Marion Jones gibt Einnahme von “The Clear” zu

Die Washington Post veröffentlichte in der Nacht einen Artikel, wonach Marion Jones in einem Brief an Verwandte und engste Freunde die Einnahme von Stereoiden zugibt.

Von 1999 bis zu den Olympischen Spielen in Sydney (und vermutlich darüber hinaus) hat sie “The Clear” – oder THG, Tetrahydrogestrinon – eingenommen, ein Steroid aus dem Hause BALCO. Ihr Trainer Trevor Graham soll ihr die Substanz als Nahrungsergänzungsmittel präsentiert haben. Graham – dessen Prozess im November beginnt – verweigerte gestern am Telefon gegenüber der Post jede Aussage. Der Ehemann von Marion Jones, Obadele Thompson wollte den Inhalt des Briefes nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren.

Dieser Brief ist der Washington Post am Telefon von einem der Empfänger vorgelesen worden. Ein Informant der mit dem Fall Jones vertraut ist, hat die im Brief erwähnten Fakten bestätigt. Ein solches Geständnis soll sie heute auch vor einem New Yorker Gericht machen, wo sie sich in zwei Fällen der Falschaussage gegenüber Ermittlern bezichtigen wird.

Gegen Marion Jones laufen seit Ende 2004 Ermittlungen des IOC und sie riskiert mit ihrem Geständnis die fünf Medaillen von 2000 zu verlieren. Die Falschaussagen beziehen sich aber auf ihre Aussagen gegenüber FBI-Beamte die 2003 in der BALCO-Affäre ermittelten und Beamte die wegen Geldwäsche gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten Tim Montgomery ermittelten.

Doch auch die in dem Brief kolportierte Story riecht fischig. Marion Jones scheint darin zu erklären (so präzise ist der Artikel der Washington Post nicht), dass sie das Mittel lange Zeit für ein Nahrunsgergänzungsmittel (“flaxseed oil“) hielt. Gleichzeitig war Marion Jones aber seit jeher mit Athleten und Trainern mit Dopingerfahrungen umgeben. Sei es Tim Montgomery, mit dem sie ein Kinde hatte, oder ihr Ehemann CJ Hunter, der just Tage vor seinem Wettbewerb in Sydney aufflog.

Sie spricht in dem Brief von Panikreaktionen als das FBI sie 2003 und 2005 besuchen kam. Wie sind aber dann die harschen Statements von Marion Jones 2006 zu erklären, als sie auf Ausladungen von Leichtathletikmeetings wie Zürich verbittert reagierte und von inszenierter Medienkampagne sprach?

Könnte ein Motiv für das Geständnis von Marion Jones nicht das schlechte Gewissen sein, sondern die Schulden die sich inzwischen an der Backe hat? Nach einem Bericht der LA Times vom Juni geht aus Gerichtsunterlagen hervor, dass sie im Sommer nur 2.000 US$ noch auf ihren Konten und Schulden gegenüber Trainern von zirka 240.000US$ hatte.

Nachtrag: hier auch ein Link auf Jürgen Kalwas Blog-Eintrag.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Wie soll so ein Brief helfen, von den Schulden herunter zu kommen? Wäre ein wenig exklusive Rundumvermarktung nicht viel einträglicher?

    Keine Ahnung, warum sie das jetzt zugibt (wo doch eh schon jeder seit Jahren von ihren BALCO-Verbindungen wusste), aber Schulden scheinen mir keine logische Motivation für einen Brief an Verwandte und Freunde.

  3. Die Schulden treiben Jones in die Enge. Sie muss Konkurs auf jeder Ebene anmelden, sie kann keine Leichtathletik mehr betreiben (welcher Trainer lässt sich noch anheuern, welches Meeting zahlt noch Geld für sie?).

    Bleibt nur noch die Aufgabe und der Start der Aktion” Whitewash”. Die reuige Sünderin geben und die Chance nutzen die Geschichte noch einigermaßen so umbiegen zu können, dass man nicht wie ein völliges Charakterschwein dasteht (“ich hielt es für Nahrungsergänzung”).

    Der Brief wird keinen Dollar ihrer Schuld abbezahlen, aber die Leute aus der näheren Umgebung geschmeidiger machen. Und diese Leute sind die letzten die ihr nun geblieben sind.

  4. Man muss den Brief in einem anderen Kontext sehen. Die Frau tritt heute in White Plains vor Gericht auf und wird zugeben, gegenüber Ermittlungsbeamten gelogen zu haben. Mit diesem Geständnis ist ganz offensichtlich eine mehrmonatige Gefängnisstrafe verbunden. Wenn man nicht will, dass Freunde und Verwandten diese Geschichte zum ersten Mal über die Zeitungen erfahren, dann schreibt man ihnen vorher und warnt sie vor. Der Handlungszwang entspringt also nicht der finanziellen Lage, sondern dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft. (Danke noch für die Verlinkung).

  5. Who cares.
    Mir ist ziemlich egal ob sie gesteht oder nicht. Seit der ExBalco Boss(Conte wenn ich mich recht errinnere) die Trainingspläne im TV vorgelegt hat bestand für mich eh kein Zweifel mehr. Ich will ihre “Wahrheit” nicht mehr hören undwarum sie sie erzählt ist mir auch gleich.
    Leider werden die Medallien dann an die nächste gedopte Athletin weitergereicht.
    Und wenn wir alle als Skelette im Museum stehen, wird man vielleicht herausgefunden haben wer diese Medallien wirklich verdient hatte.

  6. Nach diesem Onlineartikel in der Welt http://www.welt.de/wams_print/article1241734/Wettlauf_um_das_Geld_von_Marion_Jones.html
    sieht es eher so aus, als ob Marion Jones einfach einen Deal mit dem zuständigen Staatsanwalt gemacht hat. Ihr drohten immerhin eine bis zu zehnjährige (!) Gefängnisstrafe. Nach diesem Geständnis dürfte sie mit 6 Monaten davonkommen. Auch hinsichtlich ihrer Schulden hegt der Artikel Zweifel und mutmaßt, dass sie bereits einen Großteil ihres Vermögens “umgeschichtet” und so dem Zugriff ihrer Gläubiger entzogen hat.

  7. Und damit ich auch im fünften ‘letzten Kommentar’ als letzter Kommentierer erscheine (schon peinlich, ich weiß) –

    Marion Jones gibt ihre Olympiamedaillen zurück. Schreibt die bekannt gute Barbara Klimke in der Berliner Zeitung und gibt auch noch einen Überblick über den gesamten Vorgang.