Fußball-TV-Rechte-Wechsel in England und Frankreich
BBC und SKY sind FA-Rechte los
Die englische FA hat heute die Fernsehrechte für Länderspiele und den FA-Cup ab Sommer 2008 neu vergeben. Die Verlierer sind BBC und SKY die ein gemeinsames Angebot für den Erhalt des Status Quo abgegeben haben. Gewinner ist der darniederliegende Privatsender ITV und die ehemalige NASN-Mutter Setanta.
Auf Seiten der FA stand dem Deal der Chairman Brian Barwick vor, der 18 Jahre lang bei der BBC angestellt war und danach sieben Jahre lang der Leiter der Sportabteilung bei ITV war, bevor er zur FA ging. Aufgrund dieser Nähe zu ITV war schon unter der Woche spekuliert worden, dass ITV mit einigen Sympathiepunkten Vorsprung ins Rennen gehen würde.
ITV und Setanta zahlen 625 Mio EUR für vier Jahre (vorheriger Deal von BBC und SKY: 441 Mio EUR). Auf einer Pressekonferenz machte Brian Barwick aber deutlich, dass nicht die Geldsumme den Ausschlag gegeben hätte (Höhö), sondern das Angebot von Setanta zahlreiche weitere Spiele der FA zu übertragen: U21-Begegnungen, den Community Shield und den FA-Juniorenpokal.
Aus Sicht von ITV ist es ein dringend benötiger Deal. Der älteste Privatsender Britanniens ist der Sender der am meisten unter der Digitalisierung und dem Angebot von SKY gelitten hat. Das Image und die Einschaltquoten gingen bis letzten Sommer den Bach runter. In einem sensationellen Move im letzten Herbst konnte ITV Michael Grade von der BBC als neuen Chairman verpflichten (Amtsantritt in diesem Januar). Seitdem versucht Grade das Steuer umzureißen, hat aber mit vielen Altlasten zu kämpfen, wie z.B. einer hoffnungslos veralteten Prime Time.
So gesehen sind die Rechte ein wichtiger Befreiungsschlag für ITV. ITV bekommt für seine 404 Mio EUR die die Länderspiele der englischen Nationalmannschaft (exklusive Freundschaftsländerspiele zuhause) und den First Pick bei den FA-Cup-Spielen.
Setanta, das irische Pay-TV-Unternehmen versuchte anfangs zögerlich u.a. mit NASN Fuß auf dem englischen Pay-TV-Markt zu fassen (NASN wurde um die Jahreswende herum an ESPN verkauft). Seit sich auch ein Venture-Unternehmen an Setanta beteiligt, geht man SKY frontal an und legte letztes Jahr bei der Vergabe der Premier League-Rechte richtig viel Pfund auf den Tisch, wurde aber mit einem kleineren Rechtepaket abgespeist. Ferner hat man sich die Exklusivrechte für die PGA-Tour gesichert. Dieser FA-Deal ist binnen eines Jahres das dritte publicityträchtige Manöver von Setanta, die anscheinend mit viel Geld versuchen, Abonnenten anzulocken.
Setantas Rechtepaket umfasst die Freundschaftsspiele der englischen Nationalmannschaft zuhause sowie 17 von 31 FA-Cup-Spielen. Dazu zahlreiche Nachwuchsspiele wie z.B. U21-Länderspiele. Beim FA-Cup bekommt Setanta eines der beiden Halbfinale, während das andere ebenso wie das Finale an ITV geht.
Aus Sicht der FA ist es erst einmal ein guter Deal, da er 180 Mio Euro mehr einbringt. Aber es bestehen Ängste dass zum einen der FA-Cup an Popularität und Reichweite verliert. Zudem hängt ITV trotz seiner guten Champions League-Berichterstattung das Premier-League-Desaster von vor einigen Jahren nach, als sie versucht haben, die Spieltagszusammenfassung zu sehr ungewohnten Zeiten durchzudrücken und gescheitert sind.
Bei den Fans ist der erste Ärger eher groß, da es nun noch einen Grund mehr gibt, sich ein zweites Pay-TV-Produkt neben SKY zuzulegen. Ergo stehen mehr Kosten ins Haus, knapp 15-22 Euro Abogebühren pro Monat.
Auch in Frankreich
Der französische Ligaverband hat einige TV-Rechte vergeben. Die Riesensensation ist dabei dass der alle überragende Privatsender TF1 die Rechte an die wöchentliche Ligazusammenfassung Téléfoot an das öffentlich-rechtliche France 2 verloren hat.
Um das Außmaß der Sensation nachzuvollziehen, muss man die französische Szene kennen. Obwohl die Ligue 1 am Freitag, Samstag und Sonntag ausgespielt wird, gibt es seit 1977 nur eine Form der Ligaberichterstattung im unverschlüsselten terrestrischen Fernsehen: das knapp einstündige Magazin “Téléfoot” das Sonntag vormittags gegen 11h ausgestrahlt wird! Nichts anderes. Selbst von den Freitagsspielen sind im Free-TV zuvor keine Zusammenfassungen zu sehen. In den letzten 30 Jahren ist die Sendung in Frankfreich zur Fußballinstitution geworden (wiewohl ich sie qualitativ sehr fragwürdig finde). Der Marktanteil der Sendung betrug während der WM-Erfolge der französischen Mannschaft über 50%.
TF1 ist gleichzeitig nicht irgendein Sender, sondern “das erste Programm”. 1987 (von Jacques Chirac) wurde der öffentlich-rechtliche Sender privatisiert und hat seitdem in der französischen TV-Landschaft eine Machtposition erobert, wie es wohl in keinem anderen westeuropäischen Land einem Privatsender gelungen ist. Die Ressourcen des Senders scheinen wie seine Marktanteile unendlich zu sein. Der Marktanteil betrug 2005 bei den Zuschauer 31,8% (RTL hat in Deutschland zirka 15-18%) und 54% bei den Werbeeinnahmen.
Das läßt die Verwunderung erahnen, wie dieser reiche Sender diese Institution des französischen Fußballs verlieren konnte.
Gewinner ist das öffentlich-rechtliche “France 2“. Diese werden ab dem Sommer 2007 ein wöchentliches Ligamagazin mit Spielzusammenfassungen am Sonntagmittag von 12h bis 13h35 ausstrahlen, unterbrochen vom 15minütigen Mittagsnachrichten. Der Ligaverband sprach davon, dass das Angebot von France 2 sowohl finanziell als auch konzeptionell attraktiver gewesen sei.
Im Kleingedruckten wurden EUROSPORT France (eine Tochter von TF1!) wieder die TV-Rechte an den Montagsspielen der zweiten Liga gegeben (nur gültig für die französische Ausgabe von EUROSPORT!). Die Freitagsspiele der zweiten Liga die der Verband ebenfalls ausgeschrieben hatte, wurden mangels attraktiven Angebot nicht mehr vergeben. Hier ist EUROSPORT France der Verlierer.
Mehr Details zu der Rechtevergabe sind in Frankreich derzeit nicht bekannt. Es liegen nur Agenturmeldungen von Reuters.
Reaktionen
Zusätzlich zum Premier League Desaster, was für ITV und die Premier League “nur” ein Quotendesaster war und relativ vernachlässigbare Auswirkungen auf die Clubs hatte, schwebt über ITV nocht was anderes:
Das ITV Digital Desaster. Und das war wirklich ein Desaster, das zahlreiche kleinere Teams in die Insolvenz getrieben hat.
ITV erwarb für sein terrestrisches Pay-Angebot (zuerst On Digital, später ITV Digital) die Exklusivrechte an der Football League (Liga 2 bis 4, Ligapokal) und strahlte prominent im Paket mit Kontinentalfußball und CL diese Begegnungen aus – mit, naja, “begrenztem” Erfolg.
Und da man unbedingt ein “Pfund” im Portfolio haben wollte, mit dem man sein Pay Angebot bewerben konnte, und dafür unbedingt Ligafußball wollte, schmiss man gelinde gesagt die Football League mit Geld zu.
Langer Rede, gar kein Sinn – es dauerte nicht lang und der Laden flog allen um die Ohren.
The new FA exclusively-live content includes:
a) 3 FA Cup games per round (including 2nd and 3rd picks) plus one replay from each of rounds 3-5 of the FA Cup
b) 2 FA Cup quarter finals (including 2nd pick) plus one replay each year
c) 1 FA Cup semi final each year
d) 3 home England international friendlies in years 1 and 2 (and 2 in years 3 and 4)
e) Community Shield – the season opener featuring the winners of the Premiership and the FA Cup
f) All England U21/B games
The games listed above will not be broadcast live on any channel in Britain and Ireland other than Setanta Sports 1.
Quelle: Setanta.com
[…] Quelle: http://www.allesaussersport.de […]