Einen Tag nach der Fahnflucht: Petrino, der unbeliebteste Mann Atlantas

Junge, Junge, Junge, ich höre gerade die Kommentare in PTI und auf NFL Total Access über den Abgang von Bobby Petrino als Headcoach der Falcons mitten in der Saison.

Sie sind alle, durch die Bank weg angepisst. Adam Schefter, Deion Sanders, Steve Mariucci raubt es die Worte. Zum einen durch die bodenlose Dreistheit abrupt, ohne Vorwarnung mitten in der Saison, drei Spieltage vor Schluß, sich zu verabschieden. Sich grußlos von der Mannschaft zu verabschieden – Petrino verabschiedete sich nicht persönlich, sondern legte einen Brief in der Spielerkabine aus. Und sich Stunden später bei den Arkansas Razorbacks feiern zu lassen.Während Journalisten seit Wochen offen spekulierten, dass Petrino nach der Saison gehen wird, bekam Teambesitzer Arthur Blank noch Stunden vor dem Monday Night Game Treueschwüre frei Haus.

Das NFL Network zeigte einen von Petrino zu Saisonbeginn verfassten Aushang in der Mannschaftskabine der Falcons, der einige Regeln aufstellte. Als letzte Regel, in großen Lettern: “FINISH – You have to finish”.

Die Spieler, die unter der Hand mit Journalisten anscheinend recht offen darüber sprachen, dass sie Petrinos unpersönlichen Stil nicht mochten, laufen nun natürlich mit dem Messer in der Hand rum. Und wenn selbst ein sonst so besonnener Warrick Dunn sagt “I’m mad” …

Nach Bobby Petrino und Nick Saban dürfte das Standing für Headcoaches aus dem College-Bereich in der NFL derzeit nicht gerade groß sein.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Man muss es sich echt mal genau reinziehen. Was ist das für ein Mann, der noch 3 Spiele zu spielen hat in einer verseuchten Season, für die er “nichts kann”!? Er hat kein Standing in der Mannschaft, aber der Owner steht hinter ihm, alle hoffen auf die neue Saison/Offseason und halten still. NUR NOCH 3 (in Worten DREI) Spiele zu spielen, 3 Wochen zu coachen, sich irgendwie rumlamentieren und dann einen geordneten Rückzug zu machen – das schafft er nicht. Da wäre ich aber auch “mad” und fühlte mich “abused”.

    Ich kenne mich nicht im College FB so genau aus, aber die Razorbacks haben ihre Saison bereits beendet, und die nächste startet wann? In 7-8 Monaten? Da sind diese 3 (in Worten DREI) Wochen entscheidend?

    Kaum zu fassen.
    Treibt in durch die Straßen von Atlanta und Matlock darf eine Horde Menschen in einem/hunderten Mordprozess/en verteidigen.

  3. Die Razorbacks spielen noch ein Bowl-Spiel (ich glaub Cotton-Bowl), werden aber von einem Interims-Coach trainiert. Petrino wird erst später anfangen.

    Ja, die drei Wochen sind extrem übel. Ein bißchen erklärbar. Die Razorbacks brauchten eine Unterschrift, denn der Markt für profilierte Trainer wird aktuell immer kleiner. Es wäre unwahrscheinlich gewesen, die Sache noch drei weitere Wochen geheimzuhalten.

    Aber auf persönlicher Ebene ist es indiskutabel seit zwei Wochen mit Arkansas in Gesprächen zu sein und den Teambesitzer noch am Montag nachmittag derart ins Messer reinrennen zu lassen.

  4. Ganz böse Story!
    Man muss vielleicht auch mal darauf hinweisen, dass es absolut unüblich in der NFL ist einen coach während der Saison zu feuern. das passiert nur selten, meist spielt man die Saison zuende und trennt sich dann.
    Es ist also schon mal grundsätzlich schlechter Stil von Petrino.
    Aber seinen Boss auch noch so auflaufen zu lassen gaht ja gar nicht.
    Der erzählt während des Monday Night Games fröhlich, dass man weiter mit Petrino plane und kaum ist das spiel abgepfiffen ist der Coach weg(und diesmal nicht ala Bundesliga gefeuert sondern ab zur Party mit den Hupfdolen der Razorbacks).
    Da hat einer viel verbrannte Erde hinterlassen. Selbst Hall, ein ausgemachter Gegner Petrinos, gab in Interviews zum besten, dass sich das Verhältnis zwischen Coach und Spielern verbessert hatte.
    Ich würde enrasen recht geben, dass sich der Gute besser in nächster Zeit nicht in Atlanta blicken lassen sollte.
    Auf der anderen Seite gibt er Atlanta 3 Wochen mehr Zeit sich um einen Nachfolger zu kümmern. Er hat, auch wenn er mit Vick rechnete, keine Bäume ausgerissen diese Saison. Die Verpflichtung von Leftwich zum Beispiel war ein totaler Reinfall. Er hat es nicht geschafft mit Norwood und Dunn ein Laufspiel zu etablieren, was Druck vom QB genommen hätte. Die Defense die mit Hall und Abraham über echte Stars verfügt spielte auch nur ab und an gut.
    Alles in allem sollte man in Atlanta nicht trauern und nun den Richtigen suchen.
    Für Petrino hingegen dürfte sich die Zahl potentieller Arbeitgeber um 32 verringert haben.

  5. Auf der anderen Seite gibt er Atlanta 3 Wochen mehr Zeit sich um einen Nachfolger zu kümmern.

    Größtenteils nein. Atlanta darf vor Ende der Saison (bzw. Playoff-Ausscheiden) keine Coaches von anderen NFL-Teams ansprechen*.

    Also mit Cowher könnten sie jetzt reden, für Mike Singletary (der wie Faust aufs Auge auf das gesuchte Profil zu passen scheint) müssten sie noch 3-4 Wochen warten.

    * Das Verhalten von Arkansas könnte auch zu Folge haben, dass die NFL sich mal die NCAA vorknöpfen wird und abspricht, dass auch die Colleges bis Saisonende sich von Coaches fernzuhalten haben

  6. Es ist wohl doch nicht so ganz schwarz-weiß wie hier dargestellt.
    Petrino hat bei seinem Start in Atlanta die Baustelle Vick richtig erkannt (daß da was passieren würde war ja schon damals abzusehen, wenn auch noch nicht mit aller Härte, die dann kam). Also soll Petrino nach Alternativen für eine Offense ohne Vick gesucht haben. Worauf ihm der Owner Blank voll auf die Fingerchen geklopft hat, und auch Vick hat heftigst am Image des Coachs gesägt. Damit war das Klima von Anfang an vergiftet, zumal Vick auch seine Mannschaftskollegen gegen Petrino eingestellt haben soll.
    Solche persönlichen Verärgerungen nehmen dann schnell eine dramatisch Eigendynamik an. Petrino soll sich nur noch von Feinden umgeben gesehen haben, auch in Richtung Blank.
    Daß Petrino nichts gerissen hat, würde ich ihm nicht in die Schuhe schieben, man hat zu lange auf Vick gebaut (der Schaub-Verkauf war dämlich), und dann war die Offense kaum noch sinnvoll umzustellen. Und an QBs war auch nicht die Masse in Qualität vorhanden. Also klug reden kann jeder, ich sehe wenig Dinge, die Petrino hätte anders tun können.
    Daß er sich mit dieser Art Abgang drei Wochen vor Saisonende keinen Gefallen tut, ist auch Petrino sicher klar. Nach allem, was man hört, hat Arkansas aber enormen Druck gemacht, weil man das Problem gelöst haben wollte. Wenn er nach Arkansas und von Atlanta weg wollte, hatte er wohl nicht mehr Zeit. Geschadet hat es Petrino auf jeden Fall.
    Die fiese Art, wie er verschwunden ist, kann ich nur mit den offenbar viel schlimmeren Ärgernissen bei Atlanta als publik geworden ist erklären. Da hatte ein Mann die Schnauze gestrichen voll.

  7. Man könnte aber bei den 49ers um Erlaubnis fragen, und da deren Saison genauso vorbei ist, wie die der Falcons sehe ich keinen Grund, ausser die 49ers wollen Singletary sdelbst als HC, warum sie das verweigern sollten.
    Ich sehe aber nicht was gegen Cowher sprechen würde, wenn der überhaupt Interesse hat. In der jetzigen Situation braucht man vielleicht einen erfahrenen Headcoach der nicht noch on the Job training benötigt. Man hat schon eine saison verschenkt und kann sich keinen weiteren Fehlgriff auf der Trainerposition leisten.
    Und bei Cowher weiß man was man kriegt.

  8. ach und Cowher hatte in Pittsburgh lange zeit auch keinen guten QB und ist trotzdem regelmäßig in die Playoffs gekommen.

  9. Ich kenne Bill Cowher ausgesprochen gut. Klar wäre der aktuell wohl die beste Lösung für Atlanta. Nur ist Cowher klug. Es gab Gründe, warum er bei den Steelers ausgestiegen ist. An diesen Umständen hat sich meines Wissens nichts geändert. Und da soll er so einen Katastrophen-Job wie Atlanta übernehmen? Da sage ich: niemals. Er muß sich so was nicht mehr antun.

  10. Bei Cowher muss ich Freddy wiedersprechen: da weiß man ebensowenig wie bei Singletary was man bekommt. Cowher hat nur in einer extrem runden Umgebung funktioniert. Er hatte großartige Owner, die General Manager leisteten gute Arbeit. Das wird auch durch den sehr smoothen Übergang zu Timlin deutlich.

    Ich will Cowhers Arbeit nicht kleinreden und in der Endphase war bei den Steelers auch nicht alles Sonnenschein, aber er findet in Atlanta etwas komplett anderes vor. Wieviel ein Cowher ohne die Steelers-Umgebung wert ist, da würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen.

    Ich wäre eher für Singletary. Schwarz. Players Coach. Ein Magier fürs Herz (Woodson sprach in Total Access davon, wie er für das Network mal bei Singletarys Ansprachen zugeschaut hat und sich danach fast die Klamotten vom Leib gerissen hätte um bei Singletary mitspielen zu dürfen). Knackpunkt für mich wäre eher: ist ein GM Rich Kay in der Lage ein neues Team zusammenzubasteln? Nach dem Krach & Weggang in Tampa Bay mit Gruden scheint Kay nicht willens zu sein, zuviele Kompetenzen abgeben zu wollen und sein Wirken da dieses Jahr insbesondere in der Causa Schaub oder Plan B zu Vick nicht gut aus.

    Re: Petrino
    Richtig ist es dass die Falcons zu lange an Vick festhielten. Richtig ist es aber auch, dass Petrino abseits von Vick Vorkehrungen für einen Plan B hätte treffen können. Diese OL wäre allenfalls mit einem agilen Vick akzeptabel gewesen, aber nach einigen Verletzungen kam der Totalkollaps. Wie kann ein Laufspiel nur 5TDs produzieren?

    QB Leftwich war ein hanebüchener Fehlgriff. Durch beschissenes Timing hat er damit auch noch QB Harrington demontiert.

    Das es schnell eine Anti-Petrino-Stimmung innerhalb des Nukleus an Spieler gab, glaub ich gern. Die “Free Michael Vick”-Shirts u.a. von DeAngelo Hall zeugten von einer gewissen Weltfremdheit und Hirnlosigkeit. Aber es gibt in Atlanta zuviele Leute abseits dieses Kerns, die sich nun massivst gegen Petrino aussprechen. Und Petrino hat einen “Track Record” für häufige Arbeitsplatzwechsel.