Screensport am Mittwoch: Feuerhand
Sorry für die Verspätung, aber das war ein mehr als schräger Vormittag. Keine Stunde verging in der ich nicht irgendein langes Telefonat reinbekam. Ich schätze dass ich an diesen Text seit halb elf rumnuckle und in der Zwischenzeit knapp zwei Stunden am Telefon hing. Inzwischen habe ich mit einer Axt das Telefonkabel gekappt und das Handy ausgeschaltet.
Thema in den Kommentaren gestern waren vorallem die Spekulationen rund um eine Wiener Blutbank und möglichen Sportlern die über dieses Labor Blutdoping betrieben haben sollen. Als Namen wurden einige Radsportler wie Rasmussen, Totschnig, Boogerd und Menchov gehandelt, die zum Teil inzwischen dementiert haben. Die eigentliche Bombe steckt in den Angaben der ARD:
Wie die ARD weiter erfuhr, sollen mindestens 30 Sportler die Dienste der Blutbank in Wien in Anspruch genommen haben. Rund zwei Drittel der Athleten stammten demnach aus Deutschland. Es handele sich um Sportler aus den Bereichen Biathlon und Skilanglauf, die zumindest zum Teil zur Weltspitze gehören.
Quelle der gestrigen Meldung sind wohl Recherchen der ARD-Dopingredaktion (deren Existenz amn an dieser Stelle nochmal loben sollte). In einem Radio-Interview äußert sich Hajo Seppelt extrem vorsichtig und betont, dass nicht zwangsweise aktuelle deutsche Wintersportler darin involviert sind oder der Verband so etwas angeleiert hätte. Sportlerdementis schlagen jedenfalls inzwischen im Stundentakt auf und Trainer die ihre “Hand ins Feuer” für die Sportler legen wollen, sind Legion.
Bereits vor einer Woche wurden die ersten Ausläufer dieser Geschichte von Thomas Kistner in der Süddeutschen publiziert.
Sollte es zum worst case kommen, erwischt es eine in Deutschland derzeit noch populärere Sportart als Radsport und alle dürfen einmal mehr ihre Rolle im Medienzirkus hinterfragen. Noch spannenderer ist aber vielleicht die derzeitige Phase, wo niemand weiß was dran ist und wer mit drin steckt. Zu früh um sich öffentlich in die Rolle “Journalist/Funktionär als Opfer” zu werfen (“wir haben ja nicht geahnt, dass die Athleten…“), aber eigentlich bereits der Zeitpunkt wo man über latente Verdachtsmomente sprechen muss. Nicht nur bei Russen, Kirgisen oder sonstigen Wintersportler aus den hintersten Ecken des Ostens. Nicht nur bei offensichtlichen Freaks wie Johann Mühlegg, die eine einfache Zielscheibe bieten. Sondern über “unsere Jungs und Mädels”. Ob es die Möglichkeiten gibt sowas ausschließlich individuell zu betreiben, wie etwaige Kontakte zustande kommen könnten und was man dagegen machen kann.
Doping, die zweite:
Die französische Qualitätszeitung “Le Monde” wurde gestern von einem Gericht in Barcelona wegen Verunglimpfung dazu verknackt 300.000 EUR Schadensersatz an den FC Barcelona zu zahlen und den vollen Wortlaut des Urteils in der eigenen Zeitung, auf der eigenen Website sowie in zwei katalanischen Tageszeitungen zu publizieren (lange Version: AFP, kurze Version: L’Équipe).
Dabei ging es um einen Kollateralschaden der Affäre Puerto. Der Le Monde-Journalist Stéphane Mandard schrieb am 8.12.2006 einen Artikel der dem FC Barcelona Doping unterstellte und eine Verbindung zwischen Dr. Fuentes und dem katalanischen Klub zog (sowie zwischen Fuentes und Real Madrid, Valencia und Betis Sevilla). Mandard will Zugang zu geheimen Unterlagen von Fuentes über die Vorbereitungen von Barça und Real für die Saison 2005/06 gehabt haben.
Fuentes bestritt solche Unterlagen gehabt und bearbeitet zu haben und bestritt jedwede Verbindung zu den Vereinen.
Die Le Monde wird in die Berufung gehen und Mandard hat einen dicken Hals: “Das Gericht hat überhaupt nicht die Ergebnisse der Recherche berücksichtigt […] Ich bin mir mehr denn je von dem überzeigt, was ich geschrieben habe […] ich hoffe dass die spanische Justiz den Mut hat, die Wahrheit ans Licht zu bringen“.
Die Chancen sind wohl nicht sehr groß. Die Affäre Puerto liegt seit letztem Sommer bei der spanischen Justiz auf Eis. Es gibt Beschuldigungen, dass die spanische Justiz die Dokumente um einige Namen bereinigt hat. Im letzten Juni hat Jörg Jaksche im Interview mit dem SPIEGEL ähnliches angedeutet:
SPIEGEL: Hat es Sie überrascht, wer alles auf der Liste steht?
Jaksche: Ja. Aber noch mehr hat mich überrascht, wer alles nicht draufsteht – bei all dem Wissen, das jetzt bekannt ist. Es gibt auch unterschiedliche Versionen dieser Liste, plötzlich fehlten Namen. Da hat es eine Selektion gegeben. Am Ende standen fast nur die Fahrer aus meinem Team Liberty Seguros drauf und ein paar große wie Ullrich oder Basso.
Vorschau auf Mittwoch, 16.1.2008
9h30 NHL: Toronto Maple Leafs – Carolina Hurricanes, NASN Tape
Whl: 19h
15h00 Volleyball, Olympia-Quali/F: Kroatien – Russland, EUROSPORT live
17h30 Volleyball, Olympia-Quali/F: Polen – Deutschland, EUROSPORT live
19h00 Fußball: Teneriffa – 1860 München, TV Canaria live
20h00 Volleyball, Olympia-Quali/F: Rumänien – Serbien, EUROSPORT 2 live
20h00 Fußball: Marokko – Angola, TVM live
(Lt. Angaben von liveonsat. TVM hat es nicht bei sich auf der Website)
20h15 Handball, WM-Quali: Österreich – Ukraine, ORFsport+/TW1 live
21h05 FAcup: Manchester City – West Ham, Wiederholungsspiel, BBC One live
0h20 – 0h50 Match of the Day Wales: FACup, BBC2W
Wiederholungsspiel Havant & Waterlooville – Swansea sowie aus dem walisischen Premier Cup.
1h00 – 14h15 Tennis, Australian Open, Tag 3, EUROSPORT live
2h30 NHL: Minnesota Wild – Calgary Flames, NASN live
Whl: Do 21h
Vorschau auf Donnerstag
10h30 College Basketball, ACC: Florida State Seminoles – Duke Blue Devils, NASN Tape
12h30 College Basketball, ACC: Georgia Tech Yellow Jackets – North Carolina Tar Heels, NASN Tape
14h15 Biathlon: 7,5km/F aus Antholz, ARD + EURSPORT live
15h00 Volleyball, Olympia-Quali/F: Türkei – Niederlande, EUROSPORT 2 live
17h00 Handball-EM: Deutschland – Weißrussland, ZDF live
18h15 Volleyball, Olympia-Quali/F: Serbien – Kroatien, EUROSPORT live
20h00 Volleyball, Olympia-Quali/F: Rumänien – Russland, EUROSPORT 2 live
1h00 – 14h15 Tennis, Australian Open, Tag 3, EUROSPORT live
1h00 College Basketball, SEC: Tennessee Vols – Vanderbolt Commodores, NASN live
3h00 College Basketball: Minnesota Golden Gophers – Indiana Hoosiers, NASN live
Reaktionen
Danke für den Link zum Interview. Hört sich ja schon recht interessant an und ich bin schon sehr gespannt darauf wie das Fernsehen am Wochenende bei den Weltcups mit der ganzen Sache umgeht. Sowohl bei ARD (überträgt am Wochenende) als auch bei Eurosport sind ja ehemalige Profis als Experten dabei. Mal sehen was diese zu der ganzen Angelegenheit sagen, abgesehen von den wohl sicheren Unschuldsbekenntnissen.
In diesem Artikel http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,528935,00.html rudert die ARD aber schon wieder zurueck:
Ich schreibs ja ungern und werde mich gleich in die Schämecke verdrücken:
Ganz großes Tennis grade beim Volleyball!
Mieses Tennis, ganz mies!
Ich kann mich erz nur anschließen. Den 4. Satz hat der Schiri entschieden…
Trotzdem bin ich der Meinung, dass man im 5. nicht so auseinderfallen darf. Nun müssen sie gegen Oranje gewinnen, was alles andere als leicht wird.
Es war ja nicht nur der Schiri mies. Hochklassiges Damenvolleyball sieht mal ganz anders aus. Von beiden Seiten war ich so was von überhaupt nicht beeindruckt – allerdings habe ich leider die ersten Sätze verpasst, weil ich selbst noch Training geben musste, also kann ich kein wirklich fundiertes Statement zum Spiel abgeben.
Jo erz da kann ich dir nur zustimmen. Das Niveau ist bei diesem Turnier echt mies. Ich sehe einige Damenbundesligaspiele im Jahr und da ist das Niveau teilweise besser.
Der 5. Satz war nicht auszuhalten, da hätten sie mehr drauß machen müssen, Blocken z.B….
Extrem fand ich auch, wie die Kommentatoren auf den Schiedsrichter eingeschlagen haben. Zwar durchaus zu Recht, aber im Fußball kann ich mich nicht erinnern das schon mal so erlebt zu haben.
Für den Moment hängt Hajo Seppelt ganz schön aus dem Fenster. Feuert Gerüchte ab, dass 20 deutsche Langläufer/Biathleten, teilweise aus der Weltelite, blutdopen. Dann ist es kein organisiertes Dopen mehr, dann sind es vermutlich keine Aktiven mehr, dann ist es Ostblockmafia die ihm verbietet Namen zu nennen. Mafia ist wohl der Joker wenn es nicht weiter geht.
Szenario 1: Seppelt weiß wirklich was und hofft, dass via seiner Gerüchtestreuung das Fleisch von woanders her kommt, weil die Dinge nunmal in Gang gebracht wurden.
Szenario2: Dopingjournalismus ist eine eigene Rubrik geworden, welche unter Erfolgsdruck steht und Schlagzeilen liefern muss. Da nimmt man als Journalist dankbar mit was kommt. Und wenn dreimal Leute mit russischem Akzent anrufen, ist eine Nachricht sicher.
Ad 1: Es ist nicht nur eine Story der ARD. Steht dick und fett weiter oben: Thomas Kistner hat darüber vor einer Woche berichtet, u.a. “Denn die Wiener Blutspuren führen ins Ausland. Offenbar auch nach Deutschland.” (Wie übrigens auch österreichische Zeitungen)
Ad 2: Es wird zwar der Name Hajo Seppelt permanent erwähnt, aber die ARD-Dopingredaktion besteht aus noch mehr Leuten. Ich weiß nicht welcher Bericht wo was ausgelöst hat, aber die ARD würde normalerweise bei Recherchen eines einzelnen Mitarbeiters diesen auch explizit namentlich erwähnen. Ich sehe aber in den ARD-Texten nur die gesamte Doping-Redaktion erwähnt
Ad 3: Ich kenne den Bericht nicht, der das alles losgetreten hat. Sollte es sich um diesen (Link) handeln, sehe ich die Formulierungen nicht für so eindeutig wie hier getan wird.
Die Verbindung “20 Deutsche aus Biathlon, Langlauf und teilweise Weltspitze” gibt die Formulierung nicht her. Es kann sich auch auf den Satz davor und die 30 Sportler gemünzt sein.
Ad 4: Aufgrund der Verbindung des Labors zu den Vorkommnissen rund um die österreichischen Wintersportler bei Turin 2006 braucht niemand explizit das Wort “Wintersportler” in den Mund um zu ahnen, dass wenn im Labor was unkoscheres läuft, der Wintersport nicht weit weg ist.
Ad 5: wo geht, wurden Namen genannt, z.B. beim Radsport.
Ad 6: Das Labor steht nicht nur aufgrund ARD-Recherchen im Mittelpunkt. Vielmehr sind es verschiedene Institutionen wie die WADA und ÖSV die seit Monaten das Labor sogar von Privatdetektiven beschatten lassen. Die SZ vermutet, dass der ÖSV die Gerüchte losgetreten hat.
Ad 7: Bei den Informationen über diesen Fall, darf man einen fehler nicht machen: sich auf das Material aus dritter oder Vierter Hand vertrauen, sprich das nachplappern, was die BILD und Konsorten von den Quellen abschreiben. Dann entstehen solche Verkürzungen wie:
Kann mir jemand sagen, wo die ARD berichtet hätte, dass *aktuelle* deutsche Nationalmannschaftsmitglieder betroffen sind? Man muss nicht alles nachplappern was in den Spatzenhirnen der BILD vor sich geht.
Volleyball: klar war das kein hochklassiges Spiel, aber für mich als neutralen Zuschauer (der zu schnelle Spiele eh nicht mag) war es vom Unterhaltungsfaktor nett anzuschauen.
@McP: Szenario2b: Man wollte herausstellen daß auch die eigenen Leute was recherchiert haben und nicht nach 2 Wochen so ausehen als hätte man nur die SZ gelesen.
@dogfood:
re Ad3: ist es nicht relativ egal ob nun “2/3 von 30 sind deutsche Wintersporler aus B&L” oder “2/3 der 30 Wintersporler aus den Bereichen B&L sind deutsche”?
Zu deinem letzten Punkt: das habe ich reininterpretiert ohne die verdächtigen Zeitungen zu lesen. Grund: Ich ginge davon aus daß man die Namen kennt – und zurückgetretene Athleten “problemlos” outen kann (eh verjährt)
Nach dem Interview kann man ja nur noch sagen, daß Seppelt das nicht ausschließt; nimmt man seine ursprüngliche Formulierung dazu steht auf der Liste die er hat garkeiner drauf.
Geht man aber davon aus, daß Eigenblutdoping erst nach EPO-Nachweis (2000?) groß rauskam fällt es noch immer schwer, die >17 Leute zu finden die in diesen 4 Sportarten nicht mehr aktiv sind. Mir zumindest ;)
Und wer dann auch noch den IBU-Vorstoß in die Überlegung mit reinnimmt glaubt eh nicht mehr, daß dort NICHT gedopt wird…
Passt zwar nicht zum Thema aber nur zur INFO: So ganz aus der Welt ist die Meldung die FOCUS berichtet von der Umstellung des Verschlüsselungssystem von Premiere nicht. Denn schaut man auf der Homepage von NDS nach
http://www.nds.com/customers/customers.html sieht man das Premiere NDS Partner ist. Und eines kann man sagen wenn Rupert Murdoch bei Premiere das Sagen hat dann wird der Wechsel über kurz oder lange kommen.
Für den Moment sehe ich die ARD-Dopingredaktion und die BILD bei diesem Thema auf Augenhöhe, bzw. darunter, weit darunter. Zwei Tage nach den diffusen Andeutungen bleiben nur diffuse Andeutungen. Mir ist schon klar, dass es Doping-Junkies gibt (Hallo Herr Franke), für die eh jeder Sport verseucht ist und deshalb muss auch nahezu jeder deutsche Sportler ein Dopingmonster sein.
Aber mal ehrlich, was wollte uns die ARD jetzt sagen? Anscheinend haben sie ja Namen. Gestern war davon die Rede, dass sie den Labor-Chef mit diesen Namen konfrontiert hätten. Er kannte die Namen nicht mal. Muss nicht viel heißen, aber nach Weltspitze hört sich das nicht an. Egal.
Wenn die ARD etwas anderes meint, als 20 deutsche Sportler aus Langlauf und Biathlon betreiben Blutdoping und sind teilweise Weltspitze, dann sollten sie ihre Sensation etwas anders in die Welt blasen.
Stand heute haben wir nichts außer Gerüchte und Schuld ist die russische Mafia. Meinetwegen, aber was sollte dann der Bericht? Wollte man nur dabei sein am Gerüchtemachen aka Bildniveau oder will man etwas anschieben (siehe Szenarien)?
Semantisch gesehen, enthält der Artikel 3 Aussagen.
– 30 Sportler
– 2/3 aus Deutschland.
– Aus Biathlon und Langlauf sind Spitzenathleten bei.
Ob und wie diese drei Aussagen miteinander verknüpft werden, liegt im Auge des Betrachters oder vielleicht in den Händen eines unglücklichen Online-Redakteurs-Praktikanten. Es liegt nahe dies schnell so zu interpretieren: “30 deutsche Biathleten und Langläufer”. Aber wenn man sich ansieht was sonst noch so in Onlineredaktionen passiert, bin ich mit voreiligen Schlußfolgerungen vorsichtig.
Mir geht es nicht darum zu sagen “Biathleten haben nicht gedopt”. Ich sehe nur einfach nicht, dass sich die ARD/Hajo Seppelt widersprochen haben oder nun zurückrudern.
Gestern wurde in den Medien ein Riesenfaß mit teilweise unsauberen Formulierungen gemacht und heute würgt man es Seppelt/der ARD auf Basis dieser unsauberen Formulierungen wieder rein.
@McP: Hast du heute Leseschwierigkeiten? Stürzt dein Browser beim Betreten von sueddeutsche.de ab, oder warum liest du die Links nicht durch?
Diffuse Andeutungen? Nicht nur. Siehe die genannten Radfahrernamen.
Der Laborchef kannte die Namen nicht? So what. Lies dir die Artikel auf sueddeutsche.de durch. Der Laborchef sagte letzten Freitag gegenüber der SZ dass sie keine Gerätschaften hätten um das Blut anzureichern. Gestern musste er auf Nachfrage der SZ diese Behauptung widerufen. Das Labor hat doch die entsprechenden Zentrifugen et al.
Warum sollte die ARD etwas anschieben? Die Story ist seit einer Woche draußen. Ohne ARD. Es ist nur keiner auf die entsprechenden Artikel in der SZ und den österreichischen Medien eingestiegen. Dass die ARD zum Anschub darauf eingestiegen ist, halte ich für extrem spekulativ, denn warum sollte man im Vorfeld glauben, dass ein Bericht der ARD-Dopingredaktion mehr ausrichtet, als ein Bericht der zweitgrößten deutschen Abonnementszeitung?
Wenn die Perle der Sportredaktion, die Qualitätsjournalisten (ernstgemeint!) aus der (Anti?)-Dopingredaktion [welcher Anstalt sind die eigentlich angegliedert?] einen Bericht ins Web blasen, der nicht gegengelesen wird, die Tagesschau sowie diverse ARD-Radiosender das nachplappern – und keiner aus der Redaktion die Bremse zieht… dann braucht sich keiner über Würgekost beklagen.
Zu deiner “Satzpflückerei”: der dritte Punkt wäre gar “auch Athleten aus Biathlon und Langlauf, darunter auch Spitzenathleten”. (Hier dann btw auch der Präsens – nix “gehörten”).
Aber warum zählt man nur diese beiden Gruppen auf? Kann man die Athleten sonst nicht zuordnen? Wollte man die Bombe medienwirksamer gestalten?
“gesichert” wär dann immerhin die schwammige Zahl von “knapp 2/3 von 30” DE-Athleten. Nur falls die Liste irgendwann kürzer ist. Solls ja geben. :-|
Also Kistner zitiert mittlerweile die ARD. Da ist nicht viel eigenes. Am Ende des Tages bleibt bis jetzt nur, dass es da ein Labor gibt, welches unter Beobachtung steht. Das war auch schon der Stand vor Kistner und vor ARD. Kistner brachte “Spuren nach Deutschland” hinein und die ARD brachte die 2/3 Zahl hinein. Die Ermittler haben bisher keine Namenlisten, kein Blutbeutel oder ähnliches.
Nicht falsch verstehen, das Labor hängt meiner Meinung nach knietief drin. Und vielleicht sind auch Deutsche betroffen, wahrscheinlich sogar. Beweise habe ich natürlich auch nicht. Sehen wir mal über alle Verlautbarungen der ARD hinweg, weil da ja der Praktikant für verantwortlich ist. Nur mit welcher Nachricht ist jetzt die Dopingredaktion eigentlich unterwegs? Mit der Russenmafia die auf irgendeine Weise verhindert, dass die ARD die Namen der deutschen Sportler nennt.
Egal was man semantisch alles aus einem Satz rausholen kann, alle deutschen Biathleten und Langläufer stehen jetzt unter Generalverdacht, weil die erste Botschaft war, hier würde flächendeckend bei aktuellen, in der Weltspitze befindlichen Sportlern gedopt. Heute hat das Seppelt entweder richtig gestellt oder ist zurück gerudert, wie man will. Aber die Botschaft wird so transportiert und wird auch haften. Mittlerweile werden ja auch die Üblichen Dopingexperten mit den “Das überrascht mich nicht” Statements zitiert, als ob hier schon Fakten vorliegen würden.
Meine Meinung ist, entweder kommt da jetzt was Gehaltvolles oder das war nur eine sensationsgeile Egomasche einer Dopingredaktion. Man kann doch nicht von Mafia reden, wenn es um 30 Sportler geht. Wie realistisch ist das denn? Die russische und ukrainische Mafia verdient ihr Geld damit, dass 20 deutsche Sportler und 10 andere dopen, wobei es sich laut Seppelt bei den 20 Deutschen vermutlich um Ehemalige handelt.
Also wenn die ARD eine Pressemitteilung herausgibt, noch dazu in einer so heiklen Angelegenheit, dann schreibt das nicht der Praktikant, sondern so was segnet mindestens der Redaktionsleiter ab. Und ein Journalist, der ja gelernt haben sollte, mit Sprache umzugehen, weiß sehr genau, dass Leser in diesem Kontext bei zwei direkt aufeinander folgenden Sätzen unweigerlich einen kausalen Zusammenhang herstellen. Also ist das entweder schlampiges Handwerk oder bewusst so gemacht. Beides ist schlimm.
Auch hat aus der ARD niemand widersprochen, als der Sportinformationsdienst am Dienstag als einer der ersten schrieb:
Entweder liefert die Dopingredaktion ganz schnell Namen nach oder die Verantwortlichen beim WDR, der für die Dopingredaktion zuständig ist, sollten mit ihren Redakteuren mal ein mehr als ernstes Wörtchen reden.
Will ja nicht mutmaßen, aber die Klage des DSV gegen ARD-Redakteure zeigt eine Festungsmentalität, die eher böse Journalisten als betrügende Sportler als Feinde sieht. Siehe hier
http://www.sueddeutsche.de/sport/weitere/artikel/273/152884/?recommended=1
Skilanglauf-Bundestrainer Jochen Behle begrüsste die Klage: “Das ist sehr gut. Mit diesem unbewiesenen Generalverdacht macht man ansonsten den Verband, die Athleten und den ganzen Sport kaputt.”
Dopingausstiegsklauseln im hochdotierten Vertrag mit der ARD akzeptieren und beim ersten Bericht sofort klagen. Da versteht jemand die Unschuldsvermutung nicht. Mit der Logik dürfte über solche Fälle erst nach rechtskräftigem Urteil mit anschließendem Berufungsverfahren vor Sportgerichten und ordentlichen Gerichten berichtet werden, also so ungefähr 3-5 Jahre später.
Und was die Häme gegen den ‘Doping-Junkie’ Franke in einem der obigen Kommentare angeht. Bei allem sicherlich bisweilen grenzwertigen öffentlichen Auftreten Frankes: Seine jahrelange ‘fringe’-Position bez. der deutschen, allseits geliebten und verehrten Radsportelite wurde ja wohl im nachhinein als die der Wahrheit am nächsten kommende bestätigt.
Jochen Behle ist schon bei der “Causa Sachenbacher” unangenehm als jemand aufgefallen, der Verdachtsmomente gegen eigene Athleten eher als persönliche Beleidigung empfindet. Einen sachlichen Umgang mit der Thematik konnte ich bei ihm nicht feststellen (ohne ein besonderes Interesse für den Langlauf zu haben: gab es nicht auch einen Verdacht samt Schutzsperre gegen Jens Filbrich? UND war der deutsche Langlaufsport nicht vor wenigen Jahren noch am Boden?). Auch beim Biathlon werden von den Reportern offen Verdächtigungen gegen die russischen Athleten ausgesprochen, man müsse sich fragen dürfen, weshalb der ein oder andere plötzlich so schnell laufe, wo er doch Zeit seiner Karriere eher lahm war… Die Frage darf man auch auf das DSV Team anwenden.
Seit die ÖR Geld in Biathlon/Langlauf stecken ist der Sport auch für die Athleten fiknanziell attraktiv. Und prädestiniert für Doping ist er allemal.
Ach, wer auf der Suche nach nicht mehr aktiven Athleten ist. Die Datenbanken sind erstaunlich weitreichend: FIS bzw IBU. Viel Spaß ;)
Und da allgemeines Interesse besteht und ich oben zweifelte, auf 17 Athleten zu kommen: Olympiateilnehmer 1998-2006 die nicht mehr aktiv sind:
Bf: Disl, Zellner, Behle, Beer, Apel
Bm: Gross, Sendel, Fischer, Wüstenfeld, Heymann, Luck
Lf: Blum, Reschwamm-Schulze, Wille, Honegger
Lm: Rein, Behle, (Muehlegg), Schlütter, Schlickenrieder
Okay, macht 19 ;-)
“(…) alle deutschen Biathleten und Langläufer stehen jetzt unter Generalverdacht, weil (…)”
Nun, warum auch immer, aber da scheint mir kein Schaden entstanden zu sein. Oder war das vorher etwa anders?
http://tinyurl.com/2xavw8
Audio-Beitrag vom dfl, der die Informationen rund um die Blutbank gut zusammenfasst.