Bundesliga 07/08, T-0: Die Spitze
6. Hannover 96
Ich mag die schnörkelose Gradlinigkeit von Dieter Hecking und mich hat er überzeugt, dass er diese Saison auf Mission ist. Die Mannschaft hat in der Tiefe des Kaders nachgerüstet und gleichzeitig versucht einige Toppunkte zu setzen. Was Hannover in der letzten Saison flöten ging, waren effiziente Torschützen. Bruggink war mit sechs Treffern der “Torschützenkönig”. Dafür gab es zahlreiche Torschützen und Vorlagengeber.
Brdaric hat nur in 11 Spielen gespielt aber dann in jedem zweiten Spiel einen Treffer gemacht. Nun kommt Mike Hanke dazu. Wie wird Hannover sich taktisch aufstellen, denn es wäre ein Verschwendung nur mit einer Spitze zu spielen.
In einer engen Liga können zehn zusätzliche Treffer schon reichen um aus dem farblosen Mittelfeld auf Europapokalplätze zu springen.
5. Werder Bremen
Ich halte Werders dritten Platz in der letzten Saison immer noch für die größte Verschwendung von Talent und Potential dass die Bundesliga seit Äonen gesehen hat. Es hätte einfach der erste Platz sein müssen. Auch die Bäckerinnung scheint sich von diesem Schock bis heute noch nicht erholt zu haben.
Nach Abgängen hat sich nicht viel getan, aber ich bin ein Anhänger der These dass die interne Chemie im Team letzte Saison aus dem Gleichgewicht geraten ist und sehe nicht dass sie wieder in Ordnung ist. Ich glaube an den Riß zwischen der hemdsärmeligen Fraktion rund um Frings und den Laissez-Faire-Brasilianern.
Schaut man alleine auf die Ab- und Zugänge hat sich nicht viel getan. Klose ging, Carlos Alberto kam. Tatsächlich geht der Schnitt aber tiefer und der De-fakto-Ausfall von Klose in der Rückrunde deutet das Szenario an, das ich für diese Saison erwarte: Werder erzielte in der Hinrunde 47 Treffer, in der Rückrunde aber nur noch 24 Tore. Ein Einbruch von knapp 50 Prozent. Werder Bremen hat keinen Vollzeitstürmer mehr. Almeida ist eher ein Joker, Rosenberg und Hunt sind für mich derzeit noch eher Ergänzungsstürmer.
Ich mag Sanogo (anscheinend als einer der ganz wenigen) sehr gerne und er ist von seiner Veranlagung ein völlig anderer Typ als Hunt, Almeida oder Rosenberg. Allerdings braucht er Mitspieler die auf ihn eingehen und seine Ballabschirmung nutzen.
Noch vor zwei Jahren erzielte der Sturm 62% aller Werder-Tore, 49 Treffer. Nun muss das Mittelfeld die Last übernehmen. Tim Borowski, vor zwei Jahren noch für zehn Tore gut, fiel letzte Saison die halbe Spielzeit aus. Er wird mit Sicherheit für größere Torgefährlichkeit sorgen. Carlos Alberto wird als torgefährlicher Mittelfeldmann vorgestellt. Schaue ich in der Wikipedia nach, sieht man 6 bis 12 Tore pro Saison. Die Rechnung könnte also aufgehen.
Aber ich fürchte das der Verlust an defensiver Qualität zu groß sein wird. Frings rückt wahrscheinlich von der rechten Seite in die zentrale 6er-Position und damit stünden rechts Fritz und Carlos Alberto. Dazu auf der anderen Seite ein Womé der offensiv stärker ist als defensiv (aber einen Borowski an der Seite hat). Werder sieht anfällig für Flügelspiel aus, und Flügelspiel gehört diese Saison zu den angesagteren Strategien.
Was spricht gegen eine Doppel-Sechs mit Frings und Andreasen?
4. VfB Stuttgart
Der VfB Stuttgart wird seinen Titel nicht verteidigen, weil es wertvolle Körner in der Champions League lassen wird. Auch wenn Stuttgart verletzungsgeschwächt in die Partie gegen Schalke ging, so läßt das Spiel ein großes Fragezeichen übrig: was wird der VfB machen, wenn es auf eine Mannschaft trifft, die im Mittelfeld alles dicht macht und mächtig auf die Eierstöcke holzt. Gegen Schalke wusste Stuttgart keine Antwort drauf und wenn der VfB es dann mit solchen Defensivkünstlern internationaler Prägung zu tun bekommt, wie Chelsea oder Liverpool, wird es sich die Zähne ausbeißen, was wiederum nicht prall für die Moral sein wird.
Mich interessiert was das neue Momentum beim VfB sein wird, denn Stillstand heißt in der Bundesliga: Rückschritt. Das einzige was mein Adlerauge sieht, ist Bastürk als Zehner in der Raute, der mir aber zu ballverliebt erscheint als das er wirklich jemand ist, der die Stürmer anfüttern kann.
Marica machte gestern einen guten, agilen Eindruck. Gleichzeitig könnte hier eine Zeitbombe ticken, wenn Marica möglicherweise zur Nummer zwei neben Gomez wird und Cacau auf die Bank muss.
Aber immerhin: der VfB wird oben bleiben und weiterhin Kohle scheffeln und so seine Mannschaft konsolidieren können.
3. Hamburger SV
Sowie Werder letzte Saison irrsinnig viel Potential weggeschmissen hat, hat das Schicksal dem HSV letzte Saison einen bösen Streich gespielt. Man kann darüber streiten wieviel des Schicksals selbstverschuldet war. Inwieweit war Van Buyten Abgangs verhinderbar oder vielleicht gewollt weil man Kompany schon auf dem Radar hatte? Rückblickend betrachtet, war aber unter Thomas Doll in dem Jahr nicht mehr alles Sonnenschein und schliffen sich einige Nachlässigkeiten – Stichwort “lange Leine” – ein, die Huub Stevens offen legte und beseitigte.
Der Abgang von Doll schmerzte, weil es gleichzeitig ein Bruch im Aufbauprogramm des HSVs war. Das wurde im Sommer mehrmals schmerzhaft deutlich, als Kernstücke der Doll-Mannschaft wie Alexander Laas und Piotr Trochowski vom HSV weg wollten und De Jong immer wieder als finanzieller Ballast ins Spiel gebracht wurde, den man los werden wollte.
Die Vorbereitung ist zu Ende und es sieht wieder besser aus, weil Huub Stevens und Dietmar Beiersdorfer verdeutlichen konnten wohin sie wollen und in der Lage waren, die Bausteine für diesen Weg zu holen. Der Weggang von Laas wirkt nicht mehr wie ein Abgesang auf die langfristigen Pläne des HSVs, sondern eher wie eine kleine Kurskorrektur.
Die Mannschaft hatte bereits in der letzten Saison viel Potential, dass sie aber aus verschiedenen Gründen wie Verletzungen, umstrittene Platzverweise und dann einsetzenden Abstiegskampf, nicht umsetzen konnten. Stevens Wirken mit einer verunsicherten Rumpftruppe war verblüffend und nun hat er auch noch Leute wie Kompany, Zidan und Demel zur Verfügung… Alleine was für Potential der HSV letzte Saison durch die Ausfälle von Demel und Kompany im Spielaufbau aus der Abwehr heraus nicht einsetzen konnte… Seufz. Wenn es Stevens zudem gelingt Leute wie Ben-Hatira, Sidney Sam oder den neuen Shooting-Star Choup-Moting zu hegen und zu pflegen und an die “große” Mannschaft heranzuführen, steckt da mehr spielerisches Potential hinter, als ich beim HSV in den gesamten Neunziger Jahren gesehen habe. Dann wird mir auch bei einem Abgang von Van der Vaart nach dieser oder der nächsten Saison nicht mehr Bange.
Nehme ich noch Leute wie Zidan oder Castelen, einen vielleicht wieder erstarkten Guerrero und Trochowski dazu, dann kann der HSV eine Offensivkraft entwickelt, da werden sich einige Mannschaften warm anziehen müssen.
Es gibt eine Achillesferse oder besser gesagt: ein Leistenproblem. Nicht van der Vaart, sondern die linke Seite die enorm dünn besetzt ist und mit dem Verkauf von Alexander Laas noch weiter ausgedünnt wurde. Atouba und Sorin sehe ich langfristig nicht mehr als Stammspieler, weil sie zu große Gesundheitsprobleme haben. Bei Atouba kommt erschwerend hinzu, dass er schnell die beleidigte Nuß gibt, weswegen es unter Doll und nun auch unter Stevens immer wieder Streß gibt. Colin Benjamin war in den letzten Spielen auf Links wohl ein mittleres Desaster. Bleibt die Hoffnung auf Mario Fillinger, der aber verletzungsbedingt nicht vor Mitte/Ende September zurückkehren wird. Vielleicht hält Atoubas Leiste eine Saison durch, aber es ist derzeit die Position mit dem dringendsten Handlungsbedarf.
Wenn der HSV eine runde Saison hat, also von Verletzungen größeren Ausmaßes verschont bleibt, sehe ich minimum Platz drei. Minimum.
2. FC Schalke 04
Das Spiel gegen Stuttgart war in vielerlei Hinsicht interessant. Man kann sich darüber streiten ob Slomka nicht zu vorsichtig war, als er für die 2te Halbzeit seinen “Zehner” gegen einen dritten “Sechser” auswechselte. Aber es zeigt das Schalke inwzischen im Kader eine Tiefe hat, die es Slomka erlaubt bewusst am Taktiktäfelchen zu spielen und Slomka zeigt sich Willens dies auch zu versuchen.
Mit Rakitic und Özil ist man unberechenbarer geworden und inkonstanter als Lincoln kann man eigentlich nicht spielen, so dass die Unerfahrenheit beider Spieler kein Nachteil ist.
Dazu kommt kommt eine erfahrene, abgezockte Truppe, die nach den Spielerwechseln dieser Saison intern vielleicht ruhiger arbeiten kann.
Zwei Probleme sehe ich. Im Sturm ruht noch zuviel auf den Schultern von Kuranyi. Wenn die beiden De-Fakto-Außenstürmer Lövenkrands und Asamoah außer Form sind (so wie sie gestern keine Schnitte sahen), kommt aus dem Mittelfeld zuwenig Torgefahr durch Ernst oder Kobiashvili. Bajramovic hat seine Torgefährlichkeit aus St. Pauli-Zeiten inzwischen verloren.
Wenn Schalke trotz des eindimensionalen Angriffes vorne dabei ist, dann wegen seiner Defensive. Bei den zwei Sechsern im Mittelfeld zerschellen schon zahlreiche Angriffe und Krstajic und Bordon räumen dann den Rest ab. Die Frage ist, wann die zunehmende Hüftsteifheit von beiden Spielern schwerer als Alter, Physis und Erfahrung wiegt und beide zur Belastung werden. Mit Westermann hat man immerhin einen Stellvertreter in Spe geholt, der bei den ersten Ausfallerscheinungen (ich würde auf Krstajic tippen) in die Mannschaft rein finden kann.
1. Bayern München
Nun kenne ich die Antwort auf die Frage, was Bayern mit den ganzen Spielern veranstalten will: Budenzauber.
Die Mannschaft wirkt letztendlich zu stark und zu tief besetzt, hat ohne Champions League auch keinen Kampf an zwei Fronten zu führen. Die Frage scheint nicht zu sein ob die Bayern Meister werden, sondern mit wieviel Vorsprung. Es ist imposant was für einen sauberen Schnitt letztendlich die Verantwortlichen in den letzten 4-5 Monaten gezogen haben. Es wirkt noch imposanter wenn plötzlich Spieler aus der “zweiten Garnitur” wie Altintop anfangen sich in den ersten Kader zu spielen.
Drei Kritikpunkte bleiben: wird es Hitzfeld gelingen per Rotation alle Spieler der Kragenweite Lahm, Sagnol, Jansen oder Podolski, Klose, Toni, Schweinsteiger, Altintop zufrieden zu stellen? Und reicht es wirklich aus darauf zu vertrauen dass die Innenverteidigung durch Üben, Üben und nochmals Üben gut genug wird um internationalen Ansprüchen gerecht zu werden? Die Vorbereitung deutet in letzterer Frage auf ein Nein hin. Gerade an den Nahtstellen in der Innenverteidigung selber aber auch zwischen Innenverteidigung und Außenverteidigung sind die Bayern noch nicht dicht.
Und schließlich: wieviele Treffer werden die Bayern erzielen? Im Sturm hat man aus dem obersten Regal genommen, keine Frage. Aber ich setze ein Fragezeichen hinter der Torgefährlichkeit des Mittelfeldes. Schaue ich mir Ribérys Bio an, bin ich skeptisch dass der Franzose wirklich soviele Buden macht, wie es sich in der Vorbereitung andeutet. Schweinsteiger mit vier Treffern in 24 Einsätzen. Altintop mit zwei in 31 Einsätzen (bei 47 Torschüssen!). Im Gegensatz zur restlichen Liga scheint der FC Bayern auf ein eher klassisches Bild vom Stürmer als Torschützen zu setzen.
Reaktionen
Also bei einer Doppel-Sechs mit Frings und Andreasen ist sicherlich eine Alternative, nur fehlt dann ein offensiver Spieler im Mittelfeld oder man spielt alternativ nur mit einer Spitze. Das kann man bei Auswärtspartien ja vielleicht mal versuchen, aber sobald das Publikum im Weser-Stadion sieht, dass mit einer Doppel-Sechs gespielt wird, fangen die an zu pfeifen an. Bremen sollte mal versuchen ein 4-3-2-1 zu spielen mit Sanogo ganz vorne , der eingerahmt wird von Rosenberg und Diego (etwas zurückhängend) und im Mittelfeld etwas defensiver mit Frings, Borowski und Alberto (alternativ für Frings gerne auch Andreasen oder Vranjes).
Stimmt schon, mit zwei Sechsern fehlt ein Platz, mit Carlos Alberto, Borowski und Diego sind eigentlich drei feste offensive Mittelfeldspieler eingeplant.
Auf der anderen Seite war Sanogo als einziger Stürmer beim HSV meist verschwendet wenn niemand nachgerückt ist. Wie das aussieht mit einem derart offensivstarkem und nachrückenden Mittelfeld… Das könnte besser laufen als noch letzte Saison, und alle Fälle besser als in der Rückrunde.
Allerdings ist die Tiefe im Kader bei Werder immer noch mies, wenn Schulz auch noch geht fehlt dann noch ein Spieler, der auf der Hälfte der Positionen den Ersatzmann hätte geben können. Ohne Schindler und co. schlecht reden zu wollen, aber das ist kein zweiter Anzug der viel Eindruck macht.
Stimmt, man kann über den gestrigen Wechsel zweigeteilter Meinung sein. Ich habe jedenfalls ein andere als Du.
Ich hoffe bei den beiden Aussenstürmern noch auf Varela. Wenn er letztes Jahr gespielt hat, dann war als Energiebündel und schneller Spieler ein Garant für Erfolg. Ihn und Lövenkrands auf der anderen Seite, das hat etwas. Was letzterer kann hat man gestern beim einzigen gescheiten Angriff über ihn gesehen. Flanke auf Ernst, der muss ihn machen.
Wo wir bei der wenigen Gefahr im Mittelfeld sind.
Torschützen gestern: Kobiashvili und Rakitic. Größte Chance: Ernst. Keine endgültige Antwort, wenigstens aber eine Hoffnung das es besser wird.
Westermann sehe ich noch in dieser Saison als Größe anstelle von Krstajic. Nur eine zeitfrage.
Das Mittelfeld mit Frings, Diego, Borowski und Alberto zählt, wenn alle fit sind sicher zu den Besten der Liga – nach vorne. Aber in der Defensive werden sie dann so ihre Probleme bekommen.
Das Hauptproblem bei Bremen wird der Angriff (da ist absolut kein Stürmer in Sichtweite der nur annähernd die Klasse von Klose hat) und die defensiven Außenpositionen. Vor allem, weil die wohl vom Mittelfeld in der Arbeit nach hinten wenig Unterstützung erhalten werden.
Hannover auf Platz 6?
Bei allem Respekt, aber daran glaube ich nun wirklich nicht. Gerade im Sturm sehe ich Probleme auf die Hannoveraner zu kommen. Brdaric, Hanke und Lauth sind für ich keine Goalgetter.
Ich denke Hannover wird irgendwo im grauen Mittelfeld landen, sprich: Platz 10-15.
Auch wenn ich ihn nicht mehr sonderlich mag seit er nicht mehr der kleine Junge bei Schalke ist, Mike Hanke ist ein guter Knipser vorm Tor. Wenn die Flanken kommen ist er wirklich kein schlechter Stürmer. Ähnlich Brdaric, der aber eh ziemlich verletzungsanfällig ist momentan. Und Benny Lauth ist die alternative wenn man einen spielenden Stürmer braucht.