WM2010-Grundrauschen: Tag 10
[12h52] Die PK der Nationalmannschaft beginnt. Heute allerdings nur mit Oliver Bierhoff, da die Spieler noch trainieren.
[10h40] Löws Aufgabe die Mannschaft vor dem entscheidenden Spiel gegen Ghana wieder aufzurichten, ist ein Sandkastenspielchen gegen das was rund um die französische Mannschaft ausgebrochen ist.
Die L’Équipe titelt heute, am Tag 1 nach der Suspendierung von Nicola Anelka “Surreal” und stellt drei Statements auf das Titelblatt:
“Warum sollte ich persönliche Konsequenzen ziehen?” – Fußballverband-Chef Escalettes
“Das Problem ist nicht Anelka, sondern der Verräter unter uns. Die Frage ist, wie wir den Verräter ausschalten können” – Patrick Évra
“Es liegt nicht am Verband, aber am Trainer der sagen muss: ‘Pack deine Sachen und fahr nach Hause’ […] Ehrlich gesagt, ich war schockiert” – Gérard Houllier, technischer Direktor.
Die L’Équipe zeigt sich verblüfft, dass der Rausschmiss von Anelka erst Im Laufe des Samstags beschlossen wurde, nach dem also das Hurensohn-Zitat auf dem Titel der L’Équipe war und nicht nach dem Donnerstagabend, als Anelka den Trainer derart anging.
Über den Zustand der Mannschaft geben die weiteren Headlines in der Zeitung Aufschluss.
“‘Der Verräter ist unter uns'”, “Inakzeptable Aussagen”, “Hidalgo: ‘Er darf nie mehr das Nationalmannschaftstrikot tragen'” – “Der Rausgeschmissene und der Maulwurf” – “Fast-Food-Kette Quick zieht Anelka-Anzeigenkampagne zurück”
“Die Wut von Dugarry” – Alt-Internationaler Christophe Dugarry regt sich über die Altinternationalen auf, die nun vor den Kameras treten und ein Statement zur Anelka-Affäre ablassen – aber keine Erklärung abliefern, wie es überhaupt so weit kommen konnte.
“TF1 und das ‘Unentschuldbare'” – TV-Sender TF1 verlangt Entschuldigungen vom französischen Verband, nachdem Gallas dem Field Reporter von TF1 David Astorga nach dem Spiel den Mittelfinger gezeigt hat.
“Nachgiebigkeit, die Gebrauchsanweisung” – über den Verband, der Anelka nicht rausgeschmissen hätte, wenn der Spruch nicht an die Öffentlichkeit gekommen wäre. Der Verbandpräsident wurde erst am späten Freitagabend über den Anelka-Vorfall informiert. Immerhin: Domenech-Nachfolger Laurent Blanc führt den Job des Sportdirektors neu ein.
“Technischer Direktor Houllier distanziert sich von Domenech” – In einem Radiointerview beschwert sich Houllier, dass Domenech seit geraumer Zeit sein Ding durchzieht und nicht mehr mit dem technischen Direktor und dem starken Trainer-Verband zusammenarbeitet. Domenech habe sich so sehr zurückgezogen, dass die Nachwuchstrainer des Verbandes erst aus den Medien die Nominierungen für die WM erfahren haben. Houllier spricht von Plänen die man bereits für die Nach-Domenech-Ära in petto habe.
“Gallas und Ribéry gegen Südafrika auf der Bank?” – Gallas würde sich im Training hängen lassen und die Bandenführermentalität von Ribéry ließen ihn nicht mehr als akzeptabel in der Startelf erscheinen.
“Anelka holt Anelka ein” – Über den Rückfall von Anelka zurück zu längst vergangenen Zeiten, als er öfters derart ausgetickt ist.
[09h44] Twitter bricht in Zeiten neue Rekorde, was aber nicht nur an der Fußball-WM, sondern auch den NBA-Finals lag bzw. liegt. Laut NY Times stieg der Schnitt von abgesetzten Twitter-Nachrichten von 750 pro Sekunde auf 2.940 Nachrichten pro Sekunde während des Spiels Japan gegen Kamerun und 3.085 pro Sekunde nach dem Sieg der Lakers in Spiel 7.
[09h11] Gestern kurz in den Kommentaren angesprochen: die Rolle von Philipp Lahm als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Ich habe keine Rolle wie das Standing von Lahm in der Mannschaft ist. Nach außen hin wirkt er extrem glatt und bietet keine Angriffsflächen (bzw. nur solche die zweckdienlich sind, wie z.B. das nicht-authorisierte Interview mit der SZ letzte Saison, Stichwort: Roman Grill).
Auf dem Feld scheint es ein anderes Kraftzentrum zu geben, als den Verteidiger da hinten rechts: Bastian Schweinsteiger. Erster bei Podolski um ihn nach dem verschossenen Elfmeter zu trösten. Erster beim Schiedsrichter als Klose Gelb-Rot bekam. Beim Rausgehen zur Halbzeit minutenlang mit dem spanischen Schiedsrichter diskutiert. So sieht eigentlich eher der Auftritt eines Kapitäns auf dem Spielfeld aus. Und ein weiteres Indiz was für einen Leistungssprung Bastian Schweinsteiger diese Saison vollzieht.
[08h45] Moinsen. England irgendwo zwischen Angst und Wut. Die Probleme werden in den Medien an zwei Punkten verortet: die schwache Form von Wayne Rooney und ein Bruch zwischen Capello und dem Rest der Mannschaft.
Rooney wird allenthalben für körperlich topfit gehalten, wirkt aber komplett verunsichert. Capello erklärt öffentlich, Rooney vorallem psychologisch wieder auf Vordermann zu bringen. BBC und ITV haben noch bis gestern abend hinein, immer wieder die Bilder eines abgrundtief frustrierten Rooneys gezeigt, der im Spiel gegen Algerien mit dem Kopf schüttelt, dem bei der Ballannahme der Ball zehn Meter wegspringt oder der beim Dribbling ausrutscht.
Capello wird vorgeworfen unnahbar zu sein und die Spieler bis fünf Minuten vor Abfahrt des Teambusses zum Spiel, die Aufstellung für sich zu behalten. Spieler beschweren sich über die Langeweile seit dem WM-Lager in Rustenburg und dem zweiwöchigen Trainingslager davor.
Der Grundton ist die absolute Fassungslosigkeit, wie die Premier League-Stars, die mit solch einer Leichtigkeit durch die Quali gekommen sind, sich binnen zwei Wochen vom WM-Mitfavoriten zum möglichen Erstrunden-Opfer gewandelt haben.
Reaktionen
Es ist ja nicht nur Rooney, auch Lampard oder Gerrard, in ihren Vereinen absolute Stars, bekommen es seit Jahren nicht geregelt, in der Nationalelf auf ein Niveau zu kommen, das die Engländer bei einem Turnier erfolgreich sein lässt. Same procedure diese WM wie es aussieht. Aber ich bin noch skeptisch das die Engländer wirklich rausfliegen.
Da fällt mir ja nur eines ein: Rooney, der Klose Großbritanniens.
Ein einziger Treffer, ein rausgewürgter oder unverdienter Sieg, kann alles ändern. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Mannschaft nach schwacher Vorrunde ohne Vorwarnung in den Playoffs explodiert. Dann drehen sich Medien und Fans um 180 Grad.
Die Spieler wissen, dass sie Gladiatoren eines Volkes sind, die an einem Tag verhöhnt, am anderen vergöttert werden. Die Engländer sind nicht tot, solange sie im Turnier sind.
Selbiges gilt im Übrigen für die Franzosen.
Gebe Dir mit Deinen Einschätzungen zum Kapitänsamt recht, aber Deine Beispiele lassen sich dadurch erklären, dass Schweinsteiger einfach näher am Geschehen steht und deswegen gleich ‘eingreifen’ kann. Lahm müsste ja immer von seiner Verteidigerposition angespurtet kommen ;-)
Wenn es nur die Nähe wäre, müsste ja permanent unser komplettes Mittelfeld am Schiri kleben. Tut es aber nicht.
Die Wahrheit liegt wohl zwischen carldavid1887 und dogfood. Schweinsteiger ist in den erwähnten Fällen immer näher am Geschehen gewesen, wobei er im Mittelfeld einfach der Einzige ist, der diese Rolle auch aufgrund seiner Erfahrung übernehmen kann (der Rest ist mit Müller, Özil und Khedira ja noch blutjung und Podolski ist wohl nicht der Rhetoriker auf dem Feld). Noch dazu ist er ja der beste Freund (zumindest im Nationalteam) von Poldi weshalb es für mich nachvollziehbar ist, dass er der erste beim ihm nach dem Elfer war.
Ich denke, Lahm hat in der Elf ein etwas besseres Standing weil er bereits seit einigen Jahren auf äusserst hohem Niveau spielt, während Schweini ja erst heuer seine Position gefunden hat und unter van Gaal unglaublich gereift ist. Und ich denke, es ist jetzt nicht negativ, wenn Lahm nach aussen hin aalglatt wirkt (wiewohl so manche Interviews zeigen, dass er auch anecken kann), wenn er intern die Meinung äussert. Und ich denke das passiert auch (erinnere mich an eine Szene im 1. Spiel als er mal kurz Müller zusammenputzte, nachdem dieser in der Defensive sich verdribbelte)
Da stimm ich Austhromas Ausführungen zu. Außerdem sind wir keine Italiener, die sich in aller Regelmäßigkeit beim Schiri versammeln.
(um halb 11 vormittags das erste Klischee bedient, bin schneller als der Doppelpass :-) )
Hab auch in zumindest einem Spiel gesehen, dass Schweinsteiger vor dem Spiel beim Mannschaftskreis den Ton angibt. Sollte man am Mittwoch nochmal drauf achten.
Mir ist Lahm auch etwas zu “glatt”, schon fast im Bierhoffstil. Immer ausführliche Antworten, die zwar druckreif sind und nach Selbstkritik klingen, aber eigentlich total vorhersehbar sind. Aber das ist sicher auch die Aufgabe eines Kapitäns. Mir gefällt die Art eines van Bommels bei Bayern da besser, klare Aussagen, auf dem Platz und danach.
Und auch aufgefallen: Bei der Mittelkreisansprache vor dem Anpfiff gegen Serbien hat augenscheinlich auch Schweinsteiger das Wort geführt.
mir fehlt jetzt jeglicher einblick in den französischen fussball, aber bei dem theater frage ich mich: wie sollen diese gletscherspalten zwischen den mannschaftsteilen (die ja scheinbar vorhanden sind) je wieder überbrückt werden ohne dass man einen kompletten schnitt macht.
die tatsache, dass man scheinbar nichtmal innerhalb der mannschaft, welche seit wochen auf ein paar quadratmeter lebt, den maulwurf identifizeren kann, würde mir jetzt sagen, dass dieses team zwischenmenschlich tot ist.
Schweinsteiger überrascht mich wirklich.Er strahlt wirklich sowas wie Leadership aus. Ist noch gar sich so lange her, wo ich “Schweini” eher für einen Schönwetterspieler hielt.
Wenn ich das alles über Ribery lese, offenbart das einen sehr sehr zweifelhaften Charakter. Frei nach: Du kriegst einen Boxer aus dem Ghetto, aber nie das Ghetto aus dem Boxer. Es fügt sich da ein Bild zusammen: U. a. diese ewigen Vertragsverhandlungen mit Bayern, die unappetitliche Sex-Geschichte, und jetzt Bandenfühermentalität usw.Er ist mit Sicherheit jemand der eine Mannschaft besser machen, der sie aber auch komplett in den Abgrund reißen kann.
Beim Doppelpass sind ja die Hälfte der Zuschauerplätze frei, dazu noch Chips bereitgestellt wo keiner reingreift, ne, ich zapp um
DWDL mit einigen Statements vom (ehemaligen) deutschen Hauptfußballregisseur Volker Weicker zum Host Broadcaster:
http://www.dwdl.de/story/26584/exwmregisseur_vermisst_emotionen_aus_sdafrika/
Nicht jeder hier dürfte allerdings so ganz bei Herrn Weicker sein:
“zu oft das ganze Spielfeld in der Totalen”; [noch] “mehr Emotionen transportierten”
Bei Lahm kann ich mir auch gut vorstellen, dass er (und sein Berater) das Kapitänsamt eher als nächsten Karriereschritt forciert hat, als ich es jetzt Schweinsteiger von der Ferne zutrauen würde. Passt in meinen Augen auch in eine Reihe mit dem SZ-Interview und Aussagen, wonach er sich schon zu Klinsmann-Zeiten sehr aktiv um das FCB-Kapitänsamt beworben hat. Im Übrigen kommt so zur zunehmenden Stromlinienform (und Sachen wie der Bild-Werbung) dann auch noch dieser ab und an durchscheinende, kalt wirkende Karrierismus durch und ergibt ein (subjektives) Bild, dass in den vergangenen Jahren doch um einiges gelitten hat.
was mich immer noch schockiert ist die unprofessionelle vorbereitung bei der deutschen leitung:
1. daß undiano eine kartenfaible hat ist bekannt. die serben haben es gewusst, unsere spieler nicht. daß klose für ein allerweltsfoul die zweite gelbe kriegt, ist auch unter diesen vorraussetzung vermeidbar.
2. löw wusste angeblich bis gestern nicht, daß die karten erst nach dem viertelfinale gestrichen werden. mega-peinlich. was passiert denn, wenn jetzt khedira sich die nächste gelbe beim stand von 1:0 holt? wird dann schweinsteiger ausgewechselt, damit wenigstens ein 6er im achtelfinal spielt? diese gelben karten werden noch lustig werden …
Und dieser Wissensvorsprung der Serben hat zu vier gelbe Karten geführt …
@miraculi:
Ich räume ein, das Klose sich das Foul was zu Gelb-Rot führt, klemmen kann. Trotzdem ist es absurd, wenn die Mannschaften ihr Spiel und ihr Auftreten auf dem Platz nach dem Schiedsrichter richten sollen. Nicht umsonst gibts die Floskel: Der Schiedsrichter ist dann am besten, wenn man ihn nicht sieht. (3 € sind unterwegs).
Mal ganz unabhängig davon, dass sich die Serben trotz ihres Wissen vier gelbe Karten abgeholt haben. Es geht doch darum, dass solche grundlegenden Informationen zu einer Spielvorbereitung gehören. Es ist ja schon im unteren Amateurbereich üblich, dass man verfügbare Informationen über den Schiedsrichter einholt und seine Mannschaft entsprechend einstellt. Dass die Verantwortlichen zudem nicht einmal wissen, wann die gelben Karten gestrichen werden und dies noch vor versammelter Presse zugeben müssen, stellt doch eine Blamage ohnegleichen dar.
Entscheiden sollte der Gegner sein, sonst niemand
Natürlich sollte man wissen wie der Schiedsrichter pfeift. Aber die logische Konsequenz müsste doch sein, dass bei erfahreneren Schiedsrichtern keine gelbe Karte mehr gezückt werden muss, weil alle wissen dass der Schiri ein scharfer Hund ist. Wenn dem so ist und wenn der Schiri einen derartigen Ruf hat, wie kommt es dann, dass der Mann immer noch in Spanien pro Spiel fünf gelbe Karten weggibt?
Ich fürchte dieses Konstrukt “sich auf einen Schiedsrichter einstellen” ist bei einem Fußball-Spiel nicht machbar (Stichwort: “im Eifer des Gefechts”)
@ dogfood: Unterschreibe ich.
Von mir auch mal großen Dank für die Arbeit, die Du Dir hier machst. Heute wieder eine perfekte Einstimmung auf den WM-Tag
Was die Infos über die gelbe Karten angeht: hat noch niemand mit Großkonzernen gearbeitet? Wer will beurteilen wollen, wie es wann welche Informationen gegeben hat? Der DFB saugt sich doch seine Infos nicht aus den Fingern?!
Aus meinem Berufsleben: ich sollte Schrifttafeln für eine Produktdemo basteln. Produkt war bereits seit einem Jahr auf dem Markt. Ich habe vom Großunternehmen im Laufe von zwei Tagen drei unterschiedliche Schreibweisen des Produktnamens bekommen, u.a. zuletzt eine Schreibweise, mit der der Endverbrauch nie im Leben in Kontakt kommen wird.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es da unterschiedliche Infos von der FIFA geflossen sind und beim DFB der letzte Stand irgendwo versickert ist oder nicht kommuniziert wurde.
Wahrscheinlich war es auch nicht zu verhindern. Das ist aber nicht das Problem. Es geht ums Prinzip. Die Frage lautet: Wie bereite ich eine Mannschaft optimal auf das Spiel vor. Und da lernt man auf jedem Trainerlehrgang, dass die Eigenheiten des Schiris ein Punkt sein sollten. Ich finde die Tatsache blamabel, dass man sich von allen Seiten überrascht zeigte. Das ist ein Mangel in der Spielvorbereitung. Man hatte ja schließlich aufgrund der Statements den Eindruck, als wäre dieser SR mal eben kurz von einem fremden Planeten eingeflogen. Die Tatsache, dass die Gelb-Regel ebenso unbekannt war, passt hier ins Bild und stellt dem Trainerstab kein gutes Zeugnis aus.
Allein die Anzahl der ausgeteilten Karten sagt doch nix aus, kann ja sein, daß die alle oder zumindest zum Großteil einkalkuliert waren.
Selbst wenn ich weiß, daß der Schiri schnell gelb zieht, unterbinde ich trotzdem einen Angriff – weil da jeder Schiri gelb zieht.
Irgendwie fehlt mir ein Punkt bei der Frankreich-Diskussion: Es ist doch beschlossen, daß der Domenech geht. Also: Was bringt es einem Spieler, gerade jetzt irgendwelche Internas auszuplaudern und die Stimmung noch mehr zu killen? Selbst wenns irgendwas mit Ribery und Co. gg. Gourcuff zu tun haben sollte, hätte es keinen Sinn. Glaub eher, daß die “Lücke” da woanders zu suchen ist.
@ Frankreich: Ribery ist sicher ein schwieriger Charakter, ihn aber auf seine Herkunft zu reduzieren halte ich nicht für angemessen. Hauptursache liegt aber wohl eher im allgemeinen Umfeld der Mannschaft, des Verbands usw. Faszinierend finde ich in diesem Fall wie man sehenden Auges auf den Abgrund (i.e. frühzeitiges Ausscheiden) zugeht. Dass Mannnschaft und Trainer sich nicht mögen überrascht nicht wirklich, u.a. weil der Trainer wahnsinnig kritik- und beratungsresistent ist. Dass es Gruppenbildungen gibt ist wohl eher Symptom einer nicht funktionierenden Kommunikation zwischen Mannschaft und Trainer, ähnliches hat man wohl bei Kamerun beobachten dürfen, wo Etoo scheinbar mehr für die Mannschaftsaufstellung verantwortlich war, als der Trainer. Der große Unterschied ist aber, das Etoo wirklich Führungs- und Integrationsqualität bewiesen hat. So ein Spieler fehlt Frankreich, der letzte den sie hatten war Zidane, der es anscheinend immer geschafft hat, dass Konflikte zwischen Spielern sich nicht auf dem Spielfeld manifestiert haben. Wer könnte diese Rolle jetzt übernehmen? Ribery will es nicht (und kann es wahscheinlich nicht), Evra (der Kapitän) geht lieber auf Verräterjagd, Henry wird nicht aufgestellt… Schauen wir mal, was am Ende dabei rauskommt… Ich glaube nicht viel.
Natürlich kann man sich auf den Schiri einstellen. Wenn man weiß der gibt schnell gelb für kleine Fouls, dann läßt man halt die unnötigen Fouls weg. Dass man Gelb nicht ganz vermeiden kann ist klar. So hat auch Lahm für ein taktisches Foul aus seiner Sicht berechtigt Gelb bekommen, er hat das bei seinem Foul auch einkalkuliert. Anschließend muß man dann sein Spiel entsprechend anpassen. Dafür war Klose wohl zu “übermotiviert”, oder schlecht vorbereitet. Die fatalistische Einstellung, man könne sich auf den Schiri eh nicht einstellen halte ich für ziemlich unprofessionel.
Die Szene in der Pressekonferenz bezüglich des Streichens der Karten war einfach peinlich. Man hatte den Eindruck alle Journalisten wußten besser bescheid (und wohl auch die meisten hier kannten die Regeln besser). Jogi meinte er hätte jemanden von der Fifa am gleichen Tag nochmal gefragt wie es mit den Karten sei. Das hört sich einfach lächerlich und schlecht vorbereitet an. Sowas klärt man vorher und abschließend und nicht mit einem Fifamitarbeiter, der einem zufällig über den Weg rennt.
“Währen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010™ werden einzelne Gelbe Karten erst nach dem Viertelfinale gelöscht. Dies wurde den teilnehmenden Mitgliedsverbänden in Zirkular 21 vom 30. April 2010 mitgeteilt.”
Quelle: http://de.fifa.com/worldcup/news/newsid=1250154/
Zieht man sich allerdings mal das Reglement der WM, findet man dazu nix. Da schließe ich mich bzgl. Aussagen zum Thema Großkonzern dem Hausherrn an. Die FIFA mag Milliarden umsetzen, in vielerlei Hinsicht wird aber so mancher Mittelständler besser organisiert sein (ohne jetzt wieder ins Schiri-bashing verfallen zu wollen ;)).
Ich traue mich ja fast nicht, das zu schreiben (wegen “Doppelpass-Niveau”), aber bzgl. der zu streichenden Gelben Karten reicht es doch im Kicker-Sonderheft auf Seite 72 nachzulesen.
Okay, Löw kümmert sich im Betreuerteam vielleicht nicht selbst um so etwas, aber man kann bei fünf gelbbelasteten Spielern den Trainer doch noch in die PK lassen, ohne dass zumindest Stenger als Leiter des fünfköpfigen (!) Medienteams orientiert ist.
@yzemaze:
Im Internet steht es natürlich auch. Habe ich nur nicht so schnell gefunden – aber vielleicht überfordert die Internetrecherche das Verbandsmanagement. ;-)
Aber der DFB kennt doch die Fifa und die Strukturen (Großkonzern). Gerade daher hätte man vernünftig frühzeitig Klarheit schaffen müssen. Wer bei einem Großkonzern eine wichtige Auskunft bei einem zufällig anwesenden Mitarbeiter einholt und für verbindlich hält, der handelt fahrlässig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dogfood mit seinen Kunden ähnlich umgeht und verstehe auch nicht, wie er dieses Unwissen von Jogi hier entschuldigt.
Unter http://de.fifa.com/aboutfifa/documentlibrary/doclists/circulars.html findet sich die (#12) 21 i. ü. nicht, qed.
@Packer: zeige mir den Großkonzern, der eindeutig und interpretationsfrei definierte Entscheidungsstrukturen unterhalb der CEOs hat.
finde eigentlich nur ich den Zeitpunkt schwachsinnig, die Gelben Karten erst nach dem Viertelfinale (2 Spiele vor Schluß!) zu streichen? Man muss sich 5 Spiele lang zusammenreißen und darf hier maximal eine gelbe Karte holen, um es dann in Halbfinale und Finale krachen zu lassen?
Das mag eine lex-Ballack sein. Aber der Schnitt vor bzw. nach dem Achtelfinale wäre für mich logischer – oder aber man setzt die Sperrengrenze auf die dritte Gelbe hoch.
Das ist ja richtig, hier ging es aber nur um eine Regel bzw. Regelauslegung, die vor der WM bereits fest stand. Da sollte es schon möglich sein, eine Abteilung / Person zu finden, die verbindliche Auskünfte gibt. Es geht ja nicht um irgendeine Chefentscheidung / strategische Ausrichtung (WM-Vergabe, Blatter-Nachfolge, Kartenvergabe) oder brisante und umstrittene Thematik (Vuvuzelas oder Schiri-Ansetzungen).
Bierhoff sprach eben, dass deren Wissenstand auf der Regelung Stand Frühjahr basierte und so auf einem “Team Workshop” der FIFA verkündet wurde. Es hat also vom DFB die Nachfrage gegeben. Nur das keiner wusste, dass die FIFA an der Regel zwischen “Frühjahr” und Ende April gedreht hatte.
Wenn die FIFA eine einschneidende Regeländerung beschließt, aber möglicherweise einfach nur ein belangloses 08/15-FAX verschickt, mit möglicherweise mißverständlichen Formulierungen … ist da wirklich nur der DFB Schuld, wenn die FIFA nicht adäquat auf Änderungen hinweist?
Brüller grade von Scholl: “Bei der [provokant arroganten] Körpersprache von Ronaldo hätte Jens Jeremies früher gesgat ‘Dass mir den ja keiner anfasst, den will ich.’ “
Die Stadionauslastung bei SWK-PAR dürfte ein neuer Turnierrekord sein. Was ja was heißen will…
die fifa meldet ausverkauft. (bestimmt…)
In der franz. Nationallmanschaft scheint sich die gleiche Kluft aufzutun wie in der franz. Gesellschaft. Auf der einen Seite die (meist schwarzen, haeufig muslimischen) Jungs aus den “Ghettos” von Paris und Marseille und auf der anderen Seite die (meist weissen inkl. Domenech) aus den Vororten von Nizza, Bordeaux etc.
Ist da was dran?
In Bezug auf die Kenntnis darüber, wann gelbe Karten gestrichen werden, halte ich es nicht für peinlich, wenn Bundestrainer darüber keine genau Kenntnis hat.
Ich sehe es eher so, dass er in der Hierarchie an der Spitze steht und alle ihm zuarbeiten. Das Problem ist also wohl eher in den Zuarbeitern zu finden, die – falls die Regel von der FIFA kommuniziert wurde – dies nicht nach “oben” weitergegeben haben.
Andererseits: War es nicht zu EM 2008 schon so, dass schon nicht nach der Vorrunde gestrichen wurde. Und war es nicht auch so, dass das Team die ganze Zeit anführt, dass es von einem FIFA-Schiedsrichter vor dem Turnier gebrieft wurde. Hätte dann nicht auch eine solche Information (“Eure geleben Karten werden…”) dazugehört?
@AAAFan: Für mich ist es eher ein Generationskonflikt des autistischen Domenech. Mit einem Zidane hat es die Konflikte nie gegeben, obwohl auch Zidane (und Makelele, Thuram) auch nicht klassisch-französischer Herkunft sind.
Bereits zur WM 2006 und EM 2008 haben immer größere Teile der Mannschaft sich von Domenech auseinandergelebt. ich glaube so richtig hat keiner verstanden dass nicht schon 2008 die Reißleine gezogen wurde. 2006 hat der Finaleinzug eine ganz schwache WM der Franzosen übertüncht.
Spannend wird nun sein, wie Blanc die Mannschaft wieder zusammenbringt, ob er Gourcuff und Ribéry wieder in eine Mannschaft bringen kann oder ob er “seinen” Gourcuff aus Girondins-Zeiten bevorzugt.
Ribéry hat sich bei Téléfoot gut geschlagen, finde ich. Unangekündigt aufgetaucht und den Schlagzeilen ein wenig entgegen getreten. Inweiweit seins Aussagen alle stimmen, wird man (vielleicht) sehen. Aber zugetraut hätte ich es ihm so nicht.
http://www.youtube.com/watch?v=hvQ4J6AZ3O4
[Falls das hier schon irgendwo aufgetaucht ist, sorry – hab nicht immer alles lesen können…]
Peter Crouch in various situations:
http://bit.ly/daipLY
Danek für den Ribery-Link.
Wenn man nicht schon wüsste, dass Domenech aufhört, nach diesem Interview müsste er zurücktreten. So zumindest meine Wahrnehmung. Wie soll man noch an seine Autorität glauben, wenn erst Ribery kommen muss, um Stellung zu nehmen? Erweckt den Eindruck, als könnte Domenech nicht für sich selbst reden. Da nützt der Inhalt, der versucht Domenech als ‘patron’ hinzustellen, wenig, oder?
Noch nicht erwähnt wurde hier zum “Gelbe Karten”-Thema der rein pragmatische Aspekt.
Sprich: Ich finde es absolut nachvollziehbar, das sich der Jogi vor dem ersten oder zweiten Gruppenspiel noch nicht genauer mit der Frage beschäftigt wann den nun eventuelle Karten wieder gestrichen werden.
Das spielt schließlich für diese Spiele erstmal keine Rolle und ist eigentlich frühestens beim letzten Vorrundenspiel zu beachten
(falls tatsächlich die Variante “schon nach der Gruppenphase” angewendet würde).
Und bis dahin hat man sich dann mit Sicherheit schon schlau gemacht …
@Andre:
Leider weiß ich nicht, wie die Sendung davor und danach lief, d.h. ich kann nicht ausschließen, dass Doménech davor schon in eine ähnliche Kerbe geschlagen hatte. Da kann ein unterstützendes Statement eines Führungsspielers ja ganz sinnvoll sein (ob Ribéry es aus diesem Grund tun würde, ist natürlich eine ganz andere Frage). Dennoch: Doménech wirkt – wie so oft – sehr teilnahmslos und ganz gewiss nicht wie der Herr des Verfahrens.
Würde mich sehr interessieren, wie die Sendung danach weiter ging. Bzw. konkret: was der Trainer noch gesagt hat.
Stimmt natürlich, mit Drumherum kann natürlich ein anderer Eindruck entstehen. Aber wie du ja schon sagst, vom bloßen Anschauen und Ds Passivität und Körpersprache entsteht irgendwie der Eindruck, dass er selbst nicht für sich einstehen könnte. Ist aber vielleicht auch wiederum der Tatsache geschuldet, dass es nicht um seinen Job kämpfen muss oder so, sondern da schon so etwas wie ‘closure’ hat.
Oh, Domenech schreibt sich ohne accent? Sorry.
Wenn Schweinsteiger schon so weit Führungsspieler wäre wie hier gerade dargestellt wird, hätte er Poldi die Kugel aus der Hand nehmen müssen mit den Worten: Ich schieße. Poldi hatte gerade zwei Risen Chancen verballert und Schweini gegen Bosnien zwei Elfer versenkt, die der torwart auch nicht hält wenn man ihm vorher sagt wo man hinschießt.
@freddy: sehe ich gar nicht so. poldi hatte eine megastarke phase, auch wenn er die von dir genannten chancen versemmelte. er hatte ein breites kreuz und VOR dem elfer hatte sicher kaum einer zweifel, dass poldi trifft. daher ergibt sich diese frage eigentlich nicht.
@freddy7
Weil Podolski zwei Chancen vergeben hat ist klar, dass er den Elfer verhaut?
Schweinsteiger ist sicher nicht der schlechteste Elferschütze, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Podolski bis Freitag jemals einen Elfer vergeben hatte. Das hat mit vergebenen Chancen nix zu tun, der Elfer war auch nicht schlecht geschossen.
Für die Führungsspieler-Diskussion eignen sich viele Sachen. Die Elfer-Thematik ist definitiv keine davon.
Sehe ich anders. Meines Erachtens sind seine Elfmeter mit extrem kurzem Anlauf sehr riskant. Und beide hätte der Towart an den Kopf bekommen, wenn er einen halben Schritt nach rechts gegangen wäre.
Ich kenne mich im französischen Fußball eigentlich überhaupt nicht aus, nur wundere ich mich die ganze WM-Quali und WM schon darüber, daß Domenech immernoch Trainer in Frankreich ist. Es wurde doch schon bei der WM2006 andauernd berichtet, wie unbeliebt er bei der Mannschaft und den Medien sei, er keine Ahnung von Taktik habe usw.
Warum ist er 2010 immernoch Trainer in F?
Am Geld kann es doch eigentlich nicht liegen, da ja Nike sein Beutelchen geöffnet hat. Woher hat Domenech seine Fürsprecher denn?
@Berni :)
Danke Andre! Hatte ich bei dem Spiel schon gelesen, aber dachte/denke irgendwie nicht, daß der Fußballlehrer-Verband der einzige Grund sein kann. Wenn dem doch so ist, dann ist er aber wirklich extremst mächtig.
Angeblich hat sich heute die franz. NM geweigert, zu trainieren… http://twitter.com/FourFourTwo/status/16620677464