Es dümpelt langsam gen Ende
Das spannendste am heutigen Spieltag, waren die ausgelassenen Feierlichkeiten der Mainzer nach dem Nichtabstieg. Wie Fans und Spieler minutenlang nach Abpfiff weiter feierten, war gänsehautreif (Klopp heute mit Interview in der Berliner Zeitung).
Zwei Mannschaften wurden heute in die Grube gelegt und Gladbach kann morgen evtl. die Gruben zuschippen, wollte es in Hamburg gewinnen. Bochum und Hansa haben 2 Spieltage vor Schluß 5 Punkte Rückstand auf jene Gladbacher.
Insbesondere der Abstieg der Bochumer ist einer der lautesten Abstiege der letzten Zeit. Seite Wochen werden Bochumer Spiele zu finalen und ultimativen Endspielen hochgejazzt und kramt Neururer das letzte Aufgebot aus seinem Rhetorikkästchen hervor. Jedesmal hat er sich eine blutige Nase geholt und unverdrossen haut er in der Folgewoche wieder verbal auf den Putz. Nix hat es geholfen, es hat so etwas wie “Fin de Siècle“. Bochum hätte Neururers Krönung sein können und doch war seine Halbwertszeit an der Ruhr “nur” drei Jahre. In memoriam noch einmal ein Interview das Neururer Ende 2003 der ZEIT gegeben hat, als Bochums UEFAcup-Platz noch nicht fix war, vor der Kopfnuss von Oliseh und vor seinem mutmaßlichen Abstieg und dräueender Entlassung: “Zu Höherem berufen”
Mintal hat heute seinen 23ten Treffer geschossen und steht weiterhin an der Spitze der Torjägerliste. Für einen No-Name-Stürmer ist alles über 20 Tore ziemlich beeindruckend. Makaay hat sich heute auf 19 Tore hochgeschossen, mit 6 Toren in den letzten zwei Spielen, als es nicht mehr um sehr viel ging. Platz 5 für Klose, ein Start in einer neuen Mannschaft mit 15 Toren. Alles andere als der vielerorts apostrophierte Fehleinkauf.
Ailton auf Schalke mit 14 Toren und starken Worten von Assauer. In Bremen haben sie sowas leiser geregelt, ohne dass der Manager vor die Kameras trat und von Ailtons Toren profitiert. Christopher Biermann beschreibt in der SZ das “Problem” Ailton. Rangnick, das war auch heute im PREMIERE-Interview zu hören, ist zu einer ähnlichen Erkenntnis gekommen wie Magath bei den Bayern nach einigen Wochen: er hat zu offensiv spielen lassen, mit nicht genügend Absicherung. Rangnick ist zur Erkenntnis gekommen, das Lincoln plus drei Stürmer zu diesem späten Saisonzeitung zu anstregend für das Team und sein Defensivverhalten ist.
Assauer und Rangnick sind nicht die einzigen die unter der Woche verbale Ohrfeigen verteilt haben. Da waren Matthias Sammer und der VfB Stuttgart lauter. nach Fehlverhalten und roten Karten wurden reihenweise 10.000 und 15.000 EUR Geldstrafen vom VfB verteilt. Im KICKER versucht Sammer die internen Mechanismen beim VfB zu beschreiben.
Das was er sagt, mag in sich stimmig sein, allerdings unterschlägt er konsequenterweise auch sich als Teil des Problemes zu beschreiben. Aussage Sammer: “Wir müssen unsere Persönlichkeiten mehr hegen und pflegen. Ein Oliver Kahn wird, wenn er mal etwas Kritisches sagt, an den Pranger gestellt. Ich bin froh, dass es so Typen gibt. Und dass ich auch in Stuttgart welche habe mit Soldo oder Babbel, Timo Hildebrand ist auf einem guten Weg dazu.”
Man hatte vor einigen Monaten nicht das Gefühl, das Staudt und Sammer mündige, offene Profis schätzen würden. Nach entsprechenden Äußerungen wurden Kuranyi und Hildebrandt jedenfalls abgestraft.
Sammer zum zwoten: “So eine Entwicklung ist schleichend. Vielleicht hätte ich etwas früher noch stärker dagegen ankämpfen müssen. Wir müssen begreifen, dass wir nicht so sehr von äußeren Umständen abhängig sein dürfen, sondern eine eigene Stärke entwickeln müssen.”
Sammer fordert eigene Stärke? Michael Kölmel in der Berliner Zeitung hält dagegen: “Keine Ohrfeigen, kein Aufbäumen”
Noch im Februar klagte Sammer, die Forderung von Staudt nach der Champions League lähme. Danach war der schlechte Rasen Schuld, und überhaupt: die Gerüchte um Torwart Hildebrand, Kuranyi oder Hleb (Arsenal bietet jetzt 18 Millionen Euro). In all dem steckt Wahrheit, aber: der VfB 2005 ist ein Meister der Ausreden, die darüber hinwegtäuschen, dass Sammer seiner Elf keine Konstanz verleihen kann. Nach einigen guten Spielen geht die Balance stets verloren.
Abschließend zum heutigen Spieltag, ein langes Interview von Bayerns Rummenigge in der SZ über TV-Gelder: “Ich bin ein großer Freund des Verdienstes”
Reaktionen
Gestern auf Premiere ging Neururer mit sich selbst hart ins Gericht. Er habe zu Beginn der Saison das Spiel mitgespiel, habe sich zu Tänzchen hinreißen lassen. Dass er das jetzt um die Ohren gehauen bekäme, sei zwar zu erwarten gewesen, aber seine Schuld. Er habe Fehler gemacht.
Außerdem sei er sehr deprimiert, weil dies der erste Abstieg sei, für den er als Trainer komplett verantwortlich ist. (Sonst muss er dann wohl immer während der Saison geholt worden sein?)
Er wirkte insgesamt äußerst deprimiert und sehr ratlos. Man muss sich das aber auch mal vorstellen: Mit so einem Abstieg,d er ja noch gar nicht perfekt ist, bekommt man letztlich testiert, dass man ein Jahr lang Scheiße gebaut hat. Das kann einen schon runterziehen.
Was aber das Schuldeingeständnis von Neururer angeht – ich hatte es auch gesehen – das hatte auch schon wieder so etwas überzogenes, plakatives, egozentrisches. Gerade weil er er sich selber so überzogen kritisierte, scheint er mir nicht ganz verstanden zu haben, was das eigentliche Problem war. Es waren eben nicht die kleinen Tänzchen und man muss nichts gegen einen euphorisierten Trainer haben, siehe Klopp.
Das Problem war aber grundsätzlicher: er wähnte sich in Fußspuren, die sich als 2-3 Nummern zu groß erwiesen. Fatal z.B. der Spruch “Bochum wird eher Meister als noch einmal absteigen”. Man muß ja auch bedenken, dass die Bochumer Mannschaft einen hohen “Blutzoll” vor der Saison erlitt: Hashemian, Freier, Fahrenhorst (wann flog Oliseh?).
Ich hatte das Gefühl dass Neururer jeden dieser Weggänge sehr persönlich nahm und alleine schon aus Trotz zur Großspurigkeit griff.
Dass es Neururers erster Abstieg ist, mag damit zusammenhängen dass er meistens früher gekickt wurde.
Die Geschichte hat natürlich eine tragische Note für Neururer. Nach dem er bislang immer der Feuerwehrmann für eher bodenständige Klubs war, sah er hier die Chance einen Klub zu prägen, dauerhaft oben zu halten, etwas aufzubauen und es aller Welt zu zeigen, dass er doch ein Guter ist. So etwas wie es Magath in Stuttgart passiert ist…
Doch für meinen Geschmack hat dieses Selbstverständnis von Neururer immer geklemmt.