Zeilensport: Die Geschichte von Mourinhos Abgang
Alex hat mich in den Kommentaren draufgestossen, dass der GUARDIAN bzw. Observer zwei neue Artikel zu den Hintergründen von Jose Moruinhos Abgang beim Chelsea FC veröffentlicht hat.
In “Tears, hugs and two icy handshakes” wird die ganze Geschichte noch einmal aufgerollt, inkl. der Etablierung der Strukturen abseits von Mourinho mit Arnesen, Visser und Sören Lerby und eine detaillierte Schilderung der letzten Stunden.
John Terry soll vor dem Spiel gegen Trondheim außer sich gewesen sein, als er gehört hat, dass Mourinho in der medizinischen Abteilungen Erkundigungen eingeholt hat, ob es irgendwelche physischen Gründe für die derzeit schwachen Leistungen von Terry gäbe. Erst Kameraden konnten in aufs Spielfeld schleifen.
Terry wurde in der Halbzeit von Mourinho wegen des Trondheimer Tors zusammengestaucht. Diese Episode wurde einen Tag später in der Krisensitzung von Peter Kenyon als Beleg genommen, das Mourinho inzwischen das Vertrauen selbst der Schlüsselspieler verloren hätte.
Nicht minder bemerkenswert: während Mourinho nach dem CL-Spiel noch mit Pressegesprächen und Interviews beschäftigt war, ging Abramovich in die Mannschaftskabine und erteilte mit seinem Simultandolmetscher Shevchenko an der Taktiktafel Michael Essien eine Lektion in Taktik, belehrte ihn, dass er seine Pässe nach außen zu schlagen habe, wo nur wenige Norweger standen.
Wie zerissen der Kader inzwischen ist, zeigt der Abschied von Mourinho, der Drogba und Lampard zu Tränen rührte, aber Shevchenko und Terry nur per kaltem Händedruck verabschiedete. Am Freitag gab es eine mannschaftsinterne Sitzung in der Drogba, Ashley Cole und Florence Malouda wiederum Terry beschuldigten, sich nicht genügend für Mourinho eingesetzt zu haben.
Über Manager Avram Grant heißt es hinter vorgehaltener Hand, er wäre ein Idiot, eine Schande und mit seinen Trainingsmethoden 25 Jahre hinter dem europäischen Status Quo.
Chelsea scheint auch ohne Mourinho noch spannend zu bleiben.
Reaktionen
Da offenbart sich das Bild eines Vereins, in dem intern nichts, aber auch gar nichts abgestimmt zu sein scheint. Jeder hat anscheinend irgendwelche Halbkompetenzen oder glaubt sich zu irgendetwas äußern oder einmischen zu müssen. Wenn ich ein Spieler wie Drogba oder Malouda wäre, würde ich mir im eigenen Interesse schnell einen neuen Verein suchen – auch für weniger Geld…
Sehr interessant auch der Aspekt der “cabal” um Arnesen und seine Spielerberater-Clique, die bei Chelsea unbedingt einen willfährigen Manager wollten, der bedingungslos vor allem ihre Klienten kauft (wie z.B. auch die Herren Boulahrouz, Alex und Ben Haim, die Mourinho alle nicht wollte).
Was ich mich aber vor allem frage ist, in welcher Sprache unterhalten sich die um Abramovich herumschwirrenden Schleimer mit ihm, wenn dieser nicht einmal ausreichend Englisch spricht, um zu Essien sagen zu können “pass to the wings, not through the centre”?
Wenn Abramowitsch jetzt der Mannschaft die richtige Taktik erklärt haben soll, wäre das ein entscheidender Beleg, dass er den Trainer absägen wollte.
Das Spiel heute sagt ja gar nichts aus (außer eventuell bei den Ein- und Auswechselungen), bin aber auf die folgenden Woche gespannt. Die englische Presse merkt jetzt, was sie durch Jose verloren hat und wird bestimmt mit vermeintlichen intimen Details aus der Mannschaft eine soap zu inszenieren zu versuchen.
Na, Arsenal, ManU & Co wird es freuen…
Das ist natürlich eine Super-Story, dass Abramovich jetzt das Team aufstellt. Alle Bälle zu Shevchenko!
Und angesichts der Eindhoven-Clique bei Chelsea: Mitte Oktober ist Russland – England, da können sich Terry und Lampard persönlich einen neuen Coach schießen.
Sehr amüsant das Ganze. Ich wollte sowieso gleich noch die beiden Sonntagszeitungen holen. Falls ich noch was interessantes entdecke, dass nicht im Internet steht, schreibe ich es nachher in die Kommentare.
Vielleicht gibt’s ja ein Poster “Englische Fussballtaktik fuer Anfaenger”. Oder eine DVD “Chelsea’s groesste Erfolge”. ;-)
Gerade Grauniad (und damit der Observer) haben doch gerne Beilagen (Poster, DVDs, CDs etc pp) fuer allen moeglichen Unsinn…
Ende der Woche kommt die neue Private Eye, wuerde mich wundern wenn da nicht auch einiges drinsteht. Weniger ueber Mourinho’s Abschied als mehr ueber die ganzen wirtschaftlichen Verflechtungen. Koennte interessant werden.
[…] Verfasst von Felix am 23. September 2007 [16h45] Das Spiel nach der Ära Mourinho für die Blues von der Stamford Bridge. Avram Grant, der noch keine Trainerlizenz besitzt, darf heute das Team auf die Red Devils vorbereiten. Die Spekulationen über den Abgang von Mourinho halten indes an. Der Guardian nennt neue Details in einer umfangreichen Story. Eine Zusammenfassung gibt es bei allesaussersport. […]
Wenn Abramowitsch den Hiddink in Russland installiert hat, dann wird der Verband ihn auch bei einem russischen Sieg rausschmeißen. Oder er übernimmt 2 Jobs gleichzeitig und reist imemr mit Abramowitsch in seinem Jet hin und her. Hatte Hiddink nicht schon mal einen Verein und eine Nationalmannschaft zugleich (Australien und Eindhoven)?
Gehört nicht auch Mikel zu Mourinhos Men?
Der wahre Grund für diese Entwicklung deutete sich womöglich auch erst an diesem Wochenende an. Oder hält jemand den gleichzeitigen Abgang von Trainerlegende Patrick Sander aus der Bundesliga ernsthaft für Zufall?
Chelsea kotzt mich nur noch an. Mourinho kann froh sein, dass er da weg ist.
Und für Ballack kann man nur hoffen, dass der Trainerwechsel wenigstens ihm nützt. Glaub ich aber kaum. Das Mittelfeld ist überbesetzt, selbst wenn man die Doppelbelastung aus Premier League und CL einkalkuliert. Und Ballacks Standing scheint nicht allzu gut zu sein.
Soll Abramovich die Mannschaft doch selber trainieren, wenn er sich für den großen Taktik-Gott hält. Naja, mit dem israelischen Hündchen hat er jetzt ja die Marionette die er wohl wollte. Laut Guardian soll es wohl so sein, dass Abramovich sogar die Mannschaftsaufstellung bestimmen will. Das hat Avram Grant zwar bestritten, aber man wird ja sehen. Geld hin oder her, unter Abramovich scheint jedwede Vereinskultur verschwunden zu sein. Vom Anstand mal ganz zu schweigen.
Und passenderweise verliert Grant auch noch sein erstes Spiel gegen ManU. Ich gönn es ihm. ^^
Welcher Zweitliga-Club will noch mal einen russischen Sponsor ins Boot holen ? Jena ?
Währenddessen ist Arsenal auch finanziell (zumindest auf der Einnahmeseite) locker an Chelsea und ManU vorbeigezogen, 200 Mio Umsatz (Pfund!), unglaubliche 90 Mio “Match Day Income” aus dem neuen Stadion und 50 Mio operativer Gewinn. Das Stadion ist zum großen Teil durch die Bebauung des alten Highbury-Geländes finanziert. Good times, zumindest so lange der dicke Usbeke den Laden nicht übernimmt.
Die Rolle der hohen Ticketpreise für die Einkommensschere zur Bundesliga wird wohl doch unterschätzt.
Avram Grant’s Nachfolger steht ja anscheinend auch schon fest: Chelsea deny move for Van Basten.
Immerhin hat Peter Kenyon kurz bevor Mourinho als auch dessen Vorgaenger Ranieri gefeuert wurden jeweils behauptet deren Jobs waeren sicher ;-)