NHL, Playoffs, Spiel 5: Montreal Canadiens – Philadelphia Flyers

Die Montreal Canadiens – nach vier Spielen und 1-3 in der Serie mit dem Rücken zur Wand – empfingen in der Nacht die Philadelphia Flyers.

Geschichte der Serie ist der junge Goaltender der Habs Carey Price. 20 Jahre alt, 2005 gedraftet, hat er 2007 bei den Canadiens unterschrieben. Vor der Saison hat General Manager Bob Gainey Price dem Headcoach Guy Charbonneau aufs Auge gedrückt. Charbonneau soll mäßig begeistert gewesen sein, aber Price hielt sehr gut. So gut, dass Gainey im Februar einen riskanten Deal einging und den bisherigen Starter Cristobal Huet an die Washington Capitals verhökerte und komplett auf Price setzte, in der Hinterhand nur noch den 22jährigen Ersatzmann Jaroslav Halak. Was Charbonneau wiederum nicht prall fand.

Mit dem 20jährigen Bubi Price ging es in die Playoffs und Price fing an zu wackeln. Nach ersten soliden Spielen ging es in Spiel 5 und 6 der ersten Serie gegen Boston mit Price dahin. Doch Price fing sich und legte in Spiel 7 seinen zweiten Shutout in den Playoffs hin.

Das Wackeln sollte aber in den Eastern Semis weiter eine Rolle spielen. In Spiel 3 wurde er im zweiten Drittel von den Flyers zerlegt, bekam binnen 11 Minuten drei Treffer. Charbonneau nahm ihn in der zweiten Drittelpause aus dem Spiel um ihn nicht komplett zu demontieren, startete aber damit in den Medien erst recht eine Diskussion inwieweit Charbonneau das Selbstvertrauen von Price zerschossen hatte oder Price einfach überspielt war. Charbonneau ließ in Spiel 4 Halak spielen, machte aber deutlich das dies nur eine Ausnahme war.

Unter diesen Vorzeichen ging es gestern in Spiel 5 und Carey Price startete von Anfang an.

Es passte eigentlich alles: die Zuschauer waren von Anfang an im Spiel dabei. Eine Stimmung, eine Intensität, der Kontrast zum Eishockey-WM-Spiel Deutschland – Finnland zwei Stunden zuvor, hätte nicht krasser sein können. Im Grunde genommen muss der IIHF mit einer Papiertüte übern Kopf rumlaufen, weil man sich durch die Terminplanung derart die Blöße gibt.

Montreal spielte Philadelphia in Sachen Aggressivität und Intensität an die Wand. Die Flyers waren wesentlich stärker unter Druck als es die Torschüsse (11:7 für die Habs) aussagen. Ein Problem der Habs: eine hohe Zahl von Fehlpässen wenn über rechts angegriffen worden ist und dann der Pass nach innen für einen Schlagschuß oder einen Blue Liner gespielt werden sollte. Unzählige von diesen Pässen wurden von den Flyers abgefangen und leiteten 2:2-Angriffe ein.

Nach 20 Minuten blieb die Erkenntnis: viel Einsatz von Montreal für wenig Ertrag. Nur eine 2:1-Führung. Phillys Treffer erzielte Umberger als er abzieht, hinfällt und den Abpraller im Rutschen gezielt mit dem Schläger an Defenseman und Price vorbeibringen kann. Ein Wahnsinnstreffer.

Im zweiten Drittel kam Philadelphia besser mit dem Spiel zurecht. Sie investierten mehr in das Spiel und produzierten vor dem Habs-Tor immer wieder schwer lesbare, komplexe Situationen für den jungen Goaltender Price. Viel Verkehr und aus allen Positionen abgezogen. Zwar ging Montreal mit 3:1 in Führung, aber die Flyers erzielten drei Treffer binnen drei Minuten und gingen mit 4:3 in Führung. Price wurde förmlich sturmreif geschossen.

Zu Beginn des zweiten Drittels wehrte er ein Haufen von Schüßen ab. Das 3:2 kam durch einen verdeckten Distanzschuß von Richards, für Price unhaltbar. Anderthalb Minuten später ein Bauerntrick von Umberger und Price macht die kurze Ecke nicht zu, obwohl hinreichend viel Zeit war. Nochmals anderthalb Minuten später kann Hartnell unbedrängt aus der Distanz abziehen. Price ist unbedrängt und hat freie Sicht auf den flachen Distanzschuß, reagiert aber nicht. Die Flyers haben es geschafft Price in Fehler hineinzutreiben. Montreal schaffte es nicht Price zu schützen und hinten die Flyers wegzuräumen. Die Habs spielten hinten mit der Autorität von lapprigen, aufgebackenen Baguettes. Die Flyers konnten zuviel mit dem Puck im Drittel der Habs arbeiten.

Wurde in der Studiorunde bei CBC in der Drittelpause darüber diskutiert, ob man Price wieder hinausnehmen müsse, kehrte Price für das Schlußdrittel zurück.

Im dritten Drittel konnten die Habs weiterhin nicht an die Intensität des ersten Drittels anknüpfen, dennoch gelang ihnen der schnelle Ausgleich. Es blieb bei extrem viel abgefangenen Querpässen im Drittel der Flyers die zu schnellen Konter führten. Philly blieb effizienter und die Führung drei Minuten vor Ende des Spiels war die logische Konsequenz.

In der Schlußminute wurde der Sargnagel durch ein Empty Net-Goal eingehämmert, bezeichnenderweise nach einem abgewehrten Puck im Flyers-Drittel, der langsam in das Habs-Drittel rutschte und einem Laufduell zwischen einem Habs-Abwehrspieler und Knuble. Knuble setzte sich durch und sorgte für den Endstand von 6:4 für die Flyers und dem Ausscheiden des letzten kanadischen Teams.

Das Top-Team des Osten flog raus, weil es nicht verstand in den Playoffs nochmal einen Zahn zuzulegen. Von der Dominanz des Powerplays aus der regular season nichts zu sehen und immer wieder diese merkwürdigen Einbrüche nach einem starken ersten Drittel. Es war die zweite Serie in den Playoffs, wo Montreal nicht mit einem Team zurechtkam, dass zu den richtigen Zeitpunkten sich bis auf Anschlag verausgabte und alles abrief, was es intus hatte. Die Flyers haben sich förmlich das Glück erarbeitet, das hinten keiner der Schüsse der Habs reinging (das Tor war einige Mal sehr offen) und vorne die Pucks ihren Weg ins Tor von Montreal fanden. Und Goaltender Martin Biron bekommt in den Eastern Finals dann vielleicht auch endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient hat.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Bemerkenswert ist noch das Verhalten der Zuschauer: Obwohl sie sonst sehr kritisch sind und ihr Team auch gerne mal auspfeiffen, war dies heute nie der Fall.

    Carey Price wurde direkt nach dem vermeidbaren 3-4 mit “Carey, Carey”-Rufen aufgemuntert. Und als der Empty Netter zur Entscheidung fiel, rafften sich die Zuschauer ebenfalls auf und würdigten die starke Saison (except for the play-offs) ihres Teams mit ihren typischen “Olé, Olé, Olé”-Gesängen. Etwas das in Nordamerika nicht gerade an der Tagesordnung ist.

  3. Es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass Price beim entscheidenden Tor zum 4:5 keine Schuld traf.
    Dennoch stellt sich die Frage, ob man Huet nicht zu früh abgegeben hat…

  4. Biron ist bis jetzt der Torhüter der Playoffs(vielleicht noch Osgood)!
    Die Story sollte nicht sein, dass Price die Serie verloren hat, sondern Biron der sie gewonnen hat.
    Ich hab das Spiel von gestern noch nicht gesehen(eingepennt und just zum 4-5 wieder aufgewacht)
    Aber obwohl die Habs ich glaub in jedem Spiel deutlich mehr Schüsse abgegeben haben als die Flyers konnten sie nur ein Spiel gewinnen(und da waren viele gute Schüsse dabei).
    Und da auch die Capitals zumindest die Spiele die ich gesehen habe dominiert haben, hat auch Huet sie nicht ausschalten können. Es wird Zeit das hohe Lied auf Biron zu singen der in beiden Serien überragend war.
    Und wenn du weißt, da steht einer hinten drin der auch mal einen Fehler ausbügelt, dann steigt natürlich das Selbstvertrauen der ganzen Mannschaft.
    Also richtig böse Tore hat Price nur in Spiel 5 gegen Boston gekriegt(wie gesagt gestern hab ich noch nicht durch).
    Und da Halak in Spiel 4 auch nicht 100% überzeugen konnte, blieb den Habs eh nichts als auf ihre Nummer eins zu vertrauen. Nun muss man aber überlegen, ob man in die nächste Saison mit diesem Tandem gehen will. Ich würde mindestens einen erfahrenen Goalie als Backup holen(Kölzig?).