Am Nasenring um den Kölner Dom geschleift

Der 1.FC Köln ist nicht für die Headlines des WDRs zuständig, aber putzig fand ich die Headline der WDR-Pressemeldung schon:

Christoph Daum hält am 1. FC Köln fest

Ja, richtig gelesen. Es ist Christoph Daum, der am FC festhält. Nicht umgekehrt. Es ist die Gnade des Kölner Kaisers vorbehaltslos zu seinem Arbeitgeber und zu seinem eigenen Wirken zu stehen – zumindest bis zur nächsten Niederlage.

Christoph Daum erbat sich nach der Niederlage gegen Greuther Fürth Bedenkzeit. “Ich bin gekommen, um zu helfen. Aber davon, dass ich das geschafft habe, sehe ich nichts. Man hätte hier die besten Trainer der Welt holen können, Rafael Benitez, José Mourinho als Assistenten und vielleicht noch Ottmar Hitzfeld und Arsène Wenger als Berater – der Klub würde heute genau da stehen, wo er jetzt steht.” (KStA). Das nenne ich Hybris. Sinngemäß: wo ich scheitere, hätten sich auch die Granden der Zunft die Zähne ausgebissen.

Die Fakten sehen leider für Christoph Daum etwas schwächer aus. Dieser eine “spleenige” Schweizer schaffte mit den Kölnern in den 11 Spielen bis zu seinem Rausschmiß immerhin im Schnitt:
1,45 Punkte und 1,63 Treffer bei 1,27 Gegentreffer pro Spiel.

Daums Bilanz seit seiner Ankunft als Kaiser und Welttrainer am 15ten Spieltag:
1,29 Punkte und 1,23 Treffer bei 1,65 Gegentreffer pro Spiel.
Als Hanspeter Latour flog, waren die Kölner punktgleich mit Greuther Fürth. Heute spielt Greuther Fürth um die letzten beiden Aufstiegsplätze mit, während die Kölner sich in diesen Tagen von Daum verbal um den Dom schleifen lassen. Bleibt der Kaiser von Köln oder geht er?

An den Umständen hat Daum kräftig mitgekurbelt, sei es mit dem Rausschmiß von Spielern wie Cabanas die dann von Daum später wieder inthronisiert wurden oder am standhaften Festhalten an der fliegenden Grätsche Alpay. Wenn Daum in dieser Woche frustriert verkündet, dass die Probleme des FCs tiefer liegen als Spieler X gegen Spieler Y auszutauschen (“Überzogener Optimismus ist nicht angebracht, dass du vier Neue holst und alles wird besser. Das werde ich auch so deutlich mit dem Vorstand besprechen.” (KICKER)), dann liegt er richtig. Es fragt sich nur warum Daum für diese Erkenntnis 17 Spieltage benötigte? Er will so etwas erst jetzt mit dem Vorstand besprechen? Anders formuliert: in den letzten 17 Spieltagen hat Christoph Daum anscheinend geglaubt, er könne sich irgendwie bis zum Aufstieg durchschummeln und der Rest würde sich mit dem Erfolg geben. Der Kaiser scheint nie Kleider gehabt zu haben, sondern von Anfang an sehr nackt gewesen zu sein.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Du könntest auch noch auf seine Neuverpflichtungen aus dem Winter verweisen. Ansonsten habe ich ja keine Lust mehr mich zum FC zu äußern.

  3. Mit dem FC geht es seit 1990 (Daums Entlassung, Abgang von Häßler) stetig bergab.
    Daum jetzt dafür verantwortlich zu machen, dass das so ist, knüpft nahtlos an das an, was beim FC immer passiert wenn man mal nicht Meister wird. Der Trainer ist schuld wird ausgewechselt und wir holen noch ein paar neue Spieler(am besten aus Osteuropa).
    Wieviele rainer sind gekommen und gegangen in den letzten Jahren?
    Die waren also alle schlecht. DEr FC hat ein Problem damit die Leistungsfähigkeit der Mannschaft einzuschätzen. Die Truppe die der FC im Moment hat ist Zweitliga Mittelmaß fertg. Damit kann man nur aufsteigen, wenn die Truppe eingespielt ist und einen guten Mannschaftsgeist hat. Beides ist beim FC nicht der Fall.
    Ergo. Der FC steigt nicht auf.
    Wenn das in der nächsten Saison anders werden soll ist die Hauptaufgabe nicht, den kompletten Kader auszutauschen, sonder sich auf 2 3 Positionen gezielt zu verstärken und dann eine Truppe in der Vorbereitung einzuschwören, die kämpft bis zum Schlusspfiff.

  4. Schon problematisch, wenn wie jetzt ganz plötzlich überoffensichtlich wird, dass Daum seinen große Liebe FC vielleicht doch nur als größtmögliches Sprungbrett für noch fruchtbarere Aufgaben nimmt. Und dann auch noch so auf Distanz geht, bevor es sich völlig ungeniert leben lässt…

  5. Der Verein ist gründlich im Arsch, Daum hin oder her. Das hat meiner Meinung nach eher etwas mit Spielerauswahl und grundlegender Mentalität im Verein, als mit dem Trainer zu tun. Da ist der Vorstand genauso dran Schuld.

    Aber wie andere hier schon gesagt haben, das ist eine Entwicklung, die ihre Anfänge schon in den 90ern hat. Der schleichende Verfall eines Traditionsclubs, der es versäumt hat, seine Strukturen den Bedürfnissen des modernen Profifussballs anzupassen.

    Dazu fehlt es den Spielern offensichtlich an der Leidenschaft, die nötig ist, um in einer 2.Liga, die so stark ist wie selten zuvor, den Aufstieg zu schaffen.
    Und dieser Trend wird sich ja in Zukunft kaum abschwächen, sondern eher noch verstärken. Der direkte Wiederaufstieg ist kein Selbstläufer mehr. Andere Vereine haben ihre Hausaufgaben gemacht, und die Anzahl derer, die an die Tür zur ersten Liga klopfen, ist deutlich gestiegen.

    Wenn sich in Köln nix tut, dann verkommt der FC von einer Fahrstuhlmannschaft, die zumindest mit einer gewissen Regelmäßigkeit noch in der 1.Liga auftaucht, zu einer reinen Zweitligamannschaft.

    Immerhin: Die Centurions können sich freuen. Mindestens noch eine weitere Saison Samstags im Rheinenergiestadion…^^

    Die kommende Saison wird zeigen, wohin es für den FC geht. Große Hoffnungen habe ich aber nicht. Dafür hat sich der FC in letzter Zeit zu oft selbst geschlagen.

  6. Logisch ist das Problem nicht allein Daum. Das Problem ist das Fehlen der drei Ks für sportlichen Erfolg: Kompetenz, Konzept, Kontinuität.