Hoyzer sagt: Zweitliga-Spiele verschoben, Schiri + Spieler bestochen

Es kursiert ein Vorabdruck eines morgen erscheinenden Artikels in der SZ über das heute von Hoyzer gegenüber der Staatsanwaltschaft getätigte Geständnisses aus dem auszugsweise die Netzeitung und gerade eben auch PREMIERE zitieren.

Mir selber liegt der Artikel nicht vor, er ist aber wahrscheinlich, wie einige andere SZ-Artikel in den letzten Tagen, vom renommierten Investigativ-Journalisten Hans Leyendecker geschrieben. Leyendecker verfügt über gute Verbindungen zu Staatsanwaltschaften.

In dem Geständnis soll Hoyzer angeblich ausgesagt haben, 3 Spiele für insgesamt 50.000 EUR verschoben zu haben. Zudem sollen weitere Schiedsrichter bestochen worden sein, er selber sei bei der Geldübergabe zugegen gewesen sein. Außerdem soll Hoyzer auch von bestochenen Spieler gehört haben.

(Mehr vermutlich im Laufe der nächsten Stunden)

19h09: der SZ-Artikel

Das ist vermutlich der fragliche Artikel in der Samstagsausgabe: “Spieler und Schiedsrichter kassierten“.

Der wegen Wett-Manipulationen unter Betrugsverdacht stehende Schiedsrichter hat gestanden, drei Fußballspiele verschoben und dafür mehr als 50.000 Euro kassiert zu haben. Hoyzer gab zudem an, dass er bei Geldübergaben an andere Schiedsrichter dabei gewesen sei; von Zahlungen an Spieler habe er gehört.

Nach Hoyzers Darstellung vor den Ermittlern ist ihm das Geld von Mitgliedern einer kroatischen Wettmafia zugeschoben worden. Die Betrüger, die große Summen auf Spiele von Hoyzer setzten, hätten ihm zunächst kleinere Geschenke gemacht, ohne dafür ein Dankeschön zu verlangen.

Hoyzers Essener Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner sagte, sein Mandant sei „regelrecht angefüttert worden“. Als „die ihn am Haken hatten, haben sie dann Gegenleistungen auf dem Fußballplatz“ gefordert. Ihn an der Angel zu haben sei für die „anderen“ wie „ein Weihnachtsgeschenk“ gewesen.

19h56

Leverkusens Wolfgang Holzhäuser, Vizepräsident der DFL und im Präsidium des DFBs sitzend, wurde eben von PREMIEREs Christian Sprenger interviewt. Es mehren sich die Stimmen, und Holzhäuser ist einer von ihnen, die die Wiederholung zumindest der verschobenen Liga-Spiele fordern, aber eine Wiederholung von Pokalspielen ausschließt.

Ferner hält Holzhäuser die Einführung von Videobeweisen u.ä. als geeignete Mittel gegen Schiedsrichter- oder Spieler-Manipulationen.

20h56

Am späten Nachmittag/frühen Abend wurden in Berlin vier Örtlichkeiten von der Polizei im Zusammenhang mit dem Wettskandal durchsucht, u.a. das “Café King” von dem im Zusammenhang mit einer “kroatischen Wettmafia” öfters die Rede war. Es soll bei den Durchsuchungen zwei Festnahmen gegeben haben.

22h41

Inzwischen hat die SZ den wahrscheinlich “wirklichen” Samstag-Artikel online gestellt, nicht die quicke Vorabversion “Spieler und Schiedsrichter kassierten“. In “Ein Netzwerk des Betruges” schreiben Hans Leyendecker und Thomas Kistner (der SZ-Mann für Sportpolitik) einige neue Nuancen.

So soll Hoyzer in der Szene kein großes Licht gewesen sein, seine Kenntnisse nur begrenzt.

Aus [dem] Umfeld [der Berliner Ermittlungsbehörden], das weiterhin als gut informiert gelten darf, wurde lanciert, dass Hoyzer angeblich dabei gewesen sei, als Schiedsrichter Geld bekamen von Wettbetrügern.

In dem Zusammenhang habe er auch von Zahlungen an Spieler erfahren. Es handle sich insgesamt um eine Anzahl von Mittätern im einstelligen Bereich, wobei sich alles im Bereich Zweite Liga abgespielt habe. […]

Anzunehmen ist jedoch, dass der 25-Jährige keine Detailkenntnisse haben kann, die über sein Berliner Szene-Biotop, die unter kroatischer Führung befindliche Sportkneipe „Cafe King“, hinaus gehen.

Eine der Fragen ist inwieweit organisiertes Verbrechen dahinter steckt. Die vielfach ins Gespräch gebrachte “kroatische Wettmafia” wird z.B. von der TAZ für nicht sehr wahrscheinlich gehalten.

Die SZ und etliche Beteiligte belassen es bei diffusen Andeutungen von etwas organisiertem:

Generell aber ist die Einzeltäter-These, an die sich die DFB-Funktionäre so lange klammerten, längst zerbröselt. Selbst Georg Adolf Schnarr, der DFB-Bundesgerichtsvorsitzende, glaubt nun an eine Beteiligung des organisierten Verbrechens. Wenn sich Wettmanipulationen lohnen sollten, müssten sie in großem Stil ablaufen. Diese Geschichte müsse organisiert sein, sagte Schnarr der Stuttgarter Zeitung.

Das sieht auch Anwalt Holthoff-Pförtner so, der seinen Mandanten in einem Umfeld sieht, „das ich als nicht lustig bezeichnen würde – dass Leute ihre Interessen dort anders durchsetzen als über Zivilklagen“.

[…] Von einem organisierten kriminellen Treiben gehen immer mehr aus. „Da wird noch einiges mehr hochkommen“, sagte Oddset-Marketingleiter Wolfgang Feldner dem sid.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. In der Süddeutschen wird heute Manfred Haupt interviewt (leider nur für Print-Käufer und E-Paper-Abonnenten). Haupt war Zweitligaschiedsrichter und schmiss den Job 2001, weil er im Schiedsrichterwesen des DFB ein Günstlingssystem sah. Im Interview äußert er sich auch dazu, wie ein Schiedsrichter ein Spiel beeinflussen kann:

    SZ: Wie groß ist die Möglichkeit für einen Schiedsrichter, Einfluss zu nehmen?

    Haupt: Das ist eine latente Gefahr. […] Der Schiedsrichter soll mit positiver Einstellung ins Spiel gehen. Wenn ich da eine schwächere Persönlichkeitsstruktur habe und eigene Vorteile suche, dann gehe ich schon an dieses Spiel ran und sage, das werde ich schon biegen. Es fängt an beim Umgang des Schiedsrichters mit den Spielern. Das ist oft nonverbal, nur mit Mimik und Gestik. So kann ich theoretisch die Dinge bewegen. Wenn ich den Spielverlauf beeinflusse, was geht, nehme ich auch Einfluss auf das Ergebnis – ohne mir dessen immer bewusst sein zu müssen. […] Das, was [Robert Hoyzer] zugegeben hat, ist schon über den Vorsatz, das Spiel in die gewünschte Richtung zu lenken, machbar. Das geht.

    Welt als Wille. Dieser Aspekt von Management, und letztlich ist Schiedsrichten nicht viel anderes, wird immer wieder dramatisch unterschätzt. Wer eine klare Vorstellung von Ziel und Weg hat und außerdem über Führungsqualität verfügt, der wird andere Menschen in die gewünschte Richtung lenken, ohne dass er sie detailliert erläutern muss. Er strahlt einfach aus, was gemacht werden soll, und die anderen folgen.

    Sehr spannend, das aus dem Mund eines Schiedsrichters zu hören.