Spocht vom Wochenende

Ich möchte mich hiermit bei all den deutschen Fernsehkommentatoren entschuldigen, denen ich mal gegens Schienenbein getreten bin. Ich sehe gerade auf PREMIERE Lyon – St. Étienne auf PREMIERE auf der zweiten Tonoption (mutmaßlich also der O-Ton von Canal+). Der Experte dort ist das Schlechteste was ich seit Jahren gehört habe. Er macht mich so aggressiv, dass ich drauf und dran bin nach Lyon zu fliegen um diesen namenslosen Mann höchstselbst die Fresse zu polieren.

Der Herr mit der rauehen Stimme quakt seit Spielbeginn herum. Alle zehn Sekunden schreit, nein BRÜLLT er ins Mikro um vorallem über die Schiedsrichterentscheidungen zu lamentieren. DAS IST DOCH ABSEITS!! ABSEITS! … JETZT MUSS ER GELB ZIEHEN! DAS IST EINE GLASKLARE KARTE! … OHLALALA FOUL! FOUL! DAS IST EIN FOUL! … ER MUSS DOCH ABZIEHEN! ZIEH AB! … LINKS! SPIEL LINKS AB! … GUT, GUT GEMACHT. UND JETZT NACH LINKS! GIB DOCH NACH LINKS AB! JA, SIEHT ER DEN FREIEN MANN NICHT????

Und so geht das in einem Stück…

Zur Halbzeit eines der besseren 0:0-Spiele.

In der Halbzeit des 1:2 in Strasbourg ist der Trainer vom RC Lens, der 68jährige Guy Roux überraschend zurückgetreten. Das ambitionierte Lens ist nach vier Spieltagen noch ohne Sieg. Roux erklärte sich zuerst den Medien für die er früher als Experte gearbeitet hat und sagte das er Anfang der Woche dem Präsidenten vom RC Lens Bescheid gesagt habe, dass er nicht mehr das Feuer und die Motivation spüre, die für diesen Klub notwendig seien. Er erklärte seine Trainerlaufbahn für beendet.

Der Nachfolger ist schnell parat: er war die zweite Wahl als der RC Lens im Sommer einen neuen Trainer suchte: Jean-Piere Papin, der Trainer der Strasbourg in die erste Liga brachte und dann wegen interner Querelen vom Verein gefeuert wurde.


Die Bundesliga war am Samstag öde bis schwach. Was z.B. die beiden Europapokal-Vertreter Nürnberg und Werder zusammengespielt haben, meine Fresse… Hier übrigens zum Amüsement die Tabelle nach drei Spieltagen: Bayern – Bielefeld – Bochum – Frankfurt. Gewöhnungsbedürftig.

Wolfsburg – Schalke sah heute nachmittag zwar nur zwei Tore, aber es war eine aufregende, schnelle, intensive Partie und das Beste was ich an diesem Wochenende aus deutschen Landen gesehen habe. Was möglicherweise daran lag, dass ich bei meinem nachmittäglichen Zapping heute nachmittag in der 2ten Liga nur St. Pauli – Koblenz gesehen habe, eine Partie die in der Ablage unter “L” wie “langweilig” abgelegt wurde.


In der französischen Liga gab es dieses Wochenende mit 29 Toren in bislang neun Spielen mehr Tore als gewohnt, aber es fallen immer noch viele Unentschieden ab. Stand am 5ten Spieltag: Lille und der PSG, zwei hochgehandelte Mannschaften, haben bereits 4 Unentschieden im Rucksäckchen und Marseille drei Unentschieden. Lyon steht bei 1 Sieg und 2 Niederlagen, Auxerre bei 1 Sieg und 4 Niederlagen. Wer auf diese Tabelle der Ligue 1 gewettet hat, dürfte inzwischen ein schwer reicher Mensch sein.


Das van-der-Vaart-lose Valencia verlor zuhause seinen Saisonauftakt gegen Villareal 0:3. Hat da jemand gelacht?


Noch zwei Wochen bis zum Beginn der Rugby-WM in Frankreich. Da ich erst seit zwei Wochen britische Sender abgreife, beschränkte sich meine Rugby-Versorgung in den letzten Jahren auf meine Besuche bei französischen Verwandten, den spärlichen Übertragungen von Frankreich-Heimspielen bei den Six Nations auf TV5 (seit 2 Jahren eingestellt) und die Übertragungen der Top14-Playoffspiele.

Nun habe ich zwar die britischen Sender, aber die Übertragungen der Testspiele finden meistens während des Bundesligasamstags statt. Große Ausnahme: heute nachmittag das letzte Testspiel der Franzosen in Wales auf BBC One. Wales Frankreich 7:34.

Ich kannte die Franzosen eher als technisch starke Mannschaft, die mit flinken Ballstaffetten oder Kicks das Spiel nach vorne suchen. In diesem Testspiel sah ich erstmals ein neues Frankreich: körperlich aufgerüstet, physische Abwehr, kompromisslos die Fehler des Gegners ausnutzend. Wales machte zuviele Fehler um wirklich bedrohlich zu werden.

Im Vorfeld der WM sieht es so aus als würde neben den großen Drei aus der südlichen Hemisphäre nur noch Frankreich zum Favoritenkreis gezählt werden können.

Die Rugby-WM ab 7ten September. Alle 48 Spiele auf ITV1 oder ITV3 oder ITV 4 oder in deutschen Landen 15 Spiele bei BÄH, wie gewohnt mit Andreas Renner.


Da hat man schon eine einigermaßen aufregende Rennstrecke und dann kommt in der Formel 1 schon wieder so ein Dünnpfiff-Rennen wie beim heutigen GP der Türkei heraus. Drei Kurven nach dem Start schien das Ergebnis schon in Beton zementiert worden zu sein. Nachdem ich nach zehn Runden entnervt weggezappt habe, habe ich kurz vor Zieldurchfahrt wieder fast die gleiche Reihenfolge vorgefunden, wie kurz nach dem Start. Einziger nennenswerter Vorgang auf den ersten zehn Plätzen außerhalb der Boxengasse: ein Reifenproblem bei Hamilton.

Nun ist “Tourenwagen” nicht mit Formel 1-Sport vergleichbar, aber als Gesamtprodukt ist NASCAR der Formel 1 haushoch überlegen. Alleine schon ein Helikopterflug über die abendliche Kullisse des 160.000-Zuschauer-Stadions in Bristol läßt einem dem Atem mehr stocken als 50 Runden Formel-1-Sport. Jedesmal wenn dieses geballte Fahrerfeld nach einer Gelblichtphase zügig auf seine 160mph beschleunigte, krallte ich mich an der Couch fest. Von der NASCAR-Kulisse geht mehr Kraft und mehr Individualität aus, als von der hochgezüchteten Formel 1-Welt.

Das Rennen in Bristol war eher mäßig und litt insbesondere in der Schlußphase an zuvielen Gelblicht-Phasen. Bis auf Tony Stewart und Jeff Gordon gab es kaum größere Bewegungen in der Reihenfolge. Die Statik des Rennens wird auch dadurch veranschaulicht, das Dale Earnhardt Jr. trotz eines guten 5ten Platzes nichts in der Gesamtwertung reißen konnte. Auf Kurt Busch machte er nur 5 und auf Martin Truex Jr. nur 35 Punkte von knapp 160 Punkten Abstand zur Qualifizierung für die Playoffs gut.

Aber selbst wenn es nur Verschiebungen um 1-2 Plätze gab, diese Rennen dicht an dicht auf den Short-Tracks sind ein Augenschmaus.


Was ist mit den Privatsendern los? Erst fällt ein BÄH-Chefredakteur in der Öffentlichkeiten für seine Sensibilitäten hinsichtlich des Duzens auf und nun entdeckt EUROSPORT eine neue Vokabel um seine Radsportberichterstattung anzupreisen. Die Übertragungen zur Vuelta werden mit “kritisch & kompetent” im Sender beworben. Nein, nicht das jeder EUROSPORT-Kommentator immer unkritisch gewesen wäre, aber das EUROSPORT die Vokabel “kritisch” zur Promotion verwendet, verdeutlicht den kleinen Trend des Jahres 2007. Bestimmte Sportarten lassen sich inzwischen nur noch mit einem Mindestmaß an Skepsis an den Zuschauer verkaufen. Wer es nicht tut, holt sich SAT.1-mäßig eine blutige Nase.

So richtig gehört die Leichtathletik nicht zu diesen Sportarten. Ich hätte mir von den ansonsten großartigen Dirk Thiele & Siggi Heinrich mehr Einordnung der Sportler unter dem Aspekt des Dopings gewünscht. Die drei chinesischen Kugelstoßerinnen bekamen jedenfalls heute recht billig weg. Die mangelnde Präsenz der drei Frauen bei internationalen Wettbewerben wurde vorallem mit finanziellen Aspekten begründet.

In Sachen Leichtathletik zeigt die BBC im übrigen, dass sie auch nur mit Wasser kocht (worauf ich nach meinen permanenten Lubhudeleien des Senders auch mal hinweisen sollte). Beim direkten Vergleich der Übertragung des Männermarathons war EUROSPORT dank Expertin neben Dirk Thiele dezent besser. Die BBC punktet dadurch, dass sie eine alerte Riege von Experten besitzt, die man auch mal fünf Minuten ab Stück quatschen lassen kann, weil sie wissen was und wie sie es zu sagen haben. So zum Beispiel Jonathan Edwards der sich mit dem Moderator vor Ort vom Stadionrund meldete (direkt an der Laufbahn neben der Position von ARD/ZDF). Des Mittags scheint ein Großteil der Sendung aus dem Studio in London zu kommen. Zumindest Samstagmittags verzichtete man auf Livesport zugunsten von Aufzeichnungen und noch mehr Experten (u.a. Colin Jackson).

Beeindruckt: das Kugelstoßenfinale der Frauen. Ostapchuk führt das Feld lange an, aber die 19,77m der Dritten Nadine Kleinert im 5ten Versuch schien die Zweite Neuseeländerin Valerie Vili geweckt zu haben, die zuerst diesen Wurf mit 19,95m kontert und dann als vorletzte Werferin im letzten Durchgang die Führende Ostapchuk mit 20,54m um einen halben Meter überbot. Ostapchuk, die von Wurf zu Wurf nervöser wurde, konnte überraschend noch nachsetzen, aber nicht ausreichend: 20,48m.

Erstaunt, I: wie wenig Zeit zum Konzentrieren die Kugelstoßwerferinnen sich im Ring nehmen.

Erstaunt, II: der Japaner an und für sich, scheint in Städten die gemeine Fußgängerbrücke statt Ampeln zu bevorzugen, am besten noch in lindgrün angestrichen. Ansonsten: McDonalds scheint in Japan genauso auszusehen, wie überall sonst auf der Welt.

Gefühlter Kotzbrocken: Tyson Gay. Anstatt sich herzhaft über seinen WM-Titel zu freuen, poset er minutenlang nur für Photographen auf den gleichen 5m herum, immer wieder die Stars’n’Stripes in anderen Gesten um den Körper drapiert.

Leiden: So heiß ist es in Osaka. Asafa Powell lief vor den Starts der 100m-Läufe sie Soße literweise vom Gesicht runter. Der Schweiß ronn teilweise in Bindfäden vom Gesicht herunter.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Auffällig bei Schalke-Wolfsburg: Jermaine Jones ist kreativ im Bereich des unsportlichen Verhaltens. Die klassische, zum Gemeingut gewordene Schwalbe am Strafraumrand wertet er mit vorherigem Zerren am gegnerischen Trikot. Und es wirkt: Gelb-Rote Karte für seinen brasilianischen Gegenspieler, für den das das erste Bundesligaspiel war und der wenn man nach seinem Gesichtsausdruck nach dem Platzverweis geht einfach nur überrascht über die in der Bundesliga herrschenden Sitten.

    Übrigens zu Heinrich und Thiele: Gibt es noch ein Kommentatorenduo im deutschen Fernsehen auch außerhalb des Sports, das noch länger ununterbrochen zusammenarbeitet (die beiden seit 1993)? Vielleicht noch Carsten Schaefer und Günter Zapf beim Wrestling…

  3. Klar, es kann (vermutlich ist es sogar, ich habe das Spiel nicht gesehen) penetrant sein wenn Kommentatoren derart affektiert Fan sind, allerdings ist das fehlende Involvement genau das, was oftmals beklagt wird.
    Mich nervt das auch eher, aber wie gesagt, man stellt häufg fest dass Kommentatoren wie in Südeuropa-amerika latent gewünscht werden. Kommentatoren die mitfiebern, Anpannung verbal vermitten, schlicht: Menschen sind.
    Lösung? Es müsste eine Tonoption mehr geben. Yay. Vielleicht.

  4. Diese Saison scheint es so, daß in den Teams weniger Fehler und Dummheiten gemacht werden als in anderen Spielzeiten. Womit sich der Umstand ergibt, daß sich die Mannschaften in der Tabelle deutlicher als sonst nach Qualität der Einzelspieler und Budget einordnen werden. Es würde mich wundern, wenn sich das noch ändern sollte. Also kann man (fast) schon eine Abschlußtabelle aufstellen. Was aber nur für die 1. Liga gilt. In der 2. Liga schaut es anders aus. Deshalb wird die wohl auch spannender.
    Ansonsten war es für mich ein Grottenkick-Wochenende mit paar positiven Ausreißern.

  5. Gefühlte Antikotzbrocken: Die Siebenkämpferinnen gehen alle gemeinsam auf die Ehrenrunde und verzichten aufs Posen. Sehr schön.

  6. Kugelstoßwerferinnen?! Ich bin ertstaunt, I b) :-) Sollte es Absicht sein, dann OK. Ansonsten…….Widerspruch!

  7. @Sven: es war nicht der Kommentator, sondern der Analyst an seiner seiner (der mehr geredet hat als der Kommentator). “Involvement” drückt sich nicht dadurch aus, dass man bei jeder, wirklich jeder Gelegenheit dem Schiri ans Bein pinkelt oder Spieler für Fehlpässe verreißt, ohne Gründe, Erklärung oder Backgrounds zu liefern. Analyse & Kommentierung sieht anders. Das hat nichts mher mit einem Wolff Fuss o.ä. zu tun. Wenn ich sowas wie den französischen Experten haben will, gehe ich in die Innenstadt und lade ein paar Penner ins Wohnzimmer ein.

  8. Also ich muss da als Objektiver (Ösi) mal in die Bresche deutscher Kommentatoren springen.

    Ich fand z.b. die Kommentatoren der Einzelübertragungen (Bochum-HSV und Wolfsburg-Schalke) sehr gut. Sachlich, in den passenden Momenten auch mal emotional. Nicht zu viel Drumherum, immer bei der Sache. Hat mir gut gefallen.
    Samstag hatte ich einfach ein Problem mit Fritzl v. TuT. Ich kann den einfach nicht mehr hören. Der passt vielleicht gut in ein Society-Format, aber nicht auf den Kommentatorenplatz.

    Und zu den Spielen der Woche müsste man eine Regel einführen, dass eine Mannschaft automatisch mit einem Mann weniger beginnt. Dann kommt erst so richtig Feuer in die Partie (siehe Bochum-HSV und Wolfsburg-Schalke).

  9. Poschi und Leissl dürften auch seit etwa 1993 zusammen kommentieren, nachdem Bernd Heller (wer erinnert sich nicht mehr) im Streit das ZDF verliess. Im Übrigen ziehe ich die beiden Herren des ZDF auch Thiele und Heinrich vor, nachdem ich eine gewisse Dirk, Phrasendrescher, Allergie habe (ich kann aber durchaus verstehen, wenn man Poschi aufgrund seiner Fussball-Kommentierung auch sonst nicht ganz für voll nimmt).

  10. @Thomas:
    Ist vielleicht Geschmackssache, aber das Gespann Wasserziehr/Lindemann bei Bochum-HSV war mir dann doch etwas zu fußballtechnokratisch. Der “handelsübliche Zweikampf” und die ” fehlende Handlungsbeweglichkeit” einiger Spieler ist eben für manchen gewöhnungsbedürftig.

  11. “Kommentatoren die mitfiebern, Anpannung verbal vermitten, schlicht: Menschen sind.”

    das versuchen die doch leider v.a. bei länderspielen zur genüge (steffen simons überschlagende stimme, sag ich da nur). leider in katastrophalem stil.

    positives beispiel dagegen: frank buschmann beim basketball. ach, was hab ich die nba-finals geliebt.