Zeilensport: Sport & Journalisten
Dülp hat in seinem Bolzplatz aufgeschrieben, wie es an der Seebühne von Bregenz war. Und so ziemlich alle meine Bedenken bestätigt. Noch einmal: so eine Scheiße zu veranstalten, gehört nicht zu den Kernaufgaben eines Öffentlich-Rechtlichen Senders.
Eine Stunde nach Spielende werden die Bürgersteige hochgeklappt und die komplette Innenstadt macht dicht. Der das Aftergame-Bier suchende Fan fühlt sich ein wenig verarscht. Eine geeignete Party bietet ziemlich exklusiv das ZDF unweit des Übertragungsorts an. Angesichts der Abzocker-Preise, die bereits in der Seebühne verlangt werden – ca. 30% über dem, was man in einem Bundesliga-Stadion zahlt – habe ich mir das allerdings geschenkt […]
Vor der Bühne verteilt das ZDF reichlich Material, mit dem man in der ein oder anderen Weise Radau machen kann. Vor der Übertragung hüpft ein Einheizer vor den Tribünen rum und macht die Menge heiß. Die Protagonisten Kerner, Kloppo, Urs betreten ca. eine Minute vor Beginn der Übertragung die Bühne. Von der Moderation ist dank den 3.000 verteilten Rasseln wenig bis gar nicht zu hören.
Die permanente Doping-Diskussion hinterlässt auch in den USA ihre Spuren. Wenn vor einer Woche mit Dara Torres eine 41-Jährige die erstmals 1984 an Olympia teilnahm, nun in den US-Trials ihre Konkurrentinnen in Grund und Boden schwimmt, dann wird das nicht überall in den Mainstream-Medien als großartige Story verkauft, sondern teilweise hinterfragt. Ist die Geschichte nicht zu gut um wahr zu sein? Es dauert dann meistens 37,5 Sekunden bis Verteidiger zur Seite springen und zur “Zynismus-Keule” greift: “Wie kann man nur so zynisch sein und ohne Beweise diese Leistung angreifen?” Meistens in einem Tonfall als würde man gerade kleine Katzenbabys verbrennen um seinen Basilikum auf dem Küchenfensterbrett zu düngen.
Nach dem Lesen von zwei Einträgen bei Jürgen Kalwa bleibt nichts mehr vom Optimismus über. Mag Jürgen Kalwas erster Eintrag noch relativ neutral ausfallen, so zersägt dort in den Kommentaren Linksaussen diese Mär vom 41jährigen Frauenwunder derart umfassend, dass man eher Frau Torres obiges Verbrennen von Katzenbabys zutrauen müsste. Bei dem von Linksaussen dort verlinkten Photo von Dara Torres fällt einem nicht mehr viel ein.
Im zweiten Beitrag legt dann auch Jürgen Kalwa nach.
Jens Weinreich hat in seinem Blog ein langes Stück über Lopez Lomong geschrieben. Ein aus dem Sudan eingebürgerter 1.500m-Läufer. “Sudan”, man ahnt es, sorgt für eine entsprechend schwer beladene Biographie. Dass der Sudan im Gegensatz zu zahlreichen anderen Konflikten in der “3ten Welt” in den USA halbwegs ein Thema ist, fällt einem spätestens dann auf, wenn in Krimiserien wie “Without a trace” ganze Episoden rund um den Sudan gestrickt werden. Es gibt in der öffentlichen Wahrnehmung eben doch Unterschiede, wenn sich Hollywood-Größen für eine Sache engagieren.
Die NY Times über den MLS-Klub Chivas USA. Ursprünglich als US-Ableger eines populären mexikanischen Klubs konstruiert, der die Latinos in LA ansprechen sollte, erwies sich das Konzept als Vollflop. Nun visiert man die englischspachige Bevölkerung an.
Sportjournalismus
Einiges ruht schon seit geraumer Zeit in meiner Bookmarkliste und wird erst jetzt von mir rausgezergelt. Zum Beispiel ein Artikel der britischen Sportjournalisten-Vereinigung “Sports Journalists’ Association” des Guardian-Journalisten Andy Bull. Der Artikel ist eine gekürzte, umformulierte Version eines 2.000-Wörter-Beitrages im Guardian-Blog, der das Elend am Zwang zu den O-Tönen bzw. Zitaten und Statements festmacht. Und er sieht ein Gegengift.
More than that though, I hope that a new culture will be fostered among the sports writers and journalists themselves, born of the fact that the internet has rendered obsolete many of the conceits that built this current culture. The fundamental deception of denying the subjectivity of the writer, for example, the refusal to acknowledge that reportage is inevitably filtered and shaped by an “I” that traditionally must be unseen and unmentioned. This means writers can escape the pack mentality that dictates standard practice; tinkering with the truth will be harder now journalists, challenged by bloggers and readers, no longer have a monopoly on information; and the divvying up of quotes to be kept back as filler later that week will be less acceptable when there is a greater priority placed on instantaneous news-breaking.
Von einer anderen Seite nähert sich Don Dahlmann den Problemen des Sportjournalisten: “Journalisten vs Teams” über die Zahnlosigkeit deutscher Motorsportjournalisten wegen ihrer Abhängigkeit von den “Informationslieferanten” Automobilhersteller.
Passend dazu das Verhalten von PREMIERE. Erinnert sich noch jemand an den “Boxengassen-Kommentator” Burkhard Nuppeney? Der strengte 2005 einen Prozeß gegen den Michael Schumacher-Manager Willi Weber an, weil dieser ihm angeblich Provision aus einem Vermarktungsvertrag mit Michael Schumacher Ende der 80er Jahre vorenthielt.
Zu diesem Zeitpunkt fiel auf, das PREMIERE nicht an exklusive Interviews mit Michael Schumacher rankam. Im Sommer 2005 hat PREMIERE den Vertrag mit Nuppeney nicht verlängert (der Boxengassenkanal war eh gekickt worden). Bei der ersten Übertragung ohne Burkhard Nuppeney gab es was am Rennsonntag? Ein langes Exklusiv-Interview von Michael Schumacher mit Tanja Bauer. Natürlich sind irgendwelche Zusammenhänge mit dem Weber-Prozess von Nuppeney, der Nichtverlängerung des Vertrages und das plötzliche Exklusivinterview von Michael Schumacher konstruiert.
Anderes Beispiel von diesem Sonntag. Rennen 2 der Formel 3-Euro-Series. Übertragung von PREMIERE. Vor dem Rennstart läuft ein dreiminütiges Feature über das Training von Nachwuchsrennfahrern zum Umgang mit Medien. Rein zufällig gehörten die Fahrer aller der “Deutschen Post Speed Academy” an. Rein zufällig hatten sie alle ihren schwarz-gelben “Deutsche Post”-Renndress an. Rein zufällig war das Feature auch nicht im üblichen PREMIERE-Broadcastingdesign, sondern in Gelb-Schwarz gehalten.
Peter Lauterbach, Jacques Schulz und Oliver Simon – Moderator, Kommentator und Redakteur bei PREMIERE – waren bei dieser Medienschulung als eine Art Dozenten dabei, brachten den Fahrern das richtige Verhalten in Interviews bei und zeigten in den Räumlichkeiten von Plazamedia wie man Rennen kommentiert. Ich wiederhole: Peter Lauterbach, Jacques Schulz und Oliver Simon zeigten den Fahrern wie sie sich am besten bei zukünftigen Interviews mit Peter Lauterbach, Jacques Schulz und Oliver Simon verhalten.
Wie kommt so ein gelb-schwarzes TV-Format bei PREMIERE unter? PREMIERE-Moderator Peter Lauterbach hat für seine Produktionsfirma “bylauterbach” im Mai des Jahres einen Auftrag von der “Deutschen Post” für ein TV-Format über die “Speed Academy” bekommen (danke für den Hinweis, NoteMe) und die Beiträge laufen nun gleichberechtigt neben den redaktionellen Beiträgen von PREMIERE in der Übertragung.
Wer arbeitet hier für wen in wessen Auftrag?
Im Falle der Bundesliga-TV-Rechte hat PREMIERE das Kartellamt wegen der Zwangsabnahme von fertigproduzierten Bundesligaberichten angerufen. Empörung allenthalben wegen des Untergangs der journalistischen Unabhängigkeit durch die SIRIUS-Produktionen. Im Falle des Motorsports hat PREMIERE deutlich weniger Probleme damit, Beiträge die im Auftrage der Deutschen Post entstanden sind, neben eigenen redaktionelle Beiträge stehen zu lassen und PREMIERE-Mitarbeiter auftreten zu lassen.
Der sportjournalistische Sündefall der wegen SIRIUS gerne immer herbeizitiert wird, der ist längst an der Tagesordnung. Auch im PREMIERE-Programm, Stichwort Formel 1-Magazin, Wrestling, Extreme-Sport-Magazine.
Neue Blogs
Kein klassisches Blog, aber eine Informationsquelle für das Umfeld in dem die Olympischen Spiele in China stattfinden: Play the Game for Open Journalism (Hat Tip Sportnetzwerk/Jens Weinreich).
Es ist eine Kooperation zwischen dem Journalistenverband IFJ und “Play The Game” einer Organisation, die sich um Ethos im Sport bemüht.
Veränderungen bei deutschen Sportblogs. Das Team des EM08-Blogs trifft sich nun unter dugehstniemalsallein.de: ghostdog, nolookpass und Spielmacher. Da der Schwerpunkt Fußball sein wird, wird nolookpass seine außerfußballerischen Sportblogaktivitäten verstärkt im Sportkurier führen, dem Sportblog des Nordkuriers (Zeitung für das Gebiet von Neubrandenburg). nolookpass’ Nachspiel bekommt den Stöpsel gezogen.
Auch die BBC hat auf ihrer Website einiges umgepflanzt und für einigen Fußballkolumnisten ihr eigenes Blog gegeben, das wiederum in einem Fußball-Blog gebündelt wird: Nach reiflicher Überlegung der BBC-Namenskommission und in Absprache mit der britischen Medienaufsicht Ofcom hat man es “Football Blog” genannt.
Das MLB-Blog der NY Times hat Texas Ranger Milton Bradley als Gastschreiber für die All-Star-Week verpflichtet: seine Einträge müssten hier gelistet werden.
Reaktionen
Eine 41-Jährige mit solchen Muckis – da musste ich direkt an letzte Woche denken, als ich mir John Rambo auf DVD angeguckt habe und fasziniert war, wie krass Sylvester Stallone mit 61 noch aussieht. Ob der wohl auch dopt? Und was heißt überhaupt “auch”? Alles scheiße, Sportfan zu sein macht keinen Spaß mehr …
Klar, aber da muss man auch zwei Punkte beachten.
Erstens, ist es zumeist nicht PREMIERE, die den Verlust der journalistischen Freiheit beklagt, sondern andere Teile des Journalismus’ – außerdem ist das mehr der “idealistische Anstrich”, denn das lässt sich nunmal besser verkaufen als trockene rechtliche Fragen. PREMIERE beschwert sich über die wettbewerbsrechtliche Seite.
Denn das ist der zweite Punkt – PREMIERE greift freiwillig, weil es sich “lohnt”, auf das fremdproduzierte Material zu. Sie müssten es nicht.
Und deswegen ist SIRIUS auf der journalistischen Seite tatsächlich mehr ein “theoretisches” Problem. Auf der wettbewerbsrechtlichen ist es ein tatsächliches.
@Jensen: Stallone wurde mal, ich glaub in Australien, wegen Anabolika oder so am Flughafen Hops genommen.
[…] dogfood nimmt das Thema nochmal bei Allesaussersport auf. Dieses Bild bei Kottke erinnert mich an Bodybuilder und Aerobic-Stars unter Steroid-Einfluss. […]
[…] über das Verhältnis zwischen Journalisten und der Motorsportindustrie. Zum einen gibt es bei Allesaussersport einen weiterführenden Artikel, der sich mit anderen Bereichen des Sports auseiandersetzt, zum […]
ich würde die blumen für das zerpflücken der torres-karriere ja gerne annehmen, aber mein kommentar in kalwas blog beruht mindestens zur hälfte auf den texten des dort von mir verlinkten blogs: eine zusammenfassung meinerseits, ergänzt durch ein bißchen google-recherche, wikipedia und ny times. respekt deswegen an http://canuckswimmer.blogspot.com/
@Linksaussen
Der Canuckswimmer Beitrag zum Thema D. Torres ist in der Tat lesenswert (sofern man die Zeit hat), noch interessanter werden dann die Kommentare dazu (sofern man SEHR VIEL Zeit hat), in denen sich Teils ehemalige erfolgreiche Schwimmer in die Diskussion einklinken, den Autor attackieren und er kurz davor ist einzuknicken…
Mir macht das Beispiel Torres eher Mut: ich strebe in 4 Jahren eine Olympiteilnahme im Schwimmen an. Ich werde also in 3 Jahren mit dem Training beginnen. Das sollte reichen.
naja, zu Torres’ Verteidigung sollte man vielleicht anführen, dass sie von sich aus Kontakt mit der US NADA aufgenommen hat, und jetzt sogar freiwillig an einem Pilotprojekt teilnimmt, in dessen Verlauf sie ausführlicheren Tests unterzogen werden wird, als andere Athleten.
Vielleicht bin ich ja zu blauäugig, aber gilt die Unschuldsvermutung nicht auch im Sport ?
Klar ist sie ziemlich durchtrainiert, aber wenn man sich ihren Trainerstab ansieht, und ihren Willen vergegenwärtigt, ist das wirklich so überraschend ?
Vielleicht hat die Natur sie auch bloss mit einem Körper und einer Körperchemie gesegnet, die sie ihren Konkurrentinnen voraus hat ?
at B.Schuss: Leistungssport kann dazu führen, dass ein Leistungsniveau bis sicherlich zu einem gewissen Alter gehalten werden kann, aber mit über 40 noch schneller als mit Mitte 20? In einem Bereich wo es auf Schnellkraft ankommt? Sie schwimmt ja nicht die Langstrecke, sondern 50m
Anbei eine Grafik dazu: http://www.aeksh.de/SHAE/200105/p51-02.jpg
Wie dämlich Menschen sein können, zeigt der gestern so dramatisch schief gegangene “Extremlauf” auf die Zugspitze. Das sind durchweg keine wirklichen Leistungssportler… sondern zum großen Teil Irre, die sich irgendwie beweisen wollen.
Wenn schon bei solchen Leuten das Gehirn ausgeschaltet ist, wenn es um Erfolg und Leistung geht, kann man sich die Denkwelt von Spitzensportlern vorstellen. Ebenso wie Schauspieler geht es da weniger ums Geld, sondern um Ehrgeiz, zwanghaften Erfolgs- und Bewunderungsdrang und absolute Verdrängung der Realitäten.
Damit wird Doping niemals zu beseitigen sein. Der Wille dazu ist bei den betreffenden Personen da, und zwar übermächtig. Die Mittel gibt es. Also passiert es auch. Kontrollen treffen nur die Spitze des Eisbergs und die besonders dummen und ungeschickten Doper.
Zu Stallone: meiner Erinnerung nach hat er mal vor Jahren selbst zugegeben, daß er in Vorbereitung der Rambo-Filme wg. des Muskelaufbaus gedopt hätte. Was seine Sache war und ist… schließlich ist er kein Sportler im Wettkampf.
@reality check:
na ja, da wird schon sehr oft von premiere-seite auf der journalistischen unabhängigkeit rumgeritten. zumindest bis vor einer weile, in letzter zeit hört man ja eh kaum noch was.
aber generell hast du recht, das ist ein wenig anders gelagert als beim beispiel der post speed academy, hier ist es tatsächlich eine frage der freiwilligkeit ob man das material nimmt oder nicht. ich glaube mal irgendwo gelesen zu haben, dass es eine kooperation zwischen den beiden seiten gibt. daher wohl auch die vorproduzierten sachen.
@ dogfood: ich finde man spürt den fehlenden biss auch in weiten strecken der bundesligaberichterstattung. da ist premiere imho viel zu schmusig. selten, dass es mal ein kritische nachfrage gibt. aber vielleicht kann man es auch nicht erwarten, denn die hand, die einen füttert beißt man nicht. auf der anderen seite ist da aber der zahlende kunde, der sicher eine (auch) kritische berichterstattung erwarten darf. wahrscheinlich will das aber eh der größte teil der fußball-anhänger gar nicht. denn bei der ard findet das samsatgs abends auch nicht statt. und über den stets bemühten töpperwien, der aus einer ball ohne luft einen handfesten skandal macht, hüllen wir besser den mantel des schweigens.
allerdings ist mir die sache nuppeney-schumacher-premiere im zusammenhang mit kritischer berichterstattung nicht ganz klar. die probleme schumi-nuppeney sind doch nicht aus der kritischen betrachtungsweise des reporters entstanden, sondern aus ganz anderen gründen – abseits des journalismus. von daher könnte ich es sogar gut nachvollziehen, wenn sich ein sender gerade deswegen von einem reporter trennt, denn dann wäre ja jede reporter-kritik von nuppeney an schumi/weber zu hinterfragen.
Zu den zeitlichen Abläufen: Weber und Nuppeney haben 1988 zusammengearbeitet. Einen ersten Prozeß gab es 1999, die Anklage für den zweiten Prozeß ist im September 2004 erhoben worden. Nuppeneys Vertrag lief im Sommer 2005 aus und zwei Wochen später gab es das erste Michael Schumacher-Interview.
Ja, man kann sich auf dem Standpunkt stellen, dass Nuppeney mit dieser Vorgeschichte nicht kommentieren dürfte bzw. beurlaubt gehörte. Aber wenn dies der Grund sein sollte, dann wäre der Anlaß 1988, 1999 oder im Spätsommer 2004 gewesen. Nicht erst im Sommer 2005.
Bei der “Speed Academy” ist das Problem nicht die Freiwiligkeit, sondern die heitere Vermischung von redaktionellen und werbenden Content, nicht zuletzt weil der Sponsor heiter die “Infrastruktur” von PREMIERE benützt (Lauterbach, Simon, Schulz, Plazamedia). Zudem halte ich es für eine Frage des Berufsethos, dass ich nicht den gleichen Personen eine Schulung über meine Fragemethoden gebe, denen ich in 2-3 Jahren selber über den Weg laufe. Es gibt weiß Gott noch mehr TV-Trainer als das man ausgerechnet die aktuelle Besetzung des PREMIERE-Motorensport dafür nehmen muss.
Ein Claus Kleber der einer Angela Merkel TV-Training geben würde, wäre als Anchorman im Heute-Journal verbrannt.
Von den beruflichen Beziehungen (sollte man “finanziellen Abhängigkeiten” sagen?) des Peter Lauterbach mit seinem Auftraggeber BMW (oder indirekt: Mercedes & Audi) ganz zu schweigen.
Don Dahlmann hat es in einem neuen Beitrag ganz gut umschrieben: das ist eine ähnliche Verfilzung wie sie in den letzten Jahren z.B. durch Hagen Boßdorf Schlagzeilen gemacht hat.
trotz allem hat das ja nichts mit kritischem journalismus zu tun, meiner meinung nach. richtig, die hätten dann nuppeney eben gar nicht einstellen dürfe. a propos einstellen: wenn dann eh der boxengassenkanal eingestellt wurde, ist das ja vielleicht der grund für nuppeneys demisiion und wenn sie das dann weber als “raussschmiss” präsentiert haben um wieder an schumi zu kommen, wäre das je eher schon, sagen wir mal, l,listig..
dann ethos: ja, richtig, darum kümmern sich die wenigsten. denke, das ist wie im normalen leben. da kommt der ethos auch erst am ende der liste, leider.
bliebe die frage wer gibt denn frau merkel eigentlich tv-training? und verfilzung, das ist doch in der politik auch üblich. kam nicht der ex-schröder-sprecher bela anda von der bild? von daher zieht sich das dann auch in den sport weiter. s, auch haug als ex-journalist und jetziger motorsportchef beim daimler. oder wie viele ex-journalisten sind pressesprecher bei vereinen, etc.
generell hast du mit deiner kritk an der unkritik recht. aber es bleibt wohl die frage: wieviel fans/interessierte/zuschauer haben denn tatsächlich interesse an einer kritischen berichterstattung?
Die Frage nach dem “wirklichen” Interesse der Zuschauer nach kritischer Berichterstattung erinnert mich an die Frage nach dem “wirklichen” Interesse von Schulkinder nach gesundem Essen statt Junk Food (siehe dazu auch Jamie Oliver oder “Super Size Me” bzgl. der Mechanismen der Nahrungsmittelindustrie und ihre Auswirkung auf Schulkinder).
Und nochwas zum TV-Training: es gibt genügend Leute die TV-Coaching betreiben. Sogar im Sportbereich (um den bekanntesten zu nennen Ernst Huberty). Da muss es wirklich nicht ausgerechnet drei Leute aus der Motorsportabteilung sein, die man 2-3 Jahre später in einer anderen Konstellation im Job wieder treffen wird.
dann fühle ich mich als tv-zuschauer aber als etwas unmündig herabgewürdigt :-)) denn immerhin kann ich im gegensatz zu den kindern schon entscheiden was gut für mich ist.
Laß mich raten: du hast “Super Size Me” nicht gesehen und weiß daher nicht auf was ich angespielt habe, oder?
Hint: Entscheiden zu können, setzt voraus die Wahl zu haben.
(Wenn man böse wäre, könnte man Parallelen ziehen zwischen dem Sponsoring von Schulspeisung durch McDonalds und dem Post-Sponsoring)
mmh, nicht wirklich passend aber zumindest zur Meinungsfreiheit:
http://www.dwdl.de/article/story_16726,00.html
Weil wir schon bei McDonalds sind kommts mir grade hoch:
Während der EM gabs in der ARD einen journalistisch völlig wert-& sinnfreien Beitrag über einen Einlaufkinder-Kick, die natürlich alle mit McD-Trikots vor McD-Werbebanden gespielt haben.
Müßte vor dem Spiel gegen Österreich gewesen sein. Keine Ahnung, warum ich da auf dem Sender war…
Kaum war der Spuk vorbei, kam auch schon der EM-Trailer, der von McD präsentiert wurde. Sicher nur dummer Zufall.
[Ich hoffe, das war alles richtig rekapituliert]
@Phil: das erinnert mich an den NRW-Spaten, der das
InternetPorn.net verbieten will weil da keiner ne Lizenz braucht und es daher nicht kontrollierbar ist.super-size me: nun, ich habe ihn gesehen, oder sagen wir mal, ich war drin., hatte aber aber eine sehr nette begleitung..drum ist mir der für die diskussion relevante teil wohl entgangen. mit entscheiden meine ich auch, die entscheidung zu haben, etwas zu vermissen. und dies dann zu fordern.
daher muss ich nicht immer die wahl haben, sondern es würde die eerkenntnis ausreichen, dass mir was fehlt.nicht, dass ich alle für doof halte, aber ich glaube eben, dass die meisten zuschauer keine kritische berichterstattung wollen. warum auch immer…
und ob ernst huberty der richtige tv-coach für 20-jährige jungmillionäre wäre, ich weiß es nicht.
nicht, dass er es nicht könnte, aber ich denke, er würde diese generation nicht mehr erreichen. also, man sucht sich jemand, den die herren kennen und ist -peng-schon wieder bei einem interessenskonflikt
Mal nebenher und off-Topic:
Eben 2:1 Sieg der U19 gegen Spanien. Auf die ganze “Seit 16 Spielen ungeschlagen”-Nummer im Bezug auf Spanien geb ich nicht so viel. Aber da Spanien bei den Jugendturnieren immer the team to beat ist, würd ich sagen: Teil 1 der Mission erfüllt.
Ich klatsch es mal hier rein:
Huch, doch Gewalt bei der Euro. (via interpool.tv)
Lässt das Foto von Dara Torres nun eher Rückschlüsse auf Doping zu – oder auf das Gewicht ihres Kindes? ;-)
Wieso sollte man mit 41 Jahren nicht ungedopt Höchstleistungen bringen können? In den USA geht das. Wie man sich gegen völlig haltlose Dopingvorwürfe antiamerikanischer Neider unter Bewahrung des eigenen Heldenstatus zur Wehr setzt, kann Frau Torres bei ihrem Landsmann Lance Armstrong erfragen…
Das Schlimme an der Verflechtung von Medien mit dem Objekt der Berichterstattung (vor allem im Sport aber auch in der Politik) ist nicht, dass es sie gibt, sondern ihre Selbstverständlichkeit. Lauterbach also auch? Gähn… Es ist so erschütternd selbstverständlich, dass es ermüdend ist, sich noch darüber aufzuregen. Vielleicht ist aber genau das der Sinn dahinter, einfach die eigene Berufsethik als Norm zu definieren. Wenn kaum ein Zuschauer mehr objektive Berichterstallung erwartet, ist man am Ziel.
Dem entgegen zu wirken wäre eigentlich eine klassische Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Sportjournalismus. Aber wer erwartet das von ARD und ZDF noch ernsthaft? Keiner?!? Traurig…
Lustig hier noch mal den Andy Bull Text verlinkt zu sehen. Ich hab ihn schon mal vor zwei Monaten gelesen, ihn aber schon fast wieder vergessen. Damals und auch jetzt wieder beim Lesen kam ich aus dem zustimmenden Nicken fast nicht mehr raus.
Ich studiere Sportjournalismus in England und der Artikel hat fuer einige, aber leider zu kurze, Diskussionen bei mir im (kleinen) Studiengang gesorgt. Die von Bull beschriebene – ich nenne sie mal – Zitat Obsession, wird einem fast eingepruegelt am Anfang des Studiums. Ich weiss nicht wie viele solcher Artikel ich zu Beginn geschrieben habe, aber es war definitiv einer zu viel. Einserseits verstehe ich den Zweck hinter dieser Art der Berichterstattung, weil sie eine Art der objektiven News Kultur suggeriert und zeitgleich bequem die Spalten fuellt.
Aber ich komm aus dem Kopfschuetteln nicht mehr raus, wenn ich sehe mit welcher Ernsthaftigkeit die meisten meiner Kommilitonen diese Texte verfassen und auch noch von einigen meiner Lehrkraefte darin bestaetigt werden. Natuerlich spielt da auch die starke Stellung der tabloids eine Rolle und das allesueberlagernde Sky Sports News (Traumziel fast aller meiner Kommilitonen). Entgegen des Klischees machen die Tabloids hier nicht nur Krawall, sondern fuellen ihre Leser vor allem mit den vonn Bull beschriebenen Happen ab – perfekt fuer den Weg zur Arbeit, mal hier 200, mal dort 300 banale Worte und schon ist wieder eine Seite gefuellt.
Fuer viele von den handwerklich gut ausgebideten Journalisten ist das natuerlich irre bequem, fuenf Minuten Pressekonferenz und schon kann man nen Artkelchen schreiben, (fast) jede weitere Recherche ist dann obsolet.
Auch der Guardian macht sich dieser Kultur ab und an schuldig, wenn auch nicht in solch extensivem Ausmasse wie andere Zeitungen. Aber vor allem um die im Fernsehn live zu sehenden Spiele der Premier League machen auch Journalisten von broadsheets, einen Bohai, der schon fast schmerzhaft ist.
Aber wie Ball ja im letzten Absatz richtig feststellt, kommt der Druck, eine andere Arbeitsform und Ethik daneben zu staerken, ja Gott sei Dank zahlreich und ultimativ aus dem Internet. Und das hinterlaesst zumindest bei Zeitungen wie dem Guardian einige positive Folgen. Nach dem ich vorher ueber meine Lehrkoerper gelaestert habe, moechte ich aber auch betonen, dass es schon progressive Kreafte gibt. Besagter Bull, war auf Einladung einer meiner Dozenten (Gary Naylor, ist vielleicht denen gelaeufig, die haeufiger die Guardian live blogs lesen) bei uns an der Uni, um ueber die Zukunft von Print und Internet zu sprechen. Ich habe leider wegen Krankheit gefehlt, aber es soll gut gewesen sein.
Bull, nicht Ball – ich bin doch schon etwas muede.
– Die Frage, die man sich ja schon länger stellt, ist doch, warum beim Print reflexartig (und, zugegeben, auch weitgehend folgenlos) aufgeschrien wird, wenn mal herauskommt, dass einem Stückchen Reklame die Markierung gefehlt hat, während solche eindeutig markierungspflichtigen Werbefilmchen im Sportbereich der elektronischen Medien außer den einen oder anderen Blogger (“The old dog barked”, D. Adams) und seine Leserschaft absolut niemanden jucken. Ist Reklame dort evtl. gar nicht mehr markierungspflichtig, weil der jeder annähernd mündige Zuseher von keiner irgendwie gearteten Unabhängigkeit der Protagonisten ausgeht?
–
Ich gehe doch recht in der Annahme, dass meine Meinung hierzu niemand schon wieder aufgenötigt sehen will, oder?
also, nur weil die Herren von premiere der zukünftigen Fahrerelite TV-Training geben, würde ich da keinen Interessenskonflikt sehen.
Wenn ich die Wahl zwischen dem 81-jährigen (!) Huberty und einem Team aus aktuellen Sportreportern/ Moderatoren habe, das zudem auch noch in der Branche arbeitet, in der ich mich bewege, da fällt die Wahl wohl kaum schwer.
Es kommt doch darauf an, ob und in wie weit die persönliche oder berufliche Beziehung, die Sportler und Journalisten unweigerlich aufbauen, die Berichterstattung beeinflusst.
Und das hat für mich eher mit der Integrität und Berufsauffassung des Einzelnen zu tun, nicht mit dem System.
Das System ist, wie es ist. Die Konkurrenz auf dem Nachrichtenmarkt ist groß, und alle Journalisten müssen auch “verkaufen”, nicht nur “informieren”. Es ist halt nicht mehr wie 1970, als pro Spiel ein Fernsehteam, und ein Radioreporter, plus vielleicht eine handvoll Zeitungsmänner berichteten. Es ist voller geworden am Spielfeldrand, und in den Pressebereichen, und alle diese Leute müssen irgendetwas schreiben, senden, oder drucken. Man mag diese Entwicklung bedauern,
aber so isses nun mal.
Meine persönliche Konsequenz ist, dass ich versuche, so viele interessante Sportereignisse wie möglich live zu verfolgen. Dann muss ich mir auch nicht nachher einen belanglosen Bericht dazu reinziehen.
Und für den Rest reichen Live-Ticker, aas und der Videotext. ^^
Ich weiss gar nicht mehr, wann ich zuletzt den Sportteil einer großen Tageszeitung in der Hand hatte.
@Sternburg: wieso, ist die so vorhersehbar ? ^^
Tut mir leid, wenn ich mich wiederhole, aber wenn ich mir Frau Torres’ Trainingsprogramm anschaue, kann es da wirklich überraschen, wenn sie gut in Form ist, möglichweise besser als ihre 20 Jahre jüngeren Konkurrentinnen ?
Es gibt eine Reihe von Sportlern, die auch jenseits der 35 noch Top-Leistungen bringen.
Und warum auch nicht ? Die Trainingsmethoden werden ausgefeilter, die Erkenntnisse über den Körper umfangreicher.
Ich bin ja sonst auch eher der zynische und skeptische Typ, aber so lange die Unschuldsvermutung noch gilt, und mir niemand eine positive Probe von Frau Torres zeigt, ziehe ich es vor, mich an der Tatsache zu erfreuen, dass es Menschen gibt, die dem Jugendwahn im Profisport noch erfolgreich entgegentreten können.
@STERNBURG:
Ich glaube jetzt wird’s Zeit für deine Unschulsdvermutungslitanei…
Na denn, auf vielfachen Wunsch einer Einzelperson und mit Dank an die (btw seltsam selektive) Suchfunktion:
Das sage ich zwar auch nicht zum ersten mal, aber was solls: Sportgerichtsbarkeit ist keine Strafjustiz. Daher gelten einige elementare Rechtsgrundsätze, die man so aus der Strafjustiz kennt, dort nicht, z.B. die Unschuldsvermutung und der Zweifelssatz. Wenn die Sportverbände sie denoch gegen sich gelten lassen wollen, ist das zwar deren Bier. Ebenso könnten sie aber auch die Beweislast umkehren und sagen, ungedopt ist nur, wer uns seine Sauberkeit aktiv und zweifelsfrei nachweist. Und sie können natürlich auch eine beliebige Mischform wählen, bspw. können sie, für den Fall, daß jemand eine bestimmte Anzahl von Test schuldhaft versäumt, festlegen, daß dieser unwiderleglich als gedopt vermutet wird.
Mit einem zweifelsfreien Beweis hat letzteres schließlich wenig zu tun, egal ob der Junge jetzt zwei, vier, oder zwanzig Tests versäumt hat. Und bei einem Strafverfahren wegen (Sport-) Betruges dürfte das dementsprechend auch nicht ausreichen.
Einen dreckigen Doper dürfte man ihn aber trotzdem nennen.
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Wo es grad so schön passt: Darf ich noch mal mit meiner alten Litanei von der Unschuldsvermutung anfangen?
Die davon erzählt, daß dieses Institut aus dem Strafrecht (Respekt insoweit Adonis und Thomas H. – ich hatte bisher meist den Eindruck, mir fiele dieser Umstand als einzigem auf) in den meisten Diskussionen rund ums Doping schon deshalb nichts zu suchen hat, weil es sich (heutzutage) bei der Beziehung Zuschauer/ Athlet um simples Privatrecht handelt? Vergleichbar mit dem Bäcker, der auf meine Zweifel über den Zustand seiner Backwaren mir ja auch nicht mit der Unschuldsvermutung kommen kann? Weil die alte Menscheitsregel gilt: wenn der Bäcker mir nicht beweist, glaubhaft macht oder in mir sonstwie die Vorstellung weckt, bei seinen “Brötchen†handele es sich auch tatsächlich um Brötchen, und nicht etwa um Autoreifen oder Hundeteile, dann kaufe ich sie ebend nicht?
Nein? Schade.
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Nö, Löwe, da hinkt gar nix, es ist hier allenfalls unpassend. Richtig ist zwar, daß bezüglich aus dem Verhalten der in den Wiener Laborskandal verwickelten Personen eventuell resultierende Straftaten die Unschuldsvermutung greift, d.h. niemand dürfte die entsprechenden Sportler Straftäter nennen, solange dies nicht von einem Gericht bewiesen ist.
Aber deshalb darf ich, wie du ja sagst, trotzdem entscheiden, nicht zusehen zu wollen. Genauso darf aber auch der Journalist mir erzählen, aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten die Annahme resultiert, der Sportler hätte Zweifel an seiner Sauberkeit nicht restlos ausgeräumt.
Und genauso darf er mir erzählen, von welchen Sportlern nicht von sich aus ausreichend Beweise erbracht werden, um von ihrer Sauberkeit zu überzeugen. Und mir damit das Ignorieren nahelegen.
Genauso können Vertragspartner des Sportlers (Sponsoren, Fernsehanstalten; auch solche der Sportverbände) Verträge aushandeln, die sie (bereits) bei fehlender Zweifelsausräumung seitens des Sportlers von der Leistungspflicht entbinden (und wir werden das in Zukunft auch öfter erleben, da bin ich mir sicher).
Um nun auf deine These “es gibt auch keine positiven Dopingtests, also keine Beweislastumkehr†zurückzukommen: das mag für Sanktionen durch die Sportgerichtsbarkeit sogar so sein, weil der ÖSV (oder wer auch immer) das nun mal so vorsieht. Allein, er ist keinesfalls dazu verpflichtet, das so zu regeln. Die Sportverbände sehen zwar in aller Regel bei den Dopingsanktionen mehr oder weniger eine Unschuldsvermutung vor. Einen Anspruch darauf haben die Sportler aber m.E. nicht.
Hach, jetzt ha ichs doch wieder runtergeleiert;)
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Sorry an Kai fürs lesen müssen (und den Traffic, höhö) und mit Erinnerung daran, dies meine ungeprüfte Meinung darstellt; wem (Adonis?) irgendwelche diesbezügliche Rechtssprechung einfällt, ist herzlich einladen, mir damit eine Freude zu machen.
Der letzte Absatz sollte als heutiger Zusatz wieder unkursiv sein, aber darauf kommt es wahrscheinlich auch nicht mehr an.
Die “Unschuldsvermutung” ist ja nun nicht von der Strafjustiz allein gepachtet, deshalb ist die alleinige Rückführung darauf mE auch nicht gerechtfertigt. Die Nutzung dieses Begriffes im Bereich des Sports besagt doch allein, daß ohne das Vorliegen von zumindest begründeten Verdachtsmomenten kein Doping so einfach unterstellt werden sollte. Dann ist man nämlich schnell dabei, jede außergewöhnliche Leistung auf Doping zurückzuführen. Leider ist aber genau dies mittlerweile anscheinend Realität und eine der vielen schlimmen Begleiterscheinungen des Dopings, die einem die Freude am Sport vergällen können.
BTW: Hat eigentlich schon jemand das neu erschienene Buch “Wer macht den Sport kaputt? Doping, Kontrolle und Menschenwürde” von Schulze, Krauß, Verbrecher-Verlag (!) gelesen?
Und warum genau darf ich mich dann nicht auf den Standpunkt stellen, dass eine selbst im heutigen Leistungssport außergewöhnliche Leistung ohne Doping erzielt wurde, soll mir der Sportler, der schließlich _von mir_ Aufmerksamkeit erhalten möchte (und im Ergebniss große Mengen privater und öffentlicher Gelder), gefälligst selber nachweisen?
Davon ab würde ich das, was linksaussen da so zusammengesammelt hat, selbst als von der konkreten Materie völlig unbeleckter noch problemlos bei “zumindest begründeten Verdachtsmomenten” einordnen können.
@sternburg
Sicherlich kannst Du für Dich diese Forderung aufstellen, allein dies wird zumeist an den praktischen Randbedingungen solcher Nachweise scheitern (Kosten, Nachweistechniken, Abgrenzung zu “natürlichen” Veränderungen von Nachweisprofilen usw.). Warum verlangt eigentlich niemand den Nachweis von Sängern, daß sie wirklich selber singen, oder von Politikern, daß sie selber auf die von ihnen produzierten “klugen” Gedanken gekommen sind? Vielleicht, weil man sich etwas vormachen lassen will?
Sternburg, was soll ein Sportler tun, um dich davon zu überzeugen, dass er nicht gedopt hat ?
Wenn du generell davon ausgehst, dass im Grunde alle dopen, nur eben nicht alle erwischt werden, kannst du die Tests ja auch gleich lassen.
Dann hat das Wort “Beweislast” sowieso keine Bedeutung mehr.
Unabhängig von der rechtlichen Definition aus dem Strafrecht gilt für mich die Unschuldsvermutung so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Wer in diesem Verfahren die Beweislast trägt, ist insofern für mich kaum von Belang, als das regelmäßige Dopingtests im heutigen Leistungssport sowieso vorgeschrieben sind, und man daher von einer Beweislast im klassischen Sinne meiner Ansicht nach sowieso nicht mehr sprechen kann.
Schliesslich werden ständig Tests durchgeführt, unabhängig davon, ob gerade ein Verdacht gegen den Sportler besteht.
Was ein Sportler noch mehr tun soll, als den vorgeschriebenen Tests des Verbandes beizuwohnen, und vielleicht sogar freiwillig ausführlichere Tests zu machen, ist mir schleierhaft.
Wie NoBlackHat schon sagt, nicht nur die Doper machen den Sport kaputt, sondern auch die Leute, die bei jeglicher Art von sportlicher Höchstleistung sofort Doping unterstellen, auch wenn Beweise fehlen.
Mag ja sein, dass es nicht viele 41-jährige Mütter gibt, die bei den US trials mithalten können, aber die Tatsache, dass es eine gibt, bedeutet doch deswegen nicht automatisch, dass sie gedopt haben muss….
Es ist mir, deutlich gesagt, kackegal ob und wie mir ein Sportler seine Sportlereigenschaft glaubhaft macht. Er will etwas von mir. Ich sach ja nicht, dass alle Menschen Frau Torres für eine Doperin halten müssen, nur weil es einige tun, und das mit nachvollziehbaren Argumenten, wie ich finde.
Aber wer dies nicht tut, kann diesen Einigen dies nicht mit dem Verweis auf hier völlig fernliegende Unschuldsvermutungen oder Beweislastverteilungswünsche verweren. Die könnt ihr selber ja gerne für euch anwenden, ich tue es sicher nicht.
Frau Torres wird damit leben können, genau wie Juventus Turin oder dopende Bundeswehrschmarotzer es früher schon konnten.
@B.Schuss: Die rechtsrelevanten Erkenntnisse aus dem Radsport in Europa und der amerikanischen Leichtathletik lassen überhaupt keinen anderen Schluss zu, als dass da von den Top-Leuten systematisch gedopt wurde. Viel zu viele Journalisten und der größte Teil der Öffentlichkeit sind zur gleichen Zeit davon ausgegangen, dass die Tests ein zuverlässiger Kontroll- und Abschreckungsmechanismus seien. Wenn man aber mittlerweile eines weiß, dann dieses: Athleten haben Mittel und Wege gefunden, sich zu dopen und trotzdem nicht positiv getestet zu werden.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin ein Freund von akademischen Diskussionen wie der in diesem Thread. Aber ich finde, von dem Gedanken an eine pauschale Unschuldsvermutung (im Sport) müssen wir uns trennen.
was mich schon seit ewiger zeit an der doping-disussion stört ist die tatsache, dass sie viel zu sehr ins medizinische driftet, – oder mitunter auch ins juristische (s.o.)
ich sehe es aber in seinem grundansatz weniger medizinisch denn gesellschaftlich. es ist relativ leicht die medizinischen dimensionen zu erkennen. aber letztlich ist es ja die gesellschaft, die dieses übel in sich birgt. alle finden den typ klasse, der die 100m in weltrekord zeit läuft, der den tourmalet hochkeult, dass ein betagter pkw schwierigkeiten hätte mitzuhalten usw. da fragt erstmal kaum einer “wie geht das denn?” dann lassen sie die “helden” hochleben. wenn dann rauskommt (oh wunder) er hat gedopt, dann sind alle beleidigt und sagen, wie kann man nur…
da brauche ich dann eigentlich keinen mediziner, der mir erklärt wie schädlich das alles ist. mir fehlt der soziologe, der mir erklärt, warum doping passiert und wie man es abstellen kann.
@sternburg / Jürgen Kalwa
ok, ihr schlauberger ( man möge mir den persönlichen ton verzeihen ), dann erklärt mir doch mal, was dann bitteschön die Lösung ist ?
Die Tests abschaffen, und einfach davon ausgehen, dass sowieso alle dopen ? Quasi die pauschale Schuldvermutung ?
Mehr und ausführlicher testen, aber gleichzeitig davon ausgehen, dass das nichts bringt, weil, wie Herr Kalwa es formuliert, “Athleten Mittel und Wege gefunden [ haben ], sich zu dopen und trotzdem nicht positiv getestet zu werden.” ?
Wie soll man in einer solchen Situation noch Freude am Leistungssport haben ?
Dir will ja (hoffentlich) keiner die Freude absprechen, es ging nur darum, daß es keine Unschuldsvermutung gibt. Rechtlich. Weil daher das Wort stammt.
Wobei der Umkehrschluß auch nicht heißt, daß jeder schuldig ist. Nur bei herausragender Leistung verdächtig. Und diesen Umstand hat sich der Leistungssport jahrzehntelang hart erarbeitet.
“Fair” als Grundsatz gilt ja nichtmal mehr im Amateursport, allenfalls im Freizeitbereich.