#23: Der Fußball-Sonntag
Mönchengladbach – Werder Bremen 2:2 – Knapp eine Stunde lang eine recht ausgeglichene Partie mit lebhaften Tempo. Einerseits sah man recht limitierte Werderaner die ihr Standardprogramm aber ohne jeglichen Esprit abspulten. Andererseits gab es Gladbacher, bei denen bis zum Strafraum sehr vieles sehr richtig aussah.
Werder schleppt derzeit zu viele Probleme mit sich herum um noch so brilliant wie in der Hinrunde aufzuspielen. Im Sturm fehlt es an jeglicher Knipsermentalität, Miro Klose wirkt derzeit wie ein Hemd, dem jegliches Timing wann eine Direktabnahme, wann ein Schuß und wann eine Dribbling zu suchen ist, abhanden gekommen ist. Er wirkt wieder wie der kleine Pfälzer Bub.
Verstärkt wird der Eindruck dadurch, dass die beiden Flügeln nahezu völlig lahmgelegt sind und der Spielaufbau sich permanent durch die Mitte walzt und nur selten Optionen auf den Seiten hat. Womé war anfangs mit seinen Vorstößen noch gefährlich, hat aber vor sich keinen Anspielpartner mit dem er derzeit gut harmoniert. Womés Vorstöße wurden mit der Zeit im plumper. Er versteifte sich immer mehr drauf einfach irgendwelche Flanken aus dem Halbfeld immer unpräziser vors Tor von Keller zu schlagen. Die gewonnene Hybris nach seinem fulminanten 1:0-Schuß (11te) tat ihm nicht gut.
Auf der rechten Seite macht sich das Fehlen von Fritz schmerzhaft bemerkbar. Aktion herrscht dort nur wenn Frings nach rechts rausrotiert, aber ähnlich wie Womé auf der anderen Seite, wirkt er wie ein Einzelgänger. Der Rest ist nur noch Klein-Klein-Spiel durch die Spielfeldmitte in der sich knapp 16 Spieler versammeln.
Gladbach spielte so gut mit, wie ich sie in dieser Saison noch nicht gesehen hatte (ich habe nicht viele Gladbach-Spiele gesehen). Man kopierte ein bißchen das HSV-System mit einer einzigen Sturmspitze und Insua als zurückgezogene zweite Spitze. Der zügige Ausgleich (17te Minute, Pass von Kluge hebelt die Abwehr aus, Delura schenkt ein) war verdient. Das war zügiges Kurzpass-Spiel, immer wieder garniert von Flankenläufen von Jansen. Nicht zuletzt dank hilfreicher Unterstützung von einer Bremer Abwehr, die sich immer wieder überlaufen ließ. Ist es Niemeyer der derzeit das Abseitsspiel stört?
Aber wenn es den Gladbachern darum ging etwas Gefährliches vor dem Tor zu fabrizieren, dann brach man sich dort fast die Beine oder fehlte es immer wieder an 1-2 Metern.
Nach einer Stunde brach Gladbach kräftemäßig brutal ein, ließ sich zurückdrängen und schien auf den tödlichen Punch zu warten. Aber von Werder kam nichts. Womés Flanken segelten längst mit schöner Regelmäßigkeit in Kellers Arme. Es brauchte einen Sonntagsschuß von Vranjes (84te), als ihm ein abgewehrter Ball direkt vor die Füße fiel, um Werder mit 2:1 in Führung zu bringen. Gladbach schient tot zu sein.
Die Borussia holte aber nochmal zweite Luft und konnte mit einigen Kontern gefährlich in den Strafraum eindringen. Wieder: es fehlt an einem Goalgetter oder an torgefährlichen Mittelfeldspieler. Der Ausgleich in der 94ten Minute war Belohnung für eine tapfere Leistung, aber angesichts der Harmlosigkeit auch glücklich. Freistoß wird nach hinten verlängert und Nando Rafael schießt aus allerspitzesten Winkel rein, nachdem er vorher diverse Torchancen unsäglich vergeben hatte.
Bemerkenswert ist Gladbachs neuer Abwehrspieler Steve Gohouri, ein Hüne von Innenverteidiger, dessen zweiter Vorname “Schmerz” ist und der im Alleingang den Bremer Kader dezimiert hat. In der 56ten Minute musste Almeida wegen Schwindelgefühlen raus, nachdem er mit Gohouri bei einem Kopfballduell zusammenprallte. Nach einer ähnlichen Aktion musste Mertesacker in der 80ten gar auf der Trage rausgetragen werden, während Gohouri sich seinen Kopfverband nur etwas strammer zog.
Der Endstand 2:2. Für Gladbach sehe ich schwarz. Wie gesagt: spielerisch war das höchstanständig, allerdings ist nicht zu erkennen wie Gladbach Tore erzielen will. Über Knipserei geht es nicht, also muss gerannt, gerannt und gerannt werden und dazu haben die Gladbach anscheinend derzeit nicht die Körner.
1.FC Köln – Paderborn 1:1 – Soweit sind die Kölner schon, dass nach einer 0:5-Klatsche so ein schwaches, trostloses Spiel ernsthaft als Schritt nach vorne verkauft wird. Was mich als Köln-Fan unruhig machen würde, ist das wilde Umherrudern von Christoph Daum zu sehen. Letzte Woche wurden den Spielern ein rhetorischer Einlauf per Anpacken an die Berufsehre verpasst. Heute kommt Daum mit Scheuklappen zum Interview und erklärt er habe keine Lust auf negative Fragen zu antworten.
Aus der Elf der Vorwoche hat Daum 6 Spieler rausgekachelt, aber ausgrechnet aus der desolaten Abwehr hat es nur Haas erwischt, für den Mitreski kam, während Alpay weiterhin vor sich hin dilettieren kann. Der frisch gekaufte Tiago wurde auf die Bank gesetzt, dafür kam Cabanas, dem vor Wochen mitgeteilt wurde, er könne sich einen neuen Verein suchen, wieder in die Startelf.
Daums Aktionen sehen nach puren Aktionismus aus. Obwohl er eigentlich eine Winterpause inkl. Trainingslager und Transferfenster Zeit hatte. Beängstigend dass es kein Korrektiv zu Daum gibt, Michael Meier sieht noch schwächer aus, als in den Monaten zuvor, zettelt mit den Spielern zur Unzeit und ungeschickt eine Diskussion über das rückwirkende Einfrieren von Prämien an.
Ach so, ehe ich es vergesse: das 1:1 war für Paderborn insofern recht glücklich, weil sie bei jedem Standard und hohen Ball ziemlich wackelten, allen voran der Torwart, der die Bälle so faustete, dass man meinen könnte, er würde sich bei einem Volleyballspiel wähnen.
Arsenal – Chelsea – Die Übertragung von ARENA zeitigt das befürchtete Problem: In 85 Minuten Sendezeit kann man keine knapp 90minütige Partie reinpacken. ARENA entschied sich dafür mit einem glatten Cut nach Chelseas Ausgleichtreffer in der 20ten Minute zwanzig Minuten aus der Aufzeichnung rauszusägen, damit man pünktlich beim eher bedeutungslosen Barcelona – Bilbao live einsteigen kann (21h) und das Catania – Inter-Tape nicht zu spät anfängt (23h). Sorry, aber wenn man sich die Begegnungen anschaut, dann sind hier leider die Prioritäten etwas bizarr gesetzt worden.
Reaktionen
Zum Torwart von PB: Das ist Lukas großes Problem. Er ist so klein und von daher auch unsicher bei hohen Bällen. Deswegen hat er es auch leider bisher noch nicht geschafft sich als Nr. 1 bei und durchzusetzen. … Was er aber draufhat sind seine Reflexe. Die grenzen manchmal an Weltklasse und haben stark zum Aufstieg vor zwei Jahren beigetragen.
Morgen abend um 23h sind btw 2 Stunden für den CarlingCup im EPG freigeschaufelt.
Zählt Arsenal – Chelsea denn?
Autsch… Leverkusen , sorry :(
Zu Gladbach: Eine geschlossene Mannschaftsleistung, die einen verdienten Punkt brachte. Mit dieser Mentalität, guten Einzelleistungen, einem gesundeten Oli Neuville und viel Glück denke ich aber, dass der Klassenerhalt möglich, lange aber nicht sicher ist. Noch hat Gladbach alles in der Hand!
…ähm, überlesen oder was ist mit dem coolen Torhüter von Leverkusen?? (ich gestehe, hab seinen Namen bis nexten Sa. erstmal vergessen) ;-)
Abseitsstellen ging iÜ gar nicht bei Werder gestern. Schuldig aber gerne mal Wome im Hybris-Mode, weniger Niemeyer, der viel Druck auf seiner Seit bekam und dafür de Sache recht ordentlich machte (bis auf den Tunnel).
Hast natürlich recht, dass die Torausbeute Gladbach weiterhin zum Abstiegsfavoriten macht, möchte dennoch dezent darauf hinweisen, dass die Abwehr nun wirklich nicht die schlechteste ist, zudem sich Gohouri immer mehr als echte Verstärkung erweist.
BTW: Erst Altintop, jetzt Trochowski? Rummenigge in Charge?
zum screensport:
e. mielke mit ganz großem kommentar gestern im köln-spiel.
auf den punkt, nicht zu viel, nicht zu wenig, keine verwechslungen, klare analyse. hat mir spaß gemacht der mann. davon kann arena mehr gebrauchen.