Zeilensport: ein bißchen Doll

Die taz hat heute ein längeres Interview mit dem HSV-Trainer Thomas Doll, das einiges über das fußballerische und menschliche Selbstverständnis von ihm aussagt.

Er spricht über die Grundpfeiler die er beim HSV eingezogen hat.

Weil Spiele oft über Standards entschieden werden, wollten wir den einen oder anderen Großen ins Team einbauen – so wie Werder Bremen das seit Jahren praktiziert […]

Wenn wir Spieler suchen, dann oftmals Allrounder, Profis, die auf zwei, drei Positionen spielen können. Guy Demel ist das beste Beispiel. Er wurde als defensiver Mittelfeldspieler geholt, kann aber auch Innenverteidigung spielen – oder wie zuletzt auf der rechten Seite in der Defensive. Solche universell einsetzbaren Spieler sind im modernen Fußball enorm wichtig […]

Linksverteidiger – das ist eine ganz schwierige Position. […] Im Zentrum ist es oft sehr eng. Es wird Pressing gespielt. Es wird ballorientiert verschoben. Da ist es wichtig, mit Tempo in den freien Raum zu stoßen. Darüber hinaus müssen Eins-zu-eins-Situationen entschieden werden. Und bei hohen Flanken braucht man große Leute, die einen Jan Koller ausschalten können beim Kopfball, und das, obwohl der Verteidiger nur aus dem Stand springt, der Angreifer aber meist mit Anlauf köpfen kann. Da sind starke Außenverteidiger von großer Bedeutung […]

Er muss ja nicht 15-mal pro Halbzeit im Angriff Flanken schlagen. Das verlange ich nicht. Er muss sich aber zum richtigen Zeitpunkt einschalten. Er darf im Spiel aber auch mal Ruhe suchen. Für mich ist ein Abwehrspieler in erster Linie dafür da, dass wir zu null spielen. Wenn wir den Ball dann haben, muss er das Spiel breit machen und anspielbereit sein. Das heißt, er muss sehr ballsicher sein, kernig, ein sauberes Passspiel haben, vor allem mit dem Innenrist. Und dann kann er auch mal seine 80 Meter sprinten – mehr sind es ja nicht.

Auch nach fast einem Jahr will mein Erstaunen über Thomas Doll nicht abreißen, wenn ich solche Interviews lese. Zu stark hat sich bei mir aus seiner aktiven Zeit das Bild des geistig eher schlichten Fußballers eingebrannt. Umso “doller” (Höhö, daran konnte ich nicht vorbeigehen) finde ich seine Wandlung bzw. wie er aus diesem einstigen Image rauskommt. Ich bin begeistert.

taz: Dick Advocaat hat bei seinem Einstand in Mönchengladbach gesagt, mit Fußballern müsse man reden wie mit Kindern.

Doll: Ich war ja auch Jugendtrainer und habe die Jungs mit mir verglichen, als ich 17 war. Das ist ein Unterschied. Die hinterfragen kritisch, sind viel selbstbewusster. Wir sind im Zeitalter der Kommunikation, da kannste nicht den alten Stil fahren. Die wollen Rückmeldungen haben, die sind wissbegierig, die wollen wissen, was sie falsch gemacht haben, warum sie nicht spielen. Das hat sich früher bei uns nie jemand getraut. Der Trainer muss die Jungs mit ins Boot nehmen, denn sie sind die Hauptdarsteller. Andersrum müssen natürlich Regeln her, Ordnung, Disziplin. Wenn ich ein tolles System spielen will, dann braucht man Regeln: vor allem Respekt und Professionalität.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp