die Frage bleibt allerdings, ob Paris United zu einer rentablen Franchise werden kann. Das Team konnte dieses Jahr seinen Boxern drei Monate lang keine Gehälter zahlen und hat erst in den letzten Tagen Teile der ausstehenden Gefälter überweisen können (Qu: L’Équipe vom 8.4.2011). Die Boxer verdienen monatlich zwischen 2.000 und 4.000 EUR Grundgehalt plus 2.800 Euro Prämie für jeden gewonnenen Kampf bzw 700 Euro pro Niederlage (Qu: L’Équipe vom 9.4.2011). Die Franchises haben einen Kader von 10 bis 20 Kämpfern, von denen pro Begegnung fünf nominiert werden.

Asloum nennt als Gründe, das auf der Einnahmeseite zu wenig reinkommt. Sponsoren seien erst spät in der Saison eingestiegen und die TV-Rechte gab er kostenlos an Équipe.tv ab.

Tatsächlich hat Asloum seit Anfang des Jahres vermehrt Kooperationspartner und Sponsoren auftreiben können – fragt sich nur, wieviel diese wirklich in die Kasse zahlen. Die Artikel in der L’Équipe implizieren, dass nur ein Onlike-Poker-Anbieter zahlt. Auf der Website von Paris United sowie auf ihrer Facebook-Seite werden weitere “Partner” genannt.

Der Sportchef des französischen DVB-T-Senders Direct8 macht Asloum keine Hoffnung auf einen TV-Sender: 12 Veranstaltungen pro Jahr mit 2 Stunden Amateurboxen seien nur bei einen Spartensender unterzubringen. Lt. L’Équipe sei die Sporthalle in Levallois mit 2.000 Zuschauern zwar gut gefüllt – viele Zuschauer werden aber per Freikarten in die Halle gelockt.

Auch bei anderen WSB-Franchises läuft es nicht rund. Zahlreiche Franchises mussten in kleinere Hallen umziehen. Incheon wurde im Laufe der Saison an einen anderen Besitzer verkauft, der mit dem Team nach Pohang umzog. Gerüchteweise sollen die Kremlin Bears zu Dynamo Moskau wechseln. Der Ort für die Finals wurde von Macau aufs chinesische Festland verlagert. Der Unruhe nicht genug.

Anfang April wurde bekannt dass WSB-Mitbesitzer IMG sich zum Ende der Saison zurückziehen wird. IMG wird seinen 25%-Anteil an die AIBA zurückgeben. In der offiziellen Erklärung heißt es, dass die AIBA und IMG sich “einvernehmlich” darauf geeinigt hätten, dass IMG seine Tätigkeit als exklusiver Vermittler für Sponsoring und TV-Rechte für die WSB einstellt. Man sei zwar mit der ersten Saison zufrieden, aber Gespräche während der Saison haben unterschiedliche Erwartungen bezüglich der Weiterentwicklung aufgezeigt.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp