WM-Tach 20

[20h22] Gehe ich recht in der Annahme, dass sich Bernd Gäbler/Tagesspiegel verschrieben hat? (Gulp!)

Der Rollenkonflikt wurde greifbar, als er dem heimischen „Nazi-(so nennen die Schweizer ihre Nationalmannschaft)Trainer“ Köbi Kuhn komplett unverständliche Trostworte widmete.

[15h30] Dafür mussten viele kleine Pakistanis arbeiten: Adidas meldet Rekordabkäufe bei Mannschaftstrikots. Zur WM hat man 3 Millionen Jerseys verkauft, doppelt soviel wie zur WM 2002. Nicht schwer zu verorten, wo die Euphorie herkommt: die Abkäufe der Trikots der deutschen Nationalmannschaft stiegen von der WM 2002 zur WM 2006 von 250.000 auf 1,5 Millionen. (via benmaller.com)

[13h36] Via Siebenviertel per AIM: die Amis kotzen weiter über ihre Kommentatoren. Die WM-Übertragungen von ABC und ESPN/ESPN2 stürzen die Fans in schwere Deperessionen. Das WM-Blog der NY Times hat binnen knapp zwei Tagen fast 200 Kommentare auf einen entsprechenden Eintrag bekommen. Der Eintrag schildert das grundsätzliche Problem: die US-Reporter kommen mit dem anderen Spieltempo (45 Minuten Spielfluß am Stück) nicht zurecht.

All these strands together add up to the crisis in American sportscasting that is made evident at every World Cup, when English-speaking fans flee in enormous numbers to listen to commentary in a language they don’t even understand. It’s not just soccer, of course — for many U.S. sports fans, it has long been impossible to listen to the type of football telecasts epitomized by Al Michaels, John Madden and the overproduced Monday Night Football franchise. John Davidson’s interruptions wherever there is an American hockey telecast has driven those few fans who care about them to the Internet for local radio connections. And so on down the line. The common denominator in the way American TV covers any sport is the absence of the simple, urgent description of what is happening on the field, the court or the ice — the single most visceral thing for any fan watching any sport he or she cares about.

That is the very experience the Spanish-language World Cup telecasts give English-language viewers: the sense of urgency, of excitement, of drama. There are no departures to explain what the rules are, no fancy graphics to present statistical factoids, no interruptions to show personal profiles. In Spanish, the narrative is the thing, and even though anglophones may not be able to follow that narrative perfectly, its primacy is so compelling as to be prefereable to the ESPN/ABC model.

And that’s also why any sportscast of baseball, football or basketball on ESPN, ABC, NBC, CBS, Fox, TBS, etc., despite the hyperactice pace, seems so creaky and old-fashioned. It’s just that it takes the World Cup, and the way Dave O’Brien and Marcelo Balboa present it, to expose the problem for all to see.

In einem zweiten Blog-Eintrag versucht sich das WM-Blog an einer Schätzung, was konkret die Auswirkungen für ABC/ESPN/ESPN2 sind. Nach diesen Schätzungen sollen zirka 15% des englischsprachigen Zielpublikums zum Latino-Sender Univision abgewandert sein, obwohl sie kaum Spanisch verstehen. Zwischen 30-40% aller Zuschauer der Univision-Übertragungen, sind vermutlich asylsuchende WASPs. Eine andere Form der Immigration…

[13h03] Er ist da: Oliver Kahn. Oli, komm, mach den Sonnenschein!

“neuer Auftrag … neue Erfahrung, die es mir sehr, sehr leicht macht, diese Wochen zu verbringen” … “Die Leistung von Lehmann ist tadellos” yaddayadda … Frage an Kahn eines Argentiniers, right between the eyes: “Warum sitzt der beste Torwart der WM auf der Bank?”. Lange Pause. Kahn schaut zu Stenger. Stenger grinst. Kahn grinst “Eigentlich müsste ich sagen ‘Kein Kommentar’, weil mit Aussagen kann ich nur auf die Schnauze fallen.”. Kahn handlet es aber anständig.

Kahn tritt ab, geht aufs Klo und wäscht sich den Mund mit Seife aus.

[12h56] Next up, nein, nicht Oli Kahn, sondern Miro Klose. Mal sehen ob Kahn wirklich kommt :-)

Interessanterweise hat Klose bei beiden Argentinien-Spielen 2005 nicht mitgemacht. D.h. die argentinische Abwehr kennt Miroslav Klose nur in der Theorie.

Klose bestätigt, dass dieses Spiel gegen Argentinien für die Mannschaft schon etwas Spezielles. Klose, mit einem seltenen Anflug von Hybris: “Es ist das Pech der Argentinier, dass sie berits jetzt auf uns treffen”

[12h31] Nationalmannschaftsaudienz, heute mit Jogi Löw und evtl. Oliver Kahn, falls nicht noch kurzfristig übelkeitsbefallen.

Joachim Löw: Argentinien ist die homogenste, eingespielteste Mannschaft der WM, die sich bereits aus Junioren-Weltmeisterschaften kennen.

Deutschland will Argentinien im Mittelfeld bereits “auf die Nerven gehen” und die Passwege zu machen. Dieser Punkt “auf die Nerven gehen” wird seit 2-3 Tagen immer wieder aus Kreisen der Nationalmannschaft genannt. Irgendwer sprach gestern von “spielen wie ein Schwarm Bienen”. Dies sind Lehren die man auch aus dem letztjährigen Conmfed-Cup spielen kann, wo die Argentinier nicht gut auf das Stören reagierten.

Die 2005er-Spiele gegen Argentinien waren, laut Löw, von hoher Qualität, haben aber gezeigt, dass Deutschland nie nachlassen darf, weil Argentinien Unaufmerksamkeiten bestraft und jederzeit das Tempo wechseln kann.

Mit Michael Ballack und Miro Klose gibt es keine Probleme, das gestrige Aussetzen aus dem normalen Training, war eine Vorsichtsmaßnahme.

Am Morgen gab es “Freizeittraining”, wo u.a. Fußballtennis und Bogenschießen angeboten wurde, einfach um mal was anderes zu machen. Zum Bogenschießen hätte man gute Einweise in Form von Trainern und professionellen Bogenschützen gehabt.

Heute abend gibt es eine erste allgemeine Einweisung für die Spieler in das Thema “Argentinien”, mit einer Präsentation aller argentinischer Spieler. Es wird Gruppensitzungen geben, in denen einzelne Mannschaftsteile in ihren Job eingewiesen wird. Am Nachmittag und morgen vormittag werden auf dem Platz Spielsituationen geübt und am Donnerstag abend sei Schicht, weil man erkannt hat, dass die Spieler danach nichts mehr kognitiv verarbeiten könnten. Am Spieltag selber gehe es darum vorrangig um Emotionen und Motivation.

Frage von RTL/Ulrike von der Groeben: “Ist denn irgendjemand… nervös?”. Löw: die Mannschaft ist selbstbewusst genug. Man habe sich das mal gegen Schweden angesehen und gemerkt, dass die Spieler gut damit fertig geworden sind.

Frage eines Argentinier: “Wie ist es mit der schwarzen Serie?”
Antwort Löw: “Welche Serie?”

Löw rechnet nicht mit einer größeren Überraschung in der Aufstellung, auch wenn die Bank der Argentinier extrem gut besetzt sei. Es wird vermutlich ein physisches Spiel mit vielen harten Zweikämpfen werden. Es wird aus deutscher Sicht ein Schlüssel sein, mit “guten” Zweikämpfen in Spiel zu kommen, nicht zuletzt weil Riquelme auch ein guter Freistoßschütze sei.

[9h13] In der gestrigen SZ war dann noch diese Anekdote über David Beckham, erzählt vom madrilenischen Teamkollegen Ronaldo auf einer Party im letzten Jahr.

Beckham und Ronaldo kamen im gleichen Jahr zu Real Madrid. Am ersten Jahrestag kam Beckham auf Ronaldo zu und übergab ihm ein Geschenk. Ronaldo freute sich über das Paket und öffnete es. Drin war ein Real-Trikot von Beckham, mit persönlicher Widmung und ein Autogramm.

Das Jahr ging vorüber und dann kam der zweite Jahrestag. Wieder ging Beckham auf Ronaldo zu und übergab ihm ein Geschenk. Ronaldo machte das Paket auf: drin waren zwei Beckham-Schuhe, mit persönlicher Widmung und Autogramm.

Später feierte Beckham Geburtstag und lud deine Teamkollegen zu sich nach Hause ein. Spät am Abend machte Beckham das Licht aus und ließ einen Film zeigen: “Die besten Tore David Beckhams”, nur Freistoßtore.

[8h59] Spanien rausgeflogen, ichfasseesimmernochnicht.

Luis Aragones ist während der WM als kauziger Mann dargestellt worden, der u.a. Thierry Henry im Training auch mal als schwarzes Stück Scheiße beschimpft. Als er dieser Tage auf einer Pressekonferenz gefragt wurde, ob er ein Rassist sei, antwortete er lt. SZ (Print):

Ich habe Freunde aller Rassen, egal ob Schwarze oder Zigeune. Ein besonders guter Freund von mir ist ein Japaner, der auf einer Hühnerfarm das Geschlecht der Küken bestimmt.

Und dann gab es ja noch die Geschichte mit dem gelben Blumenstrauß. Aragones hat bei der Begrüßung auf dem Flughafen in Deutschland einen gelben Blumenstrauß bekommen und diesen wutentbrannt weggeschmissen. Offiziell in den deutschen Medien kolportierte Begründung: Gelb brächte Unglück.

Malorama ist dankenswerterweise des Spanischen mächtig und hat die Aussage von Aragones in voller Länge übersetzt. Es ist dann nicht mehr ganz so jugendfrei und politically correct.

[8h57] BBC Five Live kennt in seiner Morgensendung zwei große WM-bezogene Themen: “Filling the void” und ist Thierry Henry ein Schmierenkomödiant, weil er sich beim Freistoß vor Schmerz ins Gesicht gegriffen hat, wo nichts gewesen sein soll?

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Zum letzten: Ist er – dass er nicht berührt wurde, war in der ARD deutlichst zu sehen. Es war übrigens der Freistoß, der zum 3:1 für Frankreich führte… Aber so ist wohl Fußball.

  3. gemeint ist wohl das 2:1. das 3:1 war ein herrlicher treffer von dem fussballrentner zidane.

  4. zu [9h13]: gibs das online? oder sonst irgenwie belegbar? ist ja unglaublich..
    (und übriges auch krass von Ronaldo, dass er das so ausplaudert. würde mir an Beckhams Stelle zu denken geben. Aber der scheint ja recht peinlichkeitsresistent)

  5. Die Sache mit den Videos stimmt auf jeden Fall, da gabs damals auch nen Artikel anlässlich der Geburtstagsfeier. Da wurde mit riesigem Aufwand zum Feste geladen und dann gabs die Videos von seinen “Glanztaten”, allerdings wurde das wohl von Frau Beckham arrangiert.

  6. Ins Gesicht gegriffen oder nicht: Foul war es trotzdem. Dennoch: Kann jemand bitte alles löschen, was ich über Spanien geschrieben habe?

  7. Zur Audienz:

    Gute Frage von Ulrike von…., ähm von der RTL-Reporterin da! Nett formuliert und interessant zu wissen.

  8. da isser wieder: äh-ehm-Klose…

    also wenn man sich einmal darauf eingeschossen hat, kann einen das echt in den Wahnsinn treiben.

  9. Da isser – der Kahn. Bin gespannt.

  10. Ich habe in englischsprachigen Foren einiges ueber die US-Kommentatoren gelesen. Insbesondere Balboa wurde immer wieder als absolute Katastrophe beschrieben.

    Auch hier jammert Deutschland wohl auf hohem Niveau — auch wenn ich mir Zweikanalton fuer Fussballuebertragungen wuensche, um mich nicht immer ueber den Kommentar aergern zu muessen. Im Vergleich zu den US-Sendern stehen wir aber wohl noch relativ gut da.

  11. Re: adidas

    Mein Trikot wurde in Thailand hergestellt. Ich glaub, es sind nur die Bälle, die aus Pakistan kommen.

    http://512mb.net/journal/entry/made-in-thailand/

  12. Interessant heute auch das Interview mit Klinsmann in der Zeit:

    http://www.zeit.de/2006/27/Fussball-Klinsmann-27?page=all

  13. Re: adidas

    Für die teilweise sehr guten Produktionsbedingungen in den adidas-Fabriken wurde adidas-Chef Herbert Hainer übrigesn der Titel “Öko-Manager des jahres 2005” verliehen.

    Kam heut in einer Doku auf Phoenix (wird leider nicht mehr wiederholt: http://www.phoenix.de/runder_als_rund/2006/06/28/0/75223.1.htm)

    Quelle: http://de.wikinews.org/wiki/Adidas-Chef_wurde_%E2%80%9E%C3%96ko-Manager_des_Jahres%E2%80%9C

  14. Gibt es denn beim ZDF überhaupt einen guten Fußball-Kommentator?

  15. Aus der beliebten Rubrik “bei der Geburt getrennt”:
    muss sonst noch jemand beim Anblick von Aragones auf der spanischen Bank immer an FBI Vize-Direktor Walter Skinner denken?

    ..was soll das nur noch werden bis Freitag.

  16. Eben gehört das Beckmann das Finale kommentiert…zum heulen…

  17. ” heimischen „Nazi-(so ”
    Da hat er sich vertan.
    Nati rufen sie.
    Ich war beim Spiel Schweiz-Südkorea.
    Man meint aber wirklich man hört das Wort “Nazi”.

    “die US-Reporter kommen mit dem anderen Spieltempo (45 Minuten Spielfluß am Stück) nicht zurecht.”

    Da übertreiben die Amis aber etwas stark.
    Vorallem bei dieser WM ist der Spielfluß nun wirklich nicht so fliesend.:-)

  18. @daniel: kurz zu den Produktionsbedingungen: diese sind nicht unumstritten. Selbst die “Vorzeigeregion” Sialkot hat immer noch Probleme.

    Von anderen Regionen ganz zu schweigen:
    http://www.cleanclothes.org/companies/adidas.htm

  19. Ich war auch immer der Meinung, die Schweizer würden ihr Nationalmannschaft “Nati” rufen, bis Marcus Lindemann bei Togo – Schweiz gesagt hat, dass sie Nazi gerufen wird. Vielleicht hat sich Lindemann verhört, oder da ist doch irgendetwas dran, zumal der Autor des Artikels mit seiner Meinung nicht alleine dasteht.

  20. Yep, tatsächlich. Google bringt es an den Tag… “Nazi” mit kurzem ‘a’.

    Und? Wer bringt als erstes den Kalauer mit “Nazi raus”?

  21. Zum Thema “Nati/Nazi” siehe auch hier:
    http://www.pottblog.de/2006/06/20/wm-2006-ueberall-nazis-bei-togo-schweiz/

    Ich habe mir dann von einem Schweizer erklären lassen, dass es schriftlich gesehen natürlich NATI ist, aber von der Aussprache her sowas wie NATZI.

    Wie ich inzwischen erfahren habe waren auch die Polizisten entsprechend informiert, denn normalerweise würde eine Einsatzhundertschaft mit einer Menschenmasse die “Nazi, Nazi” skandiert was ganz anderes machen als die friedlich durchzuwinken.

    Das einzige was wohl fast immer unterblieben ist: Information der Zuschauer durch die Medien. Ich kann mich nur an Kommentatoren und Moderatoren erinnern, die gesagt haben, daß Nati die Abkürzung wäre.

  22. Whoah, Jungs. Der erste Tag seit Anbeginn der Wm-Zeitrechnung ohne Fussball. Ich sehe, ihr seid genauso desorientiert wie ich. “Natzi”. Meine Fresse.

  23. Die 12 Schiedsrichter, die ab Viertelfinale dabei bleiben, stehen fest:

    http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/world_cup_2006/5108722.stm

    Referees for World Cup quarter-finals:
    Germany v Argentina (Lubos Michel, Slovakia)
    Italy v Ukraine (Frank de Bleeckere, Belgium)
    England v Portugal (Horacio Elizondo, Argentina)
    Brazil v France (Luis Medina Cantalejo, Spain)

    Other retained referees:
    Toru Kamikawa (Japan), Coffi Codjia (Benin), Benito Archundia (Mexico), Jorge Larrionda (Uruguay), Mark Shield (Australia), Massimo Busacca (Switzerland), Markus Merk (Germany), Roberto Rosetti (Italy).

    Warum mann den Rosetti dabehalten hat und Maidin nach Hause geschickt, ist mir nicht ganz klar…

  24. Ich bin Schweizer und stelle ein für alle mal klar:

    Nati(-onalmannschaft) = Abkürzung
    Aussprache = Natsi, nicht Nazi oder Natzi
    DSchwiezer Nati het hüt guet gspielt = Die Schweizer Nationalmannschaft hat heute gut gespielt

  25. @pion17:
    ;)
    Kann es sein, daß es unterschiedliche schweizer Dialekte gibt? Weil ein anderer Schweizer hatte mir das mit Natzi erklärt.

    Bei uns gibt es ja auch diverse Dialekte, wo das eine Wort je nach Region ganz anders ausgesprochen wird.

    Bzgl. Deines letzten Satzes:
    Passt ja leider nicht wirklich… ;)
    *wegrenn*

    Man konnte meinen, sie hatten Angscht vorem Gool (okay, ist von der EM…).

  26. @Jens

    klar gibt es in de Schweiz unterschiedliche Dialekte und das Unzählige!

    So wie das pion 17 geschrieben hat stimmt das genau so.
    Nati ist eine Abkürzung und hat rein gar nichts mit Nazi zu tun. Punkt!

  27. @Thom6:
    Habe ich ja auch nie behauptet – inhaltlich keinerlei Übereinstimmung, nur aussprachetechnisch ähnlich. Nicht mehr und nicht weniger.

  28. Irgendwie fällt mir bei solchen “Verwechslungs-Themen” immer Franco Foda ein *rofl*