Buchsport: “Sound and Fury”, Dave Kindred

Cover Sound & Fury

Dave Kindred: Sound and Fury – Two Powerful Lives, One Fateful Friendship, Free Press 2006

Eher durch Zufall bin ich im letzten Herbst in einem US-Blog auf ein interessantes Buch gestoßen. Ein Buch wie “Sound and Fury” kann vermutlich nur in den USA erscheinen. Ein Buch über einen Boxer. Und ein Buch über einen Sportjournalisten. Als Doppelbiographie, das die Leben von Muhammad Ali und Howard Cosell miteinander verknüpft.

Der eine ist eine verklärte weltweite Sportikone und der andere war der vielleicht bekannteste und wichtigste US-amerikanische Sportreporter. Von ihrer ersten Begegnung 1962 vor dem Schwergewichtskampf zwischen Floyd Patterson und Sonny Liston bis zum Ende von Alis Boxkarriere 1984 enstand eine Art symbiotische und komplexe Beziehung die nicht nur mit der gegenseitigen Popularität zu tun hatte, von der beide profitierten.

So unterschiedlich beide Menschen waren, ihr Leben war voller verblüffender Parallelen. Ein nahezu zeitgleicher Aufstieg und Abstieg. Ihr schwacher Widerstand gegenüber Autoritäten oder falsche Freunde.

Kindred geht chronologisch vor und wechselt kapitelweise die Perspektive. Der Aufstieg des jüdischen Quereinsteigers und der ungeschliffene, schwarze Rohdiamant der nicht so recht wusste was er tat, aber in den Sechziger Jahren zu einem Idol über den Boxsport hinaus wurde.

Bizarrerweise haben beide kaum ein Wort über ihr Verhältnis zueinander verloren. Aber Kindred stellt die zahlreichen kleinen Momente dar, die erahnen lassen, dass beide sich über ihre besondere Beziehung im Klaren waren.

Kindreds Schreibe ist sehr plastisch, sehr detailreich. Das Buch wird den zahlreichen Facetten beider Biographien gerecht. Vorallem bei den Kapiteln über Ali merkt man an, dass Kindred ganz tief in den Archiven hinabgestiegen ist. Die einzige kuriose Lücke die das Buch bei Ali besitzt, ist die quasi kaum vorhandene Darstellung des “Rumble in the Jungle“-Kampfes, das eigentlich ein Event von kulturhistorischer Dimension darstellte. Kindred scheint die Episode eher zu qüälen und er bleibt recht kurz angebunden. Er steigt quasi erst mit der Kampfbeschreibung an. Über das was im Vorfeld abgelaufen ist, verliert er nur 2-3 Absätze die vorallem darauf abzielen, das Foreman und Ali ganz kühl das Geld des zairischen Diktators Mobutu abgegriffen haben, in vollem Bewusstsein wieviel Blut am Geld klebte.

Das Buch ist filmreif. Okay, kein Spielfilm, dazu sind beide Biographien zu komplex (Kindred bezeichnet den offiziell abgesegneten “Ali”-Film mit Will Smith als von Lonnie Ali abgesegneten Imagefilm), eher Fernsehserie. Sehr amerikanisch, sehr andersartig, aber unvergleichlich.

Alpha-Tier Ali

Ali kommt im Buch nur begrenzt gut weg. Kindred zerlegt die Überfigur Ali und beschreibt einen Menschen der im Grunde genommen naiv war und von seinen Instinkten geleitet wurde. Ali war häufig nichts anderes als eine Projektionsfläche für das was andere Leute in ihm sehen wollten. Und so kommt es, dass er trotz unverhohlen rassistischer und frauenverachtender Sprüche zum Held aufstieg. Davon kann sich selbst Kindred nicht loslösen, der trotz aller Brüche viel Sympathien für Ali zeigt. Die Aura Alis lässt sich nicht mit dem bloßen Wort “Charme” beschreiben. Das Buch fängt dieses unbeschreibliche Etwas von Ali sehr gut ein.

Ich habe Ali nur in seiner Spätphase gesehen, als er längst eine Ikone war und sich nur noch mit Rummelzirkusnummern wie Kämpfe gegen Karatekas abgab. Alles was man hier und da aus zweiter Hand über Ali aufschnappt, überhöht noch mehr sein Leben. Ali der Olmypiasieger. Ali der Wehrdienstverweigerer. Ali der Sprücheklopfer. Ali ist für Spätgeborene ein Kunstwerk.

Dann sah ich Kämpfe von Ali in voller Länge. Den ersten Kampf gegen Sonny Liston auf ESPN Classic und “Rumble in the Jungle” gegen Foreman und “Thrilla in Manilla” gegen Frazier auf DVD. Den Oscar-prämierten Dokumentarfilm “When we were Kings” von Leon Gast. Die Figur des Muhammad Alis bekam dadurch zusätzliche Dimensionen. Ich begriff was für ein herausragender Boxer Muhammad Ali war. Und ich begriff anhand des Dokumentarfilms, der die Geschichte des “Rumble in the Jungles” mit der Hochphase der Blaxploitation in den Siebzigern verband, wieso Ali mehr als nur ein Boxer und mehr als nur Show war. Alles bekam zusätzlich Tiefe. Selbst Alis Statements war keine pure Großmäuligkeit mehr, sondern clevere Waffen in einem von ihm inszenierten Psychokrieg gegen Foreman oder Liston.

“Sound and Fury” bricht mit vielen Mythen Alis. Dave Kindred rekonstruiert Alis Leben aus zahlreichen Gesprächen. Während Cosell sein Privatleben abschottete, war Ali eine öffentliche Figur und Kindred gelingt es ein entsprechend opulentes Portrait von Ali zu liefern.

Alis Hinwendung zur Nation of Islam 1964 ist eines der dunkelsten Kapitel im Buch. Ali benutzte die Rhetorik der Nation of Islam um für Rassentrennung einzutreten und ein archaisches Frauenbild zu zeigen. Ende 1964 kam es in der Nation of Islam zu internen Machtkämpfen. Der völlig verblendete Elijah Muhammad räumte brutal auf. Zahlreiche Mitglieder wurden getötet. Der geläuterte Malcom X wurde erschossen. Kurz vor Weihnachten 64 wurde der ehemalige Pressesekretär von Ali Leon 4X Ameer zusammengeschlagen, blieb tagelang im Koma, ehe er im März 1965 an den Spätfolgen starb. Von Muhammad Ali gab es keinerlei Äußerungen zum Verschwinden einiger Mitglieder seiner Entourage. Auf Nachfrage verleumdnete er Leon 4X Ameer und distanzierte sich von Malcolm X.

Ali war und blieb eine der Haupteinnahmequellen für die Nation of Islam. Alis Manager war Herbert Muhammad, Sohn des Nations-Gründer Elijah, der dafür sorgte, dass hinreichend Gelder von Alis Konten abgezweigt wurden. Die Rolle von Herbert Muhammad in Alis Leben kann nicht unterschätzt werden. Er blieb bis 1988 Alis Manager, ehe er von Alis neuer Frau, der resoluten Miss Lonnie Ali kalt gestellt wurde.

Die zweite für mich verblüffenste Episode ist der von Kindred beschriebene Absturz von Muhammad Ali Mitte der Siebziger Jahre. Jeder kennt inzwischen das Bild des von Parkinson durchgeschüttelten alten Alis. Gemeinhin wird leichtfertig gesagt, dass er eben einen zuviel auf die Omme bekommen hat. Mir war aber nicht klar, dass sich nahezu die komplette Entourage von Ali bereits Mitte der Siebziger bewusst war, dass die Kämpfe massiven Schaden bei Ali zu hinterlassen drohten.

Der beste Ali im Boxring, war der Cassius Clay, mit seinen unglaublich schnellen Händen und der enormer Beweglichkeit. Clay war so schnell, dass er schlichtweg nie getroffen wurde.

Der Muhammad Ali der nach seinem Gefängnisaufenthalt nach dreieinhalb Jahren wieder in den Ring zurückkehrte, war ein anderer Kämpfer. Er war bei weitem nicht mehr so beweglich. Statt den Schlägen auszuweichen, zeigte er die vielleicht besten Nehmerfähigkeiten die es im Boxen jemals gegeben hat. Was 1974 heroisch als “rope-a-dope” in “Rumble in the Jungle” verklärt wurde, das Hängen in den Seilen und Foreman sich mit seinen Schlägen an Ali müde arbeiten lassen, leitete das Ende von Ali ein. Nicht sofort, aber der Weg war vorgezeichnet.

Es war allen aus Alis Umfeld klar, dass der Boxer Ali am Ende war. 8 Runden gegen den damals härtesten Hitter George Foreman. 12 Runden gegen Joe Frazier der Ali mit einem noch nie dagewesenen Schlaghagel komplett eindeckte. Ali schaffte es zurückzukommen und Fraziers linkes Auge so zu Klump zu schlagen, dass das Auge binnen zwei Runden so zuschwoll, Frazier nichts mehr sehen konnte und aufgeben musste.

Ali hatte nur noch weltmeisterliche Nehmerfähigkeiten. Das konnte nicht gut gehen. Ali musste den Preis zahlen.

Freunde begannen festzustellen, das Ali nicht mehr so eloquent sprechen konnte. Ali pisste nach Kämpfen Blut. Seine Nieren waren durch die Schläge schwer angeschlagen. Es kursierten in der Entourage Studien von 1928 die belegten, dass Boxen langfristig das Gehirn schädigen würde. Die Boxkommission von New York erklärte keine Ali-Kämpfe mehr zu sanktionieren. Unter Verschluß gehaltene Gutachten diagnostizierten Schäden an Alis Sprachzentrum. Die Box-Kommission von Nevada gestattete in voller Kenntnis des geheimen Gutachten, weitere Kämpfe. Für Ali hätte schon 1975 Schluß sein müssen, doch es folgten noch zehn Kämpfe über insgesamt 120 Runden bis Ende 1981 hinein.

Ali trat zurück. Herbert Muhammad und die Nation of Islam hatten ihn ausgesaugt. Ali war ein mittelloser Mann. Erst Alis Frau Lonnie die Herbert Muhammad feuerte sowie der glückliche Umstand der Olympischen Spiele 1996 (Ali entzündete in Atlanta das olympische Feuer) führten zu einem Comeback in der Öffentlichkeit. Lonnie Ali baut seitdem Ali kühl kalkulierend als Kultfigur auf und Alis Finanzen sind nun wieder mehr als gesund.

Omega-Tier Cosell

Howard William Cohen war ein Kind polnisch-jüdischer Einwanderer und wuchs in Brooklyn der 30er-Jahre auf, inmitten der Großen Depression. Er wurde ein fanatischer Fan der Brooklyn Dodgers, wartete vor den Druckereien auf die frischen Zeitungsausgaben und hing vor dem Radio an den Lippen der Play-by-Play-Announcer. Nach der High School machte er auf Wunsch seiner Eltern “etwas solides”, studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Solide hin oder her, er versuchte ein Fuß ins Radio als Sportjournalist zu bekommen. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg schlug eine erste Bewerbung fehl. Stattdessen wurde er der klasssiche Seiteneinsteiger. Er nutzte seinen Beruf aus um Kontakte zu Baseballspielern und zu ABC zu knüpfen. Er wurde zu einem Rechtsvertreter der sogenannten “Little Leagues“, Baseball-Kinderligen, arbeitete für lau für einige hochrangige Angestellten von ABC und bekam nach einer Weile eine kleine wöchentliche Sport-Talkshow mit Kindern.

Howard Cosell, wie er inzwischen hieß, nutze so ziemlich alle Kontakte und Hebel aus, um sich bei ABC hochzuarbeiten. Was die Sache nicht einfacher machte, war seine jüdische Abstammung, seine sehr penetranten Stimme und eine von Arroganz geprägte Intonation und Wortwahl. Cosell biß sich aber durch. Vom Host einer kleinen Radio-Talkshow wurde er zum Produzenten und dann zum Journalisten der O-Töne mit einem rucksackgroßen Rekorder einfing.

Er baute seit Netzwerk an Bekannten und Beziehungen weiter aus. Binnen weniger Jahre wurde er in New York mit seiner Meinungsfreude und scharfen Formluierungen zu einem populären Radio- und später TV-Mann, doch er wollte ins landesweite Fernsehen. Wieder wurde ihm der direkte Weg verbaut, wieder wählte er einen Seiteneinstieg und wurde erst zum Produzenten von Dokumentarfilmen. Mit Erfolg. Nach einer Reihe von Features wurde er zu der neuen Abteilung von ABC, ABC Sports gerufen.

ABC hatte dem übermächtigen Konkurrent NBC gerade die Senderechte für College Football weggeschnappt. Roone Arledge entwickelte ein Konzept für diese Übertragungen: “Heretofore, television has done a remarkable job of bringing the game to the viewer – now we are going to take the viewer to the game” und beschrieb wie Stilmittel aus anderen Sendungen in Sportübertragungen einfließen sollten. Kameras auf Automobilen, Helikoptern, “anything necessary to get the complete story of the game“. Dieses Konzept war ein Meilenstein der Sportfernsehgeschichte, denn zum ersten Mal wurde das Fernsehen sich bewusst, dass es selber Ereignisse mitgestalten konnte, statt bloßer Begleiter zu sein.

ABC startete 1961 das Magazin “Wide World of Sports” und brachte erstmals auch weit entfernte Sportereignisse in die US-amerikanischen Wohnstuben. Die American Football League (AFL) gründete sich als Abspaltung der NFL und überlebte dank des TV-Vertrages mit ABC. ABC traf mit seiner frischen Sportberichterstattung den Zeitgeist einer jungen aufmüpfigen Generation die Rock’n’Roll hörte, die gegen die Rassentrennung protestierte und einen neuen Typus von Sportler der sich bewusst als Star verstand, wie z.B. “Broadway Joe” Namath.

Mittendrin Cosell, der als Sportjournalist immer mehr Reputation gewann. Ein Tausendsassa quer durch verschiedene Sportarten, mit den Schwerpunkten Boxen, Baseball und Football.

1970 hatte Arledge eine weiteres revolutionäre Baby: ein NFL-Spiel der Woche, mitten in der Prime Time: “Monday Night Football“. Dazu eine ungewöhnliche Besetzung: der intellektuelle, journalistische und kontroverse “negerfreundliche Jude” Cosell mit dem eher plumpen, populistischen Don Meredith als Analysten und später zusätzlich Frank Gifford. Es sollte die erste wöchentliche Sportsendung in der US-Geschichte werden, die sich in der PrimeTime behaupten konnte und fast immer Quotensieger war.

Es spricht für Cosell, das er an unsagbar vielen historischen Momenten des US-Fernsehens beteiligt war. Er drehte den ersten Dokumentarfilm mit ausschließlich schwarzen Protagonisten (über das Grambling College in Lousiana). Er stand 1967 Muhammad Ali bei, als dieser den Wehrdienst in Vietnam verweigerte und ins Gefängnis wanderte. Er war es, der 1968 als Erster ein Interview mit den beiden Black-Panther-US-Sprinter bei Olympia 1968 führte. Er war bei allen großen Kämpfen von Muhammad Ali der Reporter. Er war 1972 im olympischen Dorf in München als die israelischen Sportler starben. Er gab während einer Monday Night Football-Übertragung als Erster in der US-Öffentlichkeit die Meldung vom Tod von John Lennon bekannt.

Howard Cosell verkörperte beide Extreme eines Sportjournalisten in den elektronischen Medien: er war Showman und Journalist. Er glaubte an den Sport als Mittel um Geschichten über die Gesellschaft zu erzählen. Er hasste die Kommentatoren alter Prägung und revolutionierte die Spielkommentierung in dem er eben mehr als das “Play-by-Play” oder “Blow-by-Blow” brachte, sondern die Geschichte dahinter suchte und das Geschehen in einen Gesamtkontext einbettete.

“Monday Night Football” machte Cosell zur Legende. Cosell wurde eine der bekanntesten TV-Figuren in den USA. “Verdientermassen”, wird Cosell gedacht haben, waren doch alle anderen nur Schwätzer. Seine Hybris ging sogar soweit, dass er 1975 für eine eigene Unterhaltungssendung versuchte die Beatles wieder zusammenzubringen, was John Lennon bei eiem Essen dankend ablehnte.

Cosell war eine kontroverse Figur und auch in der Kommentatorenkabine von MNF herrschte während des Spiels immer eine latent aggressive Stimmung untereinander. Cosell rümpfte die Nase über die Möchtegerns Meredith und Gifford. Die Spannungen nahmen zu, Cosell wurde im Laufe der Jahre immer zynischer und immer egozentrischer. Er wurde zum “grumpy old man“. Gefangen in einem Konflikt als Journalist Anerkennung zu finden, aber gleichzeitig auch dem gemeinen Fernsehvolk zu dienen.

1982 kommentierte er den einseitigen Kampf Larry Holmes – Randall Cobb, der nach Ansicht vieler bereits in der 5ten Runde hätte abgebrochen werden müssen, aber über die volle Distanz ging. Cosell war außer sich vor Wut, kommentierte nie mehr einen Boxkampf und trat für ein Verbot von Boxkämpfen ein. Diese Zeit war bei Cosell von Bitterkeit gezeichnet. Dies war immer weniger der Sport den er kannte. Er hatte endgültig die Schnauze voll von den inkompetenten Leuten und von der Show. Er merkte wie er seinem journalistisches Ethos immer weniger gerecht wurde.

Er hasste “Monday Night Football”. Er hasste die NFL. Im Sommer 1984 gab Cosell “Monday Night Football” ab und feierte es als Befreiung. Seit 1981 hatte Cosell ein zweites kleines Baby namens “SportsBeat” bekommen, in dem er sich austoben konnte. Es war ein monatliches Halbstunden-Magazin, in der sich Cosell und sein Team von der investigativen Seite zeigten. Cosell war nicht wieder zu erkennen.

Der Schlußstrich kam Ende 1984 als er seine authorisierte Biographie “I never played the Game” veröffentlichte, in der er zahlreiche Kollegen und vorallem “Monday Night Football” kritisierte. Cosell flog dafür hochkant von ABC raus, SportsBeat wurde eingestellt. Er kommentierte nur noch einige Baseball-Spiele, u.a. mit Al Michaels, nahm einige Drinks zu viel.

Später wurde bei Cosell ein Gehirntumor entfernt, der möglicherweise Schuld an Cosells zynischem Verhalten seit Beginn der 80er Jahre hatte. Nach dem Tod seiner Frau 1990 verschwand Cosell zunehmend aus der Öffentlichkeit. Im Januar 1992 beendete er nach 39 Jahren seinen täglichen, 5minütigen Radiokommentar “Speaking of Sports” und nach 32 Jahren die wöchentliche Halbstunden-Sendung “Speaking of everything“, die er längst nur noch zuhause aufnehmen ließ. Er bekam nur noch Besuch von einigen wenigen Freunden und Bewunderern, wie z.B. Bryant Gumbel, dem heutigen HBO-Sportmann und Play-by-Play-Announcer beim NFL Network.

Cosell verstarb 1995.

Howard Cosell und Muhammad Ali

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Chapeau! Ich habe das sehr gerne auch so ausführlich gelesen. Und dann bin ich zu YouTube gegangen und habe mal geschaut, was es von Howard gibt. Eine Menge. Hier nur als Einstimmung das Link zu einem kurzen ABC-Schnipsel von vor dem Foreman-Kampf, in dem Muhammad am Schluss Cosells Toupée verspottet: http://www.youtube.com/watch?v=VJH1tLjWDfI
    Vielleicht noch ein Gedanke zu Cosell (ich habe seine Bücher gelesen): Es handelte sich um den typischen Fall eines Mannes, der das Spiel blendend gespielt hat, das ihn ganz nach oben brachte. Aber der, als er mal oben war, weder verstehen wollte, dass man sich an seiner Stimme ziemlich leid hören konnte, noch dass seine Bewusstseinsspaltung (halb Fan, halb Kritiker) in der Livesportfernsehmaschine, die er mit angeschobene hatte, völlig fehl am Platze war. Noch hat er kapiert, dass die Emanzipation der einst wirtschaftlich komplett ausgebeuteten Sportler zu verhätschelten Multimillionären keinen gesellschaftlichen Fortschritt per se bedeutet. Hätte dieser Misanthrop lange genug gelebt, hätte er heute sicher einen Blog und würde fröhlich jeden Tag das tun, was man hier in New York mit dem schönen jiddischen Wort “kvetch” beschreibt: Meckern, Jammern, Klagen. Ich würde es lesen wollen. Aber wer noch?

  3. Re: “noch dass seine Bewusstseinsspaltung (halb Fan, halb Kritiker) in der Livesportfernsehmaschine, die er mit angeschobene hatte, völlig fehl am Platze war

    Ich glaub die besten Sportkommentatoren sollten beides können: Fan sein und in der Lage sein, kritischen Abstand wahren zu können.

    In den Jahren nach Cosell wurde an der Meinungsschraube weitergedreht und es sind dank der digitalen Medien inzwischen unendlich viele Pundits im Sport unterwegs. Viel Meinung, viel kontrovers, aber nicht immer viel Substanz. Das ist zwar eine ziemliche Geschwätzigkeit und Kakophonie, aber mir als Rezipienten gibt sie die Gelegenheit, meine Lieblinge herauszufiltern. Anders in Deutschland, wo die Sportkommentierung in den elektronischen Medien immer noch ein Dienstleistung ist, die um 15h25 beginnt und um 17h20 aufhört. “Marken” oder “Persönlichkeiten” wie Collinsworth, Dr. Z., Bill Simmons, Wilbon, Boomer Esiason: undenkbar in Deutschland. Es regieren die “Staatsmänner” in den KICKER-Kolumnen oder die Gag-Schreiber bei Baslers verzweifelten Versuchen Max Merkels Nachfolge anzutreten.

    Es gibt was anderes was ich an Cosell bewundert habe und in dem Maße in Deutschland vermisse, was teils an den Personen und teils an den fehlenden Sendeplätzen liegt.

    Cosell ist ein Seiteneinsteiger gewesen und hat sich (anfangs) mit unheimlicher Verve in die Sachen reingehängt. Er beherrschte anscheinend eine große Bandbreite von journalistischen Formaten bis hin zur reinen Sportkommentierung. Wer soviele Facetten beherrscht, hat auch eine ganz anderes Spektrum. dass er für Sportkommentierung verwenden kann.

    Das ist das was den Sportreportern in Deutschland meistens abgeht. Interessanterweise macht einer der besten deutschen Sportjournalisten einen ähnlichen Spagath: Manni Breukmann. Neben Rundfunkreporter auch für Landespolitik beim WDR unterwegs.

    Ich würde mir wünschen, dass Sender sich mal ein Herz nehmen und wirklich versuchen würden, ihre Kommentatoren zu pflegen und weiter zu entwickeln, eine eigene Philosophie aufbauen. Aber wenn es noch nicht einmal die ARD-Kleinstaaten mit ihren unendlichen Resourcen an analogen und digitalen Programmen schaffen…

    Es fehlt in Deutschland in den elektronischen Medien sowohl am spielerischen Umgang als auch an der seriösen Tiefe.

  4. Da ich vor einiger Zeit “When we were Kings” (großartig!) gesehen habe und daraufhin youtube nach Ali-Kämpfen abgraste, mir “Ali” (naja) angeschaut habe: Gibt es noch weitere Buchempfehlungen/Biographien zu Ali? Möglichst auf deutsch. Ich bin beileibe kein Boxfan (was wohl anders gewesen wäre, wenn ich mit Ali aufgewachsen habe), aber die Person Ali mitsamt seiner Zeit ist faszineirend.

  5. *räusper*

  6. @linksaussen: King of the World von David Remnick fand ich auch lesenswert. Alis Handlungen werden in den jeweiligen Rahmen der Zeitgeschichte gestellt. Malcom kommt drin vor. Alis spektaktuläre Reden und Sprüche sind zu lesen. Auch das Boxen mit dem Wissen um die gesundheitliche Katastrophe seiner Betreuer in den letzten Jahren seiner Boxlaufbahn tauchen auf.