You’ll Never Walk Alone, jetzt noch weniger
Heute mittag nimmt der Verkauf des FC Liverpool an Investoren Gestalt an. Gegen 15h00 soll es eine Pressekonferenz der neuen Besitzer George Gillett und Tom Hicks geben. BBC Five Live will live übertragen. Die Übernahme wurde kurz vor 14h deutscher Zeit an der Börse offziell bekanntgegeben.
Seit langer Zeit versucht sich der FC Liverpool an den Hals einer Investorengruppe zu werfen um endlich finanzielle Resourcen zu bekommen um mit den anderen Großvereinen mitzuhalten und ein neues Stadion zu bauen. Dabei war schon manch arg dubioser Übernahmeversuch dabei, bis hin zum thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Ende 2004. Was für ein Glück, dass sich jener Deal nicht realisiert hat, denn Thaksin ist inzwischen aus dem Amt geputscht worden.
Seit dem Jahreswechsel gab es wieder ernstere Übernahmeversuche und alles schien auf Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum hinauszulaufen. Ja, der Scheich von der A1 GP-Rennserie. Auch das wäre interessanterweise auch ein halbstaatlicher Deal gewesen, denn die Investorengruppe des Scheichs, Dubai International Capital gehört der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate. Al Maktoum ist Ende Januar verärgert ausgestiegen, als der Aufsichtsrat von Liverpool Gillett und Hicks mehr Zeit geben wollte um deren Angebot nachzubessern. Al Maktoum fühlte sich hingehalten, denn er glaubte eigentlich schon ein Zusage in der Tasche zu haben. Liverpool dementierte und sprach davon, dass Maktoum dem Club die Pistole auf die Brust gesetzt hatte und eine Antwort binnen 12 Stunden erwartete. Im Prinzip hatten Gillett und Hicks aber bereits damals ein Angebot gemacht, dass zumindest für die Aktionäre attraktiver war als das Angebot von Sheikh Maktoum.
Und wer sind nun George N. Gillett und Tom Hicks? Beide scheinen zeitlebens “Investoren” gewesen zu sein, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg und quer durch verschiedene Branchen. Gillett mit den Schwerpunkten Lebensmittel und Sport. Gillett besitzt 80% an dem NHL-Klub Montreal Canadiens und deren Halle, war früher einer der Besitzer der Miami Dolphins.
Tom Hicks gehört die Southwest Sports Group, die wiederum Besitzer des Baseball-Klubs Texas Rangers und des NHL-Klubs Dallas Stars ist. Sein Neffe ist Besitzer der Atlanta Hawks in der NBA. Bei den Liverpool-Fans stößt die politische Farbe von Hicks sauer auf. Er steht im Ruf ein Bush-Anhänger zu sein und ist einer der Führungspersönlichkeiten im Wahlkomittee für Rudy Giulianis Präsidentschaftskandidatur.
(Ein Portrait der beiden bei der BBC)
Die Übernahme erfolgt auf mehreren Ebenen. Zuerst werden die Aktien des Mehrheitsaktionärs und Vorsitzenden David Moores aufgekauft, Größenordnung zirka 110 Mio EUR, dann müssen die restlichen knapp 40% der Aktien aufgekauft werden, bis man 90% zusammen hat. Die Investorengruppe wird knapp 275 Mio – 325 Mio EUR für den Stadionneubau am Stanley Park ausgeben müssen. Man will den Stadionneubau ASAP angehen. Außerdem wurde versprochen Geld in neue Spieler anzulegen. Manager Benitez war in letzter Zeit etwas angefressen angesichts der knappen Kassen.
Die Pool-Fans nehmen die Nachricht sehr gemischt auf. Sie nehmen es Gillett immer noch übel, dass er in seinen ursprünglichen Übernahmeplänen vorgeschlagen hat, das Stanley Park-Stadium mit einem anderen Verein zu teilen. Diese Idee hat Gillett inzwischen in den Papierkorb geschmissen.
Wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, ist das inzwischen der 8te oder 9te Klub in der Premier League, der damit in Privatbesitz gewandert ist bzw. wandern wird.
Reaktionen
… und bald tritt Prince in der Halbzeit auf.
Auf der Pressekonferenz hören sich die Statements von Hicks und Gillett etwas beängstigend an. Hicks stellt im breiten texanischen seine mitgebrachte Brut vor. Hicks und Gillett betonen immer wieder, dass sie Fußball verstanden hätten und wissen was die Fans wollen: “Gewinnen, Gewinnen, Gewinnen”.
Na ja…
Sollen wir mal zählen?
Man Utd – Malcolm Glazer
Chelsea – Roman Abramovich
Liverpool – Gillett/Hicks
Arsenal – Viele Eigentümer, u.a. die Direktoren des Clubs und Granada/ITV
Bolton – Eddie Davies
Reading – John Madejski
Portsmouth – Alexandre Gaydamak
Everton – Bill Kenwright/Robert Earl
Blackburn – Jack Walker Trust
Newcastle – Sir John Hall/Freddy Shepherd
Tottenham – ENIC
Middlesbrough – Steve Gibson
Aston Villa – Randy Lerner
Fulham – Mohamed Al-Fayed
Man City – Manchester City FC plc
Sheffield Utd – Sheffield Utd plc
Wigan – David Whelan
West Ham – Eggert Magnusson
Charlton – Charlton Athletic plc
Watford – Watford Leisure plc
“PLC” bedeutet bekanntlich “public limited company”, entsprechend der deutschen “AG” – und hier heißt es, dass mehrere Personen den Club besitzen.
Auch wenn es für das deutsche Verständnis schwer ist, aber in England sind “Privatbesitzer” eines Clubs wie in Nordamerika eher die Regel als die Ausnahme.
Das besondere an der jetzigen Situation ist dagegen, wieviele ausländische Besitzer es inzwischen in der Premier League gibt.
Ich hatte die Zahl von einem BBC-Feature von vor 3-4 Wochen in Erinnerung, dann waren damit ausländische Besitzer gemeint (nach der Aufzählung sieben Stück, wenn ich es richtig sehe)
Öhm, mal den doofe Frage an die Allgemeinheit:
Warum kauft jemand einen Fußballclub mit all seinen Schulden?
Kann sich sowas langfristig rechnen? – Für mich schwer vorstellbar.
Ist das ein Abschreibungsobjekt?
Ich versteh s nicht.
Ja also abschreiben aknn man den schon. Ich weiß auch nicht genau, ob die Schulden nicht mit dem Wert der Spieler gegengerechnet werden. Oder sind Spieler nicht aktivierbares Anlagevermögen? Oder kann man sie als Umlaufvermögen titulieren? Ist es das Vermögen, womit man Geld verdient? Wird da jeder Spieler anders bahndelt? Also einer aus der Jungend nur zu dem Wert, was seine Ausbildung gekostet hat und ein andere nur zum Einkaufswert und nicht zum tatsächlichen Wert.
Wie sind Fußballspieler bilanztechnisch aufzuführen?
Ein Fußballspieler stellt an sich Anlagevermögen dar. Man bilanziert die Lizenz, ihn in der Bundesliga einzusetzen zu dürfen aufgrund des Lizenzspielervertrages. So ist die Handhabe in Deutschland. Natürlich gibt es dementsprechend auch Bewertungsunterschiede. Nach dem Bosman-Urteil hat der DFB eine Krücke gebildet, so dass auch ablösefreie Spieler aktiviert werden können. Wie genau eine Bewertung der Spieler dann erfolgt, kann ich leider nicht sagen. Ob Spieler aus der Jugend überhaupt aktiviert werden können, weiß ich nicht. IN Deutschland darf man selbst geschaffene immeterielle Vermögenswerte (Lizenzen) nicht bilanzieren. In England sollte das schon eher gehen.
Wie verdient man nun Geld mit einem Fußballverein? Schwierige Frage. Ich denke, da wird es umfangreiche Verträge geben. So hat z.B. Glazer die Verbindlichkeiten für den Kauf auf ManU übertragen, so dass ManU die Zinsen bezahlen muss. Glazer wird wahrscheinlich nicht nur eine gewinnabhängige Vergütung bekommen. Da kommen z.B. Beteiligungen an den Stadioneinnahmen oder Einnahmen aus dem Verkauf von Fanartikel in Betracht.
Gerade englische Clubs gehören ja wie die deutschen zu den Sportclubs (mal Vereine und Kapitalgesellschaften zusammen genommen), die am wenigsten Schulden in Europa haben.
Daher gilt eigentlich: Solange der Schuldendienst nicht den Einnahmeüberschuss (Einnahmen-Ausgaben) auffrisst, kann man damit gut fahren. Denn es fallen trotzdem noch Gewinne an, die im Bezug auf das geringere Eigenkapital eine bessere Rendite erzielen als wenn man alles ohne Schulden finanziert. Nachteil ist natürlich das fehlende Kapital für Investitionen, die aber eventuell über neue Schulden getätigt werden. Oder man hat einfach keine großes Anlagevermögen mehr, was beim Fussball gar nicht mal so abwegig ist (Stadion wird gemietet, Spieler werden hauptsächlich vertragsfrei verpflichtet bzw. werden Spieler nur über Ablösesummen verpflichtet wenn man entsprechende Transfererlöse hat. Sonstige Anlagevermögen sind eher vernachlässigbar.
Aber eigentlich sehen die meisten Clubbesitzer ja in ihren Clubs meist ein Spielzeug, was sich eventuell auch selbst finanziert, aber nicht unbedingt Gewinn erzielen soll. Glazer war da eigentlich der einzigste bisher, der mit Fussball richtig Geld verdienen will.
Aktivierung ist wie marcus geschrieben hat möglich bzw. Pflicht. Aber nur bei Spielern, für die eine Ablösesumme bezahlt wurde. Abgeschrieben wird linear über die Vertragslaufzeit.
Noch ein Nachtrag, da ich vorhin das nicht explizit geschrieben hab. Aktivierung von ablösefreien Spielern ist nach HGB nicht möglich. Was sich nach Bosman geändert hat, ist das Ablösesummen keine Voraussetzung mehr für die Spielberechtigung sind und somit das Argument des Bundesfinanzhof für die Bilanzierung von Fussballspielern eigentlich nicht mehr gültig ist. Diese Angabe hab ich in einer KPMG-Studie gelesen.