Fußball Shots
Das Präsidium von Hansa Rostock entschied gestern nachmittag Jörg Berger zu entlassen (Berl. Zeitung), nachdem Hansa am Freitag 1:4 aus der Münchner Furzkissenarena geprügelt worden sind.
Nach allem was man seit 2 Wochen hört, gab es genügend Gründe für die Entlassung und die Parallelen u.a. zur Meuterei gegen Berger auf Schalke vor knapp zehn Jahren liegen auf der Hand: die Mannschaft sei nicht fit, Berger lasse sich für Sauna- und Konzertbesuche auch öfters mal im Training vertreten. Dazu hilflos wirkende Erklärungsversuche.
Die Entlassung am 2ten Spieltag wirft die Frage auf ob man nicht entweder die Notbremse hätte früher ziehen müssen oder Berger umgekehrt mehr Zeit hätte geben müssen? Eine Aussage zu kolportieren “die Mannschaft sei nicht fit” ist für einen 2ten Spieltag grenzwertig, weil die wenigsten Mannschaften konditionell darauf abgerichtet sind ihren Leistungshöhepunkt im August abzurufen. Wie gesagt: Berger war für einige Marotten bekannt und diese Marotten sind ihm zum Verhängnis geworden. Das Präsidium muss sich fragen lassen ob es Berger an die zu lange Leine gelassen hat.
Der nächste Trainer der im Fadenkreuz steht, ist Ehrmanntraut bei Saarbrücken. Der 0:4-Heimniederlage gegen Bochum folgte nun ein 0:5-Debakel in der Fußballprovinz von Paderborn.
Premier League
Das Start-Wochenende der Premier League fand ich persönlich etwas lau. Man kann nicht behaupten dass zumindest bei den übertragenen Spielen ein Feuerwerk abgebrannt wurde. Bestenfalls “business as usual”.
ManU schaukelte seelenruhig ein 2:0-Auswärtssieg gegen ein naiv wirkendes Everton nach Hause. Nistelrooy und Rooney machten in den Minuten vor und nach der Halbzeit alles klar.
Liverpool lieferte in Middlesbrough eines jener öden Spiele ab (0:0), für die ich zu Beginn der letzten Saison Benitez so gehasst habe.
Etwas lebhafter war es bei Arsenal – Newcastle (2:0). Arsenal brach sich aber im Spiel in den Strafraum rein, fast die Füße vor lauter Umständlichkeiten. Alles lief daher auf ein 0:0 hinaus, ehe ein Elfmeter neun Minuten vor Ende den Bann brach und Van Persie eine Konzentrationsschwäche der Newcastle-Abwehr ausnutze.
Magath behauptet, zurecht, in Interviews immer wieder, das ein Problem der Bundesliga auch die Schiedsrichter seien, die viel kleinlicher als in Resteuropa pfeifen würden. Wie unterschiedlich auf diesem Kontinent die Mentalitäten in Sachen physisches Spiel sein können, wurde beim Platzverweis von Jermaine Jenas deutlich (Newcastle, 32te). Der räumte im eingesprungenen Scherenschritt seine Gegenspieler Gilberto ab und berührte mit Links den Ball, während rechts Gilberto übel rasiert wurde und sich was-weiß-ich-nicht-alles verdrehte. Der Schiedsrichter gab zurecht blank rot. Die beiden Kommentatoren von SKY (oder ITV?) jedoch redeten sich immer mehr in Rage ob des Schiedsrichters, nach dem Motto: er hat den Ball berührt, der Angriff galt dem Ball, dafür hätte es noch nicht einmal Gelb geben dürfen etc… Ich saß nur da und wunderte mich wie fließend die Grenzen zur Körperverletzung sein können.
Mit einem verdammt blauen Auge sind die Blues aus Chelsea davongekommen. Bei der Auswärtspartie beim Aufsteiger Wigan gelang Chelsea der einzige Treffer erst in der 93ten Minute durch einen Weitschuß des eingewechselten Hernan Crespo.
Ansonsten vier Unentschieden in zehn Partien ohne die ganz großen Überraschungen.
Ligue 1
Im gestrigen Spitzenspiel trennten Olympique Marseille und Olympique Lyon 1:1. Damit ist es der erste Punktgewinn der Saison für Marseille, der sie prompt aus den Abstiegsrängen befördert. Bei Lyon bleibt unter dem neuen Trainer Houllier auch im dritten Spiel das Problem das nach vorne hin nichts geht und sie sich bei Torwart Coupet bedanken müssen bereits sieben Punkte auf dem Konto zu haben. Und John Carew der derzeit für Lyon alles einsenkt was es einzusenken gibt.
Am Rande des Spiels wurde bekannt, dass Lyon nun mit knapp 40 Millionen Euro weichgeklopft wurde und Michael Essien an Chelsea abgeben wird.
An der Spitze der Tabelle steht ohne Punktverlust Paris St.Germain, jene Mannschaft die letzte Saison böse zu kollabieren drohte. PSG gewann auch im dritten Spiel nicht restlos überzeugend gegen die grauen Maus Toulouse 2:0, dank eines Doppelschlags des derzeit alles überragenden Pauleta.
Santinis Auxerre gewann gegen Bordeaux 1:0. Monaco holte sich einen Auswärtssieg in Strabourg (1:2) und treibt damit die Elsäßer in schwere Depressionen (1 Punkt und 1 Tor aus drei Spielen).
Die Tabelle bietet ein gemischtes Bild. Da sind Mannschaften mit großen Namen, die aber soweit oben nicht erwartet worden waren: PSG (1ter, 9Punkte), Auxerre (2ter, 7Pkt.) und Bordeaux (5ter, 6Pkt.). Andere Top-Mannschaften tun sich schwer in die Gänge zu kommen. Lyon spielt alles andere als durchschlagend (3ter, 7Pkt.), Monaco büßt noch für die klare 0:2-Heimniederlage gegen Auxerre (7ter, 6Pkt.), Vorjahres-Vize Lille kriegt sein Abwehrproblem nicht in Griff (13ter, 4Pkt, 5 Gegentore, 1:2-Heimniederlage gegen Troyes).
Während Marseille nach dem 1:1 gegen den Meister Hoffnung auf bessere Zeiten schöpfen kann (17ter, 1Pkt), überrascht Stade Rennes. Letztes Jahr auf einem UEFA-Cup-Platz und jetzt nach drei Spielen ohne Punkt und ohne Tor (20ter, 0Pkt, 8 Gegentreffer), zuletzt eine 4:0-Packung in Le Mans.
Am nächsten Wochenende spielt Bordeaux gegen Monaco und Lens gegen Auxerre.
Woanders
Erstes Spiel, erstes Tor: Ailton traf für Besiktas.
Nach einem Kreuzbandriss und Meniskusschaden muss Patrick Andersson seine Karriere bei Malmö FF beenden. Andersson spielte bei Gladbach und Bayern und wurde für sein 2001er-Freistoßtor bekannt, mit dem Bayern in der Nachspielzeit beim HSV Meister wurde.
Erfolg schützt nicht vor Kritik: der argentische nikotinabhängige Nationalcoach von Mexico La Volpe gerät unter immer schwereren Beschuß in der Heimat. Grund sind Eifersüchteleien von nicht nominierten Spieler und Egomane Hugo Sanchez, der am liebsten selber Kalif an Stelle des Kalifens wäre.
Die Glasgow Rangers unterlagen in Aberdeen 2:3, eine Woche vor dem ersten Old Firm-Derby.
In England zeichnet sich ein Streit zwischen der Premier League und der EU-Kommission ab (GUARDIAN). Wenn ich den Artikel richtig verstehe, stößt sich die EU daran, dass gemäß der anstehenden Rechteverhandlungen SKY ein Exklusivrechte für alle Live-Spiele bekommt. Die EU-Kommission möchte aber dass SKY auf max. 50% der Liveübertragungen limitiert wird.
Wenn dies wirklich die Kernaussage der EU-Kommission ist, dann könnte die Geschichte auch interessant für Deutschland werden, wo bekanntlich PREMIERE ein Exklusivrecht auf Live-Übertragungen hat (sieht man vom Eröffungsspiel der Hin- und Rückrunde ab). Aber anders als in England, gibt es in Deutschland derzeit weit und breit keinen Konkurrenten. Kabel Deutschland hat Interesse dementiert und Axel Springer dürfte aufgrund seiner Verschuldung derzeit keine Resourcen haben um mitzubieten.
Reaktionen
berger meinte vor zwei, drei wochen in einem dieser typischen artikel über die favoriten vor der saisoneröffnung, der entscheidende vorteil seiner mannschaft sei ja bekanntlich, dass ER so eine erfahrung habe.
die grenzenlose eitelkeit im umgang mit den medien ist ihm ja damals auch bei schalke zum verhängnis geworden, der wichtigste kritikpunkt der spieler war ja: er ist mehr mit seiner pressearbeit beschäftigt als mit dem training.
ob das jetzt seine letzte station im profifußball war?
Hehe, Furzkissenarena. Sehr gelacht :-)
Ich hab zwar nur die zweite Halbzeit gesehen, aber die Ödnis bei Liverpools 0:0 würde ich lieber dem passiven Boro zuschreiben. Das Problem war eher ein exzessiver Fokus im Offensivspiel auf Gerrard, der ein halbes Dutzend Großchancen hatte und versiebte. Vielleicht wird das Thema der Saison doch wieder, dass Liverpool der Tick überschüssiger Klasse fehlt, solche Dinger nach Hause zu schaukeln.
Arsenal hat schon wieder nicht gerade überzeugt, aber es ist eigentlich Newcastles virtuoser Umgang mit dem Selbstzerstörungsknopf, der mich immer wieder erstaunt. Jenas’ Tackling war schon übel, der Elfmeter dämlich. Dazu kam noch eine Szene nach der roten Karte, als Boumsong erst wegen Meckerns Gelb sah und im nächsten Zweikampf seinem Gegenspieler den Ellbogen ins Gesicht rammte, dass man die Vögel zwitschern hörte. (Der Schiedsrichter ließ Gnade walten.) Da steckt noch eine Menge Unterhaltungspotenzial drin, bis zur Trainerentlassung und wahrscheinlich auch danach.
Der Pagelsdorf, der wird Nachfolger des Nachfolgers des Nachfolgers des Nachfolgers seines Nachfolgers (habe ich das jetzt richtig gezählt?).
In England herrschen wirklich andere Sitten. Die englische FA hat die Rote Karte gegen Jenas in eine gelben Karte umgewandelt.