Final Four 2007: Vater unser

Es sind nicht ganz die wirklich “großen vier”, also alle vier #1-Seeds aus den Brackets, durchgekommen, aber es ist heute nacht im Halbfinale der College Basketball-Meisterschaft zweimal die Begegnung #1-Seed gegen #2-Seed. Auch wenn diesmal der klassische Underdog zum Mitfiebern fehlt, ist in den USA die Spannung im Vergleich der Großen unter sich, deutlich zu spüren. Es ist DAS Sportereignis in den USA an diesem Wochenende.

Unter der Woche

Die Gus Johnson-Frage

Seitdem CBS in einem überraschenden Move den Kommentator Gus Johnson nicht mehr für die Sweet Sixteen und Elite Eight nominierte (stattdessen James Brown, der seit knapp 15 Jahren nicht mehr Kommentator war), rollt eine Pro-Gus Johnson-Bewegung durch die Szene der College-Basketball-Anhänger, sei es bei Awful Announcing, Deadspin oder Technorati.

Und ESPNs Vorzeige-Kolumnist Bill Simmons verfasste vor zehn Tagen gar eine Hymne auf Gus Johnson.

If March Madness was a cheeseburger, and everyone’s office pools were the fries, then Gus would be like ranch dressing — not a complete necessity, but a luxury that pushes everything else over the top. Does he go a little overboard? Absolutely. Does he veer into the high 90s on the Unintentional Comedy Scale at times? No question. Would he have been the greatest WWE announcer of all time? Undoubtedly. Does he make every event he covers more exciting? You betcha […]
Just watch the YouTube clip of Ron Lewis’ game-tying 3-pointer and tell me if …

A. You didn’t get goose bumps.
B. You didn’t love his throw to commercial with the Vince McMahon cackle and the one-word sentences.
C. You would have wanted anyone other than Gus at that game.

Entsprechend werden auf YouTube und Konsorten die Kostproben von Gus Johnson verbreitet, wie z.B. sein Call des Alley Hoops in den Schlußsekunden bei Knicks – Bobcats oder ein March Madness-Zusammenschnitt von CBS.

Die zweite Liga

Letztes Wochenende fand das Finale im College Basketball Div. II statt: Winona gegen Barton. Und die dramatische Schlußminute hat sogar kurzzeitig die Elite Eight überschattet. Wie immer ist dein bester Freund YouTube (in der offiziellen CBS-Variante mit weniger vom Spiel und mehr vom Jubel danach).

Coaching makes the world goes round

Interessanterweise standen unter der Woche zwei der vier Coaches der Finalisten im Zentrum von Wechselgerüchten. Floridas Billy Donovan wurde mit den traditionsreichen Kentucky Wildcats in Verbindung gebracht. Donovan vermied die “Nick Saban-Falle” und gab kein wasserdichtes Dementi. Sein interpretationsfähiger Auftritt bei PTI führte sogar dazu, dass einige Fan-Blogs der Wildcats Vollzug meldeten. Man sollte meinen, dass ein Coach der ein College wie Florida möglicherweise sogar zur Titelverteidigung bringt, hinreichend zufrieden wäre um dort zu bleiben. Aber Basketball spielt an der Universität von Florida nur die zweite Geige, während es in Kentucky im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und ein Trainer entsprechend zugeschüttet mit Geld wird (Donovan soll in Kentucky angeblich ein Drittel mehr verdienen können). Im Gegenzug gibt es aber massiven Druck der Fans zu spüren, die im Falle zu Tubby Smith zu seinem freiwilligen Wechsel nach Minnesota führte.

Der zweite Trainer ist John Thompson III der Georgetown Hoyas, an dem angeblich diverse NBA-Teams dran sein sollen. Thompson machte sogar die Tür noch weiter auf, indem er sagte, dass er gerne in Georgetown bleiben würde, aber auch schon in Princeton nicht geglaubt hätte, die Uni jemals zu verlassen.

#1 Ohio State Buckeyes – #2 Georgetown Hoyas

0h07, Atlanta, Jim Nantz & Billy Packer

Das Duell der Gene: Hoyas Coach John Thompson III in den Fußstapfen seines Vaters John Thompson Jr.. Hoyas Patrick Ewing Jr. in den Fußstapfen seines Vaters der zuletzt unter JT Jr. mit den Hoyas die Meisterschaft holte. Buckeyes Mike Conley Jr. und sein bekannter Weitsprung-Daddy. Hoyas Jeremiah Rivers, Sohn von Celtics Coach Doc Rivers.

Das Duell der großen Jungs: #20 Greg Oden (7-0) (zuletzt häufig limitierte Spielzeit wg. Foul Trouble) gegen #1 Roy Hibbert (7-2) (auch er häufiger mit Foul Trouble).

Noch besser: das Duell der Entourage. Während der zunehmenden Abwesenheit von Greg Oden ist #1 Mike Conley Jr. zum Leader geworden und die wahre Schlüsselfigur im Spiel geworden.

Bei den Hoyas zieht Coach John Thompson III immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Das liegt zum einen an seinen Vater, der die Hoyas 27 Jahre lang trainierte. Und das liegt zum anderen weil er, der Princeton-Absolvent, inzwischen bekanntester Protagonist der sogenannten “Princeton-Offense” ist. Es handelt sich dabei um ein Offense-System, dass versucht mit viel Bewegung und schnellem Passspiel die gegnerische Defense auseinanderzureißen und dann in die Lücken hineinzustechen und je nach Deckung per Layup abzuschließen und zu einem aufschließenden Kollegen zurückzupassen.

Dieses System erfordert von den Spielern ein hohes Maß an Flexibilität und es benötigt eine gleichmäßig starke Starting Five. So ist es kein Wunder dass z.B. gegen #1 North Carolina in den Elite Eight die gesamte Starting Five jeweils 13 oder mehr Punkte erzielte. Trotz des Foul Troubles von Hibbert und der sehr anstregenden Offense, hält JT Thompson die Rotation sehr klein. Nennenswerte Spielzeit bekamen nur sieben Spieler.

Das Spielsystem der Hoyas erfordert viel Zeit. Auf der Suche nach der Lücke tickt die Shot Clock immer lange runter. Normalerweise kein Problem, denn die Hoyas sind in Sachen Shooting% eines der effizientesten Teams in der NCAA. Aber das Ausreizen der Shot Clock könnte sich negativ auswirken, wenn die Körbe nicht fallen, z.B. weil Greg Oden in der Anfangsphase alles abblockt.

Umgekehrt wird es interessant sein wie die Buckeyes auf die Offense der Hoyas reagieren. Dieses Reinschneiden der Hoyas könnte bei Oden schnell zu Foul Trouble führen und den Weg für die 7-2-Urgewalt Hibbert freimachen. Wie werden aber die Hoyas reagieren, wenn die Buckeyes mit einer Zonendeckung arbeiten und am Kreis plötzlich gar nicht mehr auf die 1:1-Duelle und Laufwege eingegangen wird?

Der Saisonabschluß der Hoyas könnte vielleicht durch eine Affäre überschattet werden, die die NY Times in ihrer Freitags-Ausgabe aufgedeckt hat. Anhand eines Spielers werden Vorwürfe erläutert, wonach Georgetown sämtliche Augen bei der akademischen Qualifikation von Studenten zudrückt, wenn diese nur gut genug Basketball oder Football spielen. Wenn noch mehr Medien auf diese Geschichte einsteigen und die NCAA sich einschaltet, kann Georgetown in größere Schwierigkeiten kommen.

#1 Florida Gators – UCLA Bruins

2h47, Atlanta, Jim Nantz & Billy Packer

Es ist ein Rematch des letztjährigen Finales, das so furchtbar einseitig war (73:57). Auf Seiten Floridas hat sich nicht viel geändert. Der Kader ist fast der gleiche geblieben, die Spielweise unverändert.

Auch UCLA geht trotz des Abganges von Jordan Farmar ziemlich unverändert an den Start. Farmar wurde durch Collison mehr als gut ersetzt und das knackige Defense-System ist erhalten geblieben.

Die Frage ist aber: wie gut kommt UCLA mit seiner Defense gegen Florida klar? UCLA hat in Sachen Physis Florida nur begrenzt was entgegenzusetzen, bgesehen von den Center Mbah a Moute, Mata oder Abaye. Florida ist treffsicher. Wenn die auch bei den Offensiv-Rebounds alles abkassieren, ist UCLA in Not, denen ein Highscoring eigentlich nicht wirklich liegt. Die Einschränkung “eigentlich” muss allerspätestens seit dem Spiel gegen Kansas gemacht werden, als sie die Verve hatten den Tempolauf von Kansas mitzumachen und traumwandlerisch die Körbe machten.

In der Vorberichterstattung und Auslandspresse zieht Joakim Noah die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Das liegt nicht nur an den verwandschaftlichen Verhältnissen, sondern auch seinem sehr aufmerksamkeitsstarken Auftritt auf dem Feld. Er ist der emotionale Fokus der Truppe. Er macht Lärm, er macht Tamtam, er ist der Einpeitscher.

Davon ab, ist es die Saison von Al Horford, der mit seinen Leistungen sich in den Notizblöcken der NBA-Scouts verewigt hat. Taurean Humprey ist, sofern sich das bei den Gators überhaupt so festlegen lässt, der Spielmacher. Lee Humphrey ist der Mann der letzte Woche ein Händchen heißer als Frittenfett hatte, als es darum ging Dreier zu versenken. Ähnlich wie bei UCLA sollte man sich durch die strahlende Erscheinung eines Leaders wie Noah oder Afflalo nicht täuschen lassen, dass die Starting Five recht ausgewogen besetzt ist.

Übrigens hat auch Florida ein “Vater-Problem”: Joakim Noahs Vater Yannick sollte hinlänglich bekannt sein. Tito Horford und Sydney Green waren Mitte der Achtziger in der NBA spielende Väter.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. coole vorberichte auf nasn, vor allem der kleine bericht über die oden/conley beziehung, super sympathsich die beiden finde ich.
    an diesem interview sieht man auch mal, dass oden wirklich erst 19 ist

    btw: georgetown gewinnt mit 10, leider….