Bundesliga 07/08, T-5: Die Bundesliga-(Nicht-)Sonderhefte
Ein kleiner Exkurs in die Geschichte muss an dieser Stelle sein. Hier die vergangenen Bundesliga-Sonderhefte:
- KICKER-Sonderheft 2004/05
- Sport-BILD-Sonderheft 2004/05
- Die beiden Sonderhefte 2005/06
- Die beiden Sonderhefte 2006/07
Genauso wie die Sonderhefte des KICKERs und der Sport-BILD seit Jahren im Heft unverändert an ihrem Konzept festhalten und nur die Gimmicks durchtauschen (der KICKER dieses Jahr neben Stecktabelle eine “Win-PIN-Nummer”, oho!), genauso kann ich per Copy/Paste eigentlich meine Vorjahresrezensionen ins Blog setzen.
Das Fazit ist daher schnell gezogen: beide Hefte haben sich kaum geändert und die Textqualität ist bei beiden Heften ähnlich.
Beide Verlage bringen ihre Sonderhefte wieder zu einem frühen Zeitpunkt heraus: vier Wochen vor Bundesligastart. Der Redaktionsschluß bei der Sport-BILD war der 13.7.2007, beim KICKER war es drei Tage später. Carlos Alberto haben beide Hefte noch reinbekommen.
Dass die Hefte soviel Zahlenmaterial haben, ist nett, brauchbar und hilfreich zum Nachschlagen. Warum aber soviele Daten zu den Spielern und Kadern zu finden sind, erschließt sich mir nicht. Angesichts des frühen Redaktionsschluß sind just diese Daten zum Bundesligastart häufig schon überholt und im Laufe der Saison schlage ich eher im Internet als in den Sonderheften nach. Daher bin ich mir nicht sicher, wie lange das Konzept der Sonderhefte als Zahlenwüste noch aufgehen kann. Selbst in den statistikfanatischen USA gibt es keine Previews die einen derart geringen Textanteil haben, wie die beiden deutschen Magazine.
Die Texte spielen in beiden Heften nicht die große Rolle, dass man sich die Sonderhefte deswegen zwingend geben müsste. Inzwischen muss man den beiden Redaktionen nicht nur vorwerfen, dass sie keinerlei Phantasie bei der Themenauswahl zeigen. Beide haben nahezu identisch klingende Interviews mit Stuttgarts Horst Heldt. Beide Hefte machen sogar ihre “Pflicht” schlecht. Wer längere Texte zu den neuen Trainern wie Herthas Lucien Favre sucht, wird bei beiden Heften nicht fündig.
Das KICKER-Sonderheft
Verglichen mit den Änderungen die sich sonst Jahr für Jahr in den Sonderheften einstellen, ist beim KICKER dieses Jahr gerade zu eine Revolution ausgebrochen. Ich fürchte aber nicht zum Besseren: die Teamseiten in der Mitte mit Mannschaftsphoto und -Kader hat zwei zusätzliche Seiten spendiert bekommen, mit kleinen Portraits der Spieler, Spielerdaten, kleineren Statistiken zu dem Verein und Anfahrtsweg zum Stadion.
Dies ging zu Lasten des Mantelteils.Es gibt vor den Mannschaftsvorstellungen nur noch sieben Seiten Text, inkl. Vorwort und Rahmenkalender, bevor es mit den Mannschaftsportraits auf Seite 16 los geht. Zum Vergleich die Ausgaben der letzen Jahre:
2004/05: auf 226 Seiten 9 Seiten Text im Mantelteil.
2005/06: auf 234 Seiten 11 Seiten Text im Mantelteil
2006/07: auf 226 Seiten 12 Seiten Text im Mantelteil
2007/08: auf 242 Seiten 7 Seiten Text im Mantelteil.
Weggefallen ist die Kolumne bekannter Spieler bzw. Trainer und der Expertentest.
Die Mannschaftsvorstellung sind unterschiedliche Güte, wobei ausgerechnet der Text vom Altmeister Karl-Heinz Wild zum FC Bayern München belanglos bleibt und bis auf die Bildunterschrift zum Taktikschema nicht darauf eingeht, was spielerisch vom FCB zu erwarten ist.
Die Zweite Liga muss weiterhin mit einem Drittel Textseite pro Team in der Mannschaftsvorstellung auskommen. Ganz dunkel wird es dann um die Regionalliga wo es nur noch zum Kader und Spielplan gereicht hat.
Und natürlich keine Änderungen im Layout, das inzwischen mit “Steinzeit” noch wohlwollend beurteilt ist.
242 Seiten für unverändert 5,40 EUR.
Die Sport-BILD
Auf dem Marktstand hätte das Heft schon gewonnen: Für 246 Seiten legt man nur 4,90 EUR hin. Auch in der Hand macht es sich besser. Das Layout, auch unverändert, wirkt immer noch frischer und übersichtlicher als beim Konkurrenten KICKER. Der Mantelteil ist nicht nur umfangreicher, die Themen sind auch etwas geschickter ausgewählt. Die Mannschaftsvorstellungen der Zweite Liga bekommen mehr Platz spendiert. In der Regionalliga wird es zwar unübersichtlich, aber es fällt im Gegensatz zum KICKER immerhin eine vierseitige Einleitung ab.
Es hätte sich damit fast ein Punktsieg für die Sport-BILD abgezeichnet, wenn nicht die Texte der Mannschaftsvorstellungen so unterschiedlich und mitunter so schlecht ausgefallen wäre. Auch hier die Vorstellung des FC Bayern: eine zweiseitige Ansammlung von Platitüden welche Stars die Bayern geholt haben und was für Sprachprobleme es geben wird. Bei Hamburger SV kein Wort zu dem System das Huub Stevens spielen will, sondern Verletzungsprobleme, Transferpech und Didi Beiersdorfer unsichere Position. Über Cottbus erfährt man das drei wichtige Spieler weggegangen sind und der Klub wegen der weiten Fahrt zum Berliner Flughafen unattraktiv ist.
Und so bleibt das Duell zwischen KICKER und Sport-BILD unentschieden. Der KICKER hat bei den Texten nicht die ganz bösen Ausreißer nach unten, aber dafür gähnende Leere außerhalb der Mannschaftsvorstellungen der Bundesliga und eine traurig anzusehende Grafikwüste.
Mit dem Dritten liest man besser
Und dann gibt es das als Sonderheft angekündigte Heft Nr. 69 der “11 Freunde”, das gar kein Sonderheft sein will.
164 + x Seiten für 4 EUR. Vom Layout her, reißt sich zwar das Heft kein Bein aus, kommt aber um Lichtjahre souveräner daher, als die Hefte des KICKERs und der Sport-BILD. Wenn man die Titelbilder danaben hält, kann man bei den beiden anderen Konkurrenten eigentlich nur noch Augenkrebs bekommen.
Die Aufteilung des Bundesliga-Sonderhefts-Heft ist nicht unclever gemacht. Das Heft vereint Geschichten zu jedem Verein. Dem Heft liegt aber ein 196 Seiten dickes, zirka handgroßes kleines Taschenbuch bei, dass zu jeder Mannschaft aus Liga 1 und 2 Zahlen, Daten und Gastbeiträge vereint. Dem Argument das man die Aufzählung des Kaders aus Aktualitätsgründen schenken kann, weil es diese aktueller im Internet gibt, entzieht sich das Taschenbuch durch seine Hosentaschen-Kompatibilität die es zum nutzwertigen Begleiter zu Spielen im Stadion oder Besäufnis in der Sportsbar machen.
Aber hier ist das Problem mit dem Heft: neben KICKER und Sport-BILD gehalten, geht es konsequent seinen Weg und wirkt dadurch schon belebend. Man freut sich darauf das Heft in den Händen zu halten und ich habe in den ersten 10-15 Minuten auch öfters lauthals loslachen müssen.
Aber wie schon Dülp feststellte: irgendwann setzen dann Ermüdungserscheinungen ein. Sowohl das große Heft als auch das kleine Heftchen sind zu sehr quer durch die 36 Profivereine nach dem selben Muster gehalten. Im kleine Heftchen geben Fans und Blogger zu “ihrem” Verein die Antworten auf einen Fragebogen. Im großen Heft gibt es auf einer Doppelseite je eine Geschichte aus den Vereinen, garniert mit Standardrubriken wie “Größtes musikalisches Verbrechen, im Namen des Vereins begangen” oder “Peinlichster Moment”.
Die Doppelseite ging bei den großen Vereinen noch locker von der Hand, aber bei den Kleinen aus der Zweiten Liga muss sich auch “11 Freunde” gewaltig strecken und die Geschichten z.B. zu Wehen und Hoffenheim fallen ganz, ganz dünn aus.
Wenn ich die Wahl habe für eine Zugfahrt eines der Hefte zu kaufen, muss ich keine Sekunden nachdenken und greife zu “11 Freunde”. Wenn ich aber von KICKER und Sport-BILD Erkenntnisgewinn zu den Mannschaften der nächsten Saison erwarte und Portraits zu Favre einfordere, dann muss ich es auch bei “11 Freunde” tun und die reißen damit die Latte genauso, wie die beiden großen Jungs.
Fazit
Wer es nach Sympathiebonus geht, greife zu “11 Freunde”.
Wer nach Datenmaterial und Aufmachung geht, um im Laufe der Saison schnell mal nachzugucken wer die meisten Fouls in der Mannschaft gemacht hat, greife zur Sport-BILD.
Der einzige Grund sich das KICKER-Sonderheft zu besorgen, ist die Scham mit der Sport-BILD in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Der Bonus in Sachen Textqualität ist quasi weg und das Textangebot abseits der Bundesliga nur noch arm zu nennen. Ich wiederhole das was ich im letzten Jahr geschrieben habe: es ist traurig mit anzusehen wie der KICKER seine Kernkompetenz wegschmeißt.
Reaktionen
Der einzige Grund sich das KICKER-Sonderheft zu besorgen, ist die Scham mit der Sport-BILD in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.
Ertappt. :)
Also als bekennender Kickerfan und Sportbildablehner, muß ich auch zugeben, daß die Berichte zu den Clubs deutlich ausführlicher sein könnten. Beispielsweise könnten die bis dahin bekannten Neuzugänge ausführlicher beschrieben und Überlegungen zum Einsatz im Spielsystem gemacht werden. Zwar werden ja Aussagen zum Spielsystem gemacht, aber das ist unheimlich kurz gehalten.
Diese Extra Spielervisitenkarten sind überflüssig, da wäre wohl eine Ausweitung der 2.Liga oder dann zukünftig der neuen 3.Liga sinnvoller.
Aber obwohl ich ja auch eine eher ablehnende Haltung gegebenüber Datenveröffentlichung in Papierform hab, ich halte diese Seiten mit Mannschaftsfoto und Spielerdaten auf der gegenüberliegenden Seite weiterhin für sehr gelungen. Das ganze macht ja auch eigentlich jedes Vorschauheft, egal ob es im Ausland ist (z.B. France Football) oder andere Sportarten (Eishockey News, Handballwoche). Die sich ändernden Daten halten sich aber doch in Grenzen und da bietet ja z.B. der Kicker auch an, die Daten auf der Webseite nachzugucken. Uninteressante Daten wie Fehlentscheidungen, persönliche Fouls (beim Fussball!) zeigen bei der Sportbild nur, daß man nicht wirklich an einer seriösen Berichterstattung interessiert ist, sondern Skandale oder andere “tolle” Begebenheiten wie die Tabelle ohne Berücksichtigung von Fehlentscheidungen wichtiger sind.
Das 11-Freunde Heft werde ich am Bahnhof auch mal genauer für einen Kauf prüfen.
@Jochen: das 11Freunde-Sonderheft ist mit dem kleinem Booklet in einer Folie eingeschweißt
Mist aber auch, dann muß ich woanders versuchen mal kostenlos das Heft zu prüfen. :) Oder der Zeitschriftenhändler denkt auch etwas nach und hat ein Ansichtsexemplar zur Verfügung.
Noch ein Grund für’s Kicker-Heft:
Die Bundesliga-Stecktabelle!
Bin ich der einzige, der ALLE genannten Reformaspekte schlecht findet?
http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/artikel/368402
nicht im test: 4-4-2 aber das gibt neben ein paar hochglanzfotos gar nichts her…
aber die vorsaisonberichterstattung in deutschland ist ja eh eine katastrophe, weil in jedem “bericht” lediglich die fakten aufgelistet werden: zu- und abgänge und wie teuer das alles war. vielleicht wagt noch jemand eine prognose, ob ein mannschaftsteil jetzt stärker oder schwächer besetzt ist oder vom ksc wird erwartet, dass die mannschaft dieses jahr defensiver spielen wird, aber hat es schon irgendwo eine wirkliche analyse zur bayernmannschaft gegeben? wie können die spielen, was sind die taktischen optionen, wie werden tore fallen? wird lucio defensiver spielen müssen, sagnol nicht mehr aus dem halbfeld flanken dürfen?
wieso können z.b. englische sportreporter seitenweise analysen schreiben, warum gerrard und lampard nicht oder vielleicht doch eines tages zusammen funktionieren können, aber deutsche journalisten versuchen nicht zu verstehen, wie sich schweinsteiger und ribery ergänzen könnten, sondern berichten lieber über den lustigen sockenzerschneidenden ribery und erzählen zum zigtausendsten male, wie teuer er war, warum er die religion gewechselt hat und wieso er aussieht, wie er aussieht.
leidet der deutsche sportjournalismus noch unter der historie lattekschen schwadronierens oder wollen die leser und zuschauer wirklich nicht mehr wissen, sondern sich darauf beschränken, dass eine mannschaft verliert, weil “die scheiss-millionäre sich nicht den arsch aufreissen” oder der trainer “die mannschaft nicht mehr erreicht”.
bitte etwas mehr.
das 11freunde-heft hat den klaren sympathiefaktor. analytisches sonderheft wollte das vermutlich nie sein, 11freunde ist ja allgemein eher atmosphärisch gehalten, schwerpunkte auf reportagen und geschichten. das machen sie aber gut.
ich hätte gerne vom rund-team ein sonderheft gehabt, da hätte ich mir viel von versprochen. aber die müssen ja nun leider endgültig aufgeben, nachdem sie keinen neuen investor gefunden haben.
@mo
Ich habe exakt die gleiche Meinung: Journalismus im deutschsprachigem Raum beinhaltet überproportional viele Platitüden und Offensichtliches.
Was man liest ist was man schon gesehen hat oder einfach Boulevard.
Die Schreiberlinge verwechseln Hintergrund mit Privatleben.
@Dogfood
Mal ´ne Frage off-topic. Hast Du irgendwas gehört, wie der weitere berufliche Werdegang von Günter “Cacauuuuuu…und damit meine ich nicht das aromatische Heißgetränk” Koch ausschauen wird???