Italien: Verlängerung der Stadionschließungszeiten
Das italienische Kabinett ist heute nachmittag nicht eingeknickt und hat die im Vorfelde bekanntgewordenene Maßnahmen gegen Fußballkrawalle bestätigt.
Demnach wird am Wochenende der reguläre Spielbetrieb der Serie A und Serie B wieder starten, allerdings werden in allen Stadien die einem zwei jahre alten Regelkatalog nicht genügen, geschlossen. Diese Spiele finden dann ohne Publikum statt.
Die aktuell gehandelte Zahl: nur fünf Stadien in der Serie A und Serie B gelten als sicher genug: das Olympiastadion in Rom, die Stadien in Siena, Palermo und Bologna sowie das Olympiastadion in Turin (bei Bologna sind sich die Agenturen nicht einig, ob das Stadion zu den “Guten” gehört oder auch geschlossen werden muss, AFP meldet gar, dass die Namen der fünf “guten” Stadion noch gar nicht offiziell veröffentlicht wurden). Alle anderen Stadien bleiben dem Publikum verschlossen.
Die Regierung bleibt also hart. Allerdings liegen ja noch einige Stunden bis zum Wochenende und die Ligavertreter tagen erst am morgigen Donnerstag. Erster Kandidat für eine Aufweichung der harten Linie der Regierung ist das prestigeträchtige San Siro in Mailand, wo längst die notwendigen Arbeiten gestartet worden, aber nicht vor Oktober abgeschlossen sind.
Von Seiten einiger Clubs wird mit Boykott gedroht, nicht zuletzt, da in der nächsten Woche einige Europapokal-Spiele in Italien anstehen und nicht geklärt ist, ob die Stadionschließung auch diese Spiele betrifft.
Und an einer permanenten Schließung der Stadien glaube ich erst, wenn auch beim übernächsten Spieltag die Stadien verriegelt sind.
Reaktionen
Nun ja, die Italiener könnten diesmal wirklich zeigen, dass es bei denen wirklich mal so was wie ne Kontinuität im Rechtsstaat gibt und Gesetze /Regelungen nicht gleich wieder zurückgenommen werden wie beim Betrugsskandal letzten Sommer. Die Frage ist natürlich, ob ein gut funktionierender Rechtsstaat/Verwaltung Italien mehr bringt als Hunderttausende Zuschauer in den Stadien am Wochenende. Die Antwort kann man sich vielleicht denken. Aber – die Regierung hat es in der Hand.
Das Problem ist doch einfach, dass bei Stadionschliessungen viele Vereine vor dem Ruin stehen und das Problem der Gewalt trotzdem nicht gelöst ist. Gerade ein Verein wie Lazio wird damit nicht bestraft, obwohl gerade von dort sehr viel Gewalt kommt.
Hm, irgendwie riecht das schon ein wenig nach Scheindiskussion, die vom wirklichen Problem ablenken soll. Das Problem sind meiner Meinung nach weniger die Stadien, sondern (gerade im Fall von Lazio) die Leute, die in ihnen Fußball gucken. Vielleicht will man sich nicht eingestehen, dass das Problem tiefer sitzt und schiebt es daher auf die bauliche Schiene. Würde Politikern (übrigens auch in Deutschland) ähnlich sehen.
Als ich am 13.09.06 im San Siro war, war von Umbaumaßnahmen rein garnix zu sehen.
http://tinyurl.com/2fkvdn Sorry für das schlechte Bild und Ton, aber besser konnte das Handy nicht ;).
Das Aussengelände ist jenseits der Tore am Vorplatz sehr weitläufig, es gibt eine recht dunkle Seitenstraße die zu einem kleinen Platz führ (auf der “Rückseite”).
Die Aussenringe bilden knapp 5-7m breite Rampen die einigermaßen steil sind. Also für Rollstuhlfahrer alleine kaum zu bewältigen, glaube ich.
Zwischen den Aussenringen und dem eigentlichen Stadion gibt es noch das Treppenhaus.
Sehr schmal, maximal 3 Meter.
Wir waren bei einem Championsleague-Spiel.
An jedem Tor waren 2 Ordner + 2 Polizisten in leichter Montur.
Auf dem Platz waren vielleicht 50 – 60 Polizisten und im Verlauf der Strecke U-Bahn Stadion hier und da mal ein Bully mit 8 Polizisten.
Am Busbahnhof waren erheblich mehr Polizisten als am Stadion selber.
Man kam in die eigentlichen Aufgänge zum Treppenhaus nur rein, wenn der Block/Sitzplatz auch dazu passte. Auf dem Weg in den oberen Rang war 2 mal solch ein Ordner-Posten zu passieren. Hier dann aber nur ein Ordner und keine Polizisten.
Nach dem Spiel konnten alle Leute jeder Fasson langlaufen wo sie wollten.
Bei all dem massiven Beton frage ich mich ernsthaft was da ausser mehr Personal und hier und da eine Kamera (ich habe nur 3 Stück gesehen/gezählt) an Erweiterung der Sicherheitsmaßnahmen gemacht werden soll?
wie üblich gerät die Politik nach einem solchen Ereignis unter Druck der Öffentlichkeit und beschliesst erst mal in Kurzschluss-Aktionen irgendwelche Massnahmen, deren Wirksamkeit bezweifelt werden darf. Klar, kurzfristig wird die Schliessung der Stadien wohl zum Rückgang der Gewalt beitragen, aber eben auch nur, weil keiner zum Spiel geht (lol).
Tatsache ist jedoch, dass ein Grossteil der Gewalt ausserhalb des Stadions passiert, wie auch am vergangenen Freitag. Selbst wenn alle Stadien also auf Top-Sicherheitsstandard wären, könnte man damit die Gewalt draussen nicht verhindern. Der Polizist ist schliesslich nicht im Stadion gestorben, bzw. angegriffen worden.
Kurzfristig kann ein solches Problem nur mit massiver Polizeipräsenz und drakonischer Verfolgung der Täter unter Kontrolle gebracht werden.
Aber damit werden nur die Symptome bekämpft, nicht die Ursache.
Scheindiskussion, wie bereits gesagt.
Trotzdem: Mutig von der italienischen Regierung, so was zu beschliessen. Mal schauen, wie die Sache ausgeht, und wie lange die Entscheidung Bestand hat, mit Blick auf die bald anstehenden UEFA-Pokal und CL-Spiele.
Erstmal kann der Fussball natürlich keine gesellschaftlichen Probleme lösen (außer durch Jugendprojekte etc.), aber deshalb muss er sich noch lange nicht zum Schlachtfeld der Frustrierten machen. Das Problem sind die “Fans” und da gibt es eben nur zwei Möglichkeiten, entweder man schafft Sicherheitskonzepte und baut die Stadien entsprehend um, so dass Stadion und Stadionumfeld den Chaoten keine Bühne mehr liefern, oder die Fans müssen eben ganz draußen bleiben. Ich sehe da ehrlich gesagt kurzfristig keine Alternative, oder wollt ihr abstreiten das diese Maßnahmen notwendig sind?
Langfristig ist es, wie ja auch das Beispiel Rom zeigt, damit natürlich nicht getan. Die Vereine, der Verband und auch die Regierung müssen den Entwicklungen die da in der Fanszene sind entschieden entgegen treten. Aber das ist langfristige Arbeit, z.B. über Fanprojekte.
Beides (kurzfristige Sicherheit der Stadien + langfristige Resozialisierung der Fangruppen) muss jetzt angepackt werden, aber das eine geht dabei (leider) auch nicht ohne das andere, daher sind Maßnahmen und gesteckten Ziele das einzig Richtige. Bleibt nur zu hoffen das sie wirklich entschieden verfolgt und umgesetzt werden.
Dass ausgerechnet das kleine Stadium in Siena die Auflagen erfuellt, ueberrascht mich etwas. Es ist das einzige italienische Stadium, dass ich in Natura sehen konnte — ich war schon verwundert, dass in dem Ding Serie-A-Fussball stattfinden kann. Wirkte eher wie ein deutsches Regionalligastadium auf mich, erweitert durch zusaetzlich hingestellte, provisorisch aussehende Tribuenen.
Der AC Milan will seine CL-Spiele gegen Celtic im Ausland austragen. Im Gespräch ist Genf oder Frankreich. Die UEFA hat es bereits abgenickt (Netzeitung)
Kurioserweise sind sich die Medien immer noch nciht einig, in welchen Stadien gespielt werden kann. Im Vergleich zu obiger Liste wird nun Bologna nicht mehr genannt, dafür aber Cagliari und Genua. Eine endgültige Liste soll vom Verband angeblich bis Freitag benannt werden.
Außerdem sollen angeblich alle Abendspiele auf den Nachmittag gelegt werden.
Das mit den Abendspielen habe ich auch gehört. Bis auf weiteres soll Abends kein Fußball mehr gespielt werden dürfen.
Ein Freund von mir (aus Cagliari) meinte, dort wuerde nur eine direkte Leitung vom Eingangsbereich zur Polizei fehlen — ist wohl auch vorgeschrieben, damit Daten schneller ueberprueft weren koennen. Jedenfalls wurde das von offizieller Seite gesagt. Er selbst hat so seine Zweifel, dass das das einzige ist. Auch in Cagliari ist Fussballschauen im Stadion wohl eher ein riskantes Vergnuegen…
Verstehe ich alles nicht: Angeblich hat doch das Innenministerium schon am Anfang dieser Saison festgestellt, daß bis auf [hier bitte einstellige Zahl in der Nähe von fünf einsetzen] Stadien alle anderen Stadien den gesetzlichen Mindestanforderungen nicht mehr entsprechen.Und ein Auge zugedrückt.
Was man mit der jüngsten Aktion nur rückgängig machte.
Aber förmlich wird man damals ja wohl kaum einfach “auf das Gesetz ist g´schissen” gesagt haben, sondern jeder einzelnen Spielstätte eine Ausnahmegenehmigung ausgestellt haben.
Insofern kann es doch kein Problem sein, die bespielbaren Stadien zu kennen. Man weiß es doch schon seit dem Sommer.
Und warum ausgerechnet der Verband eine solche Liste herausgeben (oder am Ende noch beschließen) will, ist mir völlig unklar. Was hat der bitte damit zu tun? Der kann doch ganz eigene Kriterien aufstellen oder nicht aufstellen, durchsetzen oder nicht durchsetzen. Mit den gesetzlichen Standarts hat das doch gar nicht zu tun.
In Mailand dürfen jetzt die Dauerkartenbesucher rein. War ja irgendwie klar