Englands 23 für die WM 2006
Die Standardeinleitung: das hier geschriebene basiert auf Informationen der WM-Sonderhefte vom KICKER und der SportBILD sowie Testspielen und der WM-Quali.
Am Dienstag gewann die englische Nationalmannschaft ihr vorletztes Testspiel gegen Ungarn 3:1. Auf der Insel feierte man den Sieg als hätte man schon das Halbfinale in Deutschland erreicht. Die Freude dürfte zum einen mit der eh überschwenglichen Euphorie und dem Ego zu erklären sein und zum anderen mit der großen Verunsicherung die sich aus der Skepsis gegenüber Eriksson im Allgemeinen und im speziellen aus der Rooney-Verletzung ergeben hat.
Dabei wird aber übersehen, das England bis zur Führung kurz nach Halbzeit grottenschlecht spielte und zudem alte Dämonen wieder auftauchten.
England hat in Form von #8 Lampard mal wieder einen Elfmeter verschossen. Hart aber unplatziert getreten. Nach Beckham und Owen ist Lampard der dritte Wackelkandidat vom Punkt.
Der zweite Dämon ist das Mittelfeld. England besitzt derzeit eine der besten Ansammlungen an Mittelfeldspielern, aber sie sind sich zu ähnlich. Deshalb klauen sich die Beckhams, Gerrards, Lampards und mit Abstrichen Coles gegenseitig den Platz, müssen aufpassen dass sie nicht gleichzeitig zu viert aufrücken.
Der dritte Dämon sind Erikssons Auswechslungen. Keinem Trainer der Welt wird ein so schlechtes Händchen nachgesagt. Gegen Ungarn hat er es wieder getan und einen grottenschlechten Hargreaves eingewechselt, dem der ungarische Treffer angelastet wurde.
Mit nur noch einem Testspiel vor der Brust bis zur WM, hat das Ungarn-Spiel einige Baustellen der Engländer aufgezeigt. Cole und Owen müssen binnen zehn Tagen von Langzeitverletzungen zur WM-Form wiederfinden, Gerrard muss sich an eine neue offensive Position gewöhnen und es wird ein defensiver Mittelfeldspieler für die Stammformation gesucht. Und: wer soll stürmen?
Die englische Elf
Eriksson spielte seit jeher ein 4-4-2. Vor zwei Jahren hat er mehrere Spiele lang die Mittelfeldformation mal als Raute, mal auf Linie ausprobiert und sich prompt für eine Zwischenlösung entschieden: auf eine Linie spielen und Gerrard übernahm eher defensivere Aufgaben.
Eriksson muss durch die Rooney-Verletzung umdisponieren. Entweder bleibt er beim 4-4-2 und setzt Peter Crouch neben Owen ein, oder, sowie im Testspiel gegen Ungarn, er läßt ein 4-1-4-1 spielen, mit Gerrard hinter seinem ehemaligen Mannschaftskameraden Owen. Das laue Spiel gegen Ungarn sollte Eriksson eigentlich zum 4-4-2 bestärken.
Wie soll Druck erzeugt werden? Die Hoffnung dass dieses mit vier offensiv veranlagten Mittelfeldspielern von alleine gehen würde, hat bereits mehrmals getrügt. Das gesamte englische Spiel war gegen die kompakten Ungarn sehr träge.
Derzeit sind die beste Waffe Englands die Standardsituationen. Ecke oder Freistoß Beckham und vorm Tor warten Terry, Gerrard, Crouch, Lampard oder Ferdinand zum Köpfen.
Torwart
#1 Robinson – Ganz okay, vorallem verglichen mit den Pannenmann “Calamity” James
Abwehr
#2 Neville – #5 Ferdinand – #6 Terry – #3 A.Cole
Ich habe leider keine Liste der Gegentore Englands zur WM-Quali, aber zur EM 2004 hatte England ein großes Problem: das Verhalten der Abwehr bei Standards und hohen Bällen. Obwohl man mit Ferdinand und Terry zwei “Kopfballungeheuer” hat, strahlte die englische Abwehr eine große Verunsicherung bei hohen Bällen aus.
Wie gesagt: #6 Terry und #5 Ferdinand gehen bei Eckbällen und Freistößen stets nach vorne um den Ball gepflegt einzurüben.
#2 Neville ist keine Idealbesetzung auf den Posten, geht aber inzwischen etwas häufiger nach vorne. Manchmal denkt Beckham sogar daran, in solchen Momenten hinten abzusichern. Aber vorne macht Neville einen “Christian Ziege”. Flanken so präzise wie ein einarmiger Parkinson-Patient beim Faden-im-Nadelöhr-Einfädeln.
Mittelfeld
#15 Carragher (defensiv)
#7 Beckham – #8 Lampard – #11 J.Cole
#4 Gerrard (offensiv)
So sieht das englische Fünfer-Mittelfeld aus: als Staubsauger wurde gegen Ungarn der Abwehrspieler #15 Carragher engagiert. Carragher genießt eher den Ruf eines Zerstörers und in den englischen Medien würde man lieber #18 Carrick sehen, der mehr für die Spieleröffnung tun könnte. Wird es nur ein Vierer-Mittelfeld, wird vielleicht #4 Gerrard den defensiven Part übernehmen.
Gegen Ungarn fand ich das Mittelfeld enttäuschend. Dafür dass man solche Kämpen hat, muss mehr Tempo, mehr Rotation, mehr Druck da sein. Stattdessen werden die Bälle häufig hoch in den Strafraum reingekickt und die einzige Sturmspitze Owen sieht interessiert zu, wie die Bälle über seinen 1m75 großen Körper hinwegfliegen.
#7 Beckham zeigte sich am Dienstag mit Freistößen und Eckbällen in brillianter Form, aber auch seinen altbekannten Defensiv-Problemen. Er ist zu langsam in der Rückwärtsbewegung und lässt bei gegnerischen Flankenläufen dem Gegenspieler zuviel Platz.
#11 Joe Cole – Wenn ich etwas in der englischen Mannschaft vermisse, dann ist es der Versuch 1 gegen 1-Duelle zu suchen. Wenn es in der englischen Mannschaft einen Spieler gibt, der gnadenlos auf den Mann zu läuft (und viele Freistöße für Beckham rausschlägt), dann ist es Joe Cole, der einen astreinen Linksaußen interpretiert. Berüchtigt sind aber seine Auszeiten, in denen er minutenlang spurlos vom Platz verschwindet.
#8 Lampard blieb gegen Ungarn sehr blaß und konnte seit längerem in der Nationalmannschaft an zentraler Position nicht überzeugen.
#4 Gerrard wirkt immer etwas verschenkt, weil Eriksson ihn immer irgendwie um Lampard herum drappiert: mal hinter, mal vor, mal neben ihm. Diese quasi-hängende Spitze kann Gerrard aufgrund seiner Erfahrungen bei Liverpool spielen, aber ich bin nicht überzeugt ob Beckham mit seinen Flanken und Lampard mit seiner Formschwäche das Ballmaterial liefern können, dass er braucht. Sein Offensivspiel braucht zudem sehr viel Platz. Platz gegen Vorrundengegner Paraguay und Schweden? Forget it.
#16 Hargreaves dürfte nur fallweise zum Einsatz kommen. Aufgrund eher mauer Leistungen im Nationaltrikot, ist sein Standing bei Eriksson größer als in der Öffentlichkeit. Wurde gegen Ungarn wieder massivst kritisiert.
Sturm
#10 Owen – Die potentiell einzige Sturmspitze… Seit seinem Weggang aus Liverpool nicht mehr in Höchstform gewesen. Jetzt lange verletzt gewesen und gerade erst zu den Testspielen wieder fit geworden. Und so spielt er auch: die Partie gegen Ungarn ging komplett an ihm vorbei. Null Gefühl für das Spiel. So gesehen spielt England derzeit nicht mit einer, sondern null Stürmern.
#21 Crouch – 1m98-Riese mit besorgniserregenden Streichholzbeinen. Für ihn spricht vorallem, dass alles besser ist, als nur die Solo-Sturmspitze Owen.
Mal sehen ob Eriksson noch eine Überraschung aus dem Zylinder zaubert: Rooney wird am 7.6. zum Komplettausfall deklariert und Eriksson holt einen neuen Stürmer, mutmaßlich Jermaine Defoe.
Der Kader
Torwart
1 Paul Robinson
13 David James
22 Robert Green
Abwehr
2 Gary Neville
3 Ashley Cole
5 Rio Ferdinand
6 John Terry
12 Sol Campbell
14 Wayne Bridge
15 Jamie Carragher
Mittelfeld
4 Steven Gerrard
7 David Beckham
8 Frank Lampard
11 Joe Cole
16 Owen Hargreaves
17 Jermaine Jenas
18 Michael Carrick
19 Aaron Lennon
20 Stewart Downing
Sturm
9 Wayne Rooney
10 Michael Owen
21 Peter Crouch
23 Theo Walcott
Weitere Kader sind unter dem Tag “Kader 2006†abgelegt.
Reaktionen
Der Kader stimmt schon nicht mehr ;-)
Robert Green hat sich verletzt und ist durch Scott Carson (Liverpool) ersetzt worden.
Owen als einziger Stuermer wird generell als Unsinn angesehen, der braucht jemanden neben sich. Und im Moment duerfte das Crouch sein, zumindest so wie er nach seiner Einwechslung gespielt hat. Mal davon abgesehen dass er eher unterschaetzt als ueberschaetzt wird, was wohl auch eine seiner Groesse und Duenne liegt.
Dass Rooney wirklich spielen wird duerften nur noch die wenigsten glauben.
Peter Crouch ist ein grossartiger Spieler. Mich stört seine Grösse überhaupt nicht. Ich weiss gar nicht was alle oder die meisten gegen ihn haben.Im Fussball geht es weder um die Grösse noch geht es um das Gewicht.
Er spielt sehr gut und ich freue mich immer wieder wenn er ein Tor schiesst.