Die CFL 2009 im Osten

Drei Spieltage sind zu wenig für eine Prognose, aber allzu gewagt dürfte die Prognose nicht sein, dass die Montreal Alouettes der Top-Anwärter auf die Meisterschaft der East Division sind. Da drückt sich auch im Umstand aus, dass die Alouettes die einzige Mannschaft aus dem Osten sind, die mit dem gleichen Headcoach in die Saison gehen, wie letzte Saison.

Die Macht im Osten – Montreal Alouettes

Headcoach Marc Trestman heißt der einzig überlebende Headcoach. Allzulange ist er in der CFL aber auch nicht im Geschäft. Es ist erst seine zweite Saison. Trestman ist in der NFL und im College ein bekannter OffCoordinator und QB-Coach gewesen (Vikings 49ers, Raiders, Dolphins). Wie immer wenn ein Coach aus der NFL rüber kommt, stellt sich die Frage, wie er mit den etwas anderen Bedingungen der CFL zurecht kommt. Nachdem Trestman in seinem ersten Jahr die Alouettes bis in den Grey Cup führte, wo man gegen Calgary 14:22 verlor, darf man konstatieren: nicht all zu schlecht.

Die Offense ist seit geraumer Zeit recht unverändert. QB Anthony Calvillo (36 Jahre) fand nach einer schwachen 2007er Saison (Frau erkrankte an Krebs, er stieg vorzeitig aus der Saison aus) 2008 wieder zu guter Form und wurde zum CFL-MVP gewählt. Am letzten Spieltag zog er mit seinem 333ten TD-Pass mit der All-Time-Nummer #2 Ron Lancaster gleich und hat 61 TDs weiter vorne, nur noch Damon Allen vor sich (der dafür aber 446 Jahre alt werden musse).

Der gleichaltrige WR Ben Cahoon gibt immer noch seinen kongenialen Partner, zu dem nun aber WR Watkins dazugestossen ist. Im Backfield steht die kleine Kanonenkugel RB Avon Cobourne, der in der Preseason 2008 immerhin Walter Peytons Sohn Jarrett aus dem Kader gespielt hat.

Während in der Offense quasi alle Starter der Vorsaison zurückkehrten, hat man die Defense stärker durcheinandergewürfelt und die ersten Spiele deuten an, dass die Alouettes-Defense zu alter Stärke zurückfinden. Die Laufdefense ist ligaweit mit Abstand die beste Defense.

Am ersten Spieltag gab es ein Rematch des Grey Cups gegen Calgary, welches mit 40:27 gewonnen werden konnte. An den Spieltagen 2 und 3 gewann man gegen weitere Mannschaften aus dem Westen: 50:16 gegen Edmonton und 43:10 bei den ungeschlagenen Saskatchewan Roughriders.

Endlich kein Bodensatz – Hamilton Tiger Cats

Hamilton liegt 70km südwestlich von Toronto und damit noch zur Metropolregion Toronto. Die Tiger Cats sind nicht nur farblich das CFL-Pendant der Pittsburgh Steelers. Auch Hamilton hat eine Tradition als Stahlstadt.

Footballerisch kenne ich Hamilton eigentlich nur als Bodensatz: die letzte positive Saisonbilanz gab es 2004. Seitdem: 5-13, 4-14, 3-15, 3-15. Es hat etliche Versuche für den sportlichen Neustart gegeben, aber diesmal scheint es zu klappen. Der Saisonstart mit 2-1 ist so gut wie seit minimum 2005 nicht mehr.

Headcoach Marcel Bellefeuille wurde vor zwei Jahren als Offense Coordinator von den Montreal Alouettes abgeworben und verdingte sich ein Jahr auf eben dieser Position hinter Headcoach Charlie Taaffe. Taaffe wurde letzten Herbst gefeuert und Bellefeuille befördert. Das was da Bellefeuille etabliert, schmeckt ein bißchen wie die Alouettes: QB Quentin Porter ist ein Starting QB der ähnlich wie QB Calvillo mit einer hohen Completion Rate glänzt. Schnelle Pässe, kurze Pässe, sichere Pässe. Das Verhältnis zwischen Laufspiel und Pass beträgt bei beiden Mannschaften zirka 45% zu 55%, was schon fast NFL-artig ist. Andere Mannschaften in der CFL gehen eher bis hin zu 33:67 (BC) oder 25:75 (Toronto).

Anders als QB Calvillo ist Quentin Porter für seine Körpergröße recht agil, weswegen er der zweitbeste Laufspieler der TiCats ist: 17 Rushes für im Schnitt 7,4yds/rush.

Zu den TiCats dazu gestossen ist mit QB Kevin Glenn, einer der zahlreichen Exilanten vom Divisionsrivalen Winnipeg, ein weiterer Kurzpassler. Gegangen ist dafür einer der Helden der letzten zwei Jahre: RB Jesse Lumsden, der den Spuren seines Vaters nach Edmonton folgt.

Der Niederlage zu Saisonbeginn gegen Lokalrivalen Toronto (17:30) folgten zwei Siege: 31:28 gegen BC und 25:13 gegen Winnipeg. Beim Sieg gegen Winnipeg sollte der ineffiziente QB Porter zu Beginn des 3ten Viertels eine kleine Pause bekommen, doch Backup QB Glenn schlug so gut ein, dass er durchspielen durfte. Bellefeuille wollte sich deswegen nicht festlegen, wer Spieltag 4 gegen Montreal starten wird.

Krise zur Unzeit – Toronto Argonauts

Mit der mit Abstand größten und potentesten Stadt Kanadas im Rücken, fallen die Erfolge der Argonauts in den letzten 10 Jahren eher mau aus (1x Grey Cup). Die Argonauts befinden sich im Umbruch und das lässt sich an die ehemalige Legende Michael “Pinball” Clements festmachen. Nach einer elfjährigen Spielerkarriere in Toronto, wechselte er 2000 ins Front Office und stolperte 2002 in den Headcoach-Job, den er 5 Jahre lang behielt. Nur im ersten Jahr hatte er eine negative Bilanz. Nach der 2007er-Saison trat er mit einer 11-7-Saison als Headcoach zurück, um CEO der Argos zu werden. Nach einem Jahr trat er auch von diesem Posten zurück, um nicht mehr im Tagesgeschäft aktiv zu sein.

Clements hat zwar keinen Trümmerhaufen hinterlassen, aber etliche Baustellen. Die letzten Jahre der Clements-Ära waren durch eine nicht enden wollende QB-Controversy zwischen QB Bishop, QB Allen und QB Butler geprägt. Die Offense fand selten zu einem stabilen Aggregatszustand. Dazu kommt ein Laufspiel, dessen Protagonisten sich von Saison zu Saison änderten: vom NFL-gesperrten Ricky Williams bis zum NFL-Invaliden Robert Edwards. Immerhin scheint hier mit RB Jamal Robertson, der nun seine zweite Saison in Folge als Starter in Toronto bestreitet, zumindest hier Konstanz reinzukommen.

Clements-Nachfolger Headcoach Rich Stubler überlebte die Baustelle Toronto nur bis zur Hälfte der Saison 2008 ehe er gefeuert wurde. Nach dem Fehlgriff mit dem alternden Don Matthews, der die Argos auch nur bis zu einem Saisonabschluß von 4-14 bringen konnte, soll nun Bart Andrus das Team neu aufbauen. Ehemals Headcoach bei den Amsterdam Admirals und Offense Coordinator bei Rhein Fire, war er zuletzt Assistent bei den Tennessee Titans. Ich kann mir nicht helfen, aber mir gefällt seine Körpersprache am Seitenrand nicht. Er wirkt auf mich weder überzeugt noch überzeugend.

In der Offense hat Andrus den Stamm aus dem letzten Jahr übernommen. QB Kerry Joseph, derzeit einer der agilsten QBs der CFL und RB Jamal Robertson, der z.B. im 1ten Spiel gegen Hamilton 134yds lief. Die Offense ist aber geprägt von einer schwachen OL die zuviele Sacks zulässt und zuviele Turnovers produziert. Am dritten Spieltag machte Calgary drei Defense-TDs gegen Toronto und konnte den Quarterback sechsmal sacken.

Der 9:44-Niederlage in Calgary vom Wochenende ging ein Sieg in Hamilton (30:17) und eine Niederlage gegen Saskatchewan (36:46) voraus.

Wie erwähnt: eine Krise käme für die Argonauts zu Unzeit. Die NFL versucht mit Gastspielen der Buffalo Bills sich ein Portiönchen aus dem lukrativen Torontoer Markt wegzuschnappen. Sollte der Bills-Eigner Ralph Wilson eines Tages sterben, wird die Bills nichts mehr in Buffalo halten.

Die neuen Winnipeg Blue Bombers

Winnipeg ist nach Hamilton und Toronto die dritte Mannschaft aus dem Osten die binnen Jahresfrist einen neuen Headcoach bekommen hat. Doug Berry konnte sich nach einer 8-10-Saison nicht mehr halten, nachdem die Bombers eigentlich als Grey Cup-Anwärter in die Saison 2008 gingen.

Nachfolger Mike Kelly ist nicht wirklich eine offensichtliche Wahl gewesen. Kelly war mal in den 90er Jahren vier Jahre Offense Coordinator bei den Blue Bombers gewesen und danach Headcoach an einer kleinen Uni, Assistent in der NFL und zuletzt WR-Coach in Edmonton. Ruf wie Donnerhall geht anders.

Kelly fackelt nicht lange und geht ein hohes Risiko ein. Er baut die Mannschaft komplett um. Nur 25 Spieler wurden aus der Vorsaison übernommen. QB Glenn wurde von Kelly bewusst als Zeichen des Umbruchs gefeuert und stattdessen als Wunsch-QB Stefan Lefors verpflichtet. Lefors kam aus Edmonton, wo er sich nicht gegen Ricky Ray oder Jason Maas durchsetzen konnte.

Womit jedermann gerechnet hat: die schwache Pass-Defense. Die Probleme mit Secondary und Pass Rush sind notorisch und lassen sich bis zur Saison 2007 zurück verfolgen. Halbwegs neu ist die ineffiziente Offense. Zuletzt gab es am Wochenende nur 260yds Offense-Produktion gegen Hamilton, inkl. einem 50yds-Lauf von RB Reid. An RB Fred Reid liegt es nicht. Seine bisherigen Spiele – 92, 81, 88yds – konnten sich sehen lassen.

Das Pass-Spiel von Lefors lässt sich aber noch nicht einmal mit grottig beschreiben: gegen Edmonton 14 von 31 für 174yds. Gegen Calgary 13 von 27 für 156yds. Gegen Hamilton 7 von 19 für 99yds. Zwei TDs und eine INT. Backup-QB Bryan Randall nahm in diesen Spielen nur 6 Snaps. Die Rechnung mit Lefors scheint nicht wirklich aufzugehen. Dies liegt auch an einer umgebauten OL die nur mit einen Vorjahres-Starter aufläuft.

Headcoach Kelly hat am letzten Spieltag selber angemerkt, dass er den angeschlagenen Lefors zu lange auf dem Feld gelassen hat und Randall hätte früher bringen müssen. Mal sehen wie kurz am nächsten Spieltag die Leine von Lefors ist.

Saisonbilanz nach drei Spielen: 17:19-Niederlage in Edmonton, 42:30-Sieg gegen Calgary und 13:25-Niederlage in Edmonton.


Übersicht über die CFL-Saison 2009
Die Teams aus der West Division
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Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp