WM-Testspiel: Frankreich – Dänemark 2:0

Ich kann mich immer noch nicht entscheiden den finalen “Frankreichs 23”-Eintrag zu schreiben, also nochmal um paar Tage bis zum letzten Test gegen China verschoben…

Deutschland bot vor einigen Tagen gegen den unbequemen Gegner Japan eine so-lala-Leistung die sich zum Teil aus dem Stand der Vorbereitung erklärt.

Ähnliche Argumentation kann man für das fürchterliche 1:0 der Franzosen gegen Mexiko vom Wochenende Anwendung anwenden. Gegen Dänemark zeigte man nun eine ungleich bessere Leistung.

In den ersten zehn Minuten flutschte das französische Spiel recht ansehnlich, danach ward Zidane nicht mehr gesehen und Frankreich hatte im Spielaufbau mehr Mühe. Die Dänen machten in der Mitte das Feld zu und Zidane hatte nicht das Tempo oder die Antizipation um den Block von Gravesen und Poulsen herumzuspielen. Zidane macht immer noch keinen guten körperlichen Eindruck und da gegenüber Mexiko keine Verbesserung zu erkennen war, deutet es sich an, dass Zidane mehr durch die WM durchgeschleppt wird werden müssen, als das er Fokus der französischen Mannschaft sein kann. Zidane ist momentan ein Stehgeiger und passt nicht in diese französische Mannschaft. Höchstens als Maskottchen und für Standards. Der fairnesshalber sei aber gesagt, dass ein Großteil der französischen Medien sehr wohl einen besseren Zidane gesehen zu haben glaubt…

Mit dem Abtauchen von Zidane entstand auch ein riesiges kreatives Loch in der Mitte. Frankreich war dann gut, wenn es gelang das Spiel über die Flügel nach vorne zu treiben oder das Mittelfeld mit langen Pässen zu überwinden.

In der Abwehr gab es die gleiche Formation wie gegen Mexiko (v.r.n.l.): Sagnol – Thuram – Gallas – Abidal. Sagnol nutzte den Platz auf dem rechten Flügel nicht, blieb meistens hinten, gab aber mit einem 50m-Pass aus dem Halbfeld, kopfballverlängert durch Saha auf Henry, die Vorlage zum 1:0 (13te). Nach Ansicht der (exzellenten) Kommentatoren auf TV5 hat Sagnol das Problem, dass er rechts ohne Absicherung spielen muss, da der nominelle rechte Staubsauger Viera zu zentral spielt. Sagnol wird damit zum Alleinunterhalter auf der kompletten rechten Seite.

Die Innenverteidiger Thuram, Gallas wirkten trotz ihres Rufes nicht wahnsinnig souverän. Linksverteidiger #3 Abidal von Ol. Lyon war für mich die Überraschung des Tages. Hinten recht souverän alles abräumend und dazu einen feinen Vorwärtsdrang entwickelnd. Insbesondere im Zusammenspiel mit #7 Malouda deutet sich die Etablierung jener Achse an, die schon bei Olympique Lyon erfolgreich agierte und nun den Hauptteil des französischen Spielaufbaus schultern könnte, auch wenn Malouda blasser als gegen Mexiko blieb.

Im Mittelfeld boten die beiden defensiven Mannen Viera und Makelele eine maue Leistung. Ohne dass man es an bestimmten Spielaktionen festmachen könnte, verloren die Franzosen in der ersten Halbzeit nach und nach die Kontrolle des Mittelfeldterritoriums und kamen die Dänen besser zur Entfaltung.

Im Angriff spielte Domenech wieder mit zwei Spitzen, diesmal Henry und Saha. Die beiden haben mir weitaus besser gefallen als Trezeguet und Cissé. Trezeguet war zu statisch und Cissé fleißig aber auch zu hektisch. Anders Saha und Henry, zwei Stürmer die derzeit einfach besser zum französischen Spiel passen, da sie weite Wege gehen und nicht auf Bälle aus dem (derzeit schwachen) Mittelfeld warten.

Insbesondere zwischen Saha, Malouda und Abidal könnte da was entstehen.

Der populärste französische Spieler ist derzeit Ribery, dessen Einwechslung von den Zuschauern nach 50-60 Minuten immer gefordert wird. Ribéry ist ein kleiner, wirbelnder Anarchist, nicht unähnlich wie ein Schweinsteiger zu besten Zeiten. Wenn ein Zidane weiter so schwächelt, ist die natürliche Alternative eben jener Ribéry, auch wenn der lieber über die Seiten kommt.

Mit diesem Spiel haben die Franzosen nicht um die Aufnahme in den erlauchten Kreis der WM-favoriten gebettelt. Aber gegenüber dem Spiel von Mexiko und einigen Spielen aus der Quali, konnte man erstmals eine französische Mannschaft sehen, der es ansatzweise gelingt, ihre schwächelnden alten Kämpen wie Thuram, Makele, Viara und Zidane zu kompensieren. Links mit Abidal und Malouda, dazu zwei sehr agilen Stürmern in Henry und Saha.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Hab das Spiel auch gesehen. Mein Eindruck war, dass sich die Franzosen sich absichtlich etwas zurückgezogen haben, um Malouda, Saha und Henry Raum für Konter zu ermöglichen. So haben sie auch den Sieg gegen die z.Zt. langweiligen Dänen ganz gut nach Hause gebracht. Ich verstehe nur nicht, was so eine Spielweise in einem Testspiel für die WM bringen soll.
    Immerhin wirkte Henry sehr lebhaft und hatte offensichtlich Spaß, er ist ja bei großen Turnieren oft ein ziemlicher Choker gewesen. Nach der CL-Saison spricht niemand mehr davon, dass er in großen Spielen untertaucht.
    Aber es ist schon grotesk, wenn die Franzosen nur gefährlich werden, wenn sie ihre museumsreife Mittelfeldzentrale mit langen Bällen oder Flügelläufen von Malouda aus dem Spiel nehmen. (Und in dem Zusammenhang ist es gewagt, dass sie Giuly nicht mitnehmen.) Für einen Trainer mit der wackligen Position von Domenech ist es halt zu riskant, einen konsequenten Neuaufbau durchzuziehen. Da versucht man, die Verantwortung für das kommende Scheitern zu verteilen. Es drängt sich der Vergleich mit Matthäus/Ribbeck bei der EM 2000 auf (Okay, das ist jetzt ein bißchen hart. Angesichts der Auslosung könnte es die Franzosen auch ohne Weltklasseleistungen relativ locker ins Viertelfinale schaffen.)

  3. Das Argument mit dem Stand der Vorbereitung ist aber zumindest diskussionswürdig, wenn es für schlechte Leistungen gegen andere WM-Teilnehmer herangezogen wird. Das Frankreich-Spiel habe ich nicht gesehen, deswegen kann ich nicht sagen, wie gut Mexiko war. Aber bei Deutschland-Japan war eine Mannschaft in der Vorbereitung deutlich weiter als die andere. :-)

  4. Bei den japanern hätte mich interessiert, wann die nach Deutschland gekommen sind, Stichwort “Jet-Lag”, der ja 3-4 tage nach Landung zu einem Einbruch führen soll.

    Zu Mexiko: Kräftemäßig schienen die mir okay gewesen zu sein. Interessant ist, dass sie weder gegen Holland noch gegen Frankreich die kleinen Wusler vom Confed gaben, sondern schon fast italienisch mit sehr kontrolliertem Laufspiel im Raum.

  5. “Bei den japanern hätte mich interessiert, wann die nach Deutschland gekommen sind, Stichwort “Jet-Lag”, der ja 3-4 tage nach Landung zu einem Einbruch führen soll.”

    Laut dieser Quelle am vergangenen Freitag abend. Dafür waren sie am Dienstag recht munter.