Deutschland – Tunesien 3:0

Beim Überfliegen der Schlagzeilen der deutschen Medien, kam das Tunesien-Spiel besser weg als das Australien-Spiel. Ich bin überrascht, denn ich fand den gestrigen Kick um einiges grausamer als das erste Spiel.

Im Prinzip wurde gestern zurückhaltender und defensiver gespielt um endlich “zu Null” zu spielen. Dabei ging aber das spielerische Element völlig flöten. Konnte noch am Mittwoch gesagt werden “Okay, wir hatten hinten eine löchrige Bude, aber das ist der Preis den es zu zahlen gilt, wenn man vorne einen flotten Stiefel spielt“, gab es diesmal nichts was Optimismus spenden konnte, außer dem nackten Resultat.

So viel defensiv stärker waren weder Abwehr noch Mittelfeld. Obwohl die Tunesier an Harmlosigkeit kaum zu überbieten waren (siehe Argentinien-Spiel), kamen die Deutschen immer wieder in Kalamitäten. Noch schlimmer: weite teile des Spielfelds wurden komplett den Nordafrikanern überlassen. Repeat: Die Heimmannschaft die das Turnier und die WM gewinnen will, überließ einer ersatzgeschwächten Kontermannschaft die Kontrolle im Mittelfeld!

Soviel Raum wie die Tunesier zum Ballschieben hatten, hätte einer Mannschaft vom Schlage Argentiniens zum Massaker gereicht.

Das mediale Trommelfeuer der zu schwachen Defensive scheint Verunsicherung in der Nationalmannschaft heraufbeschworen zu haben und Klinsmann/Löw rücken von ihrem einst eingeschlagenen Weg ab. Vom Pressing, schnellem Kombinationsspiel, Agilität und Offensivgeist ist mit dem Tunesien-Spiel erst mal nichts, gar nichts übrig geblieben.

Und wenn die Tunesier nicht nach einer Stunde sukzessive mit ihrer Kondition eingebrochen wären, wäre dabei ein 0:0 oder 0:1 rausgesprungen.

Nach dem Australien-Spiel hat man zum zweiten Mal in Sachen Aufstellung danebengegriffen. Deisler (für Schneider) zeigt keinerlei Ansätze für verbessertes Spiel, wirkt immer noch völlig unintegriert im Mannschaftsgefüge.

Asamoah ist nicht der Typ Stürmer für so ein Spiel, dazu sind seine Pässe in die Tiefe zu wurschtig.

Schweinsteiger nahm eine Auszeit. Nach all dem Gehype lag es nahe, dass die nächsten Gegner ihm besonders auf die Füße treten werden. Trabelsi hatte ihn über weite Teile im Griff.

Das defensive Mittelfeld kam auch eher gut bei den Kritikern weg. Wundert mich, denn trotz eines defensiveren Ballacks der Frings unterstützte, versprühte das Mittelfeld genauso wenig Autorität wie gegen Australien, aber dafür mit weniger spielerischen Impulse nach vorne. Die vielen nach vorne gedroschenen hohen Flanken sind altbekannter Ausdruck deutscher Hilfslosigkeit im Spielaufbau.

Wenn zwei defensive Mittelfeldspieler, macht das Duo Ernst/Frings für mich mehr Sinn, als einen halbgaren Deisler außen zu bringen.

Die Torwartfrage nähert sich nun auch rasant der Klärung. Jens Lehmann leistet sich keine ganz großen Böcke, aber in jeder Partie zeigt er öfters in kleinen Aktionen seine Unsicherheit. Da landen Abschläge ins Aus, da verliert er die Orientierung und läßt sich beim Fangen ins Toraus treiben und bei einem Freistoß von links von einem Linksfuß (vulgo: kann nur aufs Tor kommen) geht er aus dem Tor raus. In der Addition sind das alles massive Argumente für Oliver Kahn.

Die Aufstellungen von Klinsmann/Löw überraschen auch hinsichtlich eines anderen Grundes: in den Testspielen wird allenthalben propagiert wie offen der Kader und die Aufstellung seien. Tatsächlich sind aber die Änderungen der Startelf beim Confed-Cup nur marginal und konservativ. Es sieht derzeit so aus, als gäbe es nur noch einen freien Platz in der Abwehr und einen im Sturm und alle anderen Spieler sind gesetzt.

Wenn es einen Lichtblick gab, dann war es Podolski, mit einem sensationellen Zuspiel auf Schweinsteiger. Podolski bewies wiederholte Male auch Passgeber-Qualitäten.

Kurz zur Übertragung: die Kameraführung war über weite Strecken katastrophal. Die PREMIERE-eigene Taktikkamera zeigte einen viel zu kleinen Ausschnitt des Feldes und war wie die “Beobachtungs”-Kamera sehr wackelig. Beim 2:0 von Schweinsteiger wurde idiotischerweise vom jubelnden Schweinsteiger weggeschnitten, so dass die Nachwelt nie erfahren wird, was er da mit Poldi vor hatte. Ich schließe mich der Kritik von Schmitti an. Dafür dass das ein eingespieltes “Dream Team” eines erfahrenen Produzenten sein soll, ist das abgrundtief schwach.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp