Screensport: Kicken vom Wochenende
Eins gegen Zwei in der Bundesliga, wenn Bayern auf Werder trifft (Sa 15h30). Ich erwarte nicht wirklich ein gutes Spiel. Die Bayern schätzen sich derzeit etwas zu hoch ein. Die guten Ergebnisse täuschen darüber hinweg, dass ihre Durchschlagskraft derzeit eher mau ist. Die kühle Professionalität die sie an den Tag legen, ist nicht gleichbedeutend mit Spielstärke. Die Niederlage gegen ein derzeit nicht wirklich übermäßig starkes Juve ist eine ziemlich korrekte Verortung der Bayern im europäischen Maßstab. In den Spielen an denen die Bayern aufgefordert waren, auf veränderte Spielsituationen zu reagieren, kam wenig, sofern man jetzt nicht das Köln-Spiel heranzieht.
In der Partie am Samstag wird die viel interessantere Frage sein, was Werder Bremen auf den Kasten hat. Die Verunsicherung nach dem 6minütigen Desaster gegen Udine war mit Händen zu greifen und dürfte angesichts der Bremer Mentalität auch am Samstag noch nachwirken. Schlimmer noch: wie platt sind die Bremer? Ich hatte den Eindruck das viele Spieler just zur 60ten Minuten völlig leer waren (Owomoyela, Valdez) und diejenigen die noch etwas im Tank hatten (Borowksi, Frings), mussten in der verbleibenden halben Stunde dann vollends in den roten Bereich gehen und waren stehend KO.
Wenn Werder die Bayern auf ein offensives Tänzchen einladen, bekommt Bayern Probleme. Wenn aber die Werderaner abwarten spielend, sich darauf konzentrieren von der Nummer 1 bis Nummer 11 defensiv besser zu stehen, spielen sie den Bayern in die Hände. Ich glaube an die zweite Variante.
Eine zweite Partie ist nicht uninteressant: Nürnberg – Stuttgart (So 17h30). Ja, das hat auch damit zu tun, dass inzwischen jede Partie von Trapattoni die letzte sein könnte. Die Stuttgarter sind derzeit für jedes Auswärtsspiel dankbar, wo sie nicht bereits nach dem dritten Fehlpass hemmmungslos ausgepfiffen werden und das Spiel nicht machen müssen.
Vielleicht kommt die Partie zwei Wochen zu früh, denn immer wieder fällt der Name Wolfgang Wolf als potentieller Trainer in Stuttgart. Im Sommer scheiterte es u.a. am Vertrag von Wolf in Nürnberg. Der Vertrag ist ja nun nicht mehr existent.
So wie die Stuttgarter sich auf jedes Auswärtsspiel freuen, wird das Nürnberger Management dieses Heimspiel als unpassend empfinden. Ich bin sehr gespannt was für Reaktionen die Nürnberger Fans zeigen. Die Nürnberger Hardcore-Fans sind derzeit eh latent angefressen, denn im “neuen” Stadion haben sie noch keinen vernünftigen Stammplatz gefunden. Nachdem sie in dieser Saison auf den Oberrang des Frankenstadions umgezogen sind, zeigt sich der Oberrang als nicht belastungsfähig für die Hüpferei der Fans. Der Oberrang des WM-Stadions zeigte gefährliche Schwingungen und der Beton bröckelte in faustgroßen Stücken auf den Unterrang herunter (siehe Pressemitteilung des Supporters Club, BR)
Und jetzt das “Problem” Lothar Matthäus, der sich interessiert Nürnberger Angebote anhört (aber offensichtlich auf Zeit spielt und wartet ob auch in Stuttgart oder Köln noch ein Plätzchen frei wird).
Ich frage mich ob es in Deutschland überhaupt irgendeinen Verein gibt, dessen Fans man Lothar Matthäus als Trainer vermitteln kann?
Die italienische Liga setzt an diesem Wochenende bei PREMIERE aus, angesichts Partien wie Lazio – Inter oder Milan – Udine nicht nachvollziehbar.
Dafür gibt es gleich drei Partien aus Spanien. Villareal trifft auf das punktgleiche Valencia (Sa 22h, PREM), Real spielt gg. Saragossa (So 19h, PREM) und die Spitzenbegegnung des 10ten Spieltags: Bernd Schusters Getafe empfängt Barcelona (So 21h, PREM). Getafe ist durch zwei Auswärtsniederlagen in Folge inzwischen von der Tabellenspitze gestürzt.
Die Premiere League ist diese Saison eine absurde Veranstaltung. Chelsea rennt unbesiegt allen davon (11ter Spieltag und 9 Punkte Vorsprung!) ohne aber wirklich zu glänzen. In der Champions League gelangen in Betis und Liverpool noch keine Auswärtssiege.
Die Dominanz von Chelsea scheint sich eher aus dem Absturz von Arsenal, Manchester Utd und Liverpool zu erklären. Von diesem Trio steht ManU als Tabellensiebter noch am besten da, aber gleichzeitig dürfte die Krise dort die schwerste sein. Diese Saison scheint das einzutreten, was man ManU eigentlich schon seit 2-3 Jahren prophezeit hat: die alte Generation hat ausgedient und der Wechsel der Spieler geht nicht reibungslos vonstatten.
Und nicht unwerwartet läßt sich das an den Personen Ferguson und Roy Keane festmachen. Ferguson scheint dann doch zwei Jahre zu lang auf seinem Stuhl zu kleben, seine Autorität schwindet.
Viele haben die guten Jahre von ManU an Roy Keane festgemacht und den Niedergang nach einem Rücktritt von Keane prophezeit. Das Keane aber himself zur Schaufel greifen würde, um Fergusons Grube auszuheben, hätten die wenigsten geglaubt. In der letzten Woche, nach der 1:4-Klatsche in Middlesbrough hat der verletzte Keane dem Fernsehkanal von ManU “MUTV” ein derart gesalzenes Interview gegeben, dass dieses ungesendet in den Giftschrank verschwanden. Als Keane nach dem Spiel gesehen hat, wie sich Van Nistelrooy vor einem Interview die Haare gegelt und gekämmt hat, soll er ausgetickt sein und nur noch “four-letter-words” von sich gegeben haben.
Keane, schon immer ein Mann der “klaren Worte”, verpasste diversen Spielern verbale Kopfnüsse.
Über Rio Ferdinand: “Nur weil du 120.000 Pfund pro Woche bekommst und 20Minuten lang gut gegen Tottenham spielst, hälst du dich für einen Superstar.” “Die Klatsche habe ich seit einiger Zeit erwartet. Den Spielern wurden Fragen gestellt und sie hatten keine Antworten drauf. Es macht mich krank das immer wieder sagen zu müssen und die Spieler macht es krank mich immer das immer wieder sagen zu hören.” “Die jungen Spieler werden von den erfahrenen Spielern allein gelassen. Sie führen nicht. Es fehlt an Charakteren.” “Anscheinend muss man in diesem Klub schlecht spielen um belohnt zu werden. Vielleicht sollte ich das nach meiner Rückkehr tun: schlecht spielen.” “Die jungen Spieler glauben nach der Vertragsunterzeichnung: sie hätten es geschafft. Sie glauben der Vertrag wäre der beste Tag ihrer Karriere und sie hätten es geschafft.”. Angemacht wurden namentlich Rio Ferdinand, Darren Fletcher, John O’Shea, Alan Smith und Kieran Richardson.
Laut Guardian soll Roy Keane immer noch auf 180 sein. Als Keane gehört hat, das MUTV das Interview auf Anweisung von Ferguson nicht ausstrahlt, soll er an die Decke gegangen sein. Die Journalisten und Fans halten zwar zu Keane, aber den meisten ist bewusst dass Ferguson noch am längeren Hebel sitzt und vermutlich schon um Autorität zu zeigen, den auslaufenden Vertrag mit Keane nicht verlängern wird. Aber den meisten dürfte auch bewusst sein, das Keane den Finger auf den wunden Punkt gelegt hat.
Und das ist die Gemengenlage in der Manchester United nun Chelsea empfängt (So 17h, PREM). Kein Spitzenspiel nach Tabellenstand, aber nach Pathos. Ich bin gespannt wieviele Feldspieler nach 90 Minuten noch auf dem Platz sein werden. Die Trainer werden bei dieser Ausgangslage weniger mit dem Schiefertäfelchen oder Whiteboard agieren, sondern den Bunsenbrenner anschmeißen.
Zweite Übertragung vom Wochenende ist Aston Villa – Liverpool (Sa 13h45, PREM). Pool ist derzeit in der Liga überraschend leblos (13ter, 3 Siege in 9 Spielen) und Villa nur 2 Punkte von den Abstiegsrängen entfernt.
Reaktionen
Hallo zusammen
eine kleine Ergänzung noch zu der sonst mal wieder perfekten Vorschau.
Wolff Fuss kommentiert am Sonntag MANU – Chelsea.!!!!!!!!
Desweiteren Aston Villa – Liverpool mit Holger Pfandt
Villarreal – Valencia mit Sven Schröter
Real Madrid – Saragossa mit Carsten Fuß
Barcelona – Getafe mit Oliver Faßnacht
Ein schönes Wochenende
Tja, so kann man sich täuschen bei der Einschätzung des Spitzenspiels…
;-)
Ja, das Werder und Bayern offensiv zu Werke gingen, hatte ich nicht erwartet, aber wenn ich mir die Zeitungskommentare von Sonntag und Montag durchlese, kann ich mich den Lobeshymnen vorallem aufgrund der belanglosen zweiten Halbzeit nicht völlig anschliessen. Im direkten Vergleich und über 90Minuten gesehen, hat mir ManU vs. Chelsea heute abend mehr Spaß gemacht.
Stimmt, die zweite Halbzeit in München hat sich mit dem Nachklang der ersten gerade so über die Runden geschleppt. Aber beide Spiele hatten beide diesen speziellen Beigeschmack von grossen Spielen, den gab es in dieser Saison bisher nicht oft. Eigentlich gar nicht.
Obwohl Bayern-Werder für den Fußballromantiker-Sicht frustierend war. Der Unterschied lässt sich ja ziemlich genau bei Ismaels Wechsel im Sommer festmachen.
Nach ManU-Chelsea weiss man wieder, warum man Fussball verfolgt. Dieser einzigartige Moment, als sich Fletschers geniale “Kopfballschwurbel” (W.Hansch) über die verzweifelt nach oben schwebenden Chelsea-Verteidiger senkte. Wie sich der Hintergrundlärm in der zweiten Halbzeit zu einem Rauschen verdichtete. Perfekt!
Und in England ist man natürlich schnell dabei, die Parallelen zu ManU-Arsenal im letzten Herbst rauszuarbeiten. Allerdings ist Arsenal letztes Jahr im Old Trafford wirklich zu Boden gerungen worden. Für Chelsea war es eher eine etwas unglückliche Niederlage, weil so ein bißchen der letzte Biß fehlte. So was kann man psychologisch leichter reparieren.