Tour 2007, Ruhetag: Mit Blutdopern auf Du und Du. Heute: Vinokourov

[17h55] In Ermangelung einer Tour-Etappe mal ein bißchen Liveblogging zum Doping.

Aktueller Anlaß: Alexandre Vinourov ist wegen Blutdopings am Samstag aufgeflogen. Das Team Astana hat reagiert und bevor es von aufgebrachten französischen Tourfans mit Blutbeuteln beschmissen wird, die Tour ab sofort verlassen (meldet L’Équipe.fr).

Breaking News. Ich werde im Laufe der nächsten Stunde den Blog Eintrag ergänzen. Diesmal bitte von oben nach unten lesen. Neuere Informationen werden unten ergänzt.

[18h03] Um auch mal “positive” … äh, also “negative” Nachrichten zu erwähnen:
Alessandro Petacchi ist heute vom italienischen Radsportverband freigesprochen worden. Es ging dabei um die positive Dopingkontrolle beim Giro. Das Mittel Salbutamol habe Petacchi vom Arzt verschrieben bekommen. Es ist… man kann es sich fast denken, ein Mittel gegen Asthma. Asthma wie in “Asthma, zwinker, zwinker“.

[18h08] Zurück zu Vinokourov. Ich habe gestern die Übertragung beim französischen Rundfunksender RMC gehört. Die hatten sich gestern massiv über Vinokourov echauffiert, weil dieser das Zeitfahren gewinnt, am Sonntag einen Einbruch hat (28 Minuten Rückstand) und am Montag wieder den Strahlemann in den Bergen macht.

RMC hatte dazu während der Etappe auch einen Verantwortlichen des Teams Astana per Telefon befragt, der eine absolut hanebüchene medizinische Erklärung anbot: irgendetwas mit Knieproblemen und Druck im Knie. nach dem Interview haben die Kommentatoren nur mit dem Kopf geschüttelt, was für eine halbseidene Geschichte ihnen da aufgetischt wurde.

[18h14] Auch in der gestrigen Übertragung äußerte sich ein Leiter von “Française des Jeux” sehr abfällig über die Geschichten rund um Rasmussen und sagte das ihn diese Tour sehr an die Tour 1998 (Festina-Skandal) erinnere. Das sorgte für Aufregung bei den Kommentatoren. Kann und darf man so etwas sagen? Nachdem Vinokourov dann im Laufe des Nachmittags immer strammer fuhr, wuchs dann auch bei ihnen die Skepsis.

[18h19] EUROSPORT berichtet per Kurznachricht während der Halbzeit von Deutschland – griechenland. Die ARD-Sendung um 18h50 ist nun natürlich Gold wert!

[18h21] Wenn ich es auf der Website von L’Équipe richtig lese, verteidigt der Sportliche Leiter von Rabobank, Theo de Rooy, die Nominierung von Rasmussen sinngemäß: die Verwarnungen hätten vertraulich bleiben müssen. Keine Ahnung ob ich da was falsch verstehe, ich werde mir im Laufe des Abends die L’Équipe-Ausgaben der letzten Tage holen. Allein um die Stimmung in Frankreich zu sondieren. Wenn die Kommentatoren auf RMC ein Gradmesser sind, ist man in Frankreich kurz davor die blanke Wut regieren zu lassen.

[18h26] Das Delikt von Alexandre Vinkourov: er ist am Samstag beim Einzelzeitfahren nach Eintreffen am Ziel kontrolliert worden und positiv auf Fremdblut-Doping getestet worden. Das Resultat macht deutlich dass sich Vinkourov der Transfusion erst “kurz” vor dem Start unterzogen hat.

Kann es sein, dass Astana die Blutbeutel vertauscht hat, wie JensA in den Kommentaren spekuliert? Es wäre Zufall, da Fremdblut-Doping in der Regel mit “kompatiblen Blut” durchgeführt wird, also gleiche Blutgruppe und Rhesusfaktor.

[18h31] Aufmacher beim Radsportsender SACK.1: Die Flut in England. Mit SKY-Bildern von gestern. Glückwunsch. Bislang keine Erwähnung vom Dopingfall.

[18h37] 7te Sendeminute bei SPACK.1. Klimawandel, US-Wahlkampf, Bulgarische Gefangene in Libyien, Ökoaktivisten gegen Genmais. Bislang kein Vinokourov.

[18h39] “Der Balkan brennt!” SACK.1 zu der Hitzewelle in Südosteuropa. 10te Sendeminute, kein Vinokourov.

[18h42] 12te von 14 Sendeminuten. Nach lustigen Bildern von einer Flugzeuglandung auf einem US-Highway kommt SPACK.1 nun zum Vinokourov-Thema. Mit Korrespondentenbericht. Sinngemäßes Zitat: “Besondern bitter: mit dem Team muss nun auch Andreas Klöden die Tour verlassen, ohne sich etwas zu Schulde kommen zu lassen.”

Ja, wie gut das wir diesen Aspekt nochmal besonders herausstellen, SPACK.1.

[18h46] Laut einer Umfrage die von einer französischen Sonntagszeitung durchgeführt wurden, glauben 78% aller Franzosen nicht, dass ein Etappensieger bei der Tour sauber ist (Quelle: sport24.com).

[18h51] In der ARD äußerst sich Gerolsteiners Holczer auch dahingehend, dass er es sich nicht vorstellen kann, das heute noch nachweisbares Fremdblutdoping durchgeführt wird. Da wurden wohl Blutbeutel verwechselt “was noch auf viel mehr hindeutet” (Holczer).

[18h53] David Millar in der ARD: “tragisch” … “traurig” … “war ein Fan von Vinokourov”.

[18h55] Christian Prudhomme/Tour-Organisator: “Wir wurden nicht vorgewarnt, weil die Abläufe bei den Doping-Tests so sind, das zuerst Team und Verband informiert werden.” … “Die Doper spielen russisches Roulette”

[18h59] Nochmal eine Präzisierung zum Freispruch von Alessandro Petacchi (Ex-Milram): Petacchi konnte eine Ausnahmegenehmigung für das Asthmamittel vorweisen. Aber: nach Ansicht der Staatsanwaltschaft erlaubt die Ausnahmegenehmigung nur 1.000ng/ml Salbutamol, während bei Petacchi 1.320ng/ml gefunden wurden. Die Disziplinarkommision des italienischen Radsportverbandes hat sich ausdrücklich nicht dieser Auffassung der Staatsanwaltschaft angeschlossen und Petacchi freigesprochen. Eine Begründung warum der Radsportverband den Grenzwert nicht anerkannt hat, wurde nicht gegeben (Quelle: sport24.com).

[19h04] Holczer in der ARD: “Mich interessiert es nur am Rande, wer die Tour gewinnt”. Er habe soviel mit anderem Zeug zu tun, dass er sich manchmal bei seinen Beifahrern erkunden muß, wie der Stand bei der Tour wäre.

[19h11] Zitat des Sportlichen Leiters von Française des Jeux, Marc Madiot: “Eine Überraschung? Nein. Hab nix zu sagen. Raus! Gehen Sie weiter, es gibt hier nix zu sehen.” (Quelle: Le Monde). BTW: nach Informationen der Le Monde von Anfrang Juni, arbeitete einer der Ärzte von Team Astana, Andreas Blum, bis mindestens 2006 an der Uni Freiburg.

[19h16] Aus der Pressekonferenz von Team Astana, according ARD: Vinkourov bestreitet das Fremdblutdoping.

[19h19] Die Sportlichen leiter der Tour sollen in diesen Augenblicken zu einer Krisensitzung zusammengetreten sein (Quelle: sport24.com).

[19h28] Eric Boyer, Leiter bei Cofidis:

Ich bin völlig enttäuscht. Ich hoffe Vinokourov besitzt wenigstens den Anstand und streitet es nicht ab. Ich hoffe er erklärt wer ihm geholfen hat, wer an dieser Schweinerei beteiligt war, denn das kann man nicht alleine machen. Vinokourov hat uns gesagt, er würde mit Dr. Ferrari nur der Trainingspläne wegen arbeiten. Er hat uns erzählt, dass er mutig sei, dass die Franzosen es mögen würden, dass er stärker als der Schmerz wäre. Er hat uns erzählt, dass die Franzosen Weicheier wären und jetzt stellt sich heraus dass er ein großes Arschloch ist, der den Radsport einmal mehr in Mißkredit bringt. Es ist ein harter Schlag. Ich hoffe wir stehen noch einmal auf. Ich stehe zu dem was ich seit einigen Wochen und Monaten sage. Ich fordere hiermit das Team Astana auf, den Radsport schnellstmöglichst zu verlassen.

Roger Legeay, Leiter bei Crédit Agricole:

Was für ein Horror! Es ist unerträglich! Was werden sie noch anstellen? Es muss jetzt alles angewendet werden, was in den letzten Jahren in Kraft gesetzt wurde: die Charta, die Selbstverpflichtungen. Man muss sich von denen absetzen. Man hat mit denen nichts zu tun. Raus!

(Quelle: jeweils L’Équipe.fr)

[19h38] Ich finde derzeit auf französischen Websites keine Bestätigung der Meldung des ZDFs, dass das Team Astana von der Tour rausgeschmissen wurden. In Frankreich wird immer noch gemeldet, dass das Team Astana von sich heraus den Schritt unternommen hat. Ich hoffe in den 20h30-Nachrichten auf TV5 mehr zu erfahren.

[19h42] Cyclingnews.com meldet den Wortlaut der Presseerklärung mit der das Team Astana die Tour verlässt:

ccording to the ethical code of the Astana Cycling Team, Alexandre Vinokourov has been suspended of the team with immediate effect. The rider asked nevertheless [for] a B-analysis. Informed by the Astana management, the organisers of the Tour de France invited the team to withdraw, [and] was immediately accepted.

Also Astana informierte die Tour-Organisatoren und die Organisatoren baten Astana die Tour zu verlassen, was jene anstandslos taten.

[19h46] Die Doping-Nachricht ist beim französischen Nachrichten-Sender BFM (TV) und beim Rundfunksender France-Info die Nummer 1-Schlagzeile.

[20h12] Die französische Polizei führt momentan (oder hat vor kurzem durchgeführt) eine Durchsuchung des Mannschaftsquartier von Team Astana durch (Quelle: France Info)

[20h15] Laut Astana-Manager Marc Biver erkläre Vinokourov dass seine Blut-Anomalien mit seinem schweren Sturz bei der 5ten Etappe zusammenhänge… (Quelle: FAZ)

[20h26] DWDL.de berichtet von den SPACK.1-Einschaltquoten des Montags. Die Tour kam auf einen Marktanteil von 4,1 in der Kernzielgruppe (14-49 Jahre), knapp ein Viertel dessen was SPACK.1 ansonsten an Nachmittagen einfährt.

Mal sehen ob die SPACKos den Dopingvorfall nutzen um die Einschaltquoten und Werbekunden zu retten und ihrerseits aus der Tour auszusteigen. Als Nebeneffekt könnte man so tun, als würde man ARD & ZDF im Kampf gegen Doping an vorderster Front beistehen….

[20h30] In der Hauptnachrichtensendung von France 2 (via TV5) ist die Tour das zweite Thema. Aufmacher ist die Befreiuung der bulgarischen Krankenschwestern aus Libyien, an denen französische Diplomaten und Präsidentenehefrauen beteiligt waren.

[20h38] L’Équipe.fr bestätigt die Durchsuchung der Quartiere von Team Astana und auch von AG2R heute abend.

[20h48] Titelblatt der L’Équipe vom Sonntag: “Vino ist zurück!”. Karikatur auf Seite 2: ein blauer, kasachischer Adler stürzt auf das Feld. Das Péloton: “er will uns alle aufessen!”

[20h50] Nach 20 Minuten (von 40 Minuten Sendezeit) kommt man in den Nachrichten von France 2 zum Fall Vinkourov (France 2 ist Host-Broadcaster der Tour). Kurioserweise befragen alle Sender anscheinend nur den David Millar.

Leider wurde in der Ausgabe von TV5, die um 10-15 Minuten gekürzt wird, das Interview mit Patrice Clerc, einem der Tour-Verantwortlichen nicht gezeigt. Er unterstrich nochmal, dass die Tour 2007 nicht abgebrichen wird (Quelle: sport24.com).

[21h08] Die Medien und Tourbeobachter sehen gespannt dem morgigen Tag entgegen, wenn die Ergebnisse des Dopingtest der 15ten Etappe vorliegen, namentlich von Vinokourov und Contador.

[21h17] Doping? Alles Lüge. Der Koch von Bouygues Télécom erklärt in der Sonntagsausgabe was die Fahrer in Wirklich treten läßt:

Bei einer Bergetappe verbrauchen die Fahrer bis zu 8.000kcal. Meine Rolle ist es deie Fahrer mit der Energie zu versorgen, die sie benötigen. Beim Abendessen müssen es 2.000 kcal sein und das wichtigste Mittel zu Zufuhr sind Nudeln. Jeder Fahrer isst das äquivalent von 170g Trockennudeln. meistens ohne Sauce, aber häufig mit ein bißchen Käse.

Die Nudeln müssen auf die Minute genau gekocht al dente sein und dem Fahrer frisch serviert werden.

Wenn die Nudeln zu sehr durchgekocht sind, sind sie nicht mehr so gut zu verdauen. Die Glukose wird dann nicht benützt um den Energiespeicher zu füllen, sondern in Fett umgewandelt.

Hören Sie morgen auf SPACK.1 das Geständnis des Astana-Kochs: “Ich bin schuld! Meine Nudeln waren noch nicht durch!”

[21h42] Die beiden Tour-Organisatoren Patrice Clerc und Christian Prudhomme in einem Interview mit L’Équipe.fr (bzw. der Wortlaut klingt sehr nach der PK vom frühen Abend):

Wir werden die Tour nicht abbrechen. Wir haben häufig gesagt, dass wir uns in einem gnadenlosen Krieg gegen Doping befinden. In einem Krieg gibt es auch Schäden. Die Tour macht gerade eine schwarze Ära durch, aber wir werden nicht nachgeben, das Spiel aufgeben und den Schummlern den Platz überlassen.

Wir haben den Fahrern gesagt, dass der Start in London eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang ist. Das hat nicht geklappt. Wir wollen denen sagen, die es noch nicht verstanden haben, dass sie russisches Roulette spielen. Indem sie betrügen, spielen Sie russsisches Roulette. Das muss in ihre Köpfe. Wenn einige weiter betrügen und einen ganzen Sport in den Dreck ziehen, dann sollten sie verstehen, dass wir absolut entschlossen sind. Ein positives Dopingergebnis mehr, das finde ich nicht witzig, ist aber auf der anderen Seite auch der Beleg, das unser Ansatz funktioniert.

Vinokourov hat eine markante Persönlichkeit, er hat Kampfgeist gezeigt, aber er hat betrogen. Betrüger haben die Tour zu verlassen, egal wer. Die Öffentlichkeit möchte keine Betrüger sehen. Die möchten eine glaubwürdige Tour sehen, mit unverdächtigen Leistungen die sie bewundern können wollen. Wir sind nicht niedergeschlagen, sondern mehr denn je entschlossen, diesen kampf bis zum Ende zu führen. Wir sind uns sicher: wir nähern uns dem Sieg.

Anfang des Jahres hatte das Team Astana Fahrer die zum Besten des Peloton gehörten. Wir haben die Verantwortlichen des Teams sehr ausdrücklich davor gewarnt, die Grenzen des Reglements auszuloten. Angesichts der Qualität der Mannschaft hielten wir einen Startplatz bei der Tour für gerechtfertigt. Heute bedauern wir unsere Entscheidung. Wir bedauern es, einmal mehr betrogen worden zu sein. Leider mussten wir dazulernen. Das einzige was wir noch an dem Team Astana respektieren, ist dass sie anstandlos unseren Wunsch akzeptiert haben, die Mannschaft aus der Tour zurückzuziehen.

Michael Rasmussen hätte bei der Tour nicht dabei sein dürfen. Ein Champion oder jemand der sich dafür hält, hat vorbildlich zu sein. Rasmussens Verhalten vor der Tour und sein inakzeptabler, lässiger Umgang mit den Anti-Doping-Richtlinien hätte uns früher zur Kenntnis gebracht werden müssen. Wir hätten in diesem Fall seine Teilnahme abgelehnt, weil er kein Vorbild für das Fahrerfeld ist.

Das aktuelle Kontrollsystem funktioniert nicht. Es ist ein völliger Fehlschlag. Es muss geändert werden. Das System schützt nicht die größte Rundfahrt der Welt […] Wir brauchen eine Revolution.

[23h03] Frankreich ist ein stolzes Land. Es ist auf sich stolz. Auf seine Landschaften. Auf seine Kultur(en). Die Tour funktioniert als Schaufenster zu diesem Land. Als Schaufenster für sich, als eine Art virtuelle Reise um das Land und als Schaufenster für den rest der Welt, um sich selbst zu präsentieren. Das Land ist nicht einfach Kulisse bei der Tour, sondern der zu bezwingende Gegner.

Aus diesem Stolz heraus lässt sich vieles erklären, wie z.B. die angebliche Amerikafeindlichkeit und der verzweifelte Versuch Anglizismen auszusperren. Dieser Stolz spiegelt sich auch in der Tour wieder, die eben nicht nur ein einfaches Sportereignis für die Franzosen ist, sondern teil der nationalen Identität, Teil der Patrimoine.

Das muss man verstehen, um die vorsichtige Haltung der Franzosen zum Thema Doping zu erklären. Doping wird zuallererst als Ausnahme von der Regel gesehen. Deswegen schlossen sich die Franzosen nie den pauschalen Verdächtigung z.B. aus Deutschland an.

Die Tour 1998 (Festina) konnte noch als GAU interpretiert werden.

Der Tour 2007, Rasmussen und Vinokourov gebührt der Verdienst diese Haltung bei den Franzosen zu kippen. Es ist nicht mehr ein Doping-Einzelfall oder ein Verdacht. “Hoho, der Mann fährt aber die Berge schnell rauf, zwinker, zwinker“. Die Franzosen packen gegenüber ihrem Lieblingskind Tour Zynismus aus. Unerhört in der Geschichte der Tour.

Seit dem Rasmussen-Verdacht oder den abstrusen Leistungen des Alexandre Vinokourov haben immer mehr Franzosen aufgehört die Tour für voll zu nehmen. Die Franzosen registrieren sehr wohl, dass die vermeintlich sauberen französischen Fahrern nicht unter den Top 25 im Gesamtklassement zu finden sind.

Rasmussen wird seit dem Wochenende sogar von der L’Équipe nicht mehr als würdiger Tour-Sieger angesehen, sondern Teil des Problems. Die Pest die man nicht mehr los wird.

Wenn sich Deutschland aus der Tour ausklinkt, geht “nur” ein großer Markt verloren. Mit T-Mobile verabschiedet sich ein großer, prägender Sponsor, aber das wäre insgesamt überschaubar.

Wenn aber die Franzosen nicht mehr die unschuldige Liebe zum Radsport und zur Tour empfinden können, hat der Profiradsport wirklich Probleme. Frankreich ist das Kernland. Frankreich besitzt den größten Radsportveranstalter und die Tour ragt weit, weit, weit über alle anderen Radsportereignisse hinaus.

Ich weiß nicht wie es mit der Tour die nächsten Tage und Monate weiter geht. Das Publikum wird vermutlich weiter am Straßenrand sein um das Spektakel sich anzusehen. Aber ob die Reaktionen in Paris so enthusiasmiert sein werden? Pfeiffkonzert für Rasmussen nicht ausgeschlossen. Es erhöht hoffentlich den Druck im Péloton, die schwarzen Schafe auszugrenzen.

Und nach der Tour wird das Großreinemachen anfangen. Eine Reihe von Sponsoren wird abspringen und die Tour-Organisatoren werden ihr Heil in einem Konfrontationskurs mit der UCI suchen, vielleicht sogar sich von der UCI abspalten. Es wird mächtig Lärm geben, denn das ist die einzige Chance der Tour, in Frankreich und gegenüber dem Rest der Welt, das Gesicht der Tour zu wahren. Nicht umsonst haben Clerc und Prudhomme heute abend auf der Pressekonferenz Kriegsvokabular benützt.

Es ist scheißegal wer die Tour gewinnt. Das Geschehen abseits des Feldes ist längst viel spannender.

[23h12] Eine Portion Generalverdacht für die Nacht? Aus der Dienstagsausgabe der L’Équipe. Ein Artikel mit Aussagen von Dr. Fréderic Grappe. Wissenschaftler an der Universität Besaçon, Biomechaniker und Berater für den französischen Radsportverband. Grappe hat sich u.a. mit der Messung von Leistungen im Radsport befasst.

Er kommt nach den letzten Tagen zum Schluß, dass Rasmussen nicht sauber ist. Am Samstag ist Rasmussen bis zur Steigung bei Kilometer 35,5 2kmh langsamer als die fünf schnellsten Fahrer gefahren. Bei der Steigung konnte der Bergfahrer logischerweise mithalten, aber – und das ist außergewöhnlich – im zweiten flachen Teilstück ab Kilometer 38 fuhr Rasmussen genauso schnell wie die fünf Schnellsten. Sein Körper zeigte also keinerlei Ermüdungserscheinungen. Rasmussen habe seine ungewohnt gute Zeitfahrleistung mit der veränderten Position auf dem Rad erklärt. Grappe, dessen Doktorarbeit just über die ideale Sitzposition auf dem Rennrad handelte, hält dies für ausgemachten Unsinn. Rasmussen hatte keine feste Sitzposition und sein Körper bewegte sich in alle Richtungen. Alles andere als optimal.

Auch Rasmussens Leistung am Tag danach, am Anstieg zum Plateau de Beille sei suspekt. Rasmussen und Contador haben beim Anstieg die 2004er-Zeit von Armstrong um 81 bzw. 82 Sekunden unterboten. Während aber Armstrong nur eine Beschleunigung benötigte um dann gleichmäßig raufzufahren, haben sich Rasmussen und Contador versucht mit Zwischensprints aus dem Rad zu fahren. Als ob es nach einer fünfstündigen Fahrt keine Müdigkeit gäbe.

Für Grappe ist der 2005er-Anstieg zum Courchevel das Aha-Erlebnis, als Valverde, Armstrong, Rasmussen, Mancebo und Basso den alten Rekord pulverisierten. Vier dieser Fünf sind mehr oder weniger des Dopings überführt. Und Rasmussens Leistung am Sonntag in Beille ist in den Werten vergleichbar mit 2005. Nimmt Grappe seine Erfahrungswerte und schaut sich den Anstieg zum Plateau de Beille an, hält er die Fahrt von Rasmussen und Contador jenseits des Menschenmöglichen und die Fahrt von Klöden und Valverde für suspekt: “Im Gegensatz zu dem was man glauben könnte, hatten Klöden und Valverde keinen schlechten Tag. Vielmehr ist vorne die Fahrt einfach zu schnell gewesen. Sie haben 40 Sekunden auf nur zwei Kilometern bekommen. Das habe ich noch nie gesehen.

[23h38] Heute abend wurde nicht nur das Teamhotel von Team Astana von der Polizei durchsucht, sondern auch ein Begleitfahrzeug des Teams auf der Autobahn bei Toulouse vom Zoll(!) gestoppt worden. Die Staatsanwaltschaft bestätigte dass die Durchsuchung des Fahrzeugs in Zusammenhang mit Dopinguntersuchungen steht. Mehrere Passagiere des Begleitfahrzeuges wurden von der Polizei vernommen (Quelle: L’Équipe.fr/AFP).

[00h32] Weiß sie mehr? Die Ministerin für Gesundheit, Jugend und Sport Roselyne Bachelot schloß in einem Interview mit France-Info nicht aus, dass es diese Woche weitere positive Doping-Tests geben wird (Quelle: L’Équipe.fr).

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Wie schon im anderen Beitrag erwähnt. Der Ausstieg von Astana dürfte den Hintergrund haben das Vino der dritte Dopingfall im Team dieses Jahr ist. Damit sind sie ohnehin laut ProTour Reglement (für alle UCI Rennen) gesperrt, auch wenn man bei Mazzoleni diskutieren könnte ob er wirklich dazu zu zählen ist.

  3. Tja, es ist einfach nur noch schade. Mich erinnerte das ganze Comeback von Vinokourov irgendwie an Floyd Landis letztes Jahr. Ich hatte schon ein “schlechtes” Gefühl.

  4. Wieder ein Betrüger weniger, dann waren es nur noch “alle anderen”…
    Ich geniesse diese Schlagzeilen, es wird sich aber trotzdem nichts ändern bei der Lügenmafia!

  5. Steigt jetzt Sat.1 aus?

    Übernimmt der Sender, who must not be named?

  6. War 2004 nicht Tylor Hamilton schon mal mit Blutdoping bei Astana erwischt worden?

  7. Ohne jetzt nachzugucken: ich glaub es war das Vorgängerteam Phonak und führte mit zum Verkauf des Teams. Ich weiß nicht ob es damals Blutdoping war.

  8. Zu RMC: Auch wenn sie im Endeffekt wohl recht hatten, aber was ist so ungewöhnlich daran das ein eher angeschlagener Fahrer nach einer absoluten Topleistung am nächsten Tag einbricht, dann auf dieser Etappe eher die Beine hochnimmt und regeneriert, um am nächsten Tag eben das eine Korn mehr das er am Vortag dann gespart hat in einen Etappensieg umzumüntzen? Das erscheint mir jetzt nicht umbedingt so super ungewöhnlich, auch wenn nun die Vermutung nahe liegt das auch die beiden Tage nach dem Zeitfahren mit dem Doping eng zusammen hängen. Die wahrscheinlichste Erklärung warum Vino erwischt wurde dürfte darin liegen, das bei Astana Blutbeutel vertauscht wurden und Vino deshalb unfreiwillig kein Eigen- sondern leicht nachweisliches Fremdblutdoping begangen hat. Sein Einbruch am nächsten Tag wäre dann damit zu erklären das der Körper darauf später irgendwie negativ reagiert hat.

  9. IIRC: Phonak hat die Türen ganz geschlossen. Astana ist der Nachfolger von Liberty Seguros/Würth, die wiederum aus Once hervorgingen.

  10. Das Vorgängerteam von Astana ist die Sainzequipe Liberty Seguros (früher Once), nicht Phonak.

  11. Jetzt wo ihr es sagt: stimmt. Mea Culpa.

  12. re: Petacchi

    Freigesprochen? Wie muss man das verstehen, ich dachte es war von Anfang an klar, dass er das Mittel “legal” (also per “Ausnahme”genehmigung) genommen hat, das Problem aber in der Dosierung lag? Gibt’s für ihn deswegen jetzt Konsequenzen, oder läuft das unter “Mein Gott, ist halt’n Radsportler”? (Danke @ Stefan)

  13. @Dogfood

    Ist das mit SACK.1 jetzt offiziell?

  14. In der L’Équipe steht keine Begründung. Die Dosierung war höher als das von der WADA festgesetzte Limit von 1.000ng/ml (1.320). Der Staatsanwalt hatte ein Jahr Sperre verlangt. Petacchi kann nun wieder radeln.

  15. Ich schwanke derzeit zwischen SACK.1 und SPACK.1

  16. lol. wenn das so weitergeht, wird die Tour de France bald auf VIVA laufen.

  17. dafür ist Astana im Fussball erfolgreich …

    FK Astana in der Champions League Quali weiter ….

    3-0 gegen Rustavi aus Georgien.

    ging wahrscheinlich auch ohne Doping

  18. @JensA:
    interessante Theorie. Wenn die Beutel tatsächlich versehentlich vertauscht wurden, müsste es ja noch einen zweiten Fahrer bei Astana geben, der mit Winokurows Blut unterwegs war…

  19. @B.Schuss

    VIVA nix gut, klingt zu lebendig für die Tour

    Der neue Trauerkanal wäre passender.

  20. Möglich. Allerdings muss derjenige nicht zwingend getestet worden sein.

  21. ..und ich habe noch ‘Rudis Sohn’ im Ohr, wie er gestern bei Sat1 davon schwärmte, daß (im TV) endlich wieder der Sport im Mittelpunkt steht und nicht mehr immer nur vom Doping die Rede sei.
    Und Winokurow, wie er im Interview nach der gestrigen Etappe als Grund für seinen Einbruch mentale Probleme nannte und dabei genau wusste was los ist.
    Wie kann man nur so unverfroren lügen.
    Der Radsport ist verseucht, und die Chuzpe der Doping-Fahrer kann man wohl nur mit Abhängigkeit oder besser Sucht erklären. Alkohol-Süchtige sind sich ja auch keinem Fehlverhalten bewusst.

  22. 18:45 bei RTL:
    Ganz zu Beginn in den Schlagzeilen kam die Meldung mit Astana und Vinokourov und vor den anderen Nachrichten kam eine kurze Bemerkung des Sportmoderators. Auch von ihm wurde auf die Situation von Andreas Klöden hingewiesen.

    Also ein wenig besser als bei SAT.1 (oder wie auch immer).

  23. Hehe, der Gerolsteiner-Vertreter: “Vielleicht wird es ja nächstes Jahr besser” – das ist nicht mal mehr Zweckoptimismus…

  24. kasachisches roulette, dänisches roulette, spanisches roulette. oh, mann…

  25. @koala7777:
    Was meinst Du wo die falschen Beutel für Vinokourov hergekommen sind und wer seine eigentlichen bekommen hat? Wollen wir wetten, dass FK Astana in der nächsten Runde sang- und klanglos untergeht (mind. 28 Minuten Rückstand…äääh… oder so ähnlich… ;))?

  26. ZDF hat grad eben mal kurz noch einen Fakt aus der PK erwähnt: Astana ist von der Tour-Leitung dazu aufgefordert worden, sich zurückzuziehen. Dies ist also nicht freiwillig geschehen.

  27. Reporter beim ZDF meinte Astana wäre nicht freiwillig gegangen sondern ihnen wäre der Rückzug von den Tour-Veranstaltern nahegelegt worden.

  28. Zitat von Heppner laut Eurosport: “Mir fehlen die Worte. Wie kann man so etwas in der jetzigen Zeit machen.”

  29. Ich bin kein Mediziner, aber wenn da Blutbeutel vertauscht wurden, müssten dann nicht zufällig trotzdem die Blutgruppen/rh-Faktoren der betroffenen Fahrer übereingestimmt haben? Ansonsten hätte solch eine Verwechslung doch sicherlich schwerwiegendere gesundheitliche Folgen als “nur” ein 28 Minuten teurer Einbruch auf einer Pyrenäenetappe?!

  30. lt. bbc.co.uk gab eine Pressemitteilung von Astana in der u.a. stand: “Informed by the Astana management, the organisers of the Tour de France invited the team to withdraw, which was immediately accepted.”

  31. @JanO: Vermutlich stimmten Blutgruppe und Rhesus-Faktoren zufällig überein, was auch der Grund für die Verwechslung sein könnte. Da hat jemand die Beutel schlecht beschriftet und vor der Verabreichung nur noch mal schnell das Blut gecheckt, ohne zu wissen, dass ein Kollege dieselbe Blutkonfiguration hat. Bestimmte Kombinationen aus Blutgruppe und Rhesusfaktor sind ja deutlich häufiger als andere, seltene Kombinationen.

    Der Einbruch mit 30minütigem Zeitverlust hat mit dem Fremdblut sicher nix zu tun. Wäre das Blut wirklich inkompatibel gewesen, hätte Vinokourov durch die Immunreaktionen wahrscheinlich sogar in Lebensgefahr geschwebt.

  32. Auch die Tagesschau hat mit der Doping-Meldung begonnen. Es kam ein Bericht (knapp 2,5 Minuten) von Hajo Seppelt.

  33. Wenn die ARD konsequent wäre, müsste sie doch jetzt wieder von der erneuten Berichterstattung zurücktreten ;-)

  34. Hmm.. ist Hans Meyer grad sowohl bei Premiere als auch Sat1 “Live” zum Interview? :-)

  35. Haha! SPACK.1-Videotext: “Wino vermasselt Klöden die Tour.” Unfassbar!

  36. Ich habe noch nie eine Sportart gesehen, bei der Sportler, Teams und Funktionäre sich selbst so demontiert haben. Wenn es Frendblut war, und man den Beutel “verwechselt” hat, dann muss es ja mindestens zwei Doper bei Astana geben, und wer weiß, was sie Vinokourov sonst noch so gegeben haben. Er war die ganze Tour schwach und plötzlich gewinnt er eine Königsetappe. Das ist alles so lächerlich. Dazu noch Rasmussen.

    Was soll man da noch machen? Doch neben Wrestling setzten? Einfach nur noch Berge fahren lassen und schauen, wer am schnellsten ankommt, weil er die besten “Medikamente” hat?

  37. Zu Beginn der Tour habe ich mit meinem Vater gesprochen und wir waren uns einig, dass wir trotz des Doping-Beigeschmacks die Schleife wieder genießen würden. Ich wollte sogar einen trotzigen Blog-Eintrag mit dem Titel “Bescheißt mich!” schreiben, so à la “Was kümmet mich, ob die sich selbst kaputt machen, ich hab Spaß am Fernseher”.

    Doch es hat sich etwas geändert. In der ersten Woche ging es noch Mann gegen Mann, im Sprint auf der Zielgeraden. Das war so glaubwürdig wie immer (was immer das bedeuten mag). Doch nun hieß es “Mann gegen Berg”, und plötzlich wollte sich die Begeisterung nicht mehr so einstellen wie in der Vergangenheit. Wie hätte mich das gestrige Duell Rasmussen-Contador früher vom Hocker gerissen. Und jetzt? Besonders das Zeitfahren mit den Leistungen von Winokurov und Rasmussen war mir richtig widerwärtig.

    Jetzt hab ich Angst, dass das wohlige Gefühl einer Hors Catégorie nie wieder zurück kommt. Mir würde etwas fehlen…

  38. @Joerg

    PREMIERE war live, Sat1 aufgezeichnet…

  39. Danke für eure grossartige Berichterstattung. Darf man fragen warum nicht gleich die ganze Apotheken-Rundfahrt für dieses Jahr das Licht ausschaltet?

  40. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass mich diese Enthüllungen nicht mal mehr aufregen.

    Außerdem finde ich, dass man zu den Öffis im Rückblick betonen muss, was für einen brillianten lay-down sie nach dem flop hingelegt haben. Man stelle sich mal die Kommentare vor, wenn sie trotz Sinkewitz munter weiter berichtet hätten.

  41. ‘food

    Weißt Du, wie die Rechtslage in Frankreich bzgl. Doping bzw. Dopingmitteln ausschaut?

  42. die informatonen bzgl. blutdoping sind teilweise falsch, vermute ich.
    beutelverwechslung halte ich für ausgeschlossen.
    radfahrer dopen sich mit ihrem eigenen blut, welches ihnen in der trainingsphase entnommen wird. durch konservierende zusätze ist es gekühlt locker 4 wochen haltbar.
    diese konserven werden nicht auf die blutgruppe getestet – unnötig, weil es ja der spender kurz vor dem rennen zurückerhält.
    ein hämatologe… (sollte in jedem dopinglabor ne planstelle haben) untersucht die roten blutkörperchen differenziert auf ihr alter.
    bei einem ungedopten menschen gibt es ein bestimmtes, ausgewogenes verhältnis roter blutkörperchen in verschiedenen alters-/reifegraden, weil sich die zellen ganz natürlich erneuern, im knochenmark neu gebildet werden.
    beim blutdoping ist eine erhöhte anzahl ‘alter’ zellen nachweisbar, unabhängig von allen verschleierungsversuchen.

    risiko des eigenblutdopings ist ua eine bakterielle verseuchung des gespendeten blutes durch unsaubere abnahmetechnik oä., was zu einer lebensgefährlichen komplikation oder auch nur zu einem unerklärlich schlechtem tag führen könnte.

  43. @Martine: in allen Berichten ist bislang explizit Fremdblut-Doping erwähnt worden. Die Tests sollen ergeben haben, dass Vinokourovs Blut zwei unterschiedliche Stämme von roten Blutkörperchen hatte, damit sich also fremdes Blut im Körper von Vinokourov befand.

    @NoteMe: Nein, nur grob: Doping ist in Frankreich ein strafrechtliches Delikt das von Polizei und Staatsanwaltschaft untersucht werden kann. Daher auch die Durchsuchung der Quartiere heute abend.

  44. ist noch immer unvorstellbar für mich, weil der logistische aufwand und die kriminelle energie noch höher anzusetzen sind,
    aber sie werden die infos richtig werten. (vvlt. hat astana echtes kasachenblut eingeführt…. )
    bin gespannt, was letztlich dabei rauskommt…

  45. “säckeweise medikamente beschlagnahmt”:
    http://www.radsport-aktiv.de/sport/sportnews_45269.htm

  46. Irgendwie verstehe ich den Fall nicht. Es ist ja ohnehin schwierig den Überblick zu behalten bei diesen ganzen medizinischen Fachdiskussionen. Fremdblutdoping ist also nachweisbar. Aber warum sollte Wino dann damit dopen? Werden die Proben normalerweise nicht auf Blutdoping getestet und hoffte man damit durchzukommen? Und die andere These, dass Blutbeutel verwechselt wurden, hört sich zunächst einmal nicht sehr glaubwürdig an. Wenn überhaupt, dann muss es wohl wirklich einen im Team geben, bei dem die Charakteristika identisch sind. Auf den Beuteln werden ja wohl kaum die Namen der Fahrer draufstehen. Aber wenn im Team eine Hand weiß, was die andere macht, dann war die Verwechslungsgefahr doch bekannt und wird damit wieder unwahrscheinlichst. Und wenn die Hände nichts voneinander wissen, dann gibt es keine Verwechslungsgefahr. Bin mal gespannt, wie es weitergeht.

    Mal davon unabhängig finde ich es gut, dass wieder ein prominenter Fisch gefangen wurde. Meinetwegen kann es gerne so weitergehen. Und das sage ich, gerade weil ich den Radsport so mag. Es darf jetzt keine Ruhe reinkommen, sonst bleibt man bei halbfertigen Lösungen stehen. Ich hoffe nur, dass bei der Aufklärung auch mal was ins Rollen kommt und aus dem System heraus ein paar Beiträge kommen.

  47. “Weiß sie mehr? Die Ministerin für Gesundheit, Jugend und Sport Roselyne Bachelot schloß in einem Interview mit France-Info nicht aus, dass es diese Woche weitere positive Doping-Tests geben wird”

    Ich kann leider kein Französisch (danke für deine Übersetzungen) und so nicht nachlesen, wie das in der L’Equipe formuliert ist, aber dieses “Weiß sie mehr?” finde ich zu reißerisch. Wer zum jetzigen Zeitpunkt ausschlösse, dass es diese Woche weitere Dopingfälle geben könnte, müsste schon sehr gutgläubig sein.

  48. @ Ole Begemann

    Ich denke nicht, dass man da gutgläubig sein muss. Erwischt werden wohl nur die, die Fehler beim dopen begehen. Die restlichen gedopten arbeiten so, dass es nicht nachweisbar ist.

  49. Nee, jetzt reichts mir als Zuschauer aber wirklich. Hab beide Sieg-Etappen von Vino gesehen und dann das. Wie hohl ist der eigentlich?

    Das macht doch echt, auch als “abgehärteter” Zuschauer, keinen Spaß mehr. Und die dümmsten sind die Fahrer, die nicht dopen.

    Hab vorgestern noch gesagt: “Boah, Klöden du Lusche…wo ist dein Angriff auf das gelbe Trikot?”…ok, der dopt wahrscheinlich auch. Aber wenn nicht?
    Fährt im Hauptfeld…startet keine Attacke…weil er vielleicht sauber ist. Verliert und wird noch als Flasche bezeichnet. Das ist verarsche am Sport. Nicht nur die Tatsache das Fahrer dopen, sondern auch, dass andere Fahrer durch sowas als “schwach” angesehen werden.

    DAS macht keinen Spaß mehr. Dann lieber “richtigen” Mannschaftssport…

  50. Was soll man da noch großartig zu sagen – ich mache mir zum thema Doping in de rletzten Zeit, seit dem großen Knall letztes Jahr in Straßburg Gedanken und denke es gibt einfach keine Lösung, wenn es so weiter läuft wie bisher!

    Dadurch das die Radsportler relativ individuell über das gesamte Jahr trainieren, wird man niemals Doping vollkommen ausschliessen können – anders würde es aussehen, wenn man die Rennsaison etwas verkürzen würde und vielleicht die Mannschaften ähnlich wie ein Fussballteam trainiert werden, dass heißt während der Vorbereitungszeit sind die jweiligen Mannschaften an einem Stützpunkt und trainieren zusammen – dabei ist sicherlich eine regelmässige und unangemeldete Überwachung der Nadas unumgänglich – was aber um einiges einfacher und günstiger wäre, da die Reisen quer durch die Republik entfallen, dadurch könnte man dies eingesparte Geld in neue Techniken zur Erkennung von Doping investieren.

    Das wäre sicherlich ein Ansatz, um solche Geschichten wie mit dem Rasmussen zu um gehen der anscheinend in der halben Welt rumpendelt und somit sich jedem Test entziehen kann.

  51. Nur mal so in den Raum geworfen – ohne weiter darüber nachgedacht zu haben, kenn auch die Details zu Doping-Möglichkeiten nicht:

    ABER: Wäre eine – zugegeben extreme – Möglichkeit, den Radsport wieder sauber zu kriegen, die Beweislast umzukehren. Dass die Teams/Fahrer lückenlos beweisen müssen, dass sie “sauber” sind? Ansonsten keine Teilnahme?

    Nur mal als Denkanstoß, kann sein, dass ich jetzt für den Vorschlag gesteinigt werde ;-))

  52. Sehe gerade bei N24 einen Bericht. Der Kamermann des Senders wurde von Astana-Verantwortlichen angegriffen und geschlagen. Zudem hätte der Teamchef ihn beinahe überfahren (absichtlich!!). Tja, es ist wirklich nicht mehr auszuhalten.

  53. SACK.1 und SPACK.1:

    Habe noch eine Alternative im Internet gefunden

    FFSS – Frühstücksfernsehensender

    so wurde der Sender in einer Kolumne bei Quotenmeter genannt:
    http://www.quotenmeter.de/index.php?newsid=21327

  54. Ach, Dr. Grappe aus Besancon hat mal wieder die Fahne im Wind, so wie damals:

    «Les techniques de course adoptées par Lance Armstrong sont loin d’être incongrues. Et, si dopage il y a, il ne peut certainement pas à lui seul expliquer les performances du coureur américain.»

    Sicher doch.

    Im Kern ist Doping kaum zu bekämpfen. Ist ein Arms Race zwischen neuen Dopingmethoden und Kontrolleuren/Wissenschaftlern. Erstere sind immer einen Schritt voraus. Erwischt werden in der Regel die Risk Taker wie Hr. Winokurow, die sich auf Fremdblutdoping einlassen (vermutlich von irgendwelchen Verwandten stammend und nicht von anderen Astana-Fahrern — halte Verwechslungstheorie für sehr unwahrscheinlich). Künstliches Hämoglobin und andere Methoden (von denen wir Zuschauer vermutlich noch nichts wissen), im Grunde nicht nachweisbar, sind viel ‘sicherer’. Es sind Zocker wie Winokurow oder Landis, die durch ihre Unverfrorenheit positive Tests erst möglich machen.

    Ist aber alles nur ein laues Lüftchen verglichen mit dem zu erwartenden Orkan, sollten die Fussballernamen von Fuentes’ Liste ans Tageslicht kommen. Hoffentlich irre ich mich.

  55. Mal ne andere Frage. Selbst wenn die Beutel verwechselt wurden. Dann
    hätten Vino doch trotzdem Blutdoping betrieben. Halt nur mit seinem eigenen Blut. Das ist doch auch verboten, oder?

  56. […] Den Fall Vinokourov / Astana / Klöden nicht unkommentiert lassen wollten u.a. Nick & Mad | Jovel | Cynq | allesaussersport | uva. […]

  57. In Wino veritas? In Wahrheit bleibt nur Weinen.

  58. @dogfood

    [20h38] L’Équipe.fr bestätigt die Durchsuchung der Quartiere von Team Astana und auch von AG2R heute abend.

    bin dem link gefolgt, hab aber nichts von Moreau’s AG2R Team gelesen.

    Zum Fremdblutdoping. Es wurde wie auch Eigenblutdoping mit der Anerkennung des EPO-Nachweisverfahrens im Herbst 2001 wieder populär und war bis Hamiltons positiven Test 2004 nicht nachweisbar. Es ist im Vergleich zum Eigenblutdoping die billigere Variante. Keine logistisch aufwendige Kühlkette (ein Team bevorzugte Motorräder mit Kühlboxen, laut einem Instant Messenger Auszug, den Betsy Andreu im Verfahren SCA/Armstrong dem Gericht vorgelegt hatte). Der Link: http://www.cbc.ca/sports/indepth/landis/instantmessage.html
    Beim Fremdblutdoping besorgt man sich einen Spender mit gleicher Blutgruppe, vorzugsweise Verwandte, oder kauft einen verlässlichen Spender mit gleicher Blutgruppe. Das abgenommene Blut wird dann noch mit Sauerstoff angereichert (Blutkörperchen werden schneller aktiviert) und es kann kurze Zeit nach der Abnahme dem Sportler zugeführt werden. Der Effekt: höhere Ausdauer, geringere Regenerationszeit, da Gesamtblutvolumen und somit Gesamtzahl an roten Blutkörperchen höher als normal.
    Zu Grappe und den Zeiten: Man kann das nicht 1 zu 1 vergleichen. Zuviele Aspekte spielen hier eine Rolle (Wetter (Windrichtung u Temp), Etappenlänge, Beschaffenheit des Asphalts (neu oder alt, fest oder durch Sonne aufgeweicht und klebrig), wie lange im Wind oder geschützt durch Teammitglieder).
    Was aber schon so, ohne mit der Stopuhr vor dem Fernseher sitzend, auffällt, sind die kurzen Regenerationszeiten von Chicken und Contador. Nach anstrengenden EZF (Chicken fährt das EZF seines Lebens, sonst mehr als 6 Min Rückstand bei vergleichbar langen EZF) und den folgenden zwei Bergetappen, fahren die beiden über den letzten Pass als wär die Tour gerade erst gestartet.

  59. Vielleicht hatte Winokurov ja mit Klöden einen auf Blutsbrüderschaft gemacht und daher kommen die fremden Blutkörperchen…

    Aber mal Spaß bei Seite, in den Radionachrichten des WDR hieß es heute morgen, das bei Winokurows Probe durchgeführte Testverfahren sei noch relativ neu, vielleicht (wenn auch eher unwahrscheinlich) war es bei den Teams noch nicht bekannt, oder man hat zumindest nicht mit seinem Einsatz gerechnet.

    Und dann hätte ich mal noch eine technisch-medizinische Frage als Dopinglaie:

    Beim Eigenblutdoping wird dem “Sportler” Blut abgezapft, das vorher durch Höhentraining oder Druckkammer oder wie auch immer so verändert wurde, dass mehr rote Blutkörperchen enthalten sind, was unter normalen Bedingungen die Ausdauer verbessert, oder?

    Funktioniert das jetzt beim Fremdblutdoping genauso, nur dass es nicht der “Sportler” selbst ist, dem das Blut abgezapft wird sondern jemand fremdes (oft wohl Verwandschaft)? Wo liegt denn da der Vorteil beim Fremdblut?

    Wie ich inzwischen gelernt habe, fällt Blutdoping, also sowohl Eigenblutdoping als auch Fremdblutdoping (und wohl auch EPO?) durch die unrealistisch hohe Zahl von roten Blutkörperchen auf. (richtig?) Außerdem kann unterschiedliches Alter der roten Blutkörperchen darauf hinweisen, dass mit Blutkonserven gearbeitet wurde. Fremdblutdoping wird aber wohl außerdem festgestellt durch die unterschiedlichen Stämme der Blutkörperchen. Also ein weiteres mögliches Testverfahren für Fremdblut und somit ein weitere Risiko erwischt zu werden.

    Daher nochmal: Wo ist der Vorteil beim Fremdblutdoping gegenüber dem Eigenblutdoping?

    Oder war bei Winos Eigenblut das MHD abgelaufen?

  60. @ Sportsmann:

    Danke für die Beantwortung meiner Frage, bevor ich Zeit hatte sie zu stellen ;-)

  61. bin dem link gefolgt, hab aber nichts von Moreau’s AG2R Team gelesen.

    Da hat die L’Équipe die Meldung dann nachträglich verändert. AG2R wohnten im selben Hotel [1], gut möglich dass die L’Équipe deswegen die Durchsuchung zuerst auch auf AG2R bezog.

    [1] http://www.estrepublicain.fr/une/tourdefrance/art_502858.php
    (“Vincent Lavenu, le manager d’AG2R, présent dans le même hôtel que les Astana hier”)