Eigentlich hatte ich vor, die Formel 1-Vorschau größer aufzuziehen, aber wie es nun mal als Selbständiger ist, kam mir sowohl ein Großauftrag als auch eine Erkältung dazwischen, so dass ich inzwischen eine Erkältung mit mir herumschleppe, die ich nicht auskurieren kann und vermutlich bis nächste Woche werde auch nicht auskurieren können. Der Vorschlag an dieser Stelle “Gesundheit hat Vorrang vor Deadline” ist immer dann Klasse, wenn man es mit einem Auftraggeber zu tun hat, von dem man 30-40% seiner Jahreseinnahmen bezieht. Selbständigkeit bringt Vorteile und Luxus mit sich, aber in einigen Situationen auch massive Nachteile. Voila.
Mitunter wird auch der Zeitaufwand zum Erstellen der Blogeinträge unterschätzt. Hier ein Detail: im Vorfeld der Saisonvorschau habe ich alle Teams angeschrieben, um für die Verwendung von Bildmaterial anzufragen bzw. Zugang zum Medienbereich/Bilddatenbank zu bitten. 11 Teams (bei Williams ist es nicht nötig). Und sage und schreibe dreimal die Erlaubnis oder die Zugangsdaten bekommen. Sieben eMails und damit sieben Anschreiben waren also zumindest bislang für den Arsch. Verlorene Zeit und Frust.
Ich habe bislang keine Reaktion von SKY über die Programmplanungen bekommen, aber meine Fragen bewegten sich in einer ähnlichen Richtung wie sie inside-racing.de an SKYs Ralph Fürther stellen konnte.
SKY wird diese Saison wieder bei allen Rennen mit der Mannschaft vor Ort sein. Keke Rosbergs Vertrag wurde nicht verlängert und stattdessen wird Marc Surer noch stärker als Experte eingebunden. Es hat sicherlich schon schlechtere Kostensparmaßnahmen gegeben als Surer statt Rosberg. Peter Lauterbach, Jacques Schulz und Tanja Bauer bleiben. Heinz Prüller wird aus gesundheitlichen Gründen für einige Rennen fehlen.
Apropos Kostensparmaßnahmen: bei den Freien Training entfallen bei SKY sämtliche Optionskanäle. Für das Qualifying und das Rennen wird die Option mit dem Multisignal durch eine spezielle Michael Schumacher-Option ersetzt, die von SKY zusammengestellt wird.
Vor- und Nachberichte wird es ungefähr im selben Umfang wie letzte Saison geben. Ebenso werden die gleichen Rahmenrennen übertragen: GP2 und Porsche Supercup. Was fehlt ist die neue GP3-Serie die ab Barcelona startet und explizit nicht im Übertragunsgpaket ist.
Eine Formel 1-Talkshow nach dem Muster von sky90 ist nicht geplant. Darüber hatte ich übrigens vor einigen Wochen mit SKY gesprochen. Dort ist man der Ansicht, dass sich anders als bei sky90, keine interessanten und massenattraktive Runden zusammenstellen lassen. Der Personenkreis an relevanten und bekannten Experten wäre sehr, sehr eingeschränkt. Viele die in Frage kämen, sind am Rennwochenende kaum für längere Strecken loszueisen Ein “Striezel” Stuck ist fast permament in Sachen Kontaktpflege unterwegs und sei nicht einfach so für eine Stunde in einem Studio festzunageln. Und im Gegensatz zur BBC (die eine solche Talkshow nach F1-Rennen hat), wäre der deutschspachige Personenkreis sehr viel kleiner als der englischsprechende Personenkreis.
Bei der BBC gibt es nur wenige Veränderungen. Wegen zahlreicher Verpflichtungen für Peugeot wird Experte Anthony Davidson öfters ausfallen (zu hören: BBC 5live und bei den Freien Trainings auf BBCi). An diesem Wochenende wird er zumindest beim Rennen durch Jacques Villeneuve ersetzt.
Inwzischen ist auch nahezu die komplette BBC-Crew bei Twitter gelandet. Für das Fernsehen bleibt es bei @ Jakehumphreyf1, Eddie Jordan und David Coulthard moderieren, @legardj kommentiert mit Martin Brundle und Boxengassenreporter sind @tedkravitz und @LeeMcKenzieF1.
Im Radio kommentiert @CroftyF1 mit Anthony Davidson und Holly Samos an der Boxengasse. Ergänzt wird es durch web-only-Reporter @andrewbensonf1 und @sarahholtf1.
Die Berichterstattung wird identisch zur letzten Saison sein: alle Freien Trainingsessions auf BBCi mit aufgeschaltetem Radiokommentar von BBC 5live Sports Xtra (was übrigens angesichts der Gäste die häufiger zur Co-Kommentierung eingeladen sind, eine gradiose Idee ist). Für das Qualifying und das Rennen ist man auf BBC One und BBCi (mit mehreren Audio- und Videooptionen) zu sehen.
Bei den Freien Trainingssession setzt die Berichterstattung 5 Minuten vor Beginn ein und hört 5 Minuten nach Ende der Session auf. Vor dem Qualifying steigt man 50-60 Minuten vor Quali-Start ein und berichtet ungefähr bis eine halbe Stunde nach Quali-Ende. Vor dem Rennen steigt man 50-60 Minuten vor Start ein und fährt bis 75 Minuten nach Rennende Nachberichte und Talkshow.
Da die BBC-Inhalte von der FOA sublizensiert werden (um sie anderen Radiostationen anzubieten), hat die BBC auch recht guten Zugang zu Informationen und Personal aus der Formel 1.
Das DSF wird wieder von den Freitags-Session berichten und fährt an diesem Aufwand mit langen Vor- und Nachberichten recht großen Aufwand vor. Am Samstag und Sonntag berichtet man abends in längeren Zusammenfassungen von Qualifying und Rennen.
Die Formel 1 ist diese Saison bunt durcheinandergemischt und keiner weiß so recht was dabei rauskommt, aber viele befürchten eine sehr statische Saison. Die Leistungsunterschiede scheinen unterhalb der Spitze sehr groß zu sein und man muß befürchten, dass die Regeländerungen eher das defensive Fahren statt den Zweikampf fördern:
Es darf nicht nachgetankt werden, das heißt die Wagen starten randvoll. Gestoppt darf nur für Reifenwechsel – jene Reifen die aber anfangs durch den schweren Wagen stark belastet werden. Umso mehr, als dass die Vorderreifen schmaler geworden sind.
RTL steigt am Samstag ausnahmsweise schon um 8h45 mit dem 3ten Freien Training ein, gefolgt von einem Feature “Michael Schumacher – Der Champion ist zurück”. Im Vorfeld gab sich RTL aber im Gegensatz zu SKY relativ distanziert zur Schumania. Hat man im Hintergrund das Rennen um den besten Zugang zu Michael Schumacher bei Willi Weber gegen SKY verloren?
Das Qualifying wird mit einer halben Stunde Vor- und Nachberichten gepolstert und vor dem Rennen steigt man 75Minuten vor Start ein und bringt ca. eine Dreiviertelstunde Nachberichte. Die Akteure sind ansonsten identisch geblieben: König, Lauda, Ebel, Wasser, Danner.
So wie ich letzte Saison mit einem Interview mit Don Dahlmann vom Racingblog beschlossen habe, so starte ich auch die Saison mit einem kleinen Fragekatalog an Don.
Im Racingblog hat Don inzwischen eine eigene Vorschau gestartet:
Die Teams und Motoren. Die Fahrer. Die neuen Regeln und neuen Rennen 2010
Ich habe mir noch einmal
unser Interview vom letzten November durchgelesen und damals hast du die Erwartungen geäußert, dass die 2010er-Saison vermutlich nicht so wild sein wird, wie die 2009er-Saison, da es an einem "X-Faktor" fehlt, wie im Frühjahr 2009 mit dem kurzfristig erlaubten Doppeldiffusor. Die 2010er-Saison verläuft soweit also erwartungsgemäß, oder? ;-)
Die Saison 2010 wird weit aus weniger Überraschungen haben, als das im letzten Jahr der Fall war. Wobei man allerdings auch sagen muss, dass es 2009 nur deswegen zu so massiven Verschiebungen kam, weil die FIA sich dazu entschlossen hatte den umstrittenen Doppel-Diffusor nicht zu verbieten. Hätte man darauf verzichtet, wäre zwar mit Red Bull trotzdem ein neues Team nach vorne gekommen, aber Brawn und Williams hätten schlechter ausgesehen.
Die diesjährigen Veränderungen sind zwar nicht gering, aber sie haben weit weniger gravierende Auswirkungen. Sowohl die um 20 mm schmaleren Reifen, als auch das höhere Gewicht lässt sich in Simulationen gut nachstellen. Es gibt also weniger unbekannte Faktoren in diesem Jahr. Die altbekannten Teams plus Red Bull werden also wieder um die Siege fahren.
Die zwei wichtigsten Regeländerungen in Kurzfassung: es darf nicht mehr nachgetankt werden und es gibt schmalere Vorderreifen. Damit scheinen vorallem die Reifen in Vordergrund zu rücken. Mit dem Nachtankverbot werden die Fahrzeuge in der ersten Rennhälfte schwerer und die Reifen drohen schneller zu verschleißen. Einige tippen darauf, dass die meisten Teams diese Saison zwei Stints pro Rennen, also recht identische Strategien fahren werden. Werden wir langweilige, defensive Rennen erleben, weil die Spitzenfahrer sich breit machen und ihre Position versuchen zu halten? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit ohne Wettereinflüße taktische Husarenritte mit z.B. drei Reifenwechsel zu erleben?
Ich gehe davon aus, dass die Rennen deutlich weniger Action bieten werden, als noch 2009. Das liegt zum einen daran, dass nach dem großen "Reset" durch die neue Aerodynamik, die Team ihre Lehren gezogen haben und die meisten mit ähnlichen Konzepten unterwegs sind. Das bringt das Feld zwar näher zusammen, aber um überholen zu können braucht es halt mehr als ein paar Zehntel, die man pro Runde schneller ist.
Das bedeutet aber nicht zwangläufig, dass man Rennen ohne Positionsveränderungen erleben wird. Hier werden die Reifen und die Aspahlttemperatur eine große Rolle spielen. Bridgestone schleppt ja bei jedem Rennen zwei Mischungen an, die beide in Rennen gefahren werden müssen. Leider hat man sich auf Druck der Team dazu entschlossen, nicht mehr eine gesamte Mischung zu überspringen. Also nicht mehr Soft/Hard sondern Soft/Medium zu liefern. Das hat eigentlich gut funktioniert, zumindest was die Spannung angeht.
Die Strategie vieler Teams wird sich danach ausrichten, wie man mit welchem Reifensatz klar kommt. Klar ist, dass vor allem der erste Stint entscheidend sein wird. Mit einem extrem schweren Wagen und im Getümmel der ersten Runden fordert man die Reifen besonders stark. Graining an den weniger belasteten Vorderreifen kann die Folge sein. Das würde dann bedeuten, dass man die Reifen ein paar Runden abkühlen lassen muss, bevor man angreift. Das könnte dazu führen, dass manches Team auf einen dritten Stopp setzt. Der Reifenwechsel wird um die 3 Sekunden dauern, alsom verliert man nicht ganz so viel, wie früher. Einige Strecken haben zu dem eine Boxeneinfahrt, bei der man wenig verliert, auf der anderen Seite bringen neue Reifen in den ersten Runden bis zu einer Sekunde.
Wir werden sicher ein paar interessante strategische Entscheidungen sehen. Das bedeutet im übrigen auch für die TV-Stationen, dass sie anders berichten müssen. Die Sektoren- und Rundenzeiten werden sehr wichtig werden. Für Fans wird es fast zu Pflicht, dass Livetiming nebenbei zu beobachten.
Die 2010er-Saison wird mit 24 statt 20 Fahrzeuge absolviert und wenn sich die Tests bewahrheiten, wird es brutale Leistungsunterschiede geben. Wird die Größe des Fahrerfeldes in Quali oder Rennen Auswirkungen haben?
Vier Autos mehr auf der Strecke, davon sechs, die momentan nicht konkurrenzfähig sind, sorgen im Rennen für mehr Überrundungen. Das wird vor allem bei den Stadt-GPs (Australien, Singapur, Monaco, Valencia) eine Rolle spielen können, denn in Luft auflösen können sich die Fahrer ja auch nicht. In der Quali wird es auf der Strecke etwas enger, aber schon in letzten Jahren gab es immer eine Art "Gentlemans Agreement" zwischen den Top Teams und dem Rest. Die langsamen fahren zu erst, danach kommen die Spitzenteams. Das wird dieses Jahr auch so sein. Nach Q1 ist man die langsamsten sowieso los.
Spannend dürften Q2 und Q3 werden, denn in diesem Jahr dürfen die Teams mit einem leeren Tank fahren. Einschränkung: wer in Q3 unterwegs ist, muss dann auch die Reifen aus der Quali im Rennen verwenden.
Ferrari geht als gefühlter Top-Favorit in die Saison. Was wird zwischen Alonso und Massa abgehen? Wird Massa mit einem Killer wie Alonso klar kommen und hat sich Alonso bei Ferrari eine Hausmacht aufbauen können?
Ich glaube kaum, dass Ferrari die Ruhe im Team wird halten können. Das sich Massa und Alonso in guten Zeiten nur mittelprächtig verstehen, ist kein Geheimnis. Die beiden sind sich auch in vielen Ego-Dingen einfach zu ähnlich. Dazu kommt, dass die Sache auch eine gewisse politische Dimension hat. Alonso ist im Prinzip keine Ferrari-Verpflichtung, sondern eine von Luca di Montezemolo. Der ist zwar nominell gar nicht im Management des F1-Team von Ferrari, scheint aber täglich mit reden zu wollen. Massa hat auf der anderen Seite im Team eine gewachsene Fan-Base also da werden Welten kollidieren.
Was man so über den Winter gehört hat: Alonso war oft in Maranello und hat viel für das Team gearbeitet. Das hat wohl Eindruck hinterlassen. Und wie das bei Ferrari so ist: wer Siege holt, ist der Liebling der Fans und der Medien.
Massa hat sich in den letzten 18 Monaten gut entwickelt. Er ist selbstbewusster geworden und ist im Rennen auch stabiler geworden. Die große Frage ist aber immer noch, wie er den Unfall aus dem letztem Jahr weg gesteckt hat. Ich bin da ehrlich gesagt skeptisch.
Alonso hat auch schon bei den Tests gezeigt, dass er auf Anhieb schneller als Massa war. Man muss die Zeiten allerdings mit Vorsicht geniesen, weil ja nicht weiß, mit welchen Gewichten man unterwegs war.
McLaren als Nummer zwei dahinter. Es gibt auch hier die Frage nach der Chemie zwischen zwei Fahrer die die Nummer 1 beanspruchen. Für wie groß hälts du die Chancen das Jenson Button bis zum Saisonende Widerstand leistet? Kann dies zu einem größeren Konflikt ausarten? "Die Briten" sehen McLaren noch mehr als früher als "britisches" Team und die Diskussionen in den englischen Online-Foren zu Hamilton vs Button werden sehr schnell, sehr hitzig.
Ich sehe da zumindest im ersten Halbjahr keine großen Konflikte wie bei Ferrari. Button und Hamilton scheinen gut zu harmonieren. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Button gegen Hamilton so klar den Kürzeren zieht. Sein Problem könnte die Quali sein, weil Hamilton mit Sicherheit der schnellere Mann auf eine Runde ist. Im Rennen sieht das aber wieder anders aus, weil da Button seine größere Konstanz ausnutzen kann. Das könnte dazu führen, dass beide immer mit unterschiedlichen Reifenstrategie unterwegs sind. Hamilton nimmt die Reifen härter ran, Button fährt runder und weicher.
Ich fand die Entscheidung von Button zu McLaren zu gehen im ersten Moment auch etwas befremdlich. Er hat ja auch eine Historie in Sachen merkwürdiger Team-Entscheidungen. Auf der anderen Seite zeigt das auch, dass er keinen Vergleich scheut und sehr viel Selbstbewusstsein hat.
Hamilton hat den Vorteil, dass das Team zu 100% hinter ihm steht, da muss Button erst mal eine Bresche schlagen.
Am Ende der Saison erwarte ich Hamilton vor Button, aber es wird knapper sein, als man vielleicht vermuten würde.
McLaren hat einen umstrittenen Heckflügel. Hat dieser Heckflügen das Potential des Doppeldiffusors als "X-Faktor"?
McLaren hat die FIA gebeten, den Flügel zu überprüfen. Ich rechne auch nicht damit, dass es da großen Ärger geben wird. Einerseits bringt er wohl auch nicht so viel und Renault hat da ja auch noch eine merkwürdige Variante. Zum anderen hat die FIA in den letzten Jahren ja gezeigt, dass man in Sachen Regelauslegung flexibel ist.
Bei Mercedes, formerly known as Brawn GP, scheint es noch Unsicherheiten zu geben, wie gut das Fahrzeug mit dem Reifen umgeht. Angeblich sollen die Fahrzeuge noch zu stark untersteuern. Zu Bahrain soll es ein neues Paket geben. Ist das ein Alarmsignal oder noch alles im grünen Bereich?
Es ist nie leicht die PR-Nebelbomben aus dem Winter zu entschärfen. Brawn hat schon immer eine Tendenz zum tiefstapeln gehabt und keiner weiß, mit welchen Gewichten Mercedes unterwegs war. Offenbar fällt es dem Team (wie allen anderen auch) schwer, die Konkurrenz einschätzen zu können. Die Analyse der Testzeiten aus Barcelona im Vergleich zum letzten Jahr zeigt dann auch, dass kein Team die Karten auf den Tisch gelegt hat. Bei den Longruns war Mercedes vorne mit dabei, aber mehr kann man nicht sagen.
Mercedes tut auch gut daran, die Erwartungen zu dämpfen. Die Kombi Schumacher, Brawn, Mercedes wird gerade in Deutschland dazu führen, dass die Medien, allen voran RTL und die "Bild" nichts anderes als Siege erwarten wird. Da hilft es auch gegenüber dem Team den Ball etwas flach zu halten, weil sonst Kai Ebel <s>wieder dumme</s> noch dümmere Fragen stellt.
Ist Michael Schumacher wieder zurück? Dieses eher zurückhaltende, reifenschonende, langfristige Fahren, ist das Schumachers Ding?
Von den Zeiten her ist Schumacher wieder voll da, wie es in einem Grand Prix aussieht wird man abwarten müssen. Auf jeden Fall ist er einer, der sich allen Bedingungen anpassen kann. Er gilt ja als einer besten Fahrer im Regen, wo man eine schonende Fahrweise braucht. Dazu kommt auch seine Konstanz bei den Longruns. Ich glaube nicht, dass er Probleme haben wird. Im Gegenteil: weil man nicht mehr das gesamte Rennen voll am Limit fahren muss, dürfte ihm das in den ersten Rennen entgegen kommen, weil die körperliche Belastung nicht so hoch ist. Auch wenn er sicher sehr fit ist – ein Renndistanz ist dann noch mal eine eigene Hausnummer. Aber einen Schumacher sollte man nie unterschätzen und es ist eine nette Sache, so ein Comeback mit erleben zu dürfen.
Wo steht das Mercedes-Team eigentlich in Sachen Infrastruktur und Technik, nachdem Brawn GP vor anderthalb Jahren noch bei Honda angesiedelt war und Mercedes mit McLaren im Bett lag?
Das Team hat in den letzten 14 Monaten einige massive Veränderungen durch gemacht. Der Abzug der Japaner, die Entlassungen, jetzt die neue Verzahnung mit Mercedes. Wie jeder weiß, bringen solche Veränderungen in einer Firma immer etwas Unruhe und Abstimmungsprobleme. Auf der anderen Seite verlagert Mercedes seine Leute, die seit langem in der F1 unterwegs sind, nur von McLaren ins eigene Team. Man wird vermutlich von außen betrachtet nicht viel merken, aber richtig werden die Synergien erst ab 2011 zum tragen kommen. Die technische Unterstützung seitens Mercedes wird vor allem gegen Ende Saison so richtig zum tragen kommen. Entgegen aller Vorurteile hat man kein unbeschränktes Budget, aber sollte man eine Chance auf den Titel haben, wird man vermutlich nicht sparen.
Red Bull hatte letzte Saison massive Zuverlässigkeitsprobleme. Haben sie diese beheben können?
Interessanterweise kamen die Probleme bei Red Bull immer von der Antriebsseite. Die Motoren gingen bekanntlich reihenweise hoch. Aber bei Renault selber hatte man die Probleme nicht in dem Maße. Der Grund dürfte im Design von Adrian Newey zu finden sein. Der hat ein sehr schmales Heck konstruiert und offenbar konnte der Motor da nicht mehr so gut beatmet werden, wie beim breiten Renault. Auch bei Toro Rosso, die ja einen Ferrari im gleichen Heck hatten aber das gleiche Chassis fuhren, tat sich nichts. Es ist also eher ein hausgemachtes Problem von Red Bull.
Bei den Tests machte Red Bull nicht den Eindruck, als sei man die Probleme los. Aber auch hier muss man vorsichtig sein, kann ja sein, dass man alle Bauteile mit Absicht über Gebühr belastet hat. Die ersten drei Rennen werden zeigen, ob man die Be- und Abluftprobleme bei Motor und Getriebe in den Griff bekommen hat. Und wenn sie Weltmeister werden, dürfen sie sich keine Ausfälle erlauben.
Dahinter gibt es eine Reihe von Mittelklasse-Teams um die es erstaunlich ruhig geblieben ist: Sauber, Force India, Renault, Williams und Toro Rosso. Wird aus dieser Riege eine Überraschung entspringen können?
Nach den Tests zu urteilen wird man Sauber zumindest in den ersten Rennen auf dem Schirm haben müssen. Die Schweizer waren extrem schnell, wenn man die Zeiten mit dem letztjähigen BMW vergleicht. Es gab zwar Gerüchte, dass man etwas leichter als die Konkurrenz unterwegs war, aber das traue ich Peter Sauber eigentlich nicht zu. Auch Williams wird, wie schon fast üblich, in den ersten Rennen gut dabei sein. Im Laufe der Saison wird man dann Probleme bekommen und zurückfallen. Sie sind werden die Großen nicht ärgern können, nach unten hat man viel Luft, also wird man um die letzten Punkte kämpfen, was durchaus interessante Rennen ergeben kann. Leider sind die Kameras aber ja selten im Mittelfeld. Toro Rosso wird wenig machen können. Man hat in diesem Jahr zum ersten Mal ein eigenes Chassis. Auch wenn es im Grunde die Weiterentwicklung des RB5 von Red Bull ist, man hat eine eigene Entwicklungsabteilung. Das muss sich in diesem Jahr erst einmal bewähren. Ich sehe sie eher am Ende des Mittelfeldes. Bei Renault sehe ich viele Fragezeichen. Die müssen auch sehen, wie sie das neue Management intergrieren und vor allem frage ich mich, wie viel Geld hinter dem Team steckt.
Hat das Sponsoring von Lada auf dem Renault irgendwelche strategischeren Züge als nur einen Aufkleber draufpappen und einen Fahrer aus Russland reinzubringen?
Das ist ein merkwürdiger Deal. Renault hält Anteile an Lada (25%), das Sponsoring ist aber von der russischen Regierung abgenickt worden. Wer weiß, was da wieder wie verschachert wurde. Bernie Ecclestone würde ja gerne langfristig im Osten was machen und ich kann mir auch verstellen, dass man gerne einen guten russischen Fahrer in der F1 hätte. Ob Petrov das ist, wage ich mal zu bezweifeln. Motorsport findet in Russland ja nicht so richtig statt, vielleicht möchte man auch mittels des Sponsoring die Nachwuchsförderung verbessern.
Nach dem Rückzug von BMW, in was für einem Aggregatszustand ist das Sauber-Team?
In einem guten, wenn man Peter Sauber glaubt. In den vielen Interviews, die er der "Motorsport aktuell" gegeben hat, klang so zwischen den Zeilen durch, dass die Stimmung zwischen der Belegschaft in Hinwil und München in den letzten Monaten weniger gut gewesen ist. Es habe zu viele Meetings gegeben usw. Sauber finanziert, laut eigener Aussage, das Team mehr oder weniger selber. Sein Ziel ist wohl, erst einmal Ruhe in den Laden zu bringen. Und er hat schon angefangen, neues Personal einzukaufen.
Die Verpflichtung von de la Rosa war nicht schlecht, um ein wenig Knowhow zu bekommen, Kobayashi scheint ebenfalls ein guter Einkauf zu sein. Des Weiteren hat er für Willy Rampf, der das Team verlassen hat, von Force India James Key abgeworben. Der war für den letztjährigen Wagen der Inder verantwortlich. Alles im allem glaube ich, dass Sauber sich problemlos im vorderen Mittelfeld etablieren wird.
Force India hinterließ letzte Saison mit guter Aerodynamik auf einigen schnellen Strecken einen guten Eindruck. Können sie diese Saison noch davon zehren?
Die Entwicklungsgeschwindigkeit in der Formel Eins ist so hoch, dass man einen Vorsprung nicht mehr über den Winter retten kann. Das haben McLaren und Ferrari schon mehrfach erlebt. Der neue Wagen machte in den Tests keinen schlechten Eindruck, auch wenn er eher eine vorsichtige Evolution. Man hat wohl versucht, dem Wagen etwas mehr Abtrieb zu geben, ohne die Höchstgewindigkeit zu vernachlässigen. Ich habe großen Respekt vor Vijay Mallya, und dem, was er aus dem Team in zwei Jahren gemacht hat und bin mir sicher, dass er auch in dieser Saison im Mittelfeld unterwegs sein wird.
Die kleinen Teams hinterlassen derzeit einen eher katastrophalen Eindruck. Lotus und Virgin hinken 4,5-5,5 Sekunden hinter der Musik her, HRT F1 (ehemals Campos Meta) fuhr noch gar keine Tests. Gibt es überhaupt eine Chance daß von diesen Teams in den nächsten 2-3 Jahren jemand in die F1-Mittelklasse oder höher steigt?
Der große Abstand hat mich auch sehr erschrocken. Zwei Sekunden wären ja schon viel, aber vier? Das erinnert schwer an die Zeit Anfang der 90er, als Teams wie Simtek und Forti rettungslos überfordert waren. Das man aber aus einem völlig verkorksten Team was machen kann, sieht man ja an Force India. Wenn es einem der neuen Teams gelingen kann, dann wohl eher LotusF1, die zumindest auf dem Papier die besten Voraussetzungen haben. Bei Virgin Racing hängt alles am Einsatz von Richard Branson, das ist mir etwas zu dünn, bei HRT weiß man ja nun gar nicht, wie viel Geld da im Hintergrund ist.
Wie kommt es, dass soviele der neuen Teams Probleme haben. Woher die unrealitischen Erwartungen bzgl. der Geldgeber, aber auch: wie kommt das finanziell derart wackelige Teams von der F1 durchgewunken wurden? Gab es bei den Bewerbern um die Startplätze wirklich nichts finanziell solideres?
Das Problem sind die versteckten Kosten, bzw. jene, die man nicht auf den ersten Blick sieht. Die Saison, also mit allen Kosten für Motor, Chassis, Team, Entwicklung usw. kostet allen Anschein nach so um die 60 Millionen für ein Team mit wenig Geld. Die Top Teams dürften so um die 150 Millionen ausgeben, vielleicht etwas weniger. Aber dazu kommen ja noch die ganzen anderen Kosten. Die Fabrik, die gesamte Infrastruktur, die man erst mal aufbauen muss. Die Anlaufkosten sind es wohl, die die meisten Investoren abschrecken.
Die Pleite von USF1 ist eine sehr spezielle Sache. Normalerweise würde man ja davon ausgehen, dass auch in den USA genug Geld für so ein Engagement finden lassen wird. Aber halt nur mit einem Mann wie Roger Penske und nicht mit Leuten, die selbst in den USA jetzt nicht gerade zu bekanntesten gehören.
Wirtschaftlich stabil erschien mir bei den abgelehnten Bewerbungen auch nur noch Euskadi, die immerhin schon die gesamte Infrastruktur für ein Team haben.
Bruno Senna, Vitaly Petrov, Lucas di Grassi, Nico Hülkenberg, Karun Chandhok: von welchem der fünf neuen Fahrer kann man am meisten erwarten? ist ein Fahrer dabei der alleine dafür sorgen kan, das sein Team in einer höheren Gewichtsklasse spielt?
Hülkenberg und di Grassi sind sicher die besten Rookies in diesem Jahr. Der Deutsche hat schon ziemlich beeindruckende Zeiten bei den Tests hingelegt und vom Team gleich den Spitznamen "The Hulk" bekommen. Luca di Grassi ist einer der Fahrer, die für unterschätzt halte, aber er wird bei Virgin nicht viel reißen können. Senna wird maßlos überschätzt, Petrov ist solide, aber nicht schnell genug. Zu Chandhuk fällt mir nicht viel ein, da er in der GP2 bei keinem gutem Team war. Wird man sehen müssen. Aber im Grunde wird man nicht viel von den letzt genannten sehen.
Das neue Punktsystem – gut oder schlecht?
Der Traditionalist in mir stöhnt, wenn ich an das neue System denke. Ich halte es auch für schlecht umgesetzt. Ich kann verstehen, dass man mehr Punkte vergeben möchte, um mehr Anreize zu schaffen, aber ich bin auch kein Anhänger der Regel, dass man dem Sieger mehr Punkte geben sollte. Das führt am Ende nur zu einer langweiligen Schlusssaison. Die Formel Eins ist mit den vielen Rennen eine Langstreckenserien. Am Ende gewinnt der, der konstant gut gearbeitet hat. Der bisherige Abstand zu den Plätzen 3 bis 8 machte eh klar, dass man nur dann gewinnt, wenn man Siege einfährt.
Die FIA möchte, dass man nun mehr um Siege kämpft, aber dafür müssten noch weitere Verbesserungen in Sachen Aerodynamik kommen, denn wir man im letzten Jahr schon gesehen hat, kann man immer noch nicht richtig überholen.
Aber mal sehen, wie sich neue System bewehrt, vielleicht liege ich ja falsch. Klar ist aber, dass man die nächsten Jahre immer zwei Punktesysteme nebeneinander laufen haben wird und jeder auf die "Classic Points" schaut.
Reaktionen
zu TalkRunde Formel 1 nach den Rennen (analog Sky90):
warum kann denn nicht ein englischsprachiger Experte auch was sagen? Ein Dolmetscher kann doch auch mal was für Sky tun? Oder einfach im Original lassen, wer sich die Talk Show ansehen würde versteht sicher auch englisch, ganz zu schweigen von den anderen Talkgästen.
Zum einen hemmt diese Simultandolmetscherei unheimlich den Dialog – sofern du nicht den ganzen Talk auf englisch hälts. Aber simultangedolmetschter Talk geht gar nicht.
Zum zweiten hat PREMIERE seinerzeit Erfahrungen mit TV-Serien im O-Ton gesammelt, die nicht alle durchgängig positiv waren, was die Resonanz anging.
Die Argumentation “wer sich die Talk Show ansehen würde versteht sicher auch englisch” kann man auch dahingehend weiterspinnen, dass wer sich sowas ansehen will und englisch versteht, dann gleich zu englischen Podcasts greift…
Es gab ja mal von PREMIERE den Versuch einer “Talkshow” zur Formel Eins. Nannte sich “Speedtalk” mit Sascha Roos und Sven Heidfeld. Hat nicht sonderlich gut geklappt, was vorallem daran lag, dass weder Roos noch S. Heidfeld wirklich gute Talker sind und beide sowieso nicht beliebt sind bei den Fans. Schlecht auch, weil man das ganze aus München am Samstag aufgezogen hat. Anstatt das ganze an Schulz und Surer überzugeben, die sicherlich Vorort mehr daraus hätten machen können.
Unterschätzt? Ich glaube, Du unterschätzt Deine Leser. Ich frage mich oft: Hat sein Tag mehr als 24 Stunden? Schläft der Kerl überhaupt? Wie schafft der das alles? Liegt Hamburg in einer anderen Raumzeit?
Daher will ich die Gelegenheit nutzen, mich für die Mühen und die Zeit zu bedanken, die Du täglich in dieses Blog investierst, um träges, lichtscheues Gesindel wie mich auf unnachahmliche Weise zu informieren.
Also gute Besserung, und sperr hier ruhig zu, wenn’s mal sein muss. Ich würde es Dir nicht verübeln. Aber nicht zu lange, hörst Du? ;-)
So, genug davon, dieser Winter war rutschig genug…
Dem schließe ich mich an.