Der Tag der Tage -1-
Es kommt durchaus vor, dass man in der einen oder anderen Championsleague-Runde ein namhaftes Duell hochjazzt. Was aber der Zufallsgenerator für das Achtelfinale an Ansetzungen fabrizierte, läßt einem jedwede Superlative flöten gehen.
Wie erbärmlich sind da doch ein Teil der deutschen Medien, denen nicht sehr viel mehr einfällt als den FC Bayern und das vermeidliche “Titanenduell” Kahn vs. Lehmann. Hier trennen sich Fußballfans von Kleingeistern.
Auf zu dem ersten Teil einer großartigen Runde. Weitere Updates, wenn nötig, im Laufe des Tages in einem anderen Eintrag.
Bayern München – Arsenal
Kommentatoren: Tom Bartels/PREMIERE, Würg Wontorra/SAT.1
Das Spiel ragt für meinen Geschmack aus dem heutigen Spieltag heraus, da es hier nicht nur um das Gekicke von namhaften Profis geht, sondern sogar ein taktischer Leckerbissen rausspringen kann.
Wenger prägte Arsenal wie selten ein Trainer eine Mannschaft. Das schnelle Kurzpaßspiel, die Flügelläufe, “Wenger Ball“. Dabei wurde mitunter vergessen, dass Arsenal auch eine grandiose Abwehr hatte. Die Betonung liegt auf dem Wort hatte. Während man im Angriff immer noch jeden Gegner in Schutt und Asche legen kann (Premiership: 63 geschossene Tore, 13 mehr als der zweitbeste) ist die Abwehr so schwach wie bei keinem anderen in Englands Top Five. Man hat doppelt soviele Tore wie ManU und viermal so viele Tore wie Chelsea bekommen (31 vs. 16 vs. 8).
Diese Arsenal-Abwehr hat auch heute abend eine Schwachsstelle. Mit Campbell fehlt ein Innenverteidiger und das “Hirn”, was Arsenals Schwäche bei Standards noch frappierender machen könnte. Gefragt sind also kopfballstarke Bayern und genau das könnte den Verlust von Ballack, der vermutlich nicht wird spielen können, doch schmerzhaft machen.
Frische Innenverteidigung, das könnte auch ein Fall für einen Fummler sein, der in die Nahtstellen der Raumverteidigung eindringt und damit eher für einen Guerrero als einen Pizarro.
Beide Mannschaften könnten in Sachen Angriff nicht gegensätzlicher sein. Bayern kommt eher über die Mitte und sucht den Abschluß aus der Distanz, während Arsenal ein klassisches Außenstürmer-System besitzt, über die Flügel kommt und versucht in den Strafraum einzudringen.
Auch wenn Arsenals Offensive immer noch zu großen Taten in der Lage ist, erscheint sie mir launischer als in den letzten Jahren. Lauren und Ljungberg fackeln auf der rechten Seite nur kurzzeitig ein Feuerwerk ab. Gefährlicher ist die linke Seite mit den Vorstößen von Cole und dem quirligen Pires.
Bayern muss man leider attestieren, dass sie in der Defensive flügellahm sind. So sehr flügellahm, dass man Lizarazu zurückholte, weil das Experiment Rau scheiterte und man seinen Frieden mit dem vormals für stagnierend gehaltenen Talent Sagnol schloß, weil Görlitz als entwicklungsfähige Alternative verletzungsbedingt ausfällt.
Man darf gespannt sein welche Rolle Frings und Salihamidzic spielen werden. Wird einer der beiden mit Defensivaufgaben auf den rechten Flügel gestellt um der Achse Cole – Pires – Henry Einhalt zu gebieten?
Es wäre für das Offensivspiel der Bayern von Nachteil, wenn Frings zu sehr mit Defensiv-Aufgaben beschäftigt wäre. Mit Frings und Scholl hat man zwei Spieler die jenseits der Mitte spielen und daher in den Rücken der offensiven Arsenal-Flügel stoßen könnten. Ein gut aufgelegter Schweinsteiger könnte einen nicht immer gut aufgelegten Verteidiger Cole in Kalamitäten bringen.
Bayern:
Vorr. Aufstellung: Kahn
Sagnol, Lucio, R. Kovac, Lizarazu
Frings, Hargreaves/DeMichelis, Scholl, Salihamidzic
Makaay, Pizarro
Ausfälle: Michael Ballack/Mittelfeldzentrale (Oberschenkel, Einsatz unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich), Santa Cruz (verletzt)
Arsenal:
Vorr. Aufstellung: Lehmann
Lauren, Cygan, Touré, Ashley Cole (Magen, fraglich, einziger Engländer)/Clichy
Viera
Ljungberg, Fabregas/Edu/Flamini, Pires
Henry, Reyes
Ausfälle: Campbell/Innenverteidiger (Knöchel), Bergkamp/Stürmer und Vorlagengeber (Flugangst), Hoyte/Rechtsaußen (Knöchel)
Schiedsrichter: Kim Nielsen
Kein Wort meinerseits zum “Torwartduell”. Es hibt aber heute in der Berliner Zeitung eine amüsante Abhandlung zum Duell Kahn – Lehmann und deutsche Torhüter im allgemeinen, die sich schon dadurch auszeichnet, dass sie Mladen Pralija ausgräbt, der Albtraum jedes HSV-Fans (“Bei seinem ersten Spiel, einem nullsechs in München, soll der fahrige Fänger nach Überlieferungen neutraler Augenzeugen an zirka sieben Gegentoren schuld gewesen sein“). Christof Kneer, Andreas Lesch: “Der elfte Mann”
Man muss noch mal an diese alten Zeiten erinnern, jetzt, da sich mit Oliver Kahn und Jens Lehmann zwei Stein-Nachfahren ums deutsche Tor balgen. Es ist eine scheußlich langweilige Debatte, nicht nur, weil das Champions-League-Duell zwischen Kahns FC Bayern und Lehmanns FC Arsenal nicht entscheiden wird, wer 2006 das Tor bewacht. Diese Debatte braucht auch deshalb keiner, weil sie aus einer deutschen Binnensicht heraus geführt wird, so, als starre die Welt gebannt auf den Ausgang des Duells.
In Wahrheit ist es längst nicht mehr so, dass in diesem Zweikampf gleichzeitig der Titel des weltbesten Torhüters verhandelt wird. “Bei uns war das damals vielleicht noch so”, sagt Uli Stein, der 1986 dem Rivalen Toni Schumacher unterlag. “Damals galt die Faustregel: Der deutsche Nationalkeeper ist der beste der Welt. Und der zweitbeste Keeper der Welt ist sein Ersatzmann.” Es war die Zeit, als es für Bundesligatorhüter von Nachteil war, Deutscher zu sein. “Es konnten halt nur drei zum Kader der Nationalelf gehören”, sagt Stein, “dabei wären die anderen in 90 Prozent aller Nationalteams Stammkeeper gewesen.”
FC Liverpool – Bayer Leverkusen
Kommentator: Fritz von TuT
Im Englischen gibt es den Ausdruck “feeling blue“. Auch wenn beide Teams eher das Rot als Jersey-Farbe bevorzugen, dürfte dass die Stimmung in beiden Lagern treffen. Leverkusen bezeichnet sich als “geschockt” nach dem neuerlichen Kreuzbandriß von Nowotny, wobei angesichts Nowotnys letzen Leistungen der sportliche Verlust seines Ausfalls hinterfragt werden darf.
In Liverpool sah man in den letzten Wochen alle ambitionierten Träume davon schwimmen. Nach einem kleinen Zwischenhoch zur Jahreswende, bei der man hoffen konnte, das Benitez die Wende geschafft hätte, ist ihnen durch mitunter kreuzlahme Vorstellungen alles weggebrochen. Wenn am Ende des Tages der Carling Cup und/oder ein Championsleague-Platz herausspringen, ist man mit einem blauen Auge davongekommen. “Feeling blue”.
Man hat das Gefühl das Liverpool derzeit ein fragiles Gebilde ist. Nimm ihnen Gerrard, der aufgrund einer Gelbsperre nicht dabei ist, und das Herz, der Máximo Lider, ist ihnen herausgerissen. Dazu die schwere Verletzung von Xabi Alonso, neben Gerrard der einzige Mann der Liverpool mit spielerischen Momenten versorgen kann. Zudem ist fast alles was Tore schießen kann, verletzt. Am Ende bleibt nur noch eine Hülle von Championsleague-Teilnehmer, die spielerisch harmlos ist.
Bayer äusserte Respekt vor der Anfield Road und auch die Reds setzen auf den Faktor Heimvorteil. Viel geblieben ist aber unter Benitez derzeit nicht. In den letzten neun Wochen gab es von ‘Pool nur zwei Heimsiege mit mehr als einem Tor. Dies ist eben die Konsequenz von spielerischer Armut einerseits und mangelnder Torgefährlichkeit andererseits. Nimmt man die vorraussichtliche Aufstellung, so haben alle dortigen Spieler in der Saison bislang 20 Tore geschossen. Baros davon mehr als die Hälfte (11) und Riise auch nochmal 6 Tore. Nimmt man beide weg, bleiben nur noch drei Tore übrig.
Damit ist das Profil für die Bayer-Abwehr vorgegeben: Riise ist ein linker Flügelflitzer, Baros ein unangenehm vielseitiger Stürmer, der sowohl aus der Halbdistanz abziehen kann oder in den Strafraum eindringt oder den Strafraumwühler gibt. Gesucht wird ein zweiter Stürmer. Entweder kommt nach längerer Verletzungspause der Australier Kewell (1 Tor) rein oder Smicer (0 Tore) rückt aus dem Mittelfeld nach vorne.
Die Abwehr ist Bayers Baustelle Nr. 1, denn nach dem Ausfall von Nowotny und Roque Junior muss umformiert werden. Juan darf nach seiner Nürnberg-Pause wieder einrücken, der junge Callsen-Bracker muss als Nowotny-Ersatz drinbleiben. Bernd Schneider wird möglicherweise als Rechtsverteidiger verbraten, was nicht wirklich auf hemmungslose Offensive von Seiten der Pillendreher schließen läßt. Zudem: Riise gegen Bernd Schneider, Vorteil Liverpool.
Das haben sie aber auch nicht nötig, denn mit Voronin, Ponte, Berbatov und Freier lassen sich schnelle Gegenstöße fabrizieren.
Die Probleme fangen für Bayer dann an, wenn Liverpool versucht mit zwei defensiven Spielen irgendwie ein 0:0 und 1:0 herauszuwürgen. Bayer hat nicht das Format um eine kompakt stehende Mannschaft auszuhebeln.
Für mich riecht das nach einer Partie die heute maximal ein Tor sehen wird.
Liverpool:
Vorr. Aufstellung: Dudek
Finnan, Carragher, Hyypiä, Traore/Warnock
Smicer, Biscan, Hamann, Riise
Kewell, Baros
Ausfälle: Gerrard/Mittelfeld-Antreiber (Gelb), Morrientes/Stürmer (nicht spielberechtigt), Pellegrino (nicht spielberechtigt), Xabi Alonso/Mittelfeld-Antreiber (verletzt), Neil Mellor/junger, simpel gestrickter Stürmer (fraglich), Cissé/Stürmer (verletzt), Sinama-Pongolle/Stürmer (verletzt)
Leverkusen:
Vorr. Aufstellung: Butt
B. Schneider, Callsen-Bracker, Juan, Placente
Ramelow
Freier, Ponte, Krzynowek
Voronin, Berbatov
Ausfälle: Nowotny/Abwehrchef (Kreuzbandriß), Roque Junior (verletzt)
Schiedsrichter: Vassaras (GRC)
Real Madrid – Juventus
Real hatte eigentlich eine versaute Saison, aber seit der Inthronisierung des brasilianischen Trainers Luxemburgo läuft es wieder und man hat sich bis auf 7 Punkte an den Spitzenreiter Barca heranrobben können, trotz Heimniederlage am letzten Wochenende (erste unter Luxemburgo, spielten ohne Zidane, Rondaldo und Raul) gegen Athletico Bilbao, die ich in der letzten Woche schon erwähnte…
Konträrer könnte es bei Juve nicht laufen. Dort hat man die Tabellenspitze nach einer Serie von eher lauen Spielen abgeben müssen. Ein Sieg aus den letzten vier Spielen.
Bei den Ausfällen die Juve verkraften muss, wird Capello vermutlich mit noch größerer Betonmischmaschine als gewohnt angereist kommen. Darf Gravesen eigentlich für Real spielen? Ich denke ja. Bin gespannt auf seinen Auftritt. Aus England hört man, das Gravesen mit seinen defensiven Aufgaben unglücklich ist.
Real
Vorr. Aufstellung: Casillas
Michel Salgado, Ivan Helguera, Samuel, Roberto Carlos
Beckham, Gravesen, Figo, Zidane
Raul, Ronaldo.
Ausfälle: Salgado/Rechtsaußen (fraglich)
Juve:
Vorr. Aufstellung: Buffon
Zebina, Thuram, Cannavaro, Zambrotta
Camoranesi, Blasi, Emerson, Nedved (sehr fraglich!)
Ibrahimovic, Del Piero.
Ausfälle: Trezeguet/Stürmer (Grippe), Montero/Verteidiger (verletzt)
PSV Eindhoven – AS Monaco
Beide Mannschaften haben derzeit eher gute Phasen in den einheimischen Ligen und sind zudem fast völlig von Verletzungen verschont. Eindhoven könnte evtl. auf Mark Van Bommel verzichten müssen, während bei Monaco Chevanton fehlen wird.
Es ist ein Rematch der vergangenen Saison. das Rückspiel gewann Monaco 2:1 in Eindhoven und wird im Rückblick von Trainer Deschamps als Schlüsselmoment der Saison gesehen, der Abend an dem aus Spielern “Männer” wurden. Beide Mannschaften ist gemein, dass sie im Vergleich zur letzten Saison heftig umformiert wurden, aber seit 3-4 Monaten sich sehr viel eingespielter zeigen.
Eindhoven:
Vorr. Aufstellung: Gomes
Ooijer, Alex, Bouma, Young-Pyo
Van Bommel, Vogel, Cocu, Ji-Sung
Vennegoor of Hesselink, Farfan
Monaco:
Vorr. Aufstellung: Roma
Maicon, Rodriguez, Givet, Evra
Plasil, Bernardi, Zikos, Kallon
Adebayor, Saviola.
Reaktionen
Das wird wirklich ein spannender Fußball-Abend.
Die Bayern können heute mal zeigen, was sie wirklich draufhaben…
…hoffentlich nicht so wenig, wie ich vermute, denn in London wird’s verdammt schwer!
Bist Du Dir wirklich sicher, ob Zidane und Raul nicht gespielt haben? Das Spiel lief hier nur in irgendeinem Pub, aber ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass ich Rauls Mähne und Zidanes weniger behaartes Haupt am Samstag gesehen habe.
Wie dem auch sei, ich freue mich, dass es endlich weitergeht.
Ich habe es so mehreren Previews entnommen (u.a. L’Équipe’). Ich hab da jetzt noch mal nachgefasst: Lt. Real-Website sind alle drei in der 66ten Minute beim Stande von 0:1 gegen Figo, Owen, Raul Bravo eingewechselt worden. Sie haben also nicht nicht gespielt, wurden aber geschont.