Ober-Sammer-Gau
Die Geschehenisse rund um Sammer, Peters, Klinsmann, Bierhoff und Zwanziger sind mir nicht geheuer.
Neben der heute in Frankfurt gefällten Entscheidung erst einmal nur Matthias Sammer als Techn. Direktor zu installiert, hat mich das Statement von Theo Zwainziger u.a. auf PREMIERE verblüfft. Am Wochenende klang er im Sportstudio recht unverbindlich und jovial, als wäre nichts geschehen. Hat man sich die Interviews z.B. von Bierhoff unter der Woche durchgelesen, so war auch Zwanziger vorab vom Vorschlag von Peters informiert und durchaus positiv eingestellt.
Die harten Statements von Zwanziger klangen heute aber anders. Eher wie der 800-Pfund-Gorilla der sich nicht mehr auf der Nase rumtanzen lassen will und allen zeigen will, wo die Bananen hängen. Die Qualifikation von Peters wurden geradezu derbe runtergebürstet. Sinngemäß: als man sich über die Stellenausschreibung klar geworden ist, hätte es Peters eigentlich gar nicht mehr sein können.
KlinsmannBierhoff waren mächtig angepisst, nichts von “sportlich hinnehmen”, wie man in Interviews im Vorfeld den Leuten weismachen wollten. Klinsmann sprach von “bitterer Pille”, Bierhoff von einer zu schluckenden Kröte. Im Interview mit PREMIERE erdete Bierhoff Sammer dann auch klar ein: man werde sich mit Sammer treffen um ihn klarzumachen, was er zu tun habe.
Wer ist jetzt eigentlich der bessere Mann für den Posten?
Es kommt darauf an was eigentlich dieser Technische Direktor eigentlich machen soll. Von Berti Vogts, der derzeit als beleidigte Schlampe durch die Medien zieht und Klinsmann gegen das Schienenbein tritt, stammte aus der heutigen WELT eine interessante Beschreibung.
…wissen Sie, ich habe vor einem Jahr ein sehr ausführliches Gespräch mit Herrn Dr. Theo Zwanziger (Geschäftsführender DFB-Präsident – d.R.) geführt und ihm gesagt, daß es gravierende Änderungen im deutschen Fußball geben muß. Das beginnt in den Landesverbänden und geht hoch bis zur Eliteschulung. Da ist es sehr schwer vorstellbar für mich, daß das ein Seiteneinsteiger machen kann. Ich würde mir nicht zutrauen, in einer anderen Sportart eine so führende Rolle zu bekleiden […]
Wenn es um eine Änderung der Struktur im deutschen Fußball geht, muß man doch wissen, wie der Fußball aufgestellt ist. Angefangen von den Kreisen über die Bezirke bis hin zu den Landesverbänden. Fragen Sie doch zum Beispiel mal einen der 18 amtierenden Bundesligatrainer, ob er seinen Verbandstrainer kennt […]
Der Sportdirektor ist verantwortlich für einen roten Faden, der sich durch den Verband ziehen und der vom Bundestrainer ausgehen muß. Der Bundestrainer macht Vorgaben, die vom Sportdirektor umgesetzt werden müssen. Er muß delegieren und vermitteln. Über die Vereine hinein in die Landesverbände. Der Landesverband muß Talente bis zum 14. Lebensjahr sichten und fördern, aber dann geht es nur noch über eine reine Eliteschulung und die geht nur mit der Bundesliga. Hier müssen Trainingsmethoden angeboten werden, die bei der Eliteschulung angewandt werden. Exakt diese Vorgaben müssen vom Sportdirektor kommen, der international bewandert ist und Praktiken für die Trainingslehre entdeckt, so daß wir uns weiterentwickeln können. Der Sportdirektor sollte nicht nur kopieren, sondern auch eigene Ideen haben.
Das ist doch in der Tat zum ersten Mal eine handfeste, aber inoffizielle Stellenausschreibung wo mir dann auch Zweifel kommen, ob Peters die Idealbesetzung ist.
Aber Matthias Sammer?
Wir reden hier offensichtlich um einen Job der a) gute Kommunikationsfähigkeiten benötigt, b) viel Jugendarbeit und Talentförderung mit sich bringt (Cheftrainer aller Jugendmannschaften bis hoch zur U20).
Beides bekomme ich mit Matthias Sammer nicht zusammen, der in Dortmund und Stuttgart aufgrund seiner “negativen Vibes” geflogen ist.
Man kann seine Gründe haben, warum man den disziplinfremden Peters nicht als Direktor installieren will. Aber ich kenne nicht viele Gründe Pro-Sammer, ausser dass der Mann gerade verfügbar ist.
Es gibt nur einen Grund warum die Entscheidung so fiel, wie sie fiel: Zwanziger wollte zeigen wo der Hammer hängt. Vielleicht glaubte er sich nach dem Grummeln auf Funktionärsebene bei einem neuerlichen Nachgeben gegenüber Klinsmanns forschen Plänen, endgültig zum Frühstückspräsident abgestempelt zu werden.
Folgeschäden
Heute nachmittag ist eigentlich ein GAU eingetreten. Zwanziger hat sich erstmals massiv von Klinsmann und Bierhoff distanziert. Klinsmann und Bierhoff haben zudem mit ihren undiplomatischen Äußerungen bzgl. Sammer einen Graben aufgerissen.
Noch schrecklicher: mit Sammer hat die deutsche Nationalmannschaft einen Klinsmann-Nachfolger in Spe. Einen den man wirklich nicht haben will.
Aber das habe ich dem Herrn Gerhard Mayer-Vorfelder 1996 schon alles gesagt.
(Vogts im WELT-Interview. Schlampe.)
Reaktionen
Klinsmann haut im PREMIERE-Interview richtig auf die Kacke. Ganz der lächelnde Killer:
– Es war ein mit Peters exzellent ausgearbeitetes Papier zum Posten des Sportdirektors.
– Das Papier wurde anscheinend von den meisten im Präsidium heute zum ersten Mal durchgelesen
– Die Entscheidung des Präsidiums basierte eher auf emotionale Faktoren, statt auf rationale Gründe
– Die Entscheidung zeigt klar, dass wir uns nun aus allen diesen Diskussionen bis zur WM 2006 raushalten werden
Haha, hab ich auch gerade gesehen. “Aus der sachlichen wurde dann eine emotionale Entscheidung.”
(Noch angefressener war nur Horst “Darf ich aussprechen?!! Ich kann nix dafür, dass die Beiträge vorher so lang waren.” Heldt.)
So ungern ich Berti Vogts leider zustimme, aber der Mann hat recht. Die Stellenbeschreibung passt nicht auf einen “Betriebsfremden”. So sehr ich Klinsmanns Methoden unterstütze und gutheiße, glaube ich dennoch, dass Peters für den DFB nicht tragbar wäre. So weit so gut.
Doch was macht der DFB? In bester Bundesligaclubaktionismusmanier holt man sich den Arbeitslosen mit dem besten Namen. Die von Vogts dargelegten Paramter passen nicht auf Sammer. Mir ist völlig schleierhaft, warum man Sammer diesen im höchsten Maße verantwortungsvollen Posten anvertraut. Da wäre mir Peters gewiss lieber gewesen. Denn auch wenn man seine Werte nicht kennt, so weiß jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt hat, dass dieser Mann mit seinen Methoden Erfolg hat. Sammer hingegen kann nicht einmal das vorweisen.
Jemand wie Rangnick wäre da gewiss die bessere Variante gewesen.
Bin mal auf die nächste Günther Hetzer-Kolumne gespannt…
Sammer ist eine einzige, große Katastrophe und absolut vernichtend.
Hab mal wieder quasi zeitgleich meinen Kommentar dazu abgegeben. Und ich gehe mit dir sehr d’accord, dass einfach viel zu wenig über das Anforderungsprofil bekannt ist.
Ich stimme mit dir völlig überein: Sammer war der gerade Vertfügbare. Mangels besserer durchsetzbarer Alternativen hat er den Job bekommen. Wenn man das Anforderungsprofil im Interview liest, wäre eigentlich Berti Vogts selbst der ideale Mann (der war ja auch mal ein Klinsmann-Favorit, scheiterte aber an seiner Vorgeschichte im DFB).
Davon abgesehen: Der Mann auf dem Posten soll delegieren und vermitteln, bekommt Vorgaben vom Bundestrainer und den Verbänden. Genau das spricht eigentlich dafür, dass auch ein Fachfremder für den Posten geeignet wäre.
Das einzige, was für einen DFB-interne Lösung spricht, ist das Networking. Aber genau das ist doch der Hemmschuh, unter dem der deutsche Fußball leidet. Wer in dem Netz des DFB gefangen ist, wird wahrscheinlich wenig neue Ideen und Strukturen einbringen.
Wobei ich die Statements der Bundesliga (und wie man inzwischen hört, auch der DFL-Vertreter in Frankfurt Holzweghäuser und Hackmann) entsetzlich borniert fand. Die DFL war möglicherweise ein noch größerer Opponent als Zwanziger.
Wo kämen wir denn da hin, da könnte ja jeder kommen!
Man ist in DFB und DFL Neuem gegenüber einfach zu wenig aufgeschlossen und bestzt diesen Posten dann doch lieber mit einem, der sich um den deutschen Fußball verdient gemacht hat. Birgt wohl auch weniger Risiken, später für diese Entscheidung geradestehen zu müssen wenn Erfolge ausbleiben sollten.
In wie weit Mathias Sammer den Fußball bis in die unteren Bereiche kennt kann ich nicht wirklich beurteilen, habe aber erhebliche Zweifel, ob er da soviel besser aufgestellt ist als Peters, der sich hier sicher auch innerhalb einer angemessenen Zeit eingefunden hätte. Der Posten ist ja wohl eher dahingehend zu verstehen, dass da ein langfristiges Konzept gefunden werden soll.
Hier wurde wohl eine gute Chance vertan!!!
Also ich bin fest davon überzeugt, dass Sammer schon in der Winterpause einen Posten als Cheftrainer übernommen hätte, wäre einer angeflogen kommen. Er hat in letzter Zeit immer gesagt, dass er noch weiter bei den Top-Clubs hospitieren wolle. Vielleicht war das auch ein Vorteil, er hat jetzt “2 Jahre bei den Großen gelernt”. Na toll.
Aber eine Umstrukturierung wäre doch genau das richtige für einen “Nichtfussballer”, der aber Ahnung von Organisation hat. Das war eine große Chance, aber der alteingesessene DFB muss nun seine alte Behäbigkeit zeigen. Mit Klinsmann und alle seinen Personaldurchsetzungen hat der DFB ehh schon schlecht genug ausgesehen. Es wurde alles gemacht was der Herr BT wollte. Naschön, dann hierbei. Man holt sich einen erfahrenen(?) Bundesligatrainer (aka Motzki) und der soll nun der, ja ich weiss nicht, Halbchef von Klinsi, aber doch Befehlsempfänger für Klinsis sportl. Ausrichtung sein. Ich verstehe es beim besten Willen nicht. Tut mir leid lieber DFB. Was euch da geritten hat?
Die Angst vor Peters und seiner Arbeitsweise und das Konzept muss doch sehr an den Strukturen des DFB gerüttelt haben. Es war definitiv keine Entscheidung für Sammer, sondern gegen Peters.
Hier der kicker Artikel genau zu meinen Fragezeichen:
Lieber Sportdirektor beim DFB als Trainer auf Schalke
Wildsau, der Satz “In bester Bundesligaclubaktionismusmanier holt man sich den Arbeitslosen mit dem besten Namen.” ist klasse.
Dass Voigts ein Klugscheißer ist, wusste man vorher. Aber immerhin sagt er mal, worum es bei dem Job überhaupt geht. Und auch wenn ich bei Dülp schon gesagt habe, dass ich heterogene Arbeitsgruppen grundsätzlich produktiver finde: Für den Job braucht es viel internes Wissen, sowohl über die Verbände als auch über die Vereine. Sonst rennst Du permanent gegen die Wand.
Ob Sammer allerdings der Richtige ist, wage ich zu bezweifeln. Da würde ich wildsau nicht nur wegen der Schönheit des Satzes zustimmen.
Andererseits reagiert Klinsmann exakt so, wie er es dem DFB vorwirft: emotional.
Warum tat es eigentlich Not, einen bislang vakanten Posten unbedingt noch vor der WM zu besetzen? Nach der WM weiss man, ob Klinsmann noch weiter Bundestrainer sein wird und hätte in den Monaten bis dahin genügend Zeit, sich über die Stellenbeschreibung, Anforderungsprofile und Konzepte der Bewerber Gedanken zu machen.
So hat man wenige Monate vor der WM das Trainer-Team gegen sich aufgebracht und eine Person installiert, die es schwer haben wird, mit eben diesen Leuten warm zu werden und darüberhinaus noch gehöriges “Schattentrainer-Potenzial” in den Boulevard-Medien haben wird.
T.S., weil Zwanziger Entschlossenheit zeigen musste…
[…] bisschen erschrocken hab ich mich ja schon: Über Nachricht und […]