Und die Orgel wird weitergedreht
Stevens nach Hamburg, Doll zu Dortmund, Middendorp zu Bielefeld und Hitzfeld verlängert bis Sommer 2008 in München.
Die Trainerwahl scheint inzwischen zur “Reise nach Jerusalem” verkommen zu sein, bei denen die permanent die 6, 7 gleichen Personen um die verbleibenden Trainerposten reißen.
Die Verlängerung von Ottmar Hitzfeld manifestiert einmal mehr das derzeitige Problem in Deutschland, das nur sehr wenig Trainer zur Auswahl stehen. Auf der einen Seite scheinen die klassischen Feuerwehrmänner wie Jörg Berger oder zuletzt Peter Neururer ausgedient zu haben (oder inzwischen in zuvielen Clubs verbrannt worden zu sein). Auf der anderen Seite ist in den letzten Monaten als neuer Name nur Jos Lujukay in die Bundesliga-Trainergilde dazugestossen.
Frank Geideck wurde nach nur vier Spielen (1 Sieg) dafür abgestraft, dass er den bereits unter von Heesen eingesetzten Absturz (9 Spiele ohne Sieg) nicht gestoppt hat. Möglicherweise ist er aber auch nur ein Bauernopfer des Theaters hinter den Kulissen dem dann demnächst auch Manager Saftig zum Opfer fällt.
Meine überraschendste Reaktion kam, als Thomas Doll beim BVB anheuerte: es hat mir einen Stich ins Herz gesetzt. Weniger weil ich Doll nun für einen “Abtrünnigen” oder “Vaterlandsverräter” halte, sondern weil es die Trennung vom HSV endgültig besiegelte. Wie wenn man von einer Freundin verlassen wird. Ich bin kein HSV-Fan mit Haut und Haar, umso überraschender dieser Abschiedsschmerz. Doll hat recht, wenn er im ZEIT-Interview davon spricht, dass die Seuchenserie aus der Hinrunde die Hamburger eher stärker an den Verein gebunden hat und er sich für einen der Gründe für diese Identifikation hält.
Auch rein rational kam für mich die Verpflichtung von Doll beim BVB überraschend. Zum einen hatte ich erwartet, dass sich Doll für zu ausgebrannt hielt und die Zeit eher für Analyse und Selbstbetrachtung nutzen wird. Zum anderen wäre ich als BVB von Dolls Problemen beim HSV eher abgeschreckt gewesen, da der BVB jetzt viele Parallelen mit dem HSV im November/Dezember hat: ein spielerisch starker Kader der die Basics des Spiels vergessen hat, ein Team ohne Strukturen und ein Team bei dem Leistungsträger lange verletzt gewesen sind.
Aber nachdem von Heesen sich in Dortmund wieder aus dem Sessel befördert hatte, hatte der BVB keine andere Wahl. Der Trainermarkt ist derzeit jedesmal ab dem Zeitpunkt an dem Felix Magath “Nein” sagt, ziemlich leer. Neben Doll fällt mir nur noch Rapolder ein, der aufgrund seiner Kölner und Mannheimer Zeit einen Rucksack mit sich herumschleppt.
Und nun der FC Bayern und Ottmar Hitzfeld.
Die Verlängerung kann funktionieren, aber hinterläßt bei mir einen schalen Nachgeschmack.
Ottmar Hitzfeld wollte ursprünglich nur einen befristeten Vertrag bis zum Sommer. Anstatt das der FC Bayern aber nun mit Macht loszieht und einen Nachfolger sucht, ist Hitzfeld binnen sechs Wochen so weichgekocht, dass ihm eine Vertragsverlängerung in die Hand gedrückt werden kann. Warum? Ist sogar für den FC Bayern ein Markt so leer?
Und was für eine Verlängerung: ein Vertrag bis Sommer 2008?!
Während in den letzten sechs Wochen die Abteilung Attacke gerne und häufig vom Umbruch und Generationswechsel in diesem Sommer gesprochen hat, nimmt man für den Trainer die einfachste Lösung, eine feel-good-Lösung. Nur: wer soll einen Umbruch in Gang setzen, wessen Visionen sollen umgesetzt werden, wenn der Trainer weiterhin nur ein Trainer für eine kurze Zeit ist? Was für einen Sinn macht es, unter Hitzfeld einen Umbruch einzuleiten, wenn ab Sommer 2008 ein möglicherweise ganz anderer Trainertypus die Arbeit fortsetzen soll?
Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier alle Beteiligten sich für die einfachste, billigste und kuscheligste Lösung entschieden haben. Uli Hoeneß hat gemerkt, das Ottmar Hitzfeld aus dem Kader noch einiges rausholen kann und daher der Umbruch noch ein Jahr warten kann. Nach der EM 2008 ist vielleicht auch einiges mehr auf dem internationalen Trainermarkt los. Hitzfeld wiederum merkte wie gemützlich es bei den Bayern ist, mit all den bekannten Gesichtern und spekuliert vielleicht auch auf die EM 2008 und manch freien Nationaltrainerposten nach der EM. Wann hört Köbi Kuhn auf?
Man wollte Magath letzten Sommer loswerden und nachdem van Basten abgesagt hat, beschloß man weiterzuwurschteln. Nun wollte man für diesen Sommer mit einem neuen Trainer aufwarten und beschließt wieder weiterzuwurschteln. Auf ungrenzte Zeit, denn weitere Verlängerungen mit Hitzfeld werden von Uli Hoeneß nicht ausgeschlossen.
Ungeachtet dessen, dass Hitzfeld mit seinen inzwischen wieder aufgeladenen Akkus doch noch was aus den Bayern rausholen kann, sieht die Verlängerung eher wie Mutlosigkeit, vielleicht sogar Feigheit aus, einen klaren Schnitt anzusetzen.
Wie dem auch sei: ob mit oder ohne Hitzfeld. Etwas muss auf dem deutschen Trainermarkt passieren.
Reaktionen
Wann hört Köbi Kuhn auf?
Der Kicker vermeldet heute, dass Kuhn “unter Druck” stehen würde. Mit dem Verzicht auf Johan Vogel scheint Köbi an dem Ast zu sägen, auf dem er selbst sitzt. Weiter heißt es, dass die Westschweizer Medien (Hä?) als Nachfolger Gross und Hitzfeld ins Gespräch gebracht haben bzw darüber spekulieren. Aus Zweiteren wird wohl jetzt nix mehr. Es wundert mich insofern, als das ich vermutet hätte, Hitzfeld würde genau diese Aufgabe reizen.
Nach der Hitzfeld-Verlängerung dürfte zumindest Michael Henke sehr erleichtert gewesen sein.
^ das war ich, keine Ahnung, was das “Shh” dort zu suchen hatte.
Anyways, um auch noch was zum Thema beizutragen:
– Doll/Dortmund erschliesst sich mir gar nicht, aber da mir der BVB auch nicht wirklich am Herzen liegt, kann ich mir in Ruhe anschauen, was da herauskommt.
– Berger/Neuruhrer fehlen mir persönlich kein bisschen.
– Wenn das so weitergeht, ist es sicher nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kommt, die Herren Sammer und Matthäus aus ihren Verträgen zu kaufen. Eigentlich genau das Richtige für eine Provinztruppe wie Hertha BSC, Wolfsburg oder die aktuell versorgten Bielefelder.
Kuhn wird kaum vor der EM gehen. Das die Westschweizer (=französischsprachige Schweiz) Medien ihn nach dem Rauswurf von Vogel nicht mehr wollen ist klar, auch sonst war er zuletzt äusserst umstritten. Die Vogel-Sache hat ihn aber in weiten Teilen eher gestärkt (insbesondere bei der Blvd-Zeitung “Blick”). Das Hitzfeld mal Natitrainer wird, wird ja schon lange gemunkelt, der Zeitpunkt nach der EM wäre optimal.
Mal ehrlich, auch an dieser Stelle ist viel spekuliert worden über den möglichen neuen Bayern Coach, aber war eine richtige Granate dabei? Nein!
Wenn Hitzfeld heiß ist(und er scheint es zu sein), dann ist er eine solche Granate und zwar ohne wenn und aber!
Das der FC Bayern München zum erstenmal in dieser Saison ansehnlichen Fußball spielt liegt sicher auch an Hitzfeld.
Ich finde es falsch den Bayern vorzuwerfen, mutlos zu sein. Hitzfeld ist der beste Trainer der derzeit(auch international) auf dem Markt ist. Es wäre im Gegenteil fahrlässig nicht zu versuchen ihn weiterzuverpflichten.
Der einzige Name, von den vielen die die Runde gemacht haben, der mich angesprochen hat, war Schuster, aber der geht zu Real.
Oder hätte hier jemand für solche Kandidaten wie Loddar oder gar Effe votiert?
Ich schließe mich da übr. voll und ganz Freddy7 an: Es war nun wirklich kein TOP-Trainer auf dem Markt. Einen Mourinho, einen Wenger, einen Lippi bekommt man halt nicht. Außerdem I-S-T Hitzfeld ein Top-Mann!
Einen Schnitt wird der FCB machen! Personell. Es werden einige Neue kommen, ich denke nicht, dass es bei Altintop/Schlaudraff/Sosa bleibt. Auf meiner Liste gaaanz weit oben: van der Vaart. Der hat bestimmt keine Lust mit so einer Gurkentruppe um den Abstieg zu spielen.
Was hätte es denn für ein Jahr werden sollen mit neuem Trainer (viell. sogar nicht-deutsch-sprechendem) und 5-6 neuen Spielern?? Das wäre ja garantiert in die Hose gegangen.
Hitzfeld hat sich weiter entwickelt (Stichwort: Eisbad). Außerdem ist er einfach DER BESTE MANN!!! Er spricht mittlerweile in Interviews Klartext und kritisiert Spieler, die es abkönnen, auch mal öffentlich.
Und mal im Ernst: Der Thread über Klopp war doch wohl er ein Gag, oder? Dass ein Jürgen Klopp, der in Mainz mit Spielern arbeitet, die KEINE SAU kennt, zum Weltverein FCB kommt, ist in etwa so wahrscheinlich wie dass Henke Trainer in Chelsea wird.
Rafael van der Vaart ist doch zu einfach, dann doch lieber einen Wesley Sneijder von Ajax. Soll auch für unter €20 Mio zu haben sein. Frage nur eben, ob sich so einer die Bundesliga antut.
Einen schalen Beigeschmack kann ich nicht feststellen.
Für mich war von Anfang an klar: Wenn es gut geht dann bleibt Hitzfeld auch.
Hitzfeld ist einer der besten Trainer der Welt. Wie oft soll er das noch beweisen?
Für Bayern gäbe es meiner Meinung nach nur einen besseren Trainer, und der ist leider nicht zu haben: Arsene Wenger
Was mich derzeit an Hitzfeld oder den Bayern fasziniert, und ich sehe fast jedes Bayernspiel live: Wie kann eine Mannschaft, die vor ein paar Wochen noch klinisch tot war und absolut seelenlosen Fussball gespielt hat, in so kurzer Zeit wieder die typischen Fusballtugenden lernen: Laufen, Kämpfen, …
Zumindest die Entlassung von Geideck kann man unter sportlichen Gesichtspunkten nachvollziehen. Zumal er selbst das ja bestätigt hat und sich am Deinstagabend noch mit Middendorp zwecks Bestandsaufnahem traf. Es lässt sich übrigens auch darüber streiten, inwieweit Saftig das nächste Opfer werden oder der Hauptdarsteller des Bielefelder Schauspiels sein könnte.
Wer sich mit Aussagen so aus dem Fenster lehnt, wie es Saftig am Dienstag gemacht hat, der ist entweder ein charakterloser Lügner oder an dem wird von Seiten der Vereinsführung vorbeimusiziert.
Ich glaube noch an das Gute im Menschen und dass sich kein Mensch derart die Blöße geben möchte, wie Saftig am Dienstag. Daher hat er am Mittag nicht gewusst, dass ihm am Abend ein neuer Trainer vorgesetzt wird. Was wiederum einiges über Saftigs Zukunftsperspektiven sagt…
sag mal dogfood…
hast du die alten kommentare zu deinem Eintrag zur Hitzfeld Entlassung im Mai 2004 noch?
(http://www.allesaussersport.de/archiv/2004/05/18/offiziell-hitzfeld-wird-entlassen/)
Ich find’s etwas kurios wie der “Gottmar” jetzt hochgejubelt wird, nachdem er 2004 abgeschoben wurde … liegt’s nur an den nicht vermeintlich nicht vorhandenen Top-Trainern?
Ich denke da hat es keine Kommentare gegeben. Ansonsten wüsste ich nicht, warum da keine sein sollten. Gelöscht hab ich nix und der darauffolgende Eintrag hat Kommentare.
@dogfood
stimmt…hast recht (hab wohl zufällig Einträge ohne Kommentare erwischt)
aber liege ich da jetzt falsch, dass damals der öffentliche (?) Tenor in etwa so war:
– Hitzfeld ist ausgebrannt (OK…hat sich jetzt erledigt nach der Pause)
– Hitzfeld erreicht die Spieler nicht mehr
– Hitzfeld traut man den den Umbruch der Mannschaft nicht zu
(aus der Erinnerung, man möge mich bitte korrigieren ;-))
Die Bayern Fans die ich so kenne, waren eigentlich ganz froh, daß der Ottmar gegangen wurde…
Ich finds halt irgendwie etwas merkwürdig was momentan in der Bundesliga so abgeht….
A propos HuhuKai: Ich bin ja gespannt auf den jungen, hoffnungsvollen Trainer, der zugunsten des jungen hoffnungsvollen Trainers Jos Hastenichjesehen vom Hof gejagt wurde: Jörn Andersen.
Aber wenn alles normal (Moses Sichone) läuft, steht der nächste Saison in Aachen an der Linie. In der zweiten Liga.
Hm, auf der PK lasen sich Saftigs Aussagen so, als sei er an den Gesprächen mit Middendorp beteiligt gewesen:
“Eröffnet wurde die PK von Sportgeschäftsführer Reinhard Saftig, der das „Ergebnis vieler Gespräche in den letzten Tagen“ verkündete…….” (http://www.arminia-bielefeld.de/index.php?id=122&no_cache=1&viewid=5069)
Außerdem halte ich es selbst bei der Arminia für unwahrscheinlich, dass ein Trainerwechsel am Sportdirektor vorbei vollzogen wird. Dafür hat Kentsch nicht die Befugnis und Schwick nicht die Kompetenz.
@jan: Unwahrscheinlich schon. Aber das Zitat belegt nicht deine These. Solange er nur das Ergebnis verkündet, heißt das noch lange nicht, das er auch an den Gesprächen beteiligt war, oder?
Ich denke ab hier ist vieles Spekulation, aber Saftig wird kaum von vielen, langen Gesprächen der letzten Tage berichten, an denen er selbst nicht beteiligt war. Zumal er selbst ja den Trainer präsentierte.
Wahnsinn, wenn (nicht nur) hier als Stichwort dafür, dass Hitzfeld sich weiter entwickelt habe, das Thema Eisbad angeführt wird. Das ist eher ein Armutszeugnis und ein Beleg dafür, wie sehr der Fußball hinterherhinkt.
In anderen Sportarten werden solche Methoden zur schnelleren Regeneration seit Jahren eingesetzt und waren selbst mir als absolutem Breitensportler schon vor drei bis vier Jahren bekannt.
Da muss ein Herr Hitzfeld also erst ein Sabbatical nehmen, um sich fortzubilden (wie er es unter anderem im SZ-Interview darstellte). Peinlich, dass die aufgeblähten Stäbe eines Bundesligisten und mit Millionengehältern ausgestattete Trainer es nicht fertig bekommen, über den Tellerrand zu schauen. Und (damit meine ich jetzt nicht Hitzfeld) auch noch volle Rohre schießen, wenn es ein Kollege wie Klinsmann wagt, mit solchen “neumodischen” Methoden zu arbeiten.