Svennies Scheich führt zum Abstieg

Die Scheichgeschichte war dann doch zuviel. Gestern traf sich Englands Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson mit der englischen FA und man kam überein, den Vertrag nach der WM 2006 aufzulösen.

Das ist hinsichtlich der WM eine interessante Konstellation. Eriksson ist eigentlich ein “Players Coach” gewesen und man könnte eine “Jetzt erst recht”-Reaktion der englischen Spieler erwarten.

Wenn da nicht die Scheich-Geschichte gewesen wäre, über die Eriksson dann letztendlich gestolpert ist. Ein Zeitungsjournalist verkleidete sich als Scheich, lud Eriksson zum Gespräch nach Dubai ein und Erikssson plauderte dass die Schwarte krachte. Er plauderte über Mannschaftsbesitzer und -Manager die in der Premier League in die eigene Tasche wirtschafteten, sagte dass Aston Villa eigentlich ein übernahmereifer Klub sei und sprach über die Unzufriedenheit einiger Spieler bei ihren Vereinen, namentlich Beckham bei Real und Owen bei Newcastle. Ein Anruf von Eriksson würde genügen und Beckham käme aus Madrid rübergejettet.

Insbesondere das Ausplaudern von Spielerinterna dürfte ein sensationeller Vertrauensbruch sein. Wenn man sich in die Lage von Michael Owen versetzt, dem mit so einem Spruch in Newcastle das Leben heiß gemacht wird… Wieviel Prozent Leistung werden die Spieler für so einen Trainer noch abrufen?

Diese Scheich-Geschichte hätte vielleicht nicht ausgereicht Eriksson abzusägen, nicht zuletzt weil die Methoden der Journalisten auf Eriksson einzuprügeln, immer linker wurden. Aber Eriksson hat auch so ziemlich alles getan, um sich als Zielscheibe zu qualifizieren, inkl. einer Liebesaffäre mit einer Sekretärin vom Fußballverband, die davor oder danach auch noch mit dem FA-Chef schlief. Gleichzeitig wird in der englischen Presse gerne daran erinnert, das Eriksson selber als Clubtrainer auch nicht immer vertragstreu gewesen ist.

Ich frage mich, ob es wirklich nur grenzenlose Naivität ist, die den eigentlich vorgewarnten Eriksson in dieses letzte Fettnäpfchen treten liess.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Mein Votum geht pro “Argloser Eriksson wird gefoppt.”. Vielleicht ist sein Verhalten gar nicht so unüblich, und es ist in Vertragsverhandlungen normal, so offen zu reden. (Wir sind hier im Fußball-Business.)
    Sich dermaßen zum Obst zu machen und seine Autorität gefährden, nur um eine Abfindung rauszuschlagen? Geht nicht auf.
    Dass er das beste aus der peinlichen Situation rausholt, mag sein.

  3. Ich gehe davon aus, dass Erikssons Eskapaden keinen großen Einfluss auf die Leistung der Spieler haben wird. Dass man ein großes Turnier “trotz Trainer” sogar gewinnen kann, hat die deutsche Mannschaft ja 1996 bewiesen. :-)

  4. Eins ist klar! Die Presse wird definitv Eriksson nicht zur Ruhe kommen lassen. Die Spieler haben wieder ein Alibi und dahinter lässt es sich schön verstecken, wenn es nicht läuft.
    Der Englische Fussballverband hätte sich sofort nach einem Nachfolger umschauen müssen. Ruhe kehrt nicht mehr ein! Sicherlich ist es aber schwer in diesen kurzen Zeitraum einen geeigneten Trainer zu finden.
    Uns kann es nur recht sein.

  5. Ich persönlich finde das Unglaubliche an dieser Geschichte nicht, dass ein Trainer mit anderen Menschen über Spieler spricht. (ok, es war tw. Lästerei, trotzdem…) Wenn er das am Ende der Welt mit jemandem tut, der nicht das Geringste mit England zu tun hat sind die Auswirkungen auf Westeuropa normalerweise ähnlich groß wie die eines umgefallenen Reissacks im ländlichen China.

    Was ich absolut abartig finde ist die Vorgehensweise der englischen Presse!
    Was haben diese Möchtegern-Detektive für ein krankes Verhältnis zu ihren Sportlern?
    Die Auflage vom nächsten Tag scheint da die einzige Massgabe zu sein.

    Was dieser einmal-ein-paar-Zeitungen-mehr-verkaufen-Artikel eigentlich für Auswirkungen hat:
    – Die Nationalmannschaft verliert einen Spitzentrainer
    – Das Vertrauen in ausländische Trainer ist auf Jahre geschädigt
    – Spieler und Trainer werden zur englischen Presse noch weniger sagen
    – Den Weltmeistertitel können die Briten getrost vergessen (und das bei DEM Kader…)

    Ich versteh die nicht. Wollen die nicht Weltmeister werden???