AAFL … und sie machen es doch (Update)

[Update: Blogeintrag um Informationen aus einem Artikel des SportsBusinessJournal ergänzt]

Derzeit braucht man in den USA nur gegen einen Baum zu treten und dann fallen schon drei bis vier ambitionierte Projekte für eine (semi-)professionelle Footballliga runter. Ein Vorhaben an denen sich bislang alle außerhalb der NFL in den letzten 40 Jahren eine blutige Nase geholt haben. Zuletzt 2001 die XFL unter der Fuchtel der Wrestling-Größen WWE.

Im Sommer 2006 fiel dann die AAFLAll American Football League – vom Baum.

Das ambitionierte Vorhaben wurde zwischenzeitlich um ein Jahr verschoben, aber so wie es derzeit aussieht, meinen die es ernst mit einem Saisonstart im April oder Mai 2008.

Das Alleinstellungsmerkmal der AAFL ist eine enge Anbindung an die College Football-Teams. Großartige Idee. College Football ist eine ganz eigene Mischpoke im Vergleich zur NFL. Erdig. Back to the roots. Lokalpatriotismus.

Die AAFL versucht da anzudocken. Die Teams werden über identische Teamfarben verfügen. Der Spielplan mit 10 Spieltagen von April/Mai bis Juni ist just zu einem Zeitpunkt wo die Colleges nach College Football im Herbst/Winter und Basketball im Winter/Frühjahr, keine sportlichen Großereignisse haben. Der NFL geht man terminlich damit aus dem Weg.

Viele Personen aus den AAFL-Gremien kommen aus dem College-Sport-Verband NCAA. Die sechs Franchises (ursprünglich waren zum Start acht geplant) sind traditionsreiche Größen im College Football:

  • Florida
  • Tennessee
  • Alabama
  • Michigan
  • Texas
  • Arkansas

Die rekrutierten Spieler müssen alle über ein abgeschlossenes Studium und einem Abschluß verfügen (was auf den Ethos des College Sports anspielt, der aber mitunter mehr Fiktion als Realität ist). Es werden bevorzugt Spieler von “ihren” Colleges genommen. So wird Floridas QB Chris Leak an seine Uni zurückkehren. QB Eric Crouch – durch etliche Profiligen inkl. NFLE und CFL durchgerasselt – wird vermutlich nach Michigan zurückkehren.

Die Franchises sollen jeweils 5 Mio US$ als Anschubfinanzierung brauchen. Im 42-Mann-Roster sollen die Spieler überwiegend 5.000 US$ pro Spiel verdienen.

[Update]
Das “Andocken” an die Colleges geschieht mal mehr, mal weniger intensiv. Florida und Tennessee haben die Stadien der Colleges anmieten können (für Alabama und Arkansas greift man auf städtische Stadien zurück, in Detroit mietet man Ford Field an, Verhandlungen mit dem Rice Stadium in Houston sind im Gange).

Die Universität von Tennessee bekommt für die Miete 3 Mio US$/Jahr sowie die Einnahmen aus den Konzessionen für Verkäufe im Stadion und Parkplätzen. Die Uni erlaubt der AAFL die Verwendung des klassischen Orange der Volunteers. Florida bekommt 1 Mio US$/Jahr sowie 500.000 US$ zusätzlich, wenn die AAFL die Gators-Marching Band und -Cheerleaders einsetzen will. Der Einsatz der Maskottchen oder typischen Musikstücke ist nicht gestattet (bzw. “nicht im Preis inbegriffen”).

Die Stadien die den Gemeinden gehören, bekommen deutlich weniger Miete. Die Stadt Birmingham bekommt vom Team in Alabama 10% aller Ticketverkäufe aus den 5 Heimspielen (minimum 13.500 US$). In Little Rock zahlt Arkansas 20.000 US$ pro Saison und bekommt Anteil an den Einnahmen aus Konzessionen.

Für das privatwirtschaftliche geführte Stadion von Detroit muss 250.000 US$ Miete gezahlt werden.
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Seit dem Sommer werden Tryouts in den Städten durchgeführt und langsam werden Spieler- und Trainernamen bekannt. Es zeichnet sich ziemlich buntes Gemisch aus Schulabgängern, die es grad nicht bis in die NFL geschafft haben, bis hin zu Veteranen die sich noch ein Zubrot verdienen wollen, ab.

Shane Matthews war zum Beispiel für Florida ursprünglich als Quarterback vorgesehen. Nachdem sich aber die Verpflichtung von Chris Leak abzeichnete… ist er zum Headcoach befördert worden.

Ich halte das Konzept weiterhin für clever und es sieht aus, als würde die Liga hinreichend klein gehalten werden, so dass die Liga keine landesweite Aufmerksamkeit braucht. Das macht auch eine wirklich Einschätzung der Erfolgschancen schwer, denn das meiste was von dieser Liga zu hören ist, kommt aus der Liga selber. Die Website zeigt sich bislang extrem hemdsärmelig.

[Update]
Immer noch müssen recht kurzfristig Termine geändert werden. So ist der Ticketverkauf noch Mitte September mit “1. Oktober” angekündigt worden. Das Datum hat sich inzwischen auf 15. November verschoben.
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Mich würde ein gelungener Saisonstart mit einer durchschnittlichen Zuschauerzahl von 25.000 Zuschauer ebensowenig wundern, wie eine Absage der Saison. Viel werden wir in Europa davon wahrscheinlich nicht mitbekommen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Eric Crouch war in Nebrask und ist, wenn ich richtig informiert bin auch in Nebraska geboren.
    Ich seh da keine Verbindung nach Michigan.

  3. Obwohl Crouch seit dem Sommer im Dunstkreis der AAFL agiert, war er nur bei einem Tryout: dem in Detroit. Ein kleiner Bezug, aber arg konstruiert, wäre Crouchs Zeit bei den Toronto Argos. Aber die CFL dürfte für in Michigan nur wenig Interesse finden.

  4. Also irgendwie klingt Deine Beschreibung von Dir Liga so, als würde es sich um eine Wirthausliga handeln ;). Was sollte die möglichen Zuschauer dazu bewegen, sich gescheiterte NFL-Spieler anzusehen?

    Ich lasse es mir ja noch einreden, wenn so eine Liga mit jungen Talenten aufgestellt wird…. so wie Du das schreibst ist das aber eher das Gegenteil.

    Und sowas funktioniert wirklich in Ami-Land?

  5. Du hast da einen guten Punkt erwischt, an den ich so noch gar nicht gedacht hatte: den “Kampf” um die “Ressource” Spieler.

    Es wird letztendlich darauf ankommen wenn die Liga nehmen wird und das was da derzeit auf den Webseiten steht, macht keine große Hoffnungen. Da sind mir zuviele alte Veteranen dabei. Die Frage ist, was für ein Football dort gespielt wird. Wenn mit “College Spirit” gespielt wird, können da vielleicht einige spielerische Defizite ausgeglichen werden, aber jemanden wie Shane Matthews aus dem Nichts heraus zum Headcoach zu machen, sieht auch merkwürdig aus.

    Zurück zur “Ressource” Spieler: die ist in Nordamerika umkämpft mit Arena Football und CFL. Bereits jetzt halte ich die NFL aus Sicht der spielerischen Qualität für um 2-4 Mannschaften zu groß.

    “Junge Talente”-Liga geht nicht, denn dafür ist das College-System da. Die guten Sportler wandern i.d.R. von der High School ins College und von dort in den Profiliga. Da gibt es i.d.R. keinen Platz für eine Liga zwischen College und Profiliga.

    Eine Liga kann daher nur da ansetzen, wo die Spieler durch das Raster der Profiliga gefallen sind: entweder weil es kein gutes Scouting gab, oder weil eine Verletzung am Ende der Collegezeit die Profivereine abgeschreckt hat oder weil charakterliche Probleme vermutet wurden.

    Jemand wie Eric Crouch ist ein gutes Beispiel: im College war der QB ein Star in Nebraska. Aber er spielte nur in einer recht eindimensionalen Offense und galt als körperlich zu klein für die NFL. Also wurde er in der NFLE ausgetestet. Nicht als QB, sondern in der Defense (als CB oder Safety). Als das nicht klappte, versuchte er sich in der CFL als QB, wo er aber auch nicht überzeugte. Dritter Anlauf AAFL. Keine Ahnung ob er es auch mit Arena League versucht hat.

    Eine interessante Frage ist, inwieweit die NFL sich ein vernünftiges Farm System anlachen sollte, wo Spieler langsamer an die NFL herangeführt werden können. Die MLB und NHL hat ein Farm-System. Beim Profi-Basketball gibt es zumindest semi-professionelle Ligastrukturen unterhalb der NBA.