Game 7 San Antonio Spurs – Dallas Mavericks
[Bericht vom Spiel in der Nacht, Spoilergefahr!]
Zum Abschluß dieser Serie der Conference Semifinals nahm das Schicksal nochmal die Schaufel in die Hand und legte zwei Briketts nach. Der Spielverlauf war drehbuchreif.
Die Erkenntnis aus Spiel 6, dank der Sperre von Jason Terry: die Dallas Mavericks brauchen Tempo, müssen in den Kreis eindringen, müssen die Spurs permanent unter Druck setzen.
Und so ging es auch ins Spiel: die Mavs liefen mit der Fackel in die Halle ein und brannten die Spurs im ersten Viertel nieder, als gäbe es kein Morgen: 37:27 nach 12 Minuten, mit einer Shooting-Pct von über 80% (wenn ich mich richtig erinnere). Anders formuliert: die Spurs konnten aus dem Feld über 50% ihrer Würfe machen und lagen trotzdem 10 Punkte hinten. Die Mavs kamen von überall aus in den Kreis rein.
Interessante Variante von den Mavs in der Aufstellung: bislang ließ Coach Avery Johnson Dampier/Diop sich an Duncan abarbeiten. Von Diop war so gut wie nichts zu sehen, stattdessen ging die Duncan-Bewachung an Dampier/Van Horn.
Dieses Tempo konnte von den Mavs natürlich nicht gehalten werden, trotzdem ging auch das zweite Viertel noch an die Mavs: 27:23, zur Halbzeit 64:50. Auffällig wenig Punkte von der Bank. Mitte des zweiten Viertels waren 100 Punkte auf dem Scoreboard, von denen aber nur 10 von der Bank kamen.
So schlecht die Spurs in der ersten Halbzeit ausahen, der Grund dafür sollte ihnen in der zweiten Halbzeit entgegenkommen: die Mavs hatten nur deswegen eine hohe Shooting Pct (67% für die gesamte 1te Halbzeit), weil die Spurs körperlos spielten und so gut wie keine Fouls abgaben. Zur Halbzeit hatten die Mavs schon knapp doppelt soviele Fouls auf dem Konto also die Spurs.
Die Spurs sind eine alte Mannschaft. Das zeigt sich am Tempo dass sie nicht gehen können, das zeigt sich aber auch daran, dass das Team die Verve hat, einen 14-Punkt-Führung abzuarbeiten. Die Spurs standen hinten solide und nahmen das Tempo aus dem Spiel. Kaum noch Penetration von den Mavs, sondern “Stand-Basketball” und die ärmste Mavs-Sau die noch bei 5 Sek. auf der Shot Clock den Ball hatte, musste mit einem Move oder einem wilden Wurf gen Korb. In dem dritten und vierten Viertel gab es immer wieder Phasen von 4 Minuten Spielzeit, in denen den Mavs kein Korb aus dem Feld gelang. Die Spurs arbeiteten sich langsam heran: 78:84 nach dem dritten Viertel, also nur noch 6 Punkte hinten. 6 Minuten vor Schluß war man nur noch einen Score hinten (91:94) und 67 Sekunden vor Schluß konnten die Spurs ausgleichen 101:101.
Dallas fand nicht mehr in seinen Rythmus rein. Avery Johnson ahnte zu Beginn des vierten Viertels dass die Foulsituation auf ein Disaster hinauslaufen würde. Dennoch hielt er an der Deckung von “Playoff Timmie” durch Dampier und van Horn fest, kaum Spielzeit für Diop, stattdessen wurde Stackhouse öfters zu Duncan gezogen.
Das was die Spurs sich an “Körperlichkeit” und Fouls in der ersten Halbzeit (eher unbewusst) aufgespart hatten, legten sie in der zweiten Halbzeit in die Waagschale, während bei den Mavs binnen wenigen Minuten Dampier und van Horn rausgefoult wurden und Howard und Harris ihr fünftes Foul aufs Auge bekamen. Coach Johnson gab seinen Spielern die Anweisungen wieder mehr unterm gegnerischen Korb zu gehen und bewusst die Fouls zu suchen um selber häufiger an die Freiwurflinie zu kommen, zwei einfache Punkte abzuholen und den Spurs-Spielern mehr Fouls auf dem Scoreboard aufzudrücken. Das gelang: auch die Starting Five der Spurs bekam reihenweise ihre 4ten und 5ten Fouls aufgedrückt.
67 Sekunden vor Schluß der Ausgleich der Spurs zum 101:101. Nowitzki verfehlt einen Wurf und Ginobili besitzt die Kühnheit einen Dreier zu machen. 32 Sekunden vor Schluß die erste Führung der Spurs im gesamten Spiel. Der Ball geht auf Nowitzki. Wie so häufig im vierten Viertel geht er ohne Scheu in den Verkehr rein, macht den Layup und bekommt sogar ein Foul, macht das 3-Punkte-Spiel zum 104:104, 21 Sekunden auf der Uhr. Spurs im Ballbesitz, Ginobilis Korbleger mißlingt, Gewurschtel unterm Korb, Duncan wird geblockt, Terry holt den Rebound, Sirene, Aus, Overtime 104:104
Zum Mann der Overtime wurde der Bankdrücker des Spiels: DeSagana Diob. Auf die Bank gesetzt, weil er in den bisherigen Spielen gegen Duncan kein Stich gesehen hat, musste er nun ran, nachdem Dampier und Van Horn aus dem Verkehr gezogen waren. Diobs Auftritt in der Overtime: nach 19 Sekunden einen Block und Rebound gegen Duncan, nach 89 Sekunden einen Dunk gemacht und nach 100 Sekunden Tim Duncan in einen Schrittfehler reingetrieben (Duncan versuchte zu outposten als Diob plötzlich einen Schritt nach hinten ging und Duncan ins Leere “fiel”). Drei Aktionen von Diob, zwei Punkte für die Spurs, sechs für die Mavs. Die Mavs fanden wieder in das Tempo aus dem ersten Viertel rein, da störte das 6te Foul von Howard nicht weiter.
Die Mavs gewinnen Spiel 7 in San Antonio in Overtime 119:111. Für Dirk Nowitzki gilt es nun nach Michael Finley seinen zweiten alten Buddy Steve Nash auszuschalten. Die Suns konnten sich in Spiel 7 deutlich gegen die Clippers durchsetzen: 127:107.
Männer
Dirk Nowitzki mit 37 Punkten, 15 REBs
Terry mit 27 Punkten, Howard mit 18, Stackhouse mit 13 Punkten und 6 Assists, van Horn mit einigen netten Dreiern aber zu inkonstant (9Punkte), Devon Harris nur mit 2 Punkten aber 5 Fouls, die Magie scheint vorbei zu sein.
Tim Duncan mit 41 Punkten, 15 REBs, 6 Assists, Parker mit 24 Punkten, Ginobili mit 23, Finley mit 12.
Mann des Tages für mich DeSagana Diob, der kurz vor der Overtime recht kalt von der Bank kam, aber Duncan an die Kette legte.
Vieldiskutiert: der verfehlte Freiwurf von Tim Duncan 67 Sekunden vor Schluß ist letztendlich der Punkt der die Mavs noch in OT-Reichweite hielt. Ebenfalls vieldiskutiert: der Block von Nowitzki an Duncan bei auslaufender Spielzeit. Tenor in US-Blogs: ist zwar ein Foul, aber so etwas pfeifft man nicht, wenn damit eine Serie in Spiel 7 entschieden wird.
Nochn Mann des Tages: Avery Johnson. Seine erste volle Saison als Trainer, aber besitzt bereits über eine unglaubliche Präsenz auf dem Feld. Man sah es dem Spiel an, wenn er und Gregg Popovich an den Schrauben drehten und das Spiel umstellten. Bei Popovich kann man so etwas nach 10 Jahren an der Spurs-Seitenlinie erwarten, aber Johnson, wow.
Und nochn Mann des Tages: Steve Kerr, NBA-Analyst bei TNT (und NBA.com und Yahoo). In der gesamten mir bekannten Sportszene dürfte es derzeit kaum einen Analysten geben, der einen derartigen Röntgenblick für ein Spiel hat und die Moves der Coaches und Spieler erkennt.
Upcoming
PREMIERE bringt nach Lage der Dinge weiterhin 3 Spiele pro Woche:
Spiel 2, 3 und 4 aus dem Westen (Fr/Sa, So/Mo und Di/Mi)
Spiel 6 aus dem Osten (Fr/Sa)
und ein etwaiges Spiel 7 aus dem Westen (So/Mo).
Ich gehe aber davon aus, dass PREMIERE seinen Sendeplan an die Resultate der Western Finals anpassen wird.
Reaktionen
Na danke schön, einen hier so neidisch zu machen. Aber – und darüber wird schließlich viel diskutiert zurzeit – meine Tageszeitung kann ich mir jetzt klemmen. Und: warum hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft keinen Steve Kerr?
Die deutsche Nationalmannschaft hat einen “Steve Kerr”. Er ist Schweizer und hört auf den Namen Urs Siegenthaler, ein europaweit agierender Spielebeobachter, der von Klinsmann vor knapp einem Jahr engagiert wurde. Ich habe den 1-2x im Fernsehen gesehen. Vielleicht nicht der sprachgewandtste, aber ein Analytiker vor dem Herrn, der es versteht aus 90minütigen Beobachtungen die Essenz auszusieben. Siegenthaler ist so ein Typ, den wünsche ich mir öfters als Gast von Halbzeitgesprächen.
Dann aber als Gast bei jemandem, der nicht nur brave Stichwortgeber braucht, sondern wenigstens auf ähnlicher Augenhöhe mitreden kann. Und kluge Fragen stellt. Naja, hab ja nur laut gedacht.
War wirklich ein tolles Spiel, das Wachbleiben hat sich gelohnt. Ein so spannendes Spiel habe ich schon lange nicht mehr live sehen können.
Ich habe dann auch was dazu gebloggt.
Steve Kerr gefällt mir auch ausnehmend gut als Yahoo-Analyst – aber das nur mal am Rande. Und schon seltsam, dass Manu innerhalb von Sekunden vom Loser zum Helden wird: erst der Dreier, dann das Foul und der vergebene Gamewinner. Was für ein Spiel! (Und ich staune, dass ich gar nicht müde bin nach dieser Schlacht. Muss wohl am positiven Ausgang des Spiels liegen…:)
Die letzten 5 Minuten des vierten Viertels waren der Hammer, und ehrlich, ich hatte die Mavricks nach Ginobilis Dreier bereits abgeschrieben. Sowas holt man normalerweise nicht mehr auf, insbesondere bei dem Momentum der Spurs.
Irgendwie schienen die Spurs aber an ihrem letzten Angriff der regulären Spielzeit zerbrochen zu sein, erst der wilde Dreier von Finley, dann das Gewurtschtel unter dem Korb. Am Ende hat man mit den 21 Sekunden auch die Serie verspielt.
Trotzdem, ein tolles Spiel!
Ich muss vorhin doch müde gewesen sein, denn ich meinte natürlich, dass Ginobili vom Helden zum Loser wurde und nicht umgekehrt…!
Nettes Detail: Steve Kerr war der Mann, der die Mavs bei der letzten Playoff-Serie gegen die Spurs, im Westfinale 2003, mit drei Dreiern im letzten Viertel von Spiel 6 versenkt hat.
Finley wird sich in den Arsch beissen. Da wechselt er zum Konkurrenten nach San Antonio, um nach 8 Jahren in Dalles vielleicht doch mal einen Titel zu gewinnen, und ausgerechnet in diesem Jahr schaffen es die Mavs, San Antonio in den Playoffs zu schlagen…^^
Großartiges Spiel. Nowitzki eiskalt an der Linie, und Manu verlegt den Lay-Up im letzten Angriff. Eigentlich lagen alle Vorteile bei den Spurs. Das ganze Spiel zurück gelegen, erst 30 sek. vor Schluss die Führung, und dann trotz des Ausgleichs noch die Chance, das Spiel mit der Schlusssirene zu entscheiden.
In der Verlängerung waren die Fehlwürfe von Duncan und die gute Arbeit von Diop gegen Duncan und im Rebound wohl entscheidend. Dallas trifft, und Duncan verlegt die Dinger am Brett.
Die Serie gegen die Suns is völlig offen. Soweit ich weiss, gingen die Spiele in der regulären Saison 2-2 aus. Aber im Gegensatz zu San Antonio spielen die Suns Tempo-Basketball. Wird sicher eine spannende Serie, und diesmal haben die Mavs Heimvorteil, glaub ich.
Das Potential für den Titel haben die Mavs auf jeden Fall.
Es ist schön für die Mavs, dass Sie ihr Trauma gegen die Spurs abgelegt haben, allerdings werden Sie gegen Miami im Endspiel keine Chance haben.
Nach dem, was ich über Spiel eins gegen Detroit gelesen habe, waren es dieses mal nicht nur Shaq “The greatest Player who has ever played on the earth” O´Neal und Dwayne Wade die Detroit abgefertigt haben, sondern die “Ergänzungsspieler” Payton, Williams und Walker.
Und zur Not kommt Alonso Mourning und reißt alles aus dem Feuer.
Der Beste ist und bleibt Michael Jordan und dann Byrd von den Celtics und dann kommt vielleicht Shaq, wobei Magic Johnson und Abdul …. auch Jahrhundertspieler waren!
@Avakian:
Ich stimme zu, dass Miami sich wohl im Osten durchsetzen wird. O’Neal ist nun mal der dominante Center derzeit, und Detroit hat im Low-Post Bereich kaum was entgegen zu setzen. Aber die Pistons haben genug Playoff-Erfahrung. Nur weil sie Spiel 1 zu Hause verloren haben, würde ich sie nicht endgültig abschreiben.
Mit der Kombination O’Neal / Wade sind die Heat allerdings so was wie die neuen Lakers. 2 Superstars und gute Rollenspieler. Fast unmöglich zu stoppen.
Phoenix und Dallas sind sich von der Spielanlage sehr ähnlich, wie ich finde. Das ist völlig offen.
Aber wer auch immer sich im Westen durchsetzt, er wird die selben Probleme kriegen wie die Pistons jetzt. Miami ist ein guter Tip für den Titel.
@B.Schuss
Finley hat meines Wissens Dallas nicht unbedingt freiwillig verlassen. Ihm wurde quasi sein Gehalt für die restliche Vertragslaufzeit ausbezahlt, um einer Bestrafung wegen Überschreitung des Salary Caps zu umgehen.
Phoenix spielt mir zu unkonstant und Amare Stoudemire geht enorm unterm Korb ab, dass hat man ja bei der Serie gegen die Clippers gesehen (hochgerechnet glaube ich ein Reboundplus von über 70 oder so). Ich denke Dallas in 6.
Im Osten tippe ich wieder auf die Pistons, denn sie heißen ja nicht Colts. Detroit in 7.