Hertha BSC Berlin wieder malade?

Anscheinend kehrt das Frauenleiden bei Madame Hertha immer zurück, wenn das Thermometer auf unter Null geht. Keimten bereits im letzten März erste Berichte über eine ‘angespannte Finanzlage’ von Hertha BSC Berlin auf, legte am Wochenende der RBB nach und bislang berichteten nur Netzeitung, dpa und Berliner Morgenpost davon.

Demnach wurde bei der Hertha die “Insolvenzgefahr” nur durch das Einschreiten des Berliner Senats abgewendet. Der Senat erklärte gegenüber Jochen Esser von “Bündnis90/Die Grünen”, dass die Zahlungsverpflichtungen Herthas bzgl. des Stadions erlassen wurden, da sonst Existenz und Lizenz Herthas gefährdet seien. In diesem Zusammenhang ist die Rede von 4 Mio Mietzahlung und Baukrediten. Sollte das Schicksal der Hertha wirklich nur an 4 Mio hängen?

Nicht minder penetrant parfümiert riecht der Umstand, dass die Spieler die September-Prämien (Prämien! Anscheinend sind nicht die Gehälter gemeint!) erst im November bekommen haben.

Für alles liegen bei Hertha Erklärungen in der Handtasche bereit. Aufsichtsratsvorsitzender Rupert Scholz zu den verzögerten Prämienzahlungen: unproblematisch, begründet durch die fehlenden Einnahmen in der Sommerpause. Jaja, die Sommerpause, sie kam für alle überraschend.

35 Mio Schulden? Nicht wahr, es sind nur 10-20 Mio. (Verbindlichkeiten zu 31.12.2004: 17,29Mio), der Gegenwert in Form der Mannschaft sei derzeit am Steigen. Sagt Scholz.

Der unabhängige Wirtschaftsprüfer und Hertha-Mitglied Otto Schulz beschwört hingegen akute Insolvenzgefahr.

Irgendwoher kennt man doch die Rhetorik… Die Mitgliederversammlung am nächsten Montag dürfte spannend werden. Denn die Karte “Schechter-Anleihe” zur Umschuldung, wurde bereits gezogen. Der Zuschauerschnitt liegt wie in der letzten Saison bei 43.000 Zuschauer und da hatte Hertha 6 Mio Miese gemacht.

Röckenhaus, übernehmen Sie!

Links:
aas 7.3.2005: “Malade Dame Hertha
aas 9.3.2005: “Mo Money” – Hertha mit Schechter-Anleihe

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Dieses fragile Wirtschaftsgebilde in der Bundesliga, bestehend aus Mißmanagement, Luftbuchungen, Umschuldungen und Spielerkapital bestehend aus Wunschzahlengebilden wird irgendwann zusammenbrechen. Es ist definitiv nicht die Frage ob es wie ein Kartenhaus zusammenstürzt sondern wann.

    Im obigen Beitrag kann der Name Hertha BSC durch fast (Bayer München will ich hier mal ausnehmen) jeden anderen Bundesligaclub ersetzt werden, egal ob da steht Schalke, Stuttgart oder Köln. Viel schlimmer finde ich, dass die Allgemeinheit dieses penetrante und permanente Mißwirtschaften in Form von Schuldenerlassen durch die öffentliche Hand mitträgt.

    Laßt bitte endlich einen dieser Graupenvereine verrecken, vielleicht merkt der Rest die näherkommenden Einschläge dann.

  3. @dröhn:
    Geeeenau, volle Zustimmung!!! Alles völlich überkandidelt!

  4. dröhn, das ist ein bißchen zu einfach. Die Stadt Berlin kann Hertha schlecht wegen vier Millionen am ausgestreckten Arm verrecken lassen, weil sonst niemand das teuer umgebaute Stadion füllen würde.

    Außerdem gibt es etliche Vereine, die (soweit erkennbar) in letzter Zeit relativ solide wirtschaften, z.B. die von Dir genannten Stuttgart + Köln, aber auch Bremen, Gladbach, Mainz, Freiburg…
    Fehlkalkulationen und Inkompetenz gibt es natürlich immer irgendwo und speziell bei Vorständen von Fußballvereinen.

    Scholzens Beschwörung des imaginären Werts der Mannschaft erinnert wirklich an das dynamische Duo Niebaum/Maier. In Dortmund endete das bisher in ungefähr 10 Millionen für Frings + Ewerthon und ein paar ablösefreien Transfers. Und dort gab es etliche interessante Spieler, bei Hertha gibt es knapp drei.

  5. @Melkus,
    wie oben bereits geschrieben ist Hertha ja nur ein Stellvertreterverein für viele andere, die Jahr für Jahr auf imaginären Traumwirtschaftszahlen reiten. Das Stuttgart und Köln wirtschaftlich solide arbeiten, müssen sie erst noch über einen längeren Zeitraum beweisen und zwar solange, bis sie schuldenfrei sind (bei beiden Teams noch nicht erfüllt) und auch nicht wieder in die Miesen abgleiten (bei beiden Teams in utopisch weiter Ferne). Irgendwann sollte selbst dem einfältigsten Stadtoberen mal die Realität einholen. Bei der Hertha mögen es, noch offiziell, 4 Mio Miese sein. Wieviele andere Städte gibt es aber, die Jahr für Jahr ähnlich denken und ihre “Hertha” bezuschussen.

    Das ganze Brimborium Bundesliga geht zu einem wesentlichen Teil auf Kosten der Allgemeinheit. Würden diese Kosten jedoch gezielt auf die Fußballfans abgewälzt, die hier ihre 1. Bundesligasteuer zahlen hätte ich gegen öffentliche Zuschüsse überhaupt nichts einzuwenden.

  6. Die Dienstagsausgaben der Berliner Tageszeitungen stellen die Verschuldung Herthas noch kritischer dar.
    Tagesspiegel [1]
    Berliner Zeitung: 1], [2]

    Die Stadt Berlin muss Hertha aus der Betreibergesellschaft des Olympastadions loseisen. Der Stadt Berlin entstehen dadurch eine Mehrbelastung von über 40 Mio EUR, nicht nur die kurzfristigen 4 Mio.

    Bei der Hertha selber, herrscht ein Kommunikationschaos, dass den Verein und seine Darstellung der Finanzlage nicht glaubwürdig erscheinen läßt.

    Am Sonntag geht Aufsichtsratsvorsitzender Scholz in die Offense und redet in den Medien von “10-20 Mio Schulden”, angesichts der großen Spanne und der in 7 Tagen anstehenden Mitgliederversammlung, schon eine Frechheit. Hertha-Geschäftsführer Schiller taxiert aber die Schulden heute auf 30-35 Mio.

    WTF? Knapp das Dreifache von dem was der Aufsichtsratsvorsitzender vor 24h im RBB bekanntgibt?

    Zudem hat Hertha schon einiges an “Reserven” aufgebraucht:
    – Schechter-Anleihe ist schon genommen
    – Sponsoren haben Vorauszahlungen geleistet
    – Die Stadionmiete wurde von der Stadt um über eine Million auf 3,2Mio p.a. reduziert. U.a. mit der Begründung “Hertha BSC ist schon jetzt kaum in der Lage, seine Pacht und die Nebenkosten […] zu zahlen. Ein Insolvenz- und Lizenzrisiko bei Hertha BSC wäre die Folge

    Wäre interessant zu wissen, ob die DFL der Chancengleichheit wegen, die städtische Unterstützung von Fußballvereinen irgendwie limitiert.

  7. Aber wieder aufgestiegen, gell.

  8. Manchmal sind diese Treffer der Google-Ritter wirklich schön. Dass ich mich damals mangels Anwesenheit zu dieser Diskussion nicht geäußert habe, empfinde ich als schade; das der werte Vorkommentierende jedes dumpfe Vorurteil bekräftigt, ist wiederum recht praktisch.

  9. Insbesondere weil, wenn es Hertha wirtschaftlich besser gegangen wäre, sie ja unter Umständen gar nicht erst abgestiegen wären…