SuperBowl XLI: Countdown minus 9

Was die deutsche Presse (bzw. auf deren Websites lesbar ist) über den Superbowl:

Die WELT, Stefanie Boewe: “Gewalt verkauft sich noch besser als Sex

Doch dass den am Sonntag in Miami ausgetragenen Super Bowl XLI […] rund eine Milliarde Fernsehzuschauer verfolgen werden […] liegt weniger am strategischen Anspruch. Spektakulärer wirken die mitunter brutal durchgeführten Spielzüge rund um den Football; ganz nach dem Motto “sex sells, violence sells better” – Gewalt verkauft sich noch besser als Sex.

Und wenn man Physis mit Gewalt verwechselt, glaubt man auch dass die XFL eine dufte Idee gewesen ist.

Dafür passen sich die Mannschaften den Bedürfnissen an. Zahlreiche Regeländerungen haben das Spiel immer schneller werden lassen. Für die Protagonisten blieb das nicht ohne Folgen. Denn mit dem Tempo steigt das Verletzungsrisiko.

Welche Regeländerungen sollen das sein? Die zusätzlichen Auszeiten durch die Challenges? Die strenger ausgelegten Regeln bei Tackles mit dem Helm voran? Die strengeren Regeln bei der Pass Interference? Die Geldstrafen für zu harte Tackles am Quarterback? Schnelleres Spiel? Ja. Durch Regeln? Nein. Eher durch “Athletik” und möglicherweise effizienteren Umgang mit Zeug im Graubereich zwischen Medikamenten und Dopingmitteln.

Die WELT hat übrigens auf ihrer Website seit Anfang November eine US-Sport-Ecke “Crunchtime” mit 1-2 Artikeln pro Woche.

Frankfurter Rundschau, Wolfgang Hettfleisch “Verabredung mit dem Schicksal

Einige Experten bezeichnen es als das größte “mismatch” in der Geschichte des Superbowls. Hier Peyton Manning, der Spielmacher der Indianapolis Colts, Inhaber diverser Rekorde der National Football League und schon zweimal zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Dort Rex Grossman, der Quarterback der Chicago Bears, von den eigenen Fans noch immer misstrauisch beäugt und ohne echten Rückhalt bei Fachleuten und Journalisten.

Na ja. Mit “Mismatch” würde man eher ein Spielerduell bezeichnen, bei denen sich zwei Spieler direkt gegenüber stehen. Groß gewachsener Receiver gegen einen zwergenwüchsigen Cornerback, der gerade sein zweites Football-Spiel des Lebens macht.

Die Teams selber sind, das zeigen auch die Wettquoten, kein übermäßiges “Mismatch”. Da erinnere ich mich an den verheerenden Superbowl vor zwölf Jahren San Francisco 49ers gegen San Diego Chargers 49:26, wo bereits die Wettbüros die 49ers mit 14 oder 17 Punkte vorne sahen.

Tagesspiegel, Matthias B Krause: “Beistand von Engeln
Tagesspiegel, Matthias B Krause: “Nach einem langen Weg

Tony Dungy kann sich noch genau daran erinnern wie es war, als er in den Sechzigerjahren in einer Kleinstadt in Michigan aufwuchs: „Wir haben den Super Bowl angeguckt und nie wirklich einen schwarzen Coach gesehen. Wir haben nicht einmal darüber nachgedacht, dass wir das eines Tages werden könnten.“ An diesem Sonntag steht Dungy nun selbst mit den Indianapolis Colts als erster schwarzer Headcoach im Finale der National Football League. Sein Gegenüber im Super Bowl in Miami ist Lovie Smith mit den Chicago Bears, ebenfalls ein Afro-Amerikaner.

In den USA trägt der diesjährige Superbowl auch den (inoffiziellen) Beinamen “Negrobowl I”. Der erste Superbowl mit zwei schwarzen Headcoaches. “Negro” läßt mich zusammenzucken. Einer meiner Lieblingsfilme ist “Wer die Nachtigall stört – To kill a Mockingbird” von 1962, ein verstörender Südstaatenfilm über Rassismus und Vorurteile in einer Kleinstadt. Als vor einigen Jahren die NY Times ihr Archiv an Filmkritiken geöffnet hat, habe ich mir auch die damals in der NY Times erschienene Filmkritik durchgelesen. Die dort gewählte Sprache, in einer Ostküstenzeitung, in einem Intellektuellenblatt, diese permanente Verwendung von “Negro” hat mich nochmals nachhaltig verstört. So wie jetzt der Ausdruck “Negrobowl”.

Tagesspiegel-Weblog Heimvorteil, Jörg “Leodator” Leopold: “Super Bowl XLI: Pregame-Show mit Thunder-GM Joe Cealera

Berliner Zeitung, Matti Lieske “Kühlschränke auf den Schultern

NZZ, Rod Ackermann “Purzelbäume bis ins Weiße Haus

Zur Debatte steht beim Kampf zwischen den zwei Mannschaften aus dem Mittelwesten – just 300 Kilometer Autobahn trennen Chicago und Indianapolis – der alte Grundsatz, wonach mit der Offensive zwar Spiele gewonnen werden, mit der Defensive aber Meisterschaften. Tatsächlich sind es mehr als zwei Jahrzehnte her, dass ein eindeutig offensiv orientiertes Team einen Final gewann (die Los Angeles Raiders in der Super Bowl XVIII). Ob es den Colts und ihrem brillanten Quarterback Peyton Manning gelingt, die beinharte Verteidigung der Bears zu knacken? Jene Einheit von jungen, hochmotivierten Mannen, die eisern entschlossen ist, den ersten NFL- Titel seit 1985 nach Chicago zu bringen?

Dem Szenario der «defense wins!» entgegen steht die Virtuosität von Peyton Manning […]

Das greift m.E. zu kurz, weil die Colts gerade in der Defense in den Playoffs ein neues Gesicht gezeigt haben.

SZ, Christoph Leischwitz “Die wichtigsten Spieler beider Mannschaften
SZ, Diashow zum Superbowl

SPIEGEL Online, Daniel Killy “Seichtigkeit des Seins
Ah, der SPIEGEL mal wieder mit seiner handelsüblichen Kodderschnauze. Football according SPIEGEL Online:

Auf vielen Superbowl-T-Shirts prangt das Konterfei von Colts-Quarterback Peyton Manning. Sein Gegenüber von den Bears ist auf den bunten Hemdchen Brian Urlacher. Der ist aber nicht Quarterback, sondern Linebacker, das heißt Abwehrspieler. Ein Motiv, das eine deutliche Sprache spricht. Wenn schon die Devotionalienhändler den Spielmacher der Bears nicht für T-Shirt-würdig befinden, wie sieht es dann um die Chancen der Bears aus?


Der Blogger Nr.1 des Handelsblatt, normalerweise für Netz- und Mediengeschichten, aber auch ein bißchen Sport zuständig, ist nach Miami geflogen. mehr in “Indiskretion Ehrensache“.

Und natürlich ist auch der New Yorker Journalist Jürgen Kalwa in seinem Blog “American Arena” näher an der Sache dran.

Ich lege auch nochmal den hiesigen Blogeintrag über das NFL-Spiel in London ans Herz, wo sich inzwischen in den Kommentaren eine spannende Diskussion über das verhältnis zwischen NFL Europa und der lokalen Football-Bundesliga entwickelt hat.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Stefanie Boewe, auch genannt “Stefanie Böse” hat vor einigen Jahren in der NFLE, wenn ich mich recht erinnere bei der Frankfurt Galaxy, im PR Bereich gearbeitet.

    Nach ihrem Ausscheiden erschienen noch einige Artikel von ihr zum Thema American Football mit leicht ;) negativem Touch.

    Nur so mal angemerkt.