Tour J-3: eine Etappe so flach…

[17h06] Die Unentschlossenheit des Feldes hat die Geschichte dann ja doch noch spannend gemacht. Die Franzosen überschlugen sich mit der Stimme. Die Übertragung im Radio läuft so, dass einer den Verlauf in einem Zug durchkommentiert ohne Luft zu holen und aus dem Hintergrund seine beiden Kollegen Wörter reinschreien (“Flamme Rouge!”, “Boonen!”, “À Gauche QuickStep!”, “Boonen!”, “Attaque!”, “Boonen! Tom Boonen!”) wenn der Teufelslappen passiert wird oder ein Ausreißversuch stattfindet und der Hauptreporter den Faden in seiner atemlosen Reportage wieder aufnimmt.

Decker holt immerhin die Bergwertung und den Jacky-Durand-Gedächnispreis unseres Herzens.

Morgen ein 80minütiges Mannschaftszeitfahren bei dem allenthalben erwartet wird, dass Discovery Channel gegenüber T-Mobile verheerenden Flurschaden anrichten wird. Schauen wir mal was CSC drauf hat. Übertragung im Fernsehen ab kurz vor 15h. Morgen ist wieder ZDF-Tag.

[17h03] Mann, Mann, Dekker und Portal sind ja Tiere, dass die derart beißen. 3km und 10s Vorsprung. Das Peloton völlig uneins.

[16h33] Die Etappe bleibt von beängstigender Langweiligkeit. Selbst den französischen Radioreportern von France-Inter fällt nicht viel ein und es muss ganz tief in die Historien-Kiste gegriffen werden.

Das Hauptfeld nimmt langsam Tempo auf. 30km vor dem Ziel ist man nur noch 80s hinter den drei Führenden. Dekker holt sich durch einen Zwischensprint an einer Bergwertung das Bergtrikot von Voeckler.

Alles läuft auf einen Massensprint auf der 2900m langen Zielgerade hinaus.

[15h52] Auf EUROSPORT wird nun spekuliert das Ullrich gestern gesagt haben soll, er fühle sich nicht frisch und ein bißchen müde.

Jetzt im Konditional, weil ich nicht weiß ob und in welchen Zusammenhang er es gesagt haben soll: sollte die Bemerkung so gefallen sein und sich auf seine derzeitige Verfassung beziehen, gehört der Mann geohrfeigt. Der Ullrich würde mir damit auf die Nüsse gehen. Jedes Jahr dasselbe Theater: je länger die Tour dauert desto häufiger gibt es hier ein Zipperlein, dort ein Wehwehchen und drüben etwas was nicht rund läuft.

Es hat so etwas von Hypochondertum und Ausreden-suchen. Man möchte ihm das legendäre Zitat von Bölts um die Ohren hauen.

[15h31] Bei all der Jan-Ullrich-Malaise stellt sich auch die Frage inwieweit Team T-Mobile ein Problem ist.

Auffällig ist halt, dass Jan Ullrich seine beste Leistung nach 1997 bei Bianchi 2003 erzielt hat. Nicht wenige meinen, dass er im Team T-Mobile zuviel abgenommen bekommt und das kleine, spartanische Team Bianchi mit dem Zwang zur Selbständigkeit, Ullrich stärker mobilisiert hat, als die Rund-Um-Betreuung des Magenta-Teams.

Es ist auch auffällig das einige Fahrer, sei es Julich oder Savoldelli vor und nach ihrer T-Mobile-Zeit gute Leistungen abliefern, aber zur T-Mobile-Zeit nichts gebacken bekommen.

In der “Procycling” hinterfragt Torsten Hiekmann die Vorbereitung seines Teams. Während beispielsweise bei Discovery Channel lange im Voraus das Tour-Team zusammengestellt wird und sich gezielt darauf vorbereiten kann, wird bei T-Mobile das team erst kurz vor der Tour, anhand der Saisonleistungen zusammengestellt. Bis auf Jan Ullrich könne also eigentlich keiner sich gezielt auf die Tour hin vorbereiten.

[15h29] Wen es interessiert: die Langwelle (und der Audiostream) von France Inter sind auf den normalen Etappen ab 16h00 dabei.

[15h01] Nach einer Verpflegungsstation machen Davitamon-Lotto und QuickStep Tempo, der Vorsprung auf 4’30 geschmolzen.

[14h56] Irgendwie passiert ja nix. Das übliche Programm. 30km nach dem Start hauen einige Fahrer, während das Feld sich erstmal die Eier in der frischen Landluft krault. Irgendwann sind 10 Minuten Vorsprung da und hui wird dann der Abstand zugefahren.

Aktuell sind wir bei 5’30 und Decker/RABO, Portal/AG2R und Bertogliati/SDV.

Früher war die Tour irgendwie amüsanter, weil sich das Showdown nie so extrem auf die Berge (und Zeitfahren) verengte wie es jetzt der Fall ist. Die Flachetappen scheinen nur noch Beiwerk zur Vergabe des grünen Trikots zu sein. Früher – vulgo 80er Jahre – gab es immer wieder Fahrer die 10 Minuten wegsprangen und die Favoriten hatten wirklich zu kämpfen diesen Vorsprung im Laufe der Tour den Rückstand aufzuholen. Oder die große Zeit der Kolumbianer, die an den bergen mit einem Schlag 20 Minuten herausholten.

Inzwischen sind jeder und alles Allrounder und die Teams alle taktisch so eingestellt, dass großer Schaden bzw. große Vorsprünge gar nicht erst zugelassen werden.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. In Sachen Saison-Vorbereitung ist Eric Zabel ja nun ein Parade-Beispiel wie einem die Planung zunichte gemacht werden kann.
    Ok, es wurde schon länger spekuliert, dass T-Mobile sich voll und ganz auf das gelbe Trikot konzentrieren möchte und keine Kräfte beim Sprint verschwenden will … aber hey, der Kerl schadet dem Team nicht und hätte auch ohne Helfer größere Erfolge holen können als die zu denen ein Ullrich ausser Form fähig ist.

  3. Schwer zu sagen. Die Nicht-Mitnahme von Erik Zabel kommt ja bei weitem nicht so überraschend wie jetzt viele tun. Es ist schon im Winter spekuliert worden, dass das Team sich voll auf Ullrich ausrichtet und Zabel ist nicht zuletzt deswegen auch den Giro gefahren.

    Und ich fürchte leider auch, das Zabels Zeit für Premiumrennen leider vorbei ist. Beim Giro hat er nix geholt (6ter Platz in der Punktwertung), bei der deutschen meisterschaft wohl im Sprint verloren und ich glaube letztes Jahr auch nix geholt und mehrere Male auf den letzten Metern geschlagen.

    Ich glaube einen Zabel mitzunehmen hätte nur Sinn gemacht, wenn wirklich das gesamte Team auf ihn ausgerichtet worden wäre. Im Alleingang (bzw. nur mit 2-3 die anfahren) kriegt Zabel es wohl nicht mehr gebacken.

    Was natürlich jetzt immer wieder spekuliert wird: Vinokurov. Kann ein T-Mobile-Team wirklich für Vinokurov fahren? Abgesehen von den etwaigen Schwierigkeiten mit dem deutschen Hauptsponsor, kann ich mir Vinokurov nicht als Leader vorstellen. Eher als Einzelgänger der in den Alpen alleine abhaut.

  4. Ich kanns mir vorstellen. Glaub eher, dass man als Sponsor sein Trikot vorne sehen will (egal wer drin steckt), als dass die Fahrer hinten rumgurken (weil ein deutscher drin steckt). Leader? hmm … ich bin mir nicht sicher was einen Leader ausmacht, ich denke Anweisungen kriegt man eher vom mitfahrenden Wagen, wenn solche zu machen sind.

    Klöden hingegen wird für das T-Mobile-Team in diesem Jahr wohl für die Gesamtwertung ausfallen.

    Zabel hat in der Tat letztes Jahr keine Etappe gewonnen, dennoch würde ich ihn nicht abschreiben. Ich kann mir vorstellen, dass er woanders glücklicher werden würde.

  5. Hrhr, aber Kirsipuu is immer wieder mit dabei und kommt kaum über irgendeinen Berg.
    Etappen gewinnt der auch nicht mehr allzu viele, obgleich er estischer Meister ist. Da hätt man auch einen mehr zur Unterstützung von Moreau mitnehmen können.