Zeilensport: Meyer über den alternativlosen Klinsmann

Hans Meyer teilt nicht alle Ansichten von Jürgen Klinsmann und scheint schon mit seiner Nominierung grundsätzliche Probleme zu haben, aber nun soll man es wenigstens durchziehen und alles macht auch der Klinsmann nicht falsch. Markus Lotter hat für die WamS den Meyer-Hans interviewt. Zum Nationalmannschaftstorwart-Konflikt:

Auch wenn es lapidar klingt. Fußball ist kein Wunschkonzert. In diesem Fall bestimmt Klinsmann das, was er selbst zu verantworten hat. Die Entscheidung für Lehmann ist für mich nur nachvollziehbar durch das, was Jürgen spielen will – und wie beide Keeper hier die Position des Torhüters interpretieren. Inkonsequent ist Klinsmann allerdings, so glaube ich, wenn er nach diesem zwei Jahre andauernden Theaterstück die Bank nicht anders besetzt.

Das bringt eine interessante Färbung in die Geschichte. Wenn Klinsmann einen “spielenden” Torwart haben will, dann wäre Kahn wg. zu großer Schwächen in dieser Spielauffassung nicht als Nummer zwei tragbar. Diese Auffassung kann man eigentlich nur vertreten, wenn man hinter Lehmann und Kahn schon ganz dicht andere Torhüter wähnt. Enke? Hildebrandt ist zuletzt kaum aufgefallen. Rost ist nicht der “spielende” Torwart.

WamS: Teilen Sie Klinsmanns Offensiv-Philosophie?

Er war auf einem sehr guten Weg. Und hat dann durch einige terminliche Probleme und der teilweise unsachlichen Kritik nicht mehr seinen Plan weiterführen können, auch nicht mit der Mannschaft. Wir verlieren gegen Italien. Die Folge: Es wird auf ihn und sein Team eingeprügelt. Ich hatte das Gefühl, in jedem Moment wird bei der Fifa der Antrag gestellt, die WM doch bitte zu verschieben.

WamS: Wird die Generation, die wir zur WM schicken, möglicherweise Opfer ihrer schlechten Ausbildung?

Dort, wo in aller Welt Erfahrung steht, nämlich in der Abwehr, stehen bei uns die jüngsten. Das ist natürlich nicht gesund. Aber der Vorwurf, Klinsmann leide unter Jugendwahn, ist nicht richtig – er hat keine Alternativen. Auch für mich sind die zwei, drei gehandelten “Alten” eher Notfallalternativen. Klinsmann muß das durchziehen. Er muß in der kurzen Zeit, die uns bleibt, sein Team einschwören und fit kriegen, damit der andere Faktor, der ja nicht zu unterschätzen ist, diese Kopfstimmung im eigenen Land, tatsächlich genutzt werden kann.

WamS: Trauen Sie ihm das zu?

Ich sage ja. Seine Lehrzeit ist ungewöhnlich und kompliziert. Er steht unglaublich in der Öffentlichkeit, kann nicht wie ein junger Trainer in der Bundesliga schon drei Tage später wieder mit einem Sieg alles wettmachen. Aber der DFB hat eben nach Rudi Völler zum zweiten Mal ein Versuch-Irrtum-Programm gestartet. Bei Völler hat es geklappt. Er ist Vizeweltmeister geworden mit einem Team, das damals nicht das zweitbeste der Welt war. Wenn man sich jetzt wieder dafür entschieden hat, sollten wirklich alle – auch wenn sie manchmal anderer Meinung sind – Klinsmann vorbehaltlos unterstützen.

Was die Abwehr angeht: Marcel Reif hat zur Wochenmitte in seiner Kolumne für PREMIERE Gerüchte kolportiert:

Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens, dass aktuell Gerüchte kursieren, unter den Verantwortlichen für die DFB-Elf würde eine Diskussion geführt, vielleicht doch wieder mit einem Libero alter Schule aufzulaufen. Den geeigneten Mann dafür sehe ich zwar derzeit nicht, nur falls er noch ausfindig gemacht werden sollte, würden Lehmanns Stärken nicht mehr so ins Gewicht fallen.

Ich sehe weder einen solchen potentiellen Libero, noch überhaupt den Hauch von Andeutung, wie so etwas ins Klinsmann/Löw-Konzept passen könnte. Was für ein Hirngespinst!

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. …”Kahn wg. zu großer Schwächen in dieser Spielauffassung nicht als Nummer zwei tragbar.”
    Ich interpretiere die Aussage Meyers etwas anders als Du.
    Eine Antwort vor deinem Zitat zur Torwartfrage sagt Meyer: “Zwei Jahre lang hat das Zurückstecken eigener Wünsche und Ansprüche keine Rolle gespielt, ist das, was Oliver Kahn jetzt auf seiner Pressekonferenz gesagt hat, von den beiden Torhütern nicht in den Mund genommen worden.”
    Da steckt glaube ich eher der Schlüssel zur Umbesetzung der Nummer 2.
    In dem Sinne, warum sollten die beiden auf einmal Friede, Freude, Eierkuchen machen, wenn sie es über 2 Jahre nicht auf einen rein sportlichen Wettstreit beruhen ließen.
    Noch mehr als bei einer Umbesetzung darf man ein Medienspektakel unterster Schublade erwarten, der unnötige “Druck” (Scheisswort) wird durch überspitzt 4 Extrakameras auf beide Keeper pro Spiel noch mehr erhöht, ein Un-Thema noch mehr in den Vordergrund gestellt als wenn Klinsmann jetzt gesagt hätte, der “Verlierer” von euch beiden bleibt zuhause.

    Im Endeffekt aber dreht und wendet man es wie man will, die Diskussion ist so überflüssig wie…

  3. quote: Inkonsequent ist Klinsmann allerdings, so glaube ich, wenn er nach diesem zwei Jahre andauernden Theaterstück die Bank nicht anders besetzt. …

    das hab ich mir auch schon mal überlegt: man nimmt einen Torhüter raus, weil er nicht ins Spielkonzept passt – okay….
    Aber: was ist, wenn der spielen muss? Also, Lehmann verletzt od. gesperrt ist… Will Grinsi dann sein System umstellen? Etwas spät während einer WM, oder?!