8h vor der Rugby-WM


Titel der heutigen L’Équipe
“Die Welt ist Rugby”

Nach Zählung des Rugby-Weltverbandes ist die am Freitag beginnende Rugby-WM das drittgrößte Sportturnier der Welt. Egal ob dritt- oder siebtgrößtes Turnier und egal wieviel man davon hier in Deutschland mitbekommt: Rugby ist binnen zwanzig Jahren von der Wald- und Wiesen-Sportart mit kuriosen lokalen und regionalen Strukturen zu einer rundum durchvermarkteten Sportart mit allem Chichi geworden. Kein schlechtes Wachstum, dafür dass es erst seit 1987 eine Weltmeisterschaft gibt.

Es hat gerademal fünf WM-Turniere gebraucht, damit die Rugby-WM diesen Hype-Status erfährt. Die Stimmung in derzeit Frankreich und den anderen “Vollblut-Rugby-Nationen” ist nicht sehr viel anders als letzten Sommer in Deutschland. Entsprechend massiv sind Medien und Werbung eingestiegen.

Wo auch immer derzeit die Nationalmannschaften in Frankreich auflaufen, ist Menschenauflauf angesagt. Die australische Nationalmannschaft trainiert in Montpellier vor 9.000 Zuschauern und die Ligue 1 pfeift sechs Wochen lang aus allen Löchern, weil etliche Stadien nicht zur Verfügung stehen.

In Deutschland muss man sich in Sachen Rugby als Exilant fühlen. Gab es in den 90er Jahren noch Weltmeisterschaften und Five Nations im Free-TV und teilweise auf PREMIERE, scheint sich Rugby-Berichterstattung hierzulande auf die WM alle vier Jahre zu beschränken.

Die Qualifikation

20 Nationen nehmen am Turnier teil. 8 Plätze sind für die Viertelfinalisten der letzten WM reserviert. Die restlichen 12 Plätze sind für die Sieger aus einem mehrstufigen Qualifikationsverfahren gedacht: drei Teams kommen vom amerikanischen Kontinent, drei aus Europa, zwei aus Ozeanien und je ein Team aus Afrika und Asien. Zwei weitere Plätze stehen für Sieger aus “Qualifikations-Playoffs” zwischen Europa, Afrika und Amerika sowie Asien vs. Ozeanien zur Verfügung.

Um die Qualifikation mal anhand Europas aufzuzeigen: in der ersten Runde konnte sich Andorra gegen Norwegen klar durchsetzen (70:6), um knapp gegen Spanien zu verlieren. Spanien kommt durch einige Runden durch. In der 4ten Runde stoßen die ersten größeren Teams wie Russland und Ukraine hinzu. In der 5ten Qualifikationsrunde kommt Italien hinzu, spielt mit Russland, Georgien, Italien, Rumänien und Portugal in einer Gruppe. Italien qualifiziert sich direkt weiter, Spanien scheidet aus. Portugal kann sich im letzten Spiel gegen Russland durchsetzen und bekommt so die Chance auf die Qualifikations-Playoffs. Dort setzen sich sich gegen die zweitbeste afrikanische Mannschaft, Marokko, durch und spielen dann gegen das viertbeste Team aus Amerika: Uruguay.

Ein verwirrender, zäher Qualifikationsprozeß. Und so sehr ich weiter oben vom boomenden Rugby spreche: Rugby ist in Uruguay, Portugal & Co eine Sache die selten vierstellige Zuschauerzahlen anlockt. Es verwundert dass sich die Verbände derart viele und weite Reisen leisten können.

Die WM


Christophe Dominici ist eine der bekannsten franz. Rugby-Spieler.
Macht hier Werbung für ein Anti-Schuppen-Shampoo.
Claim: “Kein Druck auf den Schultern”

Die 20 Mannschaften spielen sechs(!) Wochen lang den Weltmeister aus. Es gibt vier Gruppen à fünf Mannschaften, die per Setzlisten zugelost werden. Die ersten Zwei aus jeder Gruppe wandern dann in die Playoffs. Die Gruppenspiele dauern bis Ende September, während die Achtelfinals am ersten Wochenende des Oktobers ausgetragen werden.

Es gibt in den Gruppenspielen 4(!) Punkte für einen Sieg und 2 Punkte für ein Unentschieden. Zusätzlich gibt es Bonuspunkte wenn man vier oder mehr Versuche erzielt und wenn man mit nur 7 oder weniger Punkte verliert.

Zweite Besonderheit: Frankreich ist der Gastgeber, aber vier der 48 Spiele werden in Wales (Cardiff) und zwei weitere in Schottland (Edinburgh) ausgetragen. Auch Dublin sollte Spiele austragen, musste aber wegen eines Stadionumbaus absagen.

Dritte Besonderheit: der Qualifikationsmodus für die 2011er-WM in Neuseeland wurde geändert. Es gibt nun eine automatische Qualifikation für 15 Teams: die ersten Drei aus jeder Gruppe. Die vier Halbfinalisten werden in Neuseeland gesetzt sein.

Mein erstes Mal: Südafrika

Die erste WM die ich in Erinnerung habe, habe ich EUROSPORT zu verdanken. Es war 1995 und ich hatte überhaupt zum ersten Mal selber Kabelfernsehen. Die Rugby-WM in Südafrika war das erste sportliche Großereignis, dass das von der Apartheid befreite Land veranstaltete – Nelson Mandela war 5 Jahre vorher freigekommen und 1994 erster schwarzer Präsident des Landes.

Im Finale der WM traf der WM-Favorit Neuseeland auf den Gastgeber. Selten war ein Sportereignis politisch aufgeladener als dieses Finale. Die südafrikanischen “Springboks” galten als im Gegensatz zum “schwarzen Fußball” als Verkörperung der alten weißen Vorherrschaft. Mit Müh und Not wurde vor der WM ein Schwarzer in den Kader aufgenommen. Symbolik galore: als Nelson Mandela vor Anpfiff die Spieler beider Mannschaften begrüßte, tat er dieses im Trikot der Springboks. Es kam zum drehbuchtauglichen Ende. Südafrika gewann in der Verlängerung 15:12 und der schwarze Mandela übergab dem weißen Kapitän François Pienaar den Pokal. Das WM-Finale brachte damit die Entwicklung der vorigen 5 Jahre auf den Punkt. Mir hat es am Fernseher einen Schauer nach dem anderen über den Rücken gejagt. Wer will, kann auf YouTube längere Zusammenfassungen jener WM finden. Copyrightgeschütztes Material welches aufgrund der Länge jenseits allem Zitatrechts steht.

Das südafrikanische Rugby ist seitdem nicht von Skandalen verschont geblieben. Immer wieder wurde wurde davon gesprochen, dass im Rugby immer noch ein burischer Klüngel herrsche, der keine Schwarzen aufnehme. Vor vier Jahren wurde vom gezielten Mobbing durch brutale Trainingsmethoden gesprochen. Herrscht heute Normalität? In dem 30köpfigen Kader befinden sich 6 Schwarze. Nationaltrainer Jack White beschwerte sich letztes Jahr dass er aufgrund politischen Drucks einige weiße Spieler nicht nominieren könne.

Die Springboks gelten hinter Neuseeland gemeinsam mit Frankreich als “zweitgrößter” Favorit auf den WM-Titel. Sie unterlagen im Juni bei den Tri-Nations zuhause nur knapp 21:26 gegen die All Blacks, haben sich aber ansonsten dieses Jahr keine Blöße gegeben (zu den Tri-Nations-Spielen in Australien/Neuseeland reiste man nur mit einem B-Team). 105:13 gegen Namibia, 27:3 in Schottland, 55:22 gegen England, 35:8 gegen Samoa, 22:19 gegen Australien.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Also ich habe im März 1998 ein Rugby-Länderspiel zwischen Frankreich und Schottland live im Prinzenpark verfolgen können. Es war das Abschiedsspiel für das Stadion (die Eröffnung des Stade de France stand kurz bevor) und gleichzeitig gewann Frankreich das damals noch Five-Nations-Turnier zum ersten mal seit ca. 18 Jahren.

    Es war unvergesslich und kann jedem nur wärmstens empfehlen, es sich einmal am TV anzugucken.

  3. Die 95er-WM war auch meine Rugby-Premiere und das Endspiel war einfach so unglaublich spannend, dass ich danach Lust auf mehr bekam. Irgendwann war ich dann in Irland und da fand in Limerick ein Europacup-Spiel statt und die ganze trostlose Stadt war plötzlich auf den Beinen und im Rugby-Fieber.

    Das Problem bei so einer WM ist leider, dass die Leistungsunterschiede einfach zu groß sind. Wenn da erst mal drei Wochen die Kleinen von den Großen verprügelt werden, hält sich der Spaß beim Zuschauer in Grenzen. Dass das DSF zumindest einige (Top-)Spiele zeigt, ist aber beruhigend – auch wenn die Berichterstattung früher in der Tat noch viel umfangreicher war.

  4. @dogfood
    du machst ja bunt! wow… (bin ganz irritiert)

  5. Rugby ist absolut cool !
    Hat viele Parallelen mit fußball.
    Erinnere mich noch an Schulsport, das hat absolut hammer Spaß gebracht, komisch dass diese sportart in Europa noch nicht Nr. 2 ist, geschweige denn in the UNITED STATES OF AMERICA.
    Irgendjemand hat was von 3 Milliarden Zuschauern weltweit gesagt.
    Das Eröffnungsspiel der WM hatte glaub ich nur 1.2 Milliarden, insofern ist diese Statistik wahrscheinlich geschönt (Vielleicht auf das gesamte Turnier bezogen, dogfood, du wirst da besser Bescheid wissen, oder ?).
    Werden alle Spiele im Free TV gezeigt und sind die Engländer im Rugby auch so gut wie im Fußball, bei BBC und SKY NEWS wird jedenfalls verhältnissmäßig häufig berichtet.
    PS: Wäre es möglich, einmal auf eine “Bemerkung” zu verzichten ?

  6. Noch mal nachgedacht: 3Milliarden ???
    Hab ich zu viel gesoffen???
    Meineaber das gestern gehört zu haben.

  7. Ganz Großer Sport hier auf AAS, immer wieder schön.

  8. Vielleicht haben die “Bemerkungen” einen gewissen Hintergrund der nicht unbedingt bei den anderen Schreibern zu suchen ist?

  9. Danke, dass die Rugby WM hier so grosse Beachtung findet.
    Es ist grosser Sport & seit es Profis gibt (95) hat sich das Spiel sensationell entwickelt.

    Seit meinen 1 1/2 Jahren in NZ liebe ich diesen Sport & die All Blacks.
    Ich bin heiss wie Frittenfett auf die WM


  10. Ein sachlicher Kommentar würdemich sehr freuen. das ist doch nun wirklich so lange her…

  11. @Kilian
    England ist Titelverteidiger, also auch dieses Jahr mit Titelchancen bedacht.

    2003 hatte insgesamt 3,5 Mrd TV-Zuschauer bei 48 Spielen, also deutlich weniger als die Fussball WM 2006 mit 26,29 Mrd…

  12. Bei deiner gezeigten Kommentarleistung bisher kein Wunder!

  13. Ich freue mich auch schon und hab erst mal im Kabel nach tv5 gesucht. Hoffentlich übertragen auch die, auch wenn ich nur Bahnhof verstehe.
    Es gibt übrigens höllischen Ärger mit Akkreditierung und Rechtevergabe, sodass dpa und andere Agenturen (Reuters, AP, AFP) “bis auf weiteres” auf eine Berichterstattung verzichten (nicht dass das hierzulande viel ausmachen würde).

  14. OK, ich würde euch ja raten, es zu lassen, aber dann lasst ihr’s ja erst recht nicht.
    Euch ist genauso bewusst wie mir, dass dieses überhaupt nichts mit meiner Sachkompetenz, als einzig und allein mit meinen Kommentaren im Wolff Fuss Forum, zu denen ich mich bereits relativierend geäußert habe, zu tun hat.
    Nur weil da mein Name steht, den ich auch nicht ändern werde, muss man mir das nicht so lange nachtragen. Ich schreibe schon lange keine Sticheleien mehr,
    während ihr weiter auf mir rumhakt… wie auch immer, ist ja egal.

  15. komisch dass diese sportart in Europa noch nicht Nr. 2 ist, geschweige denn in the UNITED STATES OF AMERICA.

    Na ja, in den USA haben sie doch Rugby fuer Weicheier. Nur heisst das dort Football und die laufen alle in Watte verpackt rum.

    Werden alle Spiele im Free TV gezeigt und sind die Engländer im Rugby auch so gut wie im Fußball, bei BBC und SKY NEWS wird jedenfalls verhältnissmäßig häufig berichtet.

    Und jetzt mal auf Deutsch, was willst Du denn nun wissen?

    England im Fussball und England im Rugby zu vergleichen ist irgendwie sinnlos. Mit Ausnahme von 1966 hat England doch im internationalen Fussball nichts gerissen, auch wenn sie jedes Turnier von den Tabloids zu Favoriten hochgeschrieben werden. Im Rugby zaehlen sie schon zu den Top Teams, wenn auch im Moment nicht gerade zu den Favoriten.

    Wenn es um die Bedeutung in der Berichterstattung geht, zweiter oder dritter Platz nach Fussball und vor/nach Cricket. Der WM Gewinn war eine Riesensache, die Spieler waren danach wirklich Nationalhelden und praktisch ueberall praesent. Soweit ich mich entsinnen kann gab es eine grosse Parade durch London mit Open Top Bus und allen Schikanen, so einige der Spieler haben ihren MBE, OBE und aehnliche Titel bekommen.

    England ist Titelverteidiger, also auch dieses Jahr mit Titelchancen bedacht.

    Aehm, na ja, eher weniger. England hat seit dem WM Gewinn nicht so furchtbar viel gerissen und ist ziemlich abgestuerzt. Jonny Wilkinson ist eigentlich andauernd verletzt und wenn er mal spielt dann vielleicht mal ein Spiel um sich dann wieder zu verletzen.

  16. “komisch dass diese sportart in Europa noch nicht Nr. 2 ist, geschweige denn in the UNITED STATES OF AMERICA”
    “sind die Engländer im Rugby auch so gut wie im Fußball”

    Sachkompetenz??

  17. @armin: ok England is mit Sicherheit nicht Topfavorit, und höchwahrscheinlich machen das wieder NZ, AUS, RSA unter sich aus(evtl France, so als Gastgeber…) aber wer weiss… England, Irland, Argentinien können eben mit Form, Momentum und Glück auch was reissen denke ich.

    trotzallem hoffe ich, das endlich die all blacks das ding mal wieder gewinnen…

  18. Bitte nicht noch mal von vorne.
    Hormy, was soll denn das ?
    Wenn ich Ahnung von Rugby hätte, hätte ich ja nicht gefragt.
    Ich bin absolut auf Fußball spezialisiert, was sich während meines Studiums aber ändern wird.
    @Armin NEIN, Football ist nicht gleich Rugby, die Faszination von Rugby ist für mich viel größer. Ein Vergleich ist gar nicht sinnlos. Außerdem hab ich doch nur gefragt.
    Ich werde jedenfalls keinen hier persönlich angreifen, aus Erfahrung wird man klug. Aber in sachn Fußball lass ich mir ungern einen vom Pferd erzählen.
    Egal. Back to the routs und kümmert euch um’s Thema.

  19. Du bist auch schon außerhalb des besagten Freds “auffällig” geworden. Dein letzter Kommentar hier ist ebenfalls, gelinde gesagt, leicht arrogant. Wenn Du es ernst meinst rate ich Dir an Deiner emotionalen Intelligenz zu feilen und ein etwas “sozialeres Verhalten” an den Tag zu legen. Zu wünschen wäre es nicht nur Dir sondern auch den Kommentaren in diesem, außergewöhnlich hochklassigen, Blog, die leider, nicht NUR aber zu einem erheblichen Teil auch wegen Dir auf einem unterklassigen Niveau gelandet sind.

    Sticheleien oder sonstige Kommentare zu Deinen Beiträgen wirst Du zukünftig nicht von mir lesen. Solltest Du Dich tatsächlich ein Stück weit ändern wirds sicherlich auch vermehrt sachliche Kommentare geben.

  20. England, Irland, Argentinien können eben mit Form, Momentum und Glück auch was reissen denke ich.

    OK, darauf koennen wir uns einigen. Sollte England wirklich den Titel verteidigen ticken die hier allerdings wahrscheinlich total aus. Bin ja mal gespannt ob und wann die Idiotenflaggen an den Autos wieder auftauchen, obwohl die eigentlich eher fuer den gemeinen Fussballfan gedacht sind.

    Football ist nicht gleich Rugby, die Faszination von Rugby ist für mich viel größer. Ein Vergleich ist gar nicht sinnlos. Außerdem hab ich doch nur gefragt.

    Ja, nur leider in einem Stil aus dem sich mir (und vermutlich nicht nur mir) nicht so richtig erschliessen liess was Du denn nun eigentlich wissen willst. Irgendwie erscheinen mir Deine Kommentare und Fragen immer sehr hingerotzt aus, ohne jede Struktur und Sinn. Versuch doch einfach mal Deine Frage etwas ruhiger und strukturierter zu stellen.

  21. Wieder einmal ein sagenhafter Beitrag, dogfood, vielen Dank! Für mich als ziemlichen Rugby-Laien sehr aufschlußreich. Immer wenn ich ein paar Schnipsel dieses faszinierenden Sports sehe, frage ich mich, weshalb Rugby ausgerechnet in Deutschland keine Chance zu haben scheint (trotz einer auch recht langen Geschichte hierzulande).

  22. Warum Rugby in Deutschland bisher keine Chance bekam?

    Zunächst ist da mal das Henne/Ei-Problem, wir leben in einer Mediengesellschaft, und was nicht in der BILD steht oder bei RTL läuft, findet kaum statt. Das heißt, erst das Internet und Satelliten-TV haben Rugby eine realistische Chance gegeben, aus dieser Nische auszubrechen.

    Außerdem denke ich, dass die doch streng pazifistische, gewaltfreie Erziehung bzw. Stimmung im Deutschland der letzten fünfzig Jahre nicht gerade förderlich für einen “Kampfsport” wie Rugby, der doch leider als überaus brutal verschrieen ist, ist.
    Selbes Phänomen kann man bei anderen Kampfsportarten ja auch entdecken – das “weiche, sanfte, defensive” Judo war ok und gab’s in jedem Sportverein, das “aggressive” Karate war “pfui” (nicht umsonst wurde mit “Karate” ein in den 80ern verschrieenes eigenes Genre in der damaligen “Gewaltvideo”-Diskussion bezeichnet).

    Es kommt aber. Auch wenn die “Verletzungsangst” übervorsichtiger Eltern, die heutzutage schon manche Kinder vom Fußball fernhält, noch überwunden werden muss.

  23. Eine Frage die ich mir angesichts der Diskussion um die Fussball-WM-Vergabe 2010 stelle:

    Wie konnte Süd-Afrika 1995 die Spiele auf die Beine stellen? 48 Begegnungen sind kein Pappenstiel.
    Gab es keine Sicherheitsprobleme?
    Mussten die Stadien keinen internationalen Standards genügen?
    Die Verkehrsinfrastruktur kann nicht besser gewesen sein als heute.
    Ist das Gelingen dieser Spiele allein mit dem Charisma von Mandela zu erklären?

    Danke im voraus für Antworten.

    Gruß
    Beuel

  24. Die eine Antwort liegt natürlich nahe: die Ansprüche der FIFA sind völlig andere als die des IRB/Rugby-Verbandes, nicht zuletzt weil es Rugby-WMs noch nicht einmal so lange gibt und der weltweite Status von Rugby 1995 ein anderer war als jetzt.

    Auch wenn die FIFA das vielleicht so nicht sagen wird, dürfte der Forderungskatalog (der nicht zuletzt auch der Geldeinnahme durch Sponsoren, Ticketpreise etc… dient) der Hauptgrund sein.

    Andere marginale Gründe die eine Rolle spielen könnten:
    – mehr Mannschaften (32 vs. 16(?))

    – höhere Zuschauerzahlen (Fußball-WM = weltweites Interesse & Sportart der dortigen ‘Schwarzen’. Rugby-WM = Sportart der ‘Weißen’). Schweiz und Österreich haben ja hinreichend aufs Maul bekommen wg. zu kleiner Stadien. Keine Ahnung wie der Status Quo in Südafrika vor der WM-Vergabe war.

    – möglicherweise inzwischen gestiegene Kriminalität. Zumindest ist mein Eindruck dass heutzutage mehr davon berichtet wird, als Mitte der 90er Jahre

    – Möglicherweise waren die Rugby-Infrastrukturen auch besser gepflegt (weil ‘weiße’ Sportart) im Vergleich zu den Fußball-Infrastrukturen (weil ‘schwarze’ Sportart) und man seitdem es noch nicht geschafft hat, die Fußball-Infrastrukturen zu sanieren.

  25. Was man bei Suedafrika nicht vergessen darf, dass (grosse) Teile der Infrastruktur, einem “1. Welt-Land” in nicht viel nachstehen. Das Problem ist aber immer noch, dass nicht alle daran partiziperen. Aber Strassen, Gebaeude etc. sind zum aller groessten Teil (zumindest in den grossen Staedten) auf dem Niveau von europaeischen Laendern. Aehnliches gilt fuer die Sportinfrastruktur, an der es zwar einiges zu bemaengeln gibt, die jetzt aber Italien in nicht viel nachsteht. Problem ist eher, dass es nicht die grosse Anzahl von Arenen etc wie mittlerweile zum Beispiel in Deutschland gibt. Was man aber in Deutschland nicht vergessen darf, dass die Infrastruktur in Deutschland fast ueberall herausragend ist, selbst hier in England, wo ich lebe, wuerde wohl manch Deutscher schon mit dem Kopf schuetteln (aehnliches gilt wohl auch fuer Laender wie Italien etc).

    Zur Vergabe damals: Das Ganze war eher ein Geschenk an die Suedafrikaner nach den Jahren des Sportboykotts. Unumstritten, sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Suedafrika, war es nicht. Allerdings sehen die Rugby und Cricket Verbaende das ganze nicht so eng wie Fifa. Sie sind sich bewusst, dass ein Grossteil ihrer Verbaende eben nicht den (in Europa) gewohnten Standard bieten kann. Es gab zum Beispiel vor der Cricket Wm 2003 in Suedafrika weniger Bedenken, weil die angereisenden Briten, Australier, Neuseelaender, Inder etc. genau wussten, auf was sie sich da einlassen. Ein bisschen wie Abenteuerurlaub halt.

    Zur Kriminalitaet: Ich habe keine Statistik an der Hand, aber die Kriminalitaet duerfte 1995 groesser gewesen sein. Zwischen 1991 und 94 hat zumindest in Townships in Johannesburg ein Buergerkrieg getobt, der immer wieder nach Johannesburg reingeschwappt ist. Auch 1995 war die Situation noch nicht ganz bereinigt. Der Unterschied zu 1994 ist aber, dass mit den Jahren die Kriminalitaet immer weiter in “weissen” Bezirke reingerutscht ist und daher natuerlich anders wahrgenommen wird. Ausserdem ist aus der “politischen” eben eine “normale” Kriminalitaet geworden, die fuer die Art der Medienberichterstattung, wie es sie auch heute in Suedafrika gibt, interessanter, weil besser zu fassen ist.

    Ich hab vor kurzem fuer die Uni einen Text zur Rugby WM geschrieben und wie sie damals und im Rueckblick wahrgenommen wird/wurde. Der Text ist allerdings zu lang und auch nicht gutklassig genug, um damit dogfood’s Blog vollzuspammen.

  26. Besten Dank für die Hinweise!!

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