Meldung aus dem Krankenlager
Moinsen. Nur eine Zwischenmeldungen vom Krankenbett (oder “Krankensofa” oder “Krankensessel”)…
Meine Befürchtungen aus dem letzten allesaussersport-Eintrag wurden bestätigt. Noch in der Nacht vom Samstag zum Sonntag (21./22.3.) wurde mir die Gallenblase rausoperiert. Die Gallenblase war so schwer entzündet, dass man mich aufschneiden musste: ein 20cm langer Schnitt unterhalb des rechten Rippenbogens. Das bedeutet auch, dass auf der rechten Seite alle Bauchmuskeln durchgeschnitten wurden.
Nach fünfeinhalb Tagen wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen, seit letzten Freitag bin ich wieder zu Hause.
Der Verlust der Gallenblase ist kein Problem. Ihr Funktion – Zwischenspeicherung der Galle – kann auch direkt von der Leber durchgeführt werden.
Gravierender ist aber die Heilung der langen Narbe und der Wiederaufbau der gekappten Bauchmuskeln. Ich stehe seit der OP permanent unter Schmerzmitteln – wenn auch inzwischen mit reduzierter Dosis. Ich muss neue Bewegungsabläufe lernen, um eine Belastung der Bauchmuskeln zu vermeiden. Das Aufstehen aus dem Bett über das seitliche Rausrollen und Aufrichten per Unterarm, habe ich auf inzwischen 10-20 Sekunden drücken können. Schuhe schnüren geht ebenso wenig wie Einkaufen (lt. Arzt darf ich noch nicht schwerer als 5kg tragen).
Die Rückenmuskeln sind durch das viele Liegen der letzten zwei Wochen so schlapp geworden, so dass ich derzeit nicht länger als 10 Minuten ohne Rückenlehne aufrecht stehen oder sitzen kann. Auf Anraten der Ärzte, soll ich mich noch anderthalb Wochen schonen.
Ich habe mich bis dato auch relativ sklavisch dran gehalten. Ich habe seit mehr als einer Woche keine eMails mehr gelesen – keine Ahnung was da liegengeblieben ist – und bin heute nachmittag zum ersten Mal seit der OP wieder mit dem Laptop surfen gegangen. Also nicht wundern, wenn ich derzeit nicht auf Twitter oder eMail reagiere. Folgerichtig wird es noch eine Weile dauern, bis ich hier den Laden wieder aufsperre oder Kommentare für Nicht-Spammer wieder öffne (großer Vorteil: ich muss mir keine Meinung in Sachen Weinreich vs. DFB bilden. Ich fehle entschuldigt)
Spocht
Doch, ich habe mit der Schonung ernst gemacht, weswegen die March Madness nun bei mir komplett ausgefallen ist. Meine Wachzeiten – u.a. dadurch bedingt, dass ich soviel Flüssigkeit trinke, dass ich mitten in der Nacht 1-2x zum Klo tappern muss und dann sowieso mir neue Schmerzmittel einschmeißen muss – waren aber sehr Formel 1-kompatibel.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber es spricht einiges dafür, dass die Regeländerungen der FIA, die Diffusor-Auslegung und KERS eine richtig knackige F1-Saison geschaffen haben.
Was ich im übrigen sehr genossen habe, war die F1-Berichterstattung bei der BBC. Nicht alles war rosig, aber gemessen mit der ITV-Berichterstattung und in Ergänzung zu PREMIERE habe ich seit langer, langer Zeit nicht mehr so viel Spaß an der F1 gehabt.
Zum Umfang der Berichterstattung der BBC: offensichtlich testet die BBC noch einiges aus. Das hat man am Rennsonntag bei den Bildoptionen gemerkt, wo im Rennen drei verschiedene Layouts getestet wurden. Es kann sich also bereits am nächsten Wochenende vieles ändern…
Die Freien Trainings-Sessions werden im vollen Umfang auf den Interaktiv-Optionen übertragen (Feedname: STREAM…), allerdings nur mit dem World Feed (also keine Bildoptionen). Dabei wird zur Kommentierung der Radioton verwandt – ja, die BBC überträgt auf 5live-Sports Xtra alle Trainings-Session in voller Länge. Das BBC-Radio-Team ist mit drei Leuten vor Ort: David Croft, Anthony Davidson als Experte und Holly Samos von der Boxengasse.
Vielleicht lag es daran, dass es Saisonbeginn war, aber aus den Dreien sprudelte es nur so an Details und Fakten raus, das es eine schiere Freude beim Zuhören war. Anthony Davidson erwies sich als derart redegewandt, dass er im Alleingang eine ganze Übertragung stemmen könnte. Als wäre das nicht genug, hatte man beim 2ten Freien Training statt Davidson, den Force India director of business affairs Ian Phillips als Experten, der ebenfalls Internas und Details in hohen Mengen raushaute.
Wenn das Niveau auch für das Wochenende in Malaysia gehalten werden kann, gibt es für mich für die Freien Trainings ganz klar die Empfehlung von PREMIERE auf BBC zu wechseln. Weiterer Vorteil im Übrigen: die Freien Trainings werden bis zum Qualifying in Dauerrotation wiederholt.
Für das Qualifying und das Rennen setzt die BBC dann im Fernsehen sein TV-Team ein. Nach den Erfahrungen der letzten Saison mit dem Hamilton-Hype bei 5live und ITV hatte ich Schlimmstes befürchtet, aber man zeigte sich angenehm journalistisch. Moderator ist Jake Humphrey – mit ähnlich jugendhaften Gesicht wie Peter Lauterbach. Humphrey ist angenehm unterkühlt und leitet straight vom einen Thema zum anderen über. Experten an seiner Seite sind David Coulthard und Eddie Jordan. Jordan zeigte sich überraschend farblos und konservativ. Obwohl er dank seiner Perspektive als ehemaliger Eigner eigentlich viel zu sagen hätte, kam recht wenig rüber. Stattdessen schwelgte er mir zu häufig in alte Zeiten und lehnte die neuen Regeln ab, ohne dass er argumentativ viel beisteuern konnte.
David Coulthard erwies sich da als wesentlich differenzierterer Gesprächspartner, der zudem auch für interessante Facetten bei Interviews oder Filmbeiträgen sorgen konnte. Ein sehr, sehr angenehmer Mensch.
Die Kommentierung wird vom ehemaligen Radiomann Jonathan Leggard und Experten Martin Brundle durchgeführt. Leggard blieb blaß, war nicht immer auf Höhe des Geschehens, während Brundle sehr viel Biß hatte und viel Renngeschehen antizipieren konnte. Im Vergleich zu Marc Surer kommt er auch weniger phlegmatisch rüber.
Lee McKenzie und Ted Kravitz berichten von der Boxengasse und sind ebenso wie Holly Samos hautnah am Geschehen. Interviews werden per Toneinblendung ins Renngeschehen eingespielt. Vom Ausscheiden Hamiltons nach Q1 wurde gleich zu Beginn von Q2 berichtet (auf 5live übrigens eine Minute früher als im TV-Ton).
Generell muss ich immer wieder unterstreichen, wie hoch der Informationswert der Übertragungen war. Es gab auch viel dankbaren Stoff, wie z.B. die Beteiligung von Virgin, von dem die BBC schon am Freitag spekulierte. Generell hatte ich auch den Eindruck, dass die BBC sehr viel Zugang von den Teams und den F1-Oberen bekam. Ich habe mich auch angesichts des eher schwachen “Inside F1”-Magazins der BBC gefragt, ob es im Hintergrund nicht auch einen Deal zwischen F1 und der BBC gab, um einige BBC-Inhalte für andere Broadcaster zu verwenden. Das “Inside F1”-Magazin hatte keinerlei BBC-Logos (außer dass es in den BBC News-Studios aufgenommen wurde). Der Radio-Ton von 5live wurde lt. BBC auch an andere Radiosender auf der Welt sublizenziert.
Die Vorberichterstattung im Fernsehen (je eine Stunde vor Qualifying und dem Rennen) war fein gemacht. Kein überflüssiges Füllmaterial, sehr geradlinig. Ein kleines Highlight ist die Streckenbegehung mit David Coulthard, der an vier Schlüsselstellen sehr detailliert von den Problemen der Fahrer zu berichten wussten. Absolutes Highlight ist aber der viertelstündige Grid Walk von Martin Brundle, der 25 Minuten vor Rennstart wie ein Irrwisch mit einem Kameramann durch die Rennaufstellung huscht und mit der Bemerkung “Oh there’s that little Italian bloke that got very annoyed with me last year” auch schon mal einen italienischen TV-Kollegen von Barrichello wegschubst, um selber mal 1-2 Fragen zu stellen. Nach zehn Minuten hat er auch Jenson Button aufgetrieben, hält ihm das Mikro unter die Nase und fragt: “Can you do this?” – Antwort, breit grinsend: “Yes“. Anschlußfrage Brundle: “Anything we should know to make us look clever in the pub tonight?“.
Oder hier Martin Brundle zu den neuen Frontflügeln.
Brundle war es auch, der Mark Webber bei seinem Wiederaufbautraining besuchte und in die kyrogenische Kammer (Kältekammer) folgte: mit Wabbelbrust, Bauchansatz, Ohrenschoner und Socken bei minus 140 Grad rein.
Martin Brundle, ganz, ganz großes Tennis.
Beim Qualifying und Rennen würde ich qualitativ keine allzu großen Unterschiede zwischen PREMIEREs Jacques Schulz und Marc Surer, sowie dem Radio- oder TV-Team der BBC machen. Jacques Schulz ist sicherlich derjenige, der am emotionalsten kommentiert. Dafür schätze ich inzwischen Martin Brundle und Anthony Davidson höher als Marc Surer ein.
Zusätzliche Bildoptionen neben dem World Feed gab es nur zum Rennen und dabei experimentierte die BBC auf den zusätzlichen Optionen mit drei Layouts. Einmal mit der Cockpit-Perspektive als Vollbild. In der zweiten Variante mit einem Splitscreen: groß die Cockpit-Perspektive, klein unten eingeklinkert der World Feed (auf einer weiteren Bildoption umgekehrt: groß der World Feed und klein die Cockpit-Perspektive). Die dritte Variante zeigte ebenfalls die Cockpit-Perspektive in groß und unten klein den World Feed. Hier wurde aber zusätzlich der Leerraum mit Daten und Laufbänder aufgefüllt (auch hier: auf eine weiteren Bildoption in der umgekehrten Anordnung von World Feed und Cockpitkanal).
Die Bildqualität war vergleichbar mit der von PREMIERE (d.h.: in der Cockpit-Perspektive mitunter viele Kompressions-Artefakte). Die Bildoptionen sind aber direkt über die Kanalnummer anwählbar, statt umständlich über das Sportportal eine Bildoption auszuwählen. Somit hat die BBC klare Vorteile im Handling und im Falle des dritten Layouts auch was den Informationswert der Cockpit-Perspektive angeht.
Bei der BBC gibt es zusätzlich viel Brimbaborium mit Blogs und Podcasts auf der Website.
Ich freue mich auf Malaysia und habe Hoffnung auf eine spannende F1-Saison.
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