Six Nations zum Wochenende

Vierter und vorletzter Spieltag der Six Nations, dem europäischen Top-Turnier im Rugby. Der dritte Spieltag hatte es in sich und die Chemie in der Tabelle gehörig verändert.

Durch die Niederlage des Turnierfavoriten Frankreich zuhause gegen England ist das Turnier weit geöffnet worden. Wales führt ungeschlagen in der Tabelle und kann am Samstag gegen Irland die “Triple Crown” holen, also die inoffizielle Meisterschaft der Teams Großbritanniens und Irlands. Irland bot bislang eher blasse Vorstellungen, so dass ein Sieg der euphorisierten Waliser nicht undenkbar ist. Es scheint alles auf ein “Endspiel” am letzten Spieltag zwischen Wales und Frankreich hinauszulaufen und dann möchte ich mal das Millenium Stadium in Cardiff erleben, was da los sein wird.

Hinter Wales warten drei Teams mit einer Niederlage auf dem Konto, auf ihre Chancen. Irland hat es zuhause im Spiel gegen Wales selbst in seiner Macht (Sa 14h15).

Frankreich muss sich nach der Niederlage gegen England berappeln. Mit Italien hat man einen Aufbaugegner, der auswärts dieses Jahre zwei Klassen schlechter als zuhause spielt. Die Franzosen sind mit der Niederlage gegen England noch locker umgegangen und haben es als verunglücktes Experiment angesehen, das nun mal passiert, wenn man als Trainer die Mannschaft umkrempelt.

Im Mittelpunkt waren damals die beiden blutjungen “Spielmacher” auf der Position #9 und #10 Parra und Trinh-Duc. Im Nachhinein wurde kritisiert, dass sie das Spiel der Franzosen zu paßlastig gemacht haben und zuwenig versucht haben per Kicks das Spiel in die englische Hälfte zu verlagern. François Trinh-Duc kann sich als #10 weiter bewähren, während Morgan Parra bei der U20 Zeit zum Reifen bekommt. Trinh-Duc wird in seinem dritten Spiel den dritten Partner an die Seite bekommen: #9 Dimitri Yachvili. Was nicht heißt das Trainer Lievremont sein Verjüngungprogramm eingestellt hat: mit #13 David wird auf einer der Außenpositionen ein 19jähriger ebenso seinen Nationalmannschaftseinstand geben wie #1 Barcella (24 Jahre) und #6 Diarra (24 Jahre). Acht Spieler der 15köpfigen Aufstellung werden jünger als 25 Jahre sein.

Die französische Mannschaft ist einfach interessant anzuschauen, aber das Spiel gegen England hat erste Sollbruchstellen zwischen Lievremont und den Medien aufgezeigt. Lievremont braucht Siege um die Medien still zu halten. Noch sind es nur sehr kühle, rationale Analysen die Trinh-Duc vorwerfen, dass er kaum kickt und alles mit dem Pass versucht. Oder die es Lievremont anlasten zuviele junge Spiele ins Feuer zu werfen und einen Trinh-Duc mit drei bzw. vier Einsätzen auf der essentiellen Spielmacher-Position zu überspielen. Lievremont musste sich unter der Woche die Frage gefallen lassen, warum Trinh-Duc in der Nationalmannschaft eindimensionaler spielt als bei seinem Verein Montpellier. “Jugend forscht” geht am Sonntag um 16h weiter (BBC Two und BÄH).

Auf der Boohay-Skala ist Schottland – England DAS Spiel vom Wochenende (Sa 16h15, BBC One und BÄH). Weniger weil es sich um das Aufeinandertreffen von zwei Granaten handelt – Schottland prügelt sich mit dem ebenfalls sieglosen Italien um den letzten Platz. Aber es ist Schottland gegen England. Es ist “Braveheart revisited”. Anscheinend klinkt sich BBC One Scotland aus dem Hauptprogramm (Irland–Wales) aus, um zwei Stunden lang Vorberichterstattung zu bringen.

Den Engländern ist die Überhöhung durch den historischen Background relativ wumpe. Nicht wumpe ist es ihnen dagegen, dass sie dank ihrer exzellenten Abwehrleistung und guten Kicks von Wilkinson eine Chance haben die Six Nations dieses Jahr zu gewinnen. Dafür bräuchte es Siege gegen Schottland und Irland. Die eigentlichen Schlagzeilen schrieb gestern aber Danny Cipriani, ein puschelig aussehendes Brad-Pitt-Surrogat, ein 20jähriger Spieler der von den Medien seit geraumer Zeit als das nächste große Ding gefeiert wird und von Trainer Brian Ashton nun erstmals nominiert wurde… um dann gestern hochkant aus der Mannschaft zu fliegen, weil er in der Nacht von Mittwoch auf Donerstag in einem Nachtklub “durchgefeiert” hat und Handy-Photos vom nächtlichen Verlassen des Klubs gestern sehr schnell die Runde machten.

Die Strafaktion von Ashton ist nicht unumstritten. Cipriani war angeblich nur kurz im Klub um Kumpels einige Tickets für das Spiel zu geben. Sogar sein Trainer bei den London Wasps Shaun Edwards entschuldigte Cipriani, da er unter seinen Fuchteln eine längere Leine als die von Ashton gewohnt sei. Edwards erklärte sogar, dass er Ciprianis nächtlichen Ausflug befürwortet. Cipriani habe nichts getrunken, im Gegensatz zum letzten Dezember auch keine Transsexuelle unwissentlich angebaggert und am letzten Tag vor dem Trainingslager bei der Nationalmannschaft habe er sich ablenken wollen.

Das Entsetzen in der Medienlandschaft über den Rausschmiss ist groß, da Nationaltrainer Brian Ashton nicht gerade als Reformer gilt und mit Cipriani eine Chance zur Erneuerung des Kaders nun erstmal auf Eis gelegt worden ist.

An diesem Spieltag der vierte Spieltag der Six Nations.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp