T.O. und mehr oder weniger Pillen

Es ist die Woche des lädierten Sportlers.

Arthur Abraham kann dank mit 21 Schrauben unter Kontrolle gebrachten 2fachen Kiefernbruch zwischen fünfunddreißig Suppen auswählen.

Gerald Asamoah soll sich beim Spiel heute in Nancy das Bein gebrochen haben.

Shaun Alexander, Running Back bei den Seattle Seahawks, ereilte der Fluch des Madden. Nach Marshall Faulk 2002, Michael Vick 2003 und Donovan McNabb 2006 hat es nun mit Shaun Alexander bereits den vierten Athleten in den letzten fünf Jahren mit einer schweren Verletzung erwischt, kurz nachdem er für das Cover des aktuellen Madden NFL-Spiels (Computer-/Videospiel) posierte. Das Phänomen ist inzwischen als Madden Curse bekannt.

Alexander hat sich in der Partie gegen die NY Giants den Fuß gebrochen. Es ist nicht klar wann er wieder spielen kann. Erste Schätzungen am Montag sagten was von season ending injury. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es nur ein leichter Bruch ist, die Knochen sich nicht verschoben haben und er mit Spezialschuh sogar mittrainieren kann. Aktuell heißt es, er wird zirka vier Wochen fehlen.

Chris Simms, QB der Tampa Bay Buccs, wird von Carolinas Defense ziemlich auseinandergenommen. Bei einer Gelegenheit muss er angeschlagen das Feld verlassen und wird untersucht. Die Buccs glauben an Dehydration und Rippenprellung (sore ribs) und Simms geht später wieder aufs Feld… Nach dem Spiel fällt er auf, weil er etwas wirr reagiert und über Schwindelgefühle klagt. Er wird mit Blaulicht ins Krankenhaus verfrachtet, wo die Ärzte einen Riß der Milz feststellen und eine Not-OP ansetzen.

Es bestand wohl in der Tat Lebensgefahr – Achtung, ich bin Medizin-Laie –, da es bei einem Milzriß zu inneren Blutungen kommt. WR Keyshawn Johnson erzählt, wie ein guter Freund beim einem Football-Spiel an einem Milzriß gestorben ist.

“If I’m seriously injured, I’m going to know it, and I’m not going back in,” he said in a 40-minute response to a question about the Tampa Bay quarterback. “You don’t have to worry about me. If I don’t feel good, I’m not going back in. I’m not going to try to gut it out like that. I mean, you know, I don’t know what he felt, the symptoms or anything like that, but if I have any signs, any telltale where I’m not feeling good, I’m not doing it. I’m not going back in, so you can forget it. No coach is going to pressure me into going in, and no organization is going to pressure me into going in.”

In a free-ranging answer, he talked with some knowledge of the situation. He played in Tampa, and he knows the team physician. He lost a good friend from Los Angeles, who died on the field at the University of Arizona from a ruptured spleen. Johnson admitted he was both appalled and scared when he heard why Simms left the game and eventually landed in intensive care. He was utterly clear that under no circumstances would he have gone back in that game.

Wenn die Situation wirklich so ernst war, erstaunt es wie schnell die NFL zum Alltag übergegangen ist. Mal sehen ob Phil Simms, CBS-Analyst und Vater von Chris Simms am Sonntag ein Wort darüber verliert.

Das die Simms-Geschichte so schnell aus den Schlagzeilen verschwunden ist, lang auch am neuen Terrell-Owens-Zirkus in Dallas.

Im Laufe des gestrigen Tages schlug ausgehend von AP und ESPN die Meldung auf, dass der laute und umstrittene WR Terrell Owens in der Nacht nach einem Selbstmordversuch ins Krankenhaus gebracht worden ist. Gestern abend ist diese Meldung dann dementiert worden. Das hierzulande auf NASN ausgestrahlte “Score Tonight” brachte gestern die entsprechenden Ausschnitte aus den Pressekonferenzen und was sich vor dem Haus von TO abspielte.

Die Faktenlage ist: Owens hat sich vor 2 Wochen einen Knochen in der rechten Hand gebrochen. Owens nahm Dienstag abend Schmerzmittel ein. Seine persönliche Sprecherin kam in die Wohnung, sah die leere Pillendose und verständigte die Polizei. Owens kam ins Krankenhaus. Am Nachmittag gaben Owens und seine PR-Agentin eine Pressekonferenz in der sie erklärten, dass der Vorfall auf einem Mißverständnis beruhe. Die Ärztin glaubte angesichts der leeren Packung an einen Selbstmordversuch. Tatsächlich soll aber Owens die Packung nur verschüttet haben und zeigte Allergiereaktionen auf eine Kombination von Schmerzmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln.

Parcells bestätigte gestern, dass Owens sich bereits in den Tagen zuvor wegen der Schmerzmittel schlecht gefühlt hätte. Owens dementierte auf eine Pressekonferenz jeden Selbstmordversuch: “Ich sässe kaum auf diesem Stuhl, wenn man mir vor drei Stunden den Magen ausgepumpt hätte”.

Terrell Owens wirkte auf der Pressekonferenz sehr entspannt und in der Tat überhaupt nicht depressiv oder als ob man ihn im Krankenhaus nun stundenlang in die Mangel genommen hätte. Deshalb allseits Entwarnung.

Aber…

… hierzu läßt sich einiges an Kaffeesatz anmischen und spekulieren. Das erste was mir einfiel, als ich vom mutmaßlichen Selbstmordversuch Owens gehört hatte, war ein älterer Artikel vom honorigen Sports Illustrated-Kolumnisten Paul “Dr. Z” Zimmerman. Im letzten November, nachdem die Geschichte zwischen Owens und den Philadelphia Eagles in der Sackgasse war, schrieb Zimmerman:

My take on it is the same as the one I had when I wrote about Dimitrius Underwood, the former Viking No.1 draft choice who had a psychiatric breakdown.

I don’t have a serious background in that field, but I do know something about schizophrenia, based on the experiences of someone close to me. I think Owens has major psychiatric problems. In this day and age many such people, particularly schizophrenics, can be stabilized with the proper medication. But here’s where the psychiatric community falls short. It doesn’t really understand, I believe, why dealing with superior athletes is different from treating normal people.

The psychotic meds that I’ve seen tend to have a dulling effect. For the normal patient this is no big deal, except in the case in which there’s a major weight gain, but for a serious athlete it’s devastating. Their temple is their body. Who wants to lose that little edge, that pop that separates them from the herd? So they get off the meds, and they have an episode. Then they have to get back on them, and they lose the burst. It’s a vicious cycle.

Why do I think T.O. is a borderline schizophrenic? Because I’ve seen people with the disease who acted much in the same manner — having periodic outbursts, never satisfied unless they’re stirring up some kind of unrest, whether it’s warranted or not. I felt sorry for Underwood and the Bears’ DE, Alonzo Spellman, who both were schizophrenic affected, but It’s hard to feel sorry for T.O. because he has a real mean streak. Not only that but he’s a bully. You’ll notice that he saved his heaviest shots at Donovan McNabb for when the QB was the farthest down, physically and emotionally. When McNabb was on top of his game, T.O. didn’t bother him. I think Owens is headed for some serious problems unless he gets rid of the Drew Ronsenhaus types around him and gets some real treatment.

Eine Aussage die zehn Monate alt ist und nun wie eine Prophezeihung wirkt.

Es gibt einiges anderes das unrund wirkt. So z.B. die Aussage der völlig überdrehten PR-Agentin: “Warum sollte sich Terrell umbringen? Er hat 25 Millionen Gründe zum leben!” (Owens hat einen mit 25 Mio US$ dotierten Vertrag mit den Cowboys). Dafür das da nichts passiert ist, ist das die denkbar blödeste Aussage von einer PR-Agentin(!), die wohl nicht ganz bei der Sache war.

Dann die Geschichte mit dem Polizeiprotokoll der Geschehenisse. Noch am frühen Vormittag erhielten zahlreiche lokale Medien den Original-Polizeibericht. Am Vormittag dann eine Pressekonferenz eines Sprechers der Polizei von Dallas, dass er nicht wüsste, wie der Polizeibericht durchgesickert sei. Es gäbe nur einen offiziellen Bericht und jenen gäbe es nur bei ihm. Und dieser offizielle Polizeibericht weicht erheblich von dem Protokoll am Morgen ab.

Das Protokoll ist bei Smoking Guns eingescannt (Link bei American Arena gefunden)

Jener Bericht erwähnt, dass Owens im Beisein seiner Agentin versuchte, zwei weitere Pillen zu schlucken und die Agentin versuchte mit den Fingern im Mund die Pillen wieder rauszuholen. Konfrontiert mit dieser Aussage fiel der wortgewaltigen Frau auf der Pressekonferenz nur ein “Kann mich nicht erinnern” ein. Owens soll im Beisein der Polizisten bestätigt haben, dass er alle 35 Pillen geschluckt hat und dass er Selbstmord versuchen würde.

Dann Deion Sanders. Ich war überrascht zu sehen, dass Deion Sanders bereits am Mittag bei Terrell Owens im Haus war und sich dort um die Reporter kümmerte (Zu sehen auf “Score Tonight”). Es ist bekannt das Sanders und Owens enge Freunde sind. In seiner Funktion als Analyst beim NFL Networks nimmt Sanders kein Blatt vor dem Mund um seinen Kumpel zu verteidigen. Deion Sanders lebt zwar in Texas und hat es nicht allzuweit bis zu Owens, aber deutet die prompte Anwesenheit von Sanders nicht daraufhin, das hinter den Kulissen doch etwas Gravierenderes abgelaufen ist?

Deion Sanders, Zufall? Auch er ein extrovertierter, spaltender Spieler.

Und 1997 zweimal Selbstmord versucht.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp