Was ist los, Bayern? oder Ist was los, Bayern?
Achter Spieltag der Saison 2009/10. Bayern München trennt sich 0:0 vom 1.FC Köln und die Bayern-Saison fühlt sich wie eine Achterbahn an. Überragende Spiele und klar gewonnen, überragende Spiele aber trotz mehr Spielanteilen null Tore geschossen oder eine Trauernummer wie heute Nachmittag gegen Köln, wo die zweite Halbzeit wie ein Hilfeschrei an den Fußballgott wirkte, den Ball zumindest über irgendeine glückliche Schicksalsfügung noch über die gegnerische Torlinie rübergedrückt zu bekommen.
Die Differenz nach acht Bundesliga-Spieltagen im Unterschied zur Klinsmann-Ära, laut Tabelle – bei Investitionen von 52 Millionen Euro: gleich viele Punkte, aber ein Torverhältnis von 13:7 statt 16:13.
Man kann den Bayern heute nicht vorwerfen dass sie es nicht versucht hätten. Aber obwohl sie von den Kölnern mit Gastgeschenken fast erschlagen wurden – jeder rheinischer Befreiungsversuch begann erstmal mit drei Kerzen, ehe der Ball beherzt ins Aus gedroschen wurde – kam kein Tor dabei raus.
Vor einer Woche fand ich es lobenswert, wie aktiv van Gaal durch Taktik ins Spiel eingegriffen hat. Heute hinterlässt er mich ratlos. Die Aufstellung in der ersten Halbzeit war nachvollziehbar, wenn man die Alternativen bedenkt. Wenn Robben verletzt ist und man Olic nicht sofort bringen will, gibt es für die Offensive rechts nicht mehr viel im Kader. Altintop wäre genauso eine spekulative Aufstellung gewesen, wie Sosa.
Die Aufstellung in der zweiten Halbzeit war für mich nicht mehr nachvollziehbar. Ribery musste angeschlagen raus. Panjic ersetzte ihn und das war bzgl. offensiver Impulse ganz, ganz schwach. Sosa wurde gegen Gomez ersetzt, was eine Rotation zur Folge hatte. Gomez als zentraler Stürmer, Klose zurückhängend zentral im offensiven Mittelfeld und Müller rückte nach rechts. Huch? Klose fand ich auf dieser Position noch nicht überzeugend und noch weniger ist Klose ein zentraler Ballverteiler für Spieler gegen kompakte Gegner.
Das nächste Huch kam in der 71ten Minute bei der Einwechslung von Olic, der nicht etwa wieder auf die Flügel durfte, sondern wie gegen Hamburg zentral verschenkt wurde. Es war auch dringend Signal nach außen notwendig, um die murrenden Zuschauer wieder ins Boot zu holen. Die Bayern stellten auf eine Art 4-1-3-2 um und Olic wurde an die Seite von Gomez gestellt. Das ist nicht wirklich die Stärke von Olic, der Raum zum Arbeiten braucht, der die Außenlinie zum rauf- und runterfräsen braucht, der den Endfight mit Ball und Gegner suchen muss. Stattdessen verharrte der Kroate an der Strafraumgrenze. Es schien auch so, als wären Olic und Gomez nicht auf diese Situation eingestellt gewesen, denn beide standen sich häufiger auf den Füßen. Damit raubten sich die Bayern einer Anspieloption. Es schien, als hätte van Gaal Olic nicht verstanden.
Was die letzten Spiele eint, ist die Dominanz der Bayern in Form von Ballbesitz und Spielanteilen – ohne dass die entsprechende Tor-Ernte eingefahren wird. Was aber das Köln-Spiel im Vergleich zu den Spielen gegen Hamburg und Juventus trennte, war der defensive Gegner. Ohne Ribery und Robben wurde in der zweiten Halbzeit die Problemlösung nicht flach am Boden gesucht, sondern durch die Luft. Die Bayern schlugen heute sehr viele Flanken. Die Zahl auf bundesliga.de von 51 Flanken erscheint mir bizarr, die Zahl von 29 Flanken von Impire erscheint mir glaubwürdiger. Egal welche Zahl die richtige ist, in Relation zu den anderen Spielen des heutigen Tages, waren es jeweils mehr als doppelt soviele wie der sonstige Schnitt. Hält man sich dann die Eindrücke aus dem Spiel nochmal vor Augen, dann sieht man diese Christian-Ziege-Gedächnis-Flanken von Pranjic aus dem Halbfeld.
Zum Vergleich: gegen die ähnlich kompakten Nürnberger – wo in der zweiten Halbzeit Ribery zu Robben stieß – schoßen die Bayern sowohl nach Impire- als auch bundesliga.de-Daten nur halb soviele Flanken.
Noch ein anderer Vergleich. Vor “Robbery” blieben die Bayern in drei (Bundesliga-)Spielen sieglos. Mit “Robbery” wurden drei von vier Spielen gewonnen. Nach der Verletzung von Robben gab es nun wieder keinen Sieg.
Van Gaal macht auf mich den Eindruck, dass er noch nach Werkzeug in seinen Werkzeugkasten sucht. Das Spiel ist heute in der zweiten Halbzeit in eine Richtung, den Flanken, entglitten, die van Gaal nicht gefallen haben kann. Das ist nicht das Spiel der Bayern. Dafür haben die Bayern nicht die Flankengeber (zumindest ohne Robben). Aber was war das eigentliche Problem? Die Abwesenheit von “Robbery” oder die spezielle Spielsituationen gegen einen sehr massierten Gegner? An welchen Stellschrauben wird van Gaal noch drehen?
Rennt den Bayern die Zeit davon? Van Gaal und Klinsmann holten nach acht Spieltagen 12 Punkte. In der letzten Saison wurden die Bayern noch Zweite. Sie hatten nach acht Spieltagen aber 5 Punkte Abstand auf den Tabellenführer und nur einen Punkt Abstand auf den späteren Meister Wolfsburg. Diese Saison sind es bereits acht Punkte auf die Tabellenspitze.
Das Spiel hat mich heute ratlos hinterlassen. Ich weiß nicht wo die Bayern stehen. Ich weiß nicht ob die Souveränität die sie phasenweise in dieser Saison gezeigt haben, Konsequenz von van Gaals Arbeit waren oder nur Ausbrüche individueller Klasse von “Robbery” plus Komparsen waren. Nach dem dritten torlosen Spiel, kann man da noch von nur einer Ausnahme, von einer Momentaufnahme sprechen. Oder zeichnen sich schon grundsätzliche Probleme ab? Versucht van Gaal bei einigen Spielern sie zu sehr passend zu seinem System (bzw. seinen Systemen) zu machen und damit gegen ihr Naturell anspielen zu lassen? Oder alles zu panisch und das Bayern-Spiel wird sich in den kommenden Wochen wieder regeln?
Ich bin ratlos. Wie sehen es andere?
Reaktionen
Ich hasse es im Konjunktiv zu schreiben und trotzdem beginne ich damit. Bayern-Juve 5. Minute Müller wird wunderbar freigespielt und schiebt gegen den gut den Winkel verkürzenden Buffon den Ball nur knapp vorbei. Bayern-Köln 11. Minute Eckball Bayern Schweinsteiger läuft gen kurzen Pfosten und setzt den Ball gegen die Latte. Beidesmal nur Zentimeter, aber – und jetzt ist es soweit – hätten die beiden getroffen, würden wir heute, denke ich, über einen Sieg gegen Juve und Köln sprechen.
Aber hätte und würde sind die Geschwister von issnichpassiert.
Ja ich sehe da ein System, ja es spiegelt sich noch nicht (immer) in den Ergebnissen wieder. Ja ich sehe es auch als Fortschritt erst 7 statt 13 Gegentoren wie in der Vorsaison kassiert zu haben. Die Grundlage um ein Tor zu erzielen ist der Ballbesitz und den besitzen wir in dieser Saison den Großteil der Spiele. Was ich furchtbar finde ist die Präzision der Anspiele in die Spitze. Wundersamer als die 51 Gesamtflanken bei dfl.de finde ich die 10 Flanken die angeblich bei einem eigenen Spieler angekommen sein sollen. Man zeigt Überlegenheit, spielt teilweise ganz nett Richtung Gegner um dann einen Ball in die Spitze zu spielen der mich dazu bringt in die Soifatischkante zu beißen.
Was ich gut finde: Momentan wird kein Wort mehr über die Abwehr verloren. Ok, vielleicht sollte ich da mal wieder einen Gegner abwarten der ernsthaft versucht diese auszutesten…
Ich glaube auch das van Gaal noch experimentiert. Momentan auch durch die Ausfälle seiner Stars (Ribery heute übrigens sehr schwach) bedingt. Und dennoch sehe ich Stabilität in der Mannschaft, ganz im Gegensatz zur Klinsmann-Saison.
System und individuelle Klasse sind nicht kontraproduktiv, sie ergänzen sich wunderbar. Aber ich bin mir sicher das siehst du nicht anders.
Übrigens: Am 17.Spieltag der letzten Saison war Bayern 2. punktgleich mit dem Tabellenführer. Wolfsburg lag satte 9 Punkte hintendran ;-)
Ich habe das spiel ma mittwoch in voller länge gesehen und nimmt man die letzten 15-20 Minuten heraus, dann haben die Bayern einen hervorragenden Fußball gespielt(und Juve ist nicht Köln und auch nicht Nürnberg). Sie haben sich viel Chancen (und einige sehr sehr gute) erarbeitet ohne das hinten etwas angebrannt wäre. Für mich ist es erstmal ein Fortschritt, dass man nicht mindestens drei Tore schiessen muss um nicht zu verlieren. Andererseits darf die frage schon erlaubt sein, wie es diese zahlreichen hochkarätigen Offensivspieler es geschafft haben in zwei Spielen trotz drückender Überlegenheit kein Tor zu machen. Vielleicht ist es einfach nur:”solche Spiele gibt es” ich fürchte aber, dass das ganze hin und her gewechsele Das 4-3-3-, 3-5-2, 2-4-4 oder was immer sie gerade spielen nicht förderlich ist für die Ergebnisfindung. Man hat im Juve Spiel gesehen, dass die Jungs alle was drauf haben. Aber irgendwie ist das keine gut geölte Machine die da läuft. Der Motor stockt immer wieder(nicht im sinne schlechtes Spiel, aber in Beziehung Missverständnise, nicht automatisierte Lauf und Passwege). Ich bin auch noch nicht richtig sicher ob das Glas momentan halb voll oder halb leer ist(was eigentlich dafür spräche das es halb leer ist). Ich sehe dennoch einen Schritt nach vorne gegenüber letzter Saison. Aber es wird nicht reichen das es bei diesem einen Schritt bleibt. Über eines sollten wir in Bezug auf den FC Bayern jedenfalls nicht zu diskutieren. Das der Kader zu dünn ist. Eigentlich fehlt nur ein guter Aussenverteidiger zum Glück. Da gibt es Mannschaften, die haben größere Löcher und die stehen besser da.
Ich bin genauso ratlos wie Dogfood, weil ich van Gaal als schlauer eingeschätzt hätte.
Einerseits merkt man, das van Gaals Idee vom Spiel auf Ballbesitz basiert. Dies führen seine Spieler, egal in welchem System und mit welcher Aufstellung auch durch. Dadurch wird der Gegner vom eigenen Tor weggehalten und die eigentliche Schwachstelle (als solche sehe ich weiterhin die Abwehr) wird nicht in hohem Maße gefordert. Das ist ein prinzipiell sehr positiver Ansatz für die Bayern.
Andererseits bin ich der Meinung, das van Gaals Starrsinn für die Bayern zum Problem werden kann, wenn dies nicht schon passiert ist. Ein sehr guter Trainer zeichnet sich auch dadurch aus, das er nicht nur in seinem System verharrt, sondern versucht, Mannschaft und System in Einklang zu bringen. Und das schafft van Gaal nicht.
Stichwort Linksverteidiger, Stichwort Mann hinter den Spitzen/hängende Spitze, Stichwort Stürmer.
Man hat einen der besten linken Aussenverteidiger der Welt und beraubt ihn seiner offensiven Stärke, in dem man ihn auf rechts stellt. Lahm war nie ein Flankengott, er musste nach innen ziehen um gefährlich zu sein. Geht jetzt nicht mehr. Dabei hat man keinen adäquaten Linksverteidiger im Kader und beraubt somit die Mannschaft um eine ihrer Stärken. Da spiele ich doch lieber mit einem durchschnittlichen rechten Verteidiger und einem überragenden Linken,als mit einem guten Rechten und einem unterdurchschnittlichen Linken.
Miro Klose als hängende Spitze einzusetzen ist ein schlechter Witz, ich glaube, da sind sich alle einig. Wenn man Gomez und Klose zusammen auf dem Platz hat, dann bitte als Doppelspitze. Was definitiv funktionieren kann. Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, als ob van Gaal sich in seiner Stürmerrotation ein Riesenproblem schafft. Gomez schoss anfangs Tore und trotzdem begann eine unsinnige, öffentliche Diskussion, ob er Bayern-tauglich ist oder nicht. Statt darüber hinwegzusehen hat man (van Gaal) ihn soweit, wenn er denn spielt, das er wirklich völlig verunsichert über den Platz stolpert. Bei Klose begann man diese Diskussion schon direkt zu Saisonbeginn, auch er ist völlig neben der Spur. Statt den beiden Selbstvertrauen zu geben, in dem man sie stützt, unterstützt und ihrer Stärke nach einsetzt, werden sie verschoben zwischen Platz, Bank und Tribüne. Rein psychologisch blanker Unsinn.
Wenn ich mir dann noch anschaue, das in einem Spiel wie gestern, wo Robben und Ribery komplett wegfallen (Riberys Leistung in Halbzeit 1 kann man als nicht anwesend bezeichnen), das offensive Stümpertum Einzug hält, dann sieht man, das die Abhängigkeit der Bayern von der individuellen Klasse der beiden groß ist. Gepaart mit der Sturheit van Gaals zu groß.
@van Gaals Idee vom Spiel auf Ballbesitz
… wo bei mir dann im Hirn schon die Räder anfangen zu drehen. Derzeit wird im Fußball öfters eine andere Idee propagiert: die des schnellen Umschaltens nach Ballerboberung, weil soundsoviel Prozent aller Tore 15 bis 20 Sekunden nach Balleroberung fallen. Ergo: Gegner stören, schnell umschalten, schnell angreifen.
Wenn ich mir den Bayern-Kader anschaue, scheinen mir eher Spieler für diesen zweiten Charakter vorhanden zu sein. Wieviele von den derzeitigen Bayern-Spielern sind in der Lage in einer statischen Situation im 1:1 oder über schnelle Kurzpässe, eine Situation aufzulösen? Deutet die gestrige zweite Halbzeit ohne “Robbery” aber mit zahlreichen Flanken darauf hin, dass der Kader zumindest für van Gaals Spielphilosophie zu dünn ist und der aktuelle Kader mit dieser Idee von Fußball nichts anfangen kann?
@Lahm
Ob Lahm der weltbeste Linksverteidiger der Welt ist, will ich mal dahingestellt lassen, aber ich kann dem Dittmann’schen Standardspruch etwas abgewinnen, wonach die Lücke die ein Lahm auf Links hinterlässt, größer ist, als das Loch das er auf rechts stopft.
Als Lahm *früher* auf links war, hatte er als Rechtsfüßler die Option nach Innen zu ziehen, war aber auch bemüht seinen linken Fuß zu stärken und zu flanken. Wenn Lahm derzeit auf rechts spielt, versucht er gar nicht mehr erst den linken Fuß einzusetzen, so dass ihm grosso modo nur noch das Runterlaufen der Seite und das Passen oder die Flanke bleibt.
Ich halte ihn außerdem in seinen Vorwärtsbewegungen für deutlich gedämpfter als früher.
Och, der HSV und Juve haben die Bayern-Abwehr schon a bisserl ausgetestet. Der HSV kurz in der ersten und länger in der zweiten Halbzeit. Juve hatte zu Beginn der zweiten starke 5-10 Minuten. Van Buyten hat endlich zu der Form gefunden, in der er einst beim HSV mit Boulahrouz das beste Bundesliga-Innenverteidiger-Duo hatte.
Bemerkenswert an van Buyten fand ich gestern dass er auch vor der Abwehr sehr viel Präsenz hatte. Gerade in der zweiten Halbzeit hat er sich öfters eingeschaltet, stand vor Ottl und versuchte anzutreiben. Neben Müller ist Van Buyten für mich die zweite Entdeckung bei den Bayern.
Die Qualität der Abwehrarbeit könnte auch damit zusammenhängen, dass der aktuelle Sechser, Ottl oder Tymo, sehr defensiv agieren und einen Aktionsradius besitzen, der selten mehr als 5m in die gegnerische Abwehr hineinreicht. Dazu kommt eine sehr tief stehende Abwehr.
Das alles steht stabil, sorgt aber im Vergleich zu anderen Mannschaften für sehr wenig Offensivimpulse. Immerhin hatte sich Braafheid gestern etwas mehr als sonst getraut. Von ihm könnte in Zukunft noch mehr kommen.
Die positiven, ja, nennen wir sie “Ausrutscher” der letzten Wochen, wie gegen Wolfsburg oder Dortmund, auch die Spielweise gegen Juventus, lassen zumindest die Vermutung aufkommen, dass das Glas alles andere als halb leer ist.
Einzig bei Bayern wird der Ausfall von den zwei absoluten Topstars in der Offensive nur wenig als Argument akzeptiert, wenn es nicht läuft. Hinzu zeigen, man glaubt es kaum, die letzten Wochen, wie wichtig van Bommel doch noch für diese Mannschaft sein kann, da von ihm weitaus mehr offensive Vorstöße kommen können als von Tymoshchuk oder Ottl.
Das muss man denke ich einfach mal akzeptieren, dass gegen eine topmotivierte 11-Mann-Defensive auch mal ein torloses Remis herauskommen kann.
Ich glaube nicht, dass man van Gaal das Verharren in einem System vorwerfen kann. Dafür haben wir in den letzten Wochen zu viele überraschende Umstellungen gesehen.
Was mich aber oft fassungslos macht, ist seine Personalpolitik und die Neigung, Spieler auf ungewohnten Positionen aufzustellen. Zugegeben, manchmal gibt ihm der Erfolg recht: Müller als Zehner, Badstuber und van Buyten in der Innenverteidigung. Was mich total begeistert, ist Schweinsteiger ein bisschen defensiver, auf der Sechser-Position. Seine große Schwäche ist ja schon immer, das Spiel langsam zu machen. Oft tritt er auf den Ball und schaut sich erst mal um. Steht er etwas weiter hinten, hat er das Spiel vor sich und kann wunderbare eröffnende Pässe spielen. Und grätschen kann er plötzlich auch – erinnert mich sehr an die segensreiche Zé Roberto-Umstellung.
Aber oft habe ich das Gefühl, van Gaal will die Bayern sabotieren. Die völlig unnötige Degradierung und Verunsicherung von Gomez (ich sehe das viele Geld schon den Bach runter gehen), Klose als Zehner, Pranjic auf Linksaußen, Olic irgendwo, auch die lange Nichtberücksichtigung von Ribery, obwohl der sich fit fühlte. Dumme Einkäufe aus Holland (Braafheit, Pranjic (oder wurde der schon vor vG geholt?)).
Braafheid ist offensiv zwar ‘ne Zumutung, aber defensiv macht der schon Sinn. Und dessen Verpflichtung sowie die von Pranjic lässt sich damit erklären, dass sie Linksfüßer sind, die in der Bayern-Mannschaft rar gesät sind – und immerhin Nationalspieler ihrer Länder.
Grundsätzlich ist Braafheid meiner Meinung nach kein vollkommen unsinniger Transfer, nur seinen Einsatz gegen eine so derart defensive Mannschaft wie Köln kann ich nicht ganz nachvollziehen. Da hätte Pranjic eher Sinn gemacht.
Dass van Gaal dann in der zweiten Hälfte nicht auf klassisches 4-4-2 umgestellt hat – darüber kann man streiten. Aber dann hätte man genauso kritisieren können, dass man der sowieso leicht verunsicherten Mannschaft das System geraubt hätte.
Moin, habe mich unter der Woche – nach dem Spiel gegen Juve – dazu verleiten lassen, zu behaupten: “Bayern hat zurzeit eine mittelmäßige Mannschaft und Robbery.” An den beiden wird wohl alles hängen. Und wenn Stefan (hier in den Kommentaren) vom Konjunktiv redet, halte ich gerne dagegen, dass Bayern auch bei den Spielen, in denen sie ins Rollen kamen (Wolfsburg, Dortmund, Haifa, Oberhausen), nicht immer richtig überzeugend waren. Die ersten drei Partien hätten (!) locker auch einen anderen Verlauf nehmen können. Erinner mich etwa an fast ausgleichende Wolfsburger oder einen etwas strittigen Treffer von Gomez gegen Dortmund, kurz vor der Pause.
Natürlich wird Bayern noch ordentlich Fahrt aufnehmen, vor allem, wenn Robbery fit sind. Aber gegen die Kaliber Champions-League-Viertelfinale wird es wieder nicht reichen. Und auch in der BuLi sollten sie sich hüten, weiter Punkte liegen zu lassen. Argumentativ gibt es dieses Jahr keinen Klinsmann (Sündenbock), dagegen zig Millionen, die investiert wurden, auch in einige Spieler, die van Gaal wollte (und der Robben-Nachkauf war ein unfassbares Eingeständnis in schlechte Planung).
Interessant ist zudem, dass die beiden besten und konstantesten Bayern-Spieler in dieser Saison (über alle Pflichtspiele hinweg) bisher Butt und van Buyten sind, also gerade das oft zitierte Torwart- und Innenverteidiger-Problem nicht existiert. Will gar nicht wissen, was passiert, wenn die schlecht drauf sind oder patzen …
@ Defensive: Hier sehe ich den Schlüssel der Stärkung im Vergleich zum letzten Jahr darin, dass Van Buyten eigentlich das erste Mal seit seinem Wechsel zu den Bayern befreit aufspielt und einfach einen Lauf hat und Badstuber daneben trotz seiner Jugend sehr abgeklärt und fehlerfrei ist. Noch wichtiger für die Defensive erachte ich jedoch die Rolle von Schweinsteiger, der in der Doppel-Sechs meines Erachtens ein riesiger Dazugewinn ist. Er ist bissig, gibt keinen Zweikampf verloren und kann das Spiel mit seiner Ballbehandlung super eröffnen. Ob neben ihm Ottl oder Tymo sehe ich als zweitrangig an.
@Aussenverteidiger: Man sollte Lahms Rolle auf rechts nicht zu schnell vorverurteilen. Der hat die letzten Jahre auf links gespielt und braucht natürlich Zeit, sich auf rechts einzustellen. Das geht nicht in der Vorbereitung, das geht auch nicht ein vier, fünf Spielen. Noch dazu hat er im Mittelfeld noch keinen fixen Stammspieler, mit dem er sich blind einspielen hätte können. Gestern z.b. war Lahm für mich der einzige, der es versuchte, mit Pässen in die Gasse durch die Mitte die Stürmer in Szene zu setzen. Und diese auch zum grossen Teil anbrachte. Das kann er auf rechts genauso klasse wie auf links. Und eine Rechtsaussen-Alternative sehe ich bei den Bayern weniger, als die Startschwierigkeiten eines Braafheid und Pranjic.
@ Angriff: da muss ich den meisten hier auch recht geben, dass Van Gaal Gomez und Klose und wohl auch Olic mit den ständigen Wechseln und Taktik-Änderungen verunsichert und ausser Tritt gebracht hat. Da im System derzeit nur ein Stürmer Platz hat (bei einem Angebot von vier Hochkarätern incl. Toni) bekommen die Spieler fast keine Chance, sich über ein, zwei Spiele hinweg zu bewähren.
Schlussendlich sehe ich die Taktik Van Gaals in diesem 4-3-3 (wobei es meines Erachtens mehr ein 4-2-3-1 ist) vollständig auf Robben und Ribery in Bestform abgestimmt – und fehlt einer oder gleich zwei, ist man nicht in der Lage im identen System die Ausfälle gleichwertig zu ersetzen – und ein Systemwechsel scheitert dann wohl an der Sturheit Van Gaals. (andernfalls hätte er gestern mit einem klassischen 4-4-2 spielen sollen (mit Schweinsteiger in der Zentrale, Müller rechts aussen und Gomez und Klose im Sturm)
In der Donnerstagsausgabe vom Kicker, ist der Kicker auf das Thema Lahm rechts oder links eingegangen. Sie vergleichen die statistischen Werte und kommen aufs Ergebnis, dass Lahm auf rechts effektiver ist. Mehr Torvorbereitungen, mehr gewonnen Zweikämpfe in%, mehr Flanken (das ist weil er auf links mehr in die Mitte zieht) die zu mehr Toren führen.
Braafheit halte ich selbst defensiv für (noch) nicht bundesligatauglich. Das Zweikampfverhalten ist schwach, viele Fouls (Trikotzupfer, Armeinsatz), dazu Stellungsfehler und mangelnde Körperbeherrschung (siehe das hohe Bein, für das er gestern zurecht die gelbe Karte gekriegt hat). Nach vorne wirkt er total verunsichert, was in meinen Augen das Zusammenspiel mit Ribery hemmt – und damit auch Ribery selbst.
Van Gaal hat das Problem, dass er viel aus der letzten Saison aufholen muss. Die Mannschaft steht jetzt defensiv besser als in der Vergangenheit, sie spielt auch wieder mehr Fußball und konzentriert sich darauf, den Ball nicht unnötig zu verlieren, was in der letzten Saison zu vielen Gegentoren geführt hat. Allerdings fehlt es an Durchschlagskraft nach vorne; erst recht, wenn der Gegner tief steht. Und das ist die wirkliche Baustelle im Moment: Die Variabilität im Spiel. Es fehlt die Bereitschaft zum Risikopass in die Tiefe, es fehlen Distanzschüsse, um die Verteidiger beim nächsten Angriff einen Schritt noch vorne zu locken, es fehlt an der Fähigkeit, aus Standards etwas zu machen. Dazu kommt das momentane Unvermögen der Stürmer, das so auf Dauer nicht bleiben kann und wohl auch nicht wird. Dazu braucht es in Spielen wie gegen Köln einen echten Antreiber auf dem Platz, der die Mitspieler anstachelt. Insofern ist noch viel zu tun und zu üben (z. B. den Risikopass oder Standards), außerdem muss sich noch ein Chef finden bzw. mit van Bommel wiederkehren.
Van Gaal hat vieles richtig gemacht, aber er wird noch einige Zeit brauchen, um den Rest hinzukriegen. Dazu gehört es z. B. ein Konzept zu finden, wie man gegen ausschließlich defensiv ausgerichtete Teams spielt, denn gerade in diesen Spielen haben sich die Bayern schwer getan. Das lag zum einen an der Chancenverwertung: Wenn man sich anschaut, was gegen Köln oder Juve liegen gelassen wurde und wie wenig Chancen der Gegner hatte, dann ist klar, warum man Punkte liegengelassen hat. Das lag aber auch daran, dass man zu viel spielen wollte und nicht immer den absoluten Willen zum Tor hatte. Das muss van Gaal der Mannschaft noch beibringen.
Louis van Gaal ist der eigentliche Schwachpunkt im Bayern-System. Er hat es in wenigen Wochen geschafft, den halben Kader zu verunsichern. Den Weltklasse-Sechser Tymoschtschuk hat er schon vor dem ersten Spieltag entnervt. Dass Gomez und Klose ihre Leistung nicht (mehr) bringen, ist auch dem holländischen Wundertrainer anzulasten. Mit Butt hat er bisher Glück gehabt, aber auch das hätte schiefgehen können. Insbesondere Torhüter und Stürmer brauchen das Vertrauen des Trainers, um dauerhaft Leistung zu bringen. Völlig kontraproduktiv ist es aber, wenn ständig gewechselt wird. Und die Begründung, dass es nur nach Leistung gehe, zieht auch nicht. Olic war in den ersten Spielen überragend, wenn er eingewechselt wurde, ist aber immer noch Bankdrücker.
Ob die Verpflichtung von Robben ein Glücksfall ist, muss sich noch zeigen. In den vergangenen Jahren ist er vor allem durch Verletzungen aufgefallen. Zudem ist es auch abwegig, mit den Bayern ein 4-3-3 zu spielen. Auch mit dem aktuellen Kader wäre ein 4-4-2 perfekt. Ein Doppel-Sechs mit Tymoschtschuk und Schweinsteiger oder van Bommel könnte Robben und Ribbery den Rücken frei halten. Vorne Gomez und Olic oder Gomez und Klose und schon hätte man eine schlagkräfte Offensive. Das löst allerdings nicht das Defensivproblem. Mourinho lacht noch immer darüber, dass er van Buyten haben wollte und Lucio bekommen hat. Und dass ein guter Außenverteidiger fehlt, ist schon fast zur Binsenweisheit geworden.
Wenn es so weitergeht, hat van Gaal am Ende dieser Saison sehr viel Kapital vernichtet. Wer dann als Wundertrainer geholt werden soll, steht in den Sternen. Angeblich hofft Peter Neururer ja immer noch auf einen Anruf von Uli Hoeness. Kann ja sein, dass am Ende der Saison noch ein Feuerwehrmann gebraucht wird. ;-)
@Fußballfan:
Tymo hatte seine Gelegenheiten. Er hat sie nicht genutzt. Ebenso Olic, der sich nach guten Auftritten dann auch wieder sehr durchwachsene, taktisch undisziplinierte leistete.
Wie man dann die Abwehr ganz allgemein ernsthaft derzeit als Problem bezeichnen kann, verwundert mich dann doch. Ja, es gibt das Loch auf der Linksverteidiger-Position, aber insgesamt ist das Defensivverhalten um Welten besser als in der Vorsaison. Lucio vermisst im Moment so ziemlich niemand. Ich weiß ja nicht, ob Du Inters Auftritt bei Rubin Kasan gesehen hast, aber das war wieder der Lucio, den man in der Kurve schon gern früher weggejagt hätte. Das Gegentor verschuldet und in der Folge mehr vorne zu finden und die taktische Ordnung ignorierend.
Die taktischen Ausführungen zu 4-3-3 versus 4-4-2 gehen auch in die falsche Richtung, da eine Doppelsechs im 4-4-2 eben nicht die Mittelfeldaußen abdeckt. Diese Aufgabe obliegt den Außenverteidigern.
Ganz im Gegenteil, die Absicherung von Robben und Ribéry erfolgt vielmehr im 4-3-3 durch Schweinsteiger und Müller im Mittelfeld.
“Die Variabilität im Spiel. Es fehlt die Bereitschaft zum Risikopass in die Tiefe, es fehlen Distanzschüsse, um die Verteidiger beim nächsten Angriff einen Schritt noch vorne zu locken, es fehlt an der Fähigkeit, aus Standards etwas zu machen” – dieser Satz von “Keule” bringt es auf den Punkt. Die schlechten Standards einerseits (nicht erst seit van Gaal) und das Fehlen von Mark van Bommel, der eben für diese Dinge steht – präzise Pässe in die Tiefe, Risikobereitschaft und Distanzschüsse.
Über die Verletzungsmisere wird mir bei der Kritik an van Gaal eindeutig zu wenig geredet. Das erklärt sicherlich nicht alles, aber doch relativ viel.
Junge, Junge, schon so viele verschiedene Erklärungsansätze, da komm ich ja gar nicht mehr hinterher.
Ballbesitz als strategische Ausrichtung, ein Tor mehr zu erzielen als der Gegner, ist legitim und man muss van Gaal Respekt zollen, dass seine Arbeit sich zumindest dahingehend deutlich bemerkbar macht. Das Team spielt deutlich anderen Fußball, als unter Klinsmanns Tempo-Ausrichtung (dogfoods angeführte “gefühlte Statistik” von den 20 Sekunden bis zum Tor nach Balleroberung).
Van Gaal vermeidet bei gleicher Ausbeute und ähnlicher Trainingswirkmacht den Fehler, der Klinsmann später zum Verhängnis wurde – er kommuniziert Autorität und Authentizität, ist damit weniger verwundbar für Heckenschützen. So gesehen bewerte ich seine Personalführung jetzt schon als dem Umfeld angemessener. Spannend wird es, wenn er sich das erste Mal hart mit der Lokalpresse anlegt, weil ihm der Kragen platzt.
Durch die strategisch andere Ausrichtung müssen jetzt übrigens völlig andere Lösungen für Offensivaktionen gefunden werden, als unter Klinsmann. Man kann also nicht auf dessen taktischer Arbeit aufbauen, weil die Spielanlage sich geändert hat und damit auch die Voraussetzungen für Tore. In seiner Radikalität ist mir van Gaal sogar sehr sympathisch, insbesondere, da er Klinsmann sogar in einem Punkt sehr ähnlich ist: Individualtaktische Fähigkeiten und ihr Nutzen für die gruppentaktische Ordnung diktieren die Aufstellung. Stichwort Linksfuß in der Innenverteidigung. Auch Lahm ist danach rechts besser aufgehoben.
Lahm ist übrigens ein gutes Beispiel für gefühlte Qualität – spektakuläre Aktionen prägen sich langfristig ein, selbst wenn sie selten sind. Unspektakuläre solide Arbeit wird kaum wahrgenommen. Lahm hat in seiner Karriere ein paar tolle Offensivaktionen auf links gehabt. Aber das waren beileibe nicht so viele, dass sie als taktisch relevantes Mittel gelten könnten: Wie viele Tore resultierten aus seinen Vorstößen und wie viele aus Flanken von anderen Linksverteidigern? Da spielt uns die positive confirmation bias einen Streich, wie in so vielen falschen Mythen, die sich um Fußball ranken.
Um auf die neue Spielanlage und das dafür vorhandene Material zurückzukommen: Die eigentliche Schwachstelle für den Kader, der auf Ballbesitz und Kontrolle spielen soll, ist der Zielspieler vor dem gegnerischen Strafraum. Da wollte van Gaal ursprünglich Ribery drauf schulen, hat davon aber Abstand genommen. Und jetzt testet er, wer die individualtaktischen Voraussetzungen hat, die Spielverlagerung und Tempowechsel, die in dieser Schaltstelle stattfinden müssen, vorzunehmen. Das Vorbild hierfür findet sich bei Barcelona.
Wer bitte ist bei Bayern in der Lage, die Schuhe von Iniesta oder Xavi zu füllen? Du brauchst hier das Tempo, die Disziplin und die Ballkontrolle, die im Kader am ehesten Klose und Müller zu haben scheinen. Keine Ahnung, was Sosa abgeht, den habe ich höchstens 30 Minuten lang ordentlich spielen sehen.
Waren das nicht Willy-Sagnol-gedächtnis-Flanken aus dem Halbfeld?
Ich verstehe nicht so ganz warum alle van Gaal einen Vorwurf machen.
Das es diese Saison viele Spiele sind und du nicht immer mit den selben 11 Spielern spielen kannst war doch von vornherein klar. Gomez hat zwar sein Tore anfangs geschossen, kann aber keinen Ball richtig annehmen und war in letzer Zeit bei seinen Startelfeinsätzen recht unauffällig, bzw. gegen Oberhausen nicht so gut wie Toni. Ein Klose spielt mittlerweile seit 2 Jahren richtig mies, ich kann mich in dem Zeitraum an keine fünf guten Spiele von ihm erinnern, Nationalmannschaft eingeschlossen, er viel doch sehr mit Torungefährlichkeit auf. Olic läuft zwar viel, hält sich aber an kein taktisches System, wie Lucio die letzten Jahre. Auch ein Ribery ist diese Jahr nicht so toll wie behauptet, nehmen wir nur mal seine Chance gegen Juve. Es sieht wunderschön aus wie er gegn die beiden Verteidiger durchkommt, dann will er den Ball lupfen anstatt ihn einzuschieben, mit so Leuten kannst du nichts gewinnen. Natürlich kann ein Ribery an einenm guten Tag ein Juve-, Real- oder ManU-Team alleine auseinandernehmen, blöderweise werden diese Tage immer weniger. Die Leistungen von Robben waren, auser seiner Halbzeit gegen Wolfsburg, eher Mittelmäßig.
Zur Verteidigung der Stürmer muss man auch sagen, dass aktuell im Mittelfeld niemand ist, der die vorderen 2 oder 3 (je nach System) in Szene setzten kann. Was man so gelesen hat scheint ein Sosa die Fähigkeit dafür zu haben, er bemüht sich auch, agiert aber sehr glücklos. Aber weder ein Schweinsteiger, Müller, Tymoschtschuck oder van Bommel können die Stürmer richtig einbringen.
Noch schnell zu Lahm und der Abwehr, ich finde es schade, dass heute jeder Spieler nur nach seinen offensivaktionen bewertet wird. Lahm spielt auf der rechten Seite einen soliden Part ohne das über seine Seite Gefahr aufkommt, das schaffen wirklcih nicht viele Spieler. Auch bei Braafheid ist es OK wenn er sich hauptsächlich um die Defensive kümmert, er hatt ja vor sich Ribery.
So gesehen verstehe ich die Diskussion um van Gaal nicht. Von ihm ist zumindest eine Handschrift zu erkennen. Klinsis bestand einzeig aus den vielen Gegentoren.
Mir kommt es so vor, als ob Bayern im Stau steht. Und immer wenn sie denken, jetzt wäre der Weg wieder frei, müssen sie nach kurzer Beschleunigung doch wieder auf die Bremse treten.
Neuer Trainer, neue Taktiken – das dauert halt. Erinnert sei auch an diese merkwürdige Vorbereitung, als man von einer Kirmes auf die nächste zog.
Ansonsten aber auch jede Menge Puzzleteile, die vielleicht mal ein Bild ergeben, aber vielleicht auch nur einen Patchwork-Fetzen. Mit Lucio und Ze Roberto hat man imo Charakter vom Hof geschoben, der nicht nur für das Spiel wichtig wäre, sondern auch für die Teambildung. Die Wunde, die Kahn hier gerissen hatte, wurde noch größer. Man hat noch Lahm und van Bommel, das war’s dann aber auch mit dem “Bayern-Gen”. Wobei mir von außen betrachtet Lahm eher wie ein Interview-Leader, denn ein richtiger vorkommt (mag mich täuschen).
Auffällig, dass van Gaal sehr viel auf einmal ändern will – System(e), Spielerpositionen, neue Spieler, Spielanlage. Mir scheint da der Weg von Magath vernünftiger. Beginnend mit einer stabilen Defensive arbeitet er sich mit den Veränderungen auf dem Spielfeld von hinten nach vorne durch. Vielleicht wirkt das aber auch nur so, weil Magaths Konzept viel simpler ist.
Letztlich das System. Aus meiner Sicht ist es unlogisch mit diesem Bayernkader auf 4-3-3 zu polen. Das ist doch Wertvernichtung, wenn im Normalfall Gomez, Klose, Toni zur Verfügung stehen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass diese mal als einzige Strafraumspitze mehr als ein Spiel überzeugend agiert hätten. Ich denke, im 4-3-3 ist es auch einfacher, gegen Robben und Ribery zu verteidigen, weil das Spiel sehr polarisiert ist. Durch ihre eigenwillige Spielweise isolieren sie sich in einem Raum, der für den Gegner weniger problematisch ist – selbst wenn sie dort einem Gegenspieler Probleme bereiten.
Allerdings, daher auch das Staubild, man kennt ja auch gar nicht, das “was wäre wenn”. Was wäre wenn Ribery und Robben 100% einsatzfähig wären und einer der Stürmer Normalform hätte. Trotzdem, da beide nicht die großen Torschützen sind, würde ich sie eher im Halbfeld starten lassen. Dort sind sie imo besser mit dem Spiel verbunden und man hat vorne zwei Leute, die dann Tore schießen. Je nach Gegner kann man dann mit Raute oder Doppelsechs, also 4-5 offensiven Spielern agieren. In dieser Raute könnte sogar Schweinsteiger den 10er Spielen, weil er ja weniger das Spiel machen muss, als einfach nur eine Schaltstation zu sein.
Alles in allem, versucht van Gaal da zur Zeit ziemlich viel mit der Brechstange durchzudrücken. Man hat nicht mal in der Bundesliga das Gefühl “die Bayern können sich nur selbst schlagen”. Nö, das können andere auch. Das Ganze wird imo eine Achterbahnsaison – hier tolle Spiele und da andere, wo sich alles festläuft. An Konstanz auf hohem Niveau glaube ich nicht.
Momentan stottert der Bayern-Motor schon, aber für einen Abgesang, wie ihn hier einige machen ist es vielleicht auch noch ein wenig zu früh. Der Kader der Bayern hat schon sehr viel Potenzial und so schlecht sah das Spiel gegen Juve nicht aus, sondern die Bayern haben Juve 45min lang “an die Wand genagelt”.
@McP
Diese ganze Problematik kennt man doch von Arsenal – Wenger hat heute zum ersten Mal seit Ewigkeiten ein Team auf den Platz stellen können, in dem keine wichtigen Puzzlesteine fehlen oder gerade ihre Form suchen. In der Mitte zwei Abräumer (der immer stärkere Song und der auch als Offensivwalze gefährliche Diaby) und ein Spielgestalter, auf den Flügeln die rochierenden und extrem beweglichen Rosicky und Arshavin, vorn van Persie, der bei der kleinsten offenen Nahtstelle den Steilpass versenkt. Zwischen Blackburns Abwehr und Mittelfeld sind durch den permanenten Stress Löcher entstanden, die Mittelfeld, Flügelspieler und beim ersten Tor sogar Vermaelen mit für Arsenal-Verhältnisse erstaunlicher Zielstrebigkeit für gefährliche Schüsse genutzt haben.
Nur ist das System leider ewig frustrierend, wenn’s um Titel geht, weil brillante Flügelspieler (auch wegen den häufigen, oft schweren Verletzungen) ein derart hohes Niveau nicht ewig halten können. Und das, obwohl Arsene eigentlich mit Nasri und Walcott (der heute – hurra! – gespielt und getroffen hat) noch zwei Backups in der Hinterhand hat.
Arsenal hat erst im Frühjahr eine ganz ähnliche Phase wie Bayern jetzt gehabt, als man 3 Heimspiele, die eigentlich Pflichtsiege waren, hintereinander 0:0 gespielt hat. Anderes Beispiel: das Spiel bei United, das sie dominiert haben, aber mangels gesunder Flügelspieler (+ verletztem Cesc) nicht entscheidend vor und ins Manchester-Tor bringen konnten.
Das ist ne Spielweise, die für das ganz große Ding entweder einen funktionierenden B-Plan oder extremes, nunja, Verletzungsglück braucht – bei Barca letztes Jahr haben die wichtigen Leute eben fast durchgespielt.
Viele gute Meinungen zur Lage der Bayern stehen hier geschrieben, vieles gibt es nicht mehr hinzuzufügen.
Van Gaal ist auf jeden Fall nur Punktetechnisch ein zufälliger Vergleich mit Klinsmann wert, da er im Gegensatz zu Jürgen das Spiel verstanden hat und eine Art niederländischer Ralf Rangnick ist.
Er kann es bei dem Überangebot von Topspielern nicht allen Recht machen, muss aber trotzdem zusehen, dass er sich nicht zu viele Angriffsflächen schafft.
Hätte die Bayern Juve verdientermaßen geschlagen, hätten sie wohl auch gegen Köln gewonnen.
Sie haben in Deutschland eindeutig den besten Kader und sie haben viele Optionen, es fehlt ihnen mom. ein wenig das Selbstverständnis der vergangenen Jahre, mit diesem Kader muss der FC Bayern dieses Jahr Meister werden.
Natürlich ist nicht alles Gold, Lahm links oder rechts, Van Buyten & Badstuber halten international keinen Topsturm in Schach, mit Tymo einen Topmann verunsichert, Olic falsch positioniert und Gomez nicht gestärkt nach Medienkampagne.
Van Gaal ist ein guter Trainer was Taktik & System angeht, National sollte es reichen zum Titel, aber für eine internationale Überraschung muss der FC Bayern noch 2-3 Positionen zur nächsten Saison korrigieren.
Gruss fedEX
nach den vielen vielen jahren der dauerdominaz und den klugen einwürfen von beckenbauer und hönöß und rummeniggel zu jedem spiel und jedem spieler und jedem trainer egal, was und in welchem medium, da ist endlich schluß mit diesem dauerbrenner und unerschöpflichem quell für schadenfreude bei allen anderen. es geht nicht mehr. denn sowas brennt irgendwann aus und durch. eine selbstreferentielle spirale des bayernmünchen lebens auf dem todesstern, der zum neutronenkern verkommen ist. erloschen und erkaltet, aber unheimlich viel masse. ein schwarzes loch ohne entrinnen.