Nach 10 Jahren Kurzschluß: Geyer entlassen
Ich fand es – gelinde gesagt – dann doch überraschend, die Entlassung von Trainer Eduard Geyer nach zehn Jahren bei Energie Cottbus.
Sowohl Verein als auch Trainer wirkten so bodenständig, dass ich an ein Bund fürs Leben glaubte.
Stattdessen ließ sich die Vereinsführung von Panik anstecken und feuerten Geyer nach dem 1:2 gegen Aachen. Möglicherweise angesteckt von einer Medienlandschaft die immer “worst case” aus einer Situation herauszulesen versucht: “Nur noch Punkte bis zu einem Abstiegsplatz!“, “einen Platz vom Abstieg entfernt!”
Das Zahlenwerk kann man auch so interpretieren:
- Geyer wurde nach einer 1-Tore-Niederlage gegen einen UEFA-Cup-Teilnehmer entlassen
- Geyer wurde nach der zweiten Niederlage in Folge gefeuert
- Geyer wurde zu einem Zeitpunkt entlassen, als man nur 3 Punkte vom vierten Platz entfernt war.
- Es war die erste Heimniederlage.
Ja, es gab Probleme in Cottbus. Darauf deuten die Zuschauerzahlen hin (nur 6.600 gestern abend) und darauf deuten auch die vorsichtigen Statements von Christian Beeck hin, z.B. gestern auf PREMIERE. Stichwort: Chemie in der Mannschaft, zu viele Schöngeister, zuwenig Rasenfresser.
Man darf durchaus aus solchen Gründen dann auch mal den Trainer beurlauben (“Der Trainer erreicht die Mannschaft nicht mehr”), aber bitte schön nicht nach einer Niederlage gegen den Tabellendritten und UEFAcup-Teilnehmer und nicht angesichts des Tabellenstandes in so einer engen zwoten Liga. Soviel Rückgrat darf ein Trainer nach zehn Jahren und fünf Monaten verlangen.
Der knorrige Eduard Geyer, ich weiß nicht was ich von ihm halten soll. Er hat immer wieder grenzwertige Blut-und-Boden-Sprüche gebracht oder stalinistischen Kadavergehorsam verlangt. Der Mann schien mitunter aus einer anderen Epoche zu kommen. Allen Hamburgern ist sein Nutten-Spruch in bester Erinnerung. Als er vor dem St.Pauli-Spiel sagte “Einige meiner Spieler haben eine Berufsauffassung wie die Nutten auf St. Pauli.“, reagierte man auf Pauli mit Transparenten wie “Unser bester Freier – Ede Geyer” während “Ede in den Puff” gesungen wurde. Das Spiel wurde zu einem kleinen Prostituierten-Happening im Kiez.
Und irgendwie war er mir doch sympathischer als all die Bergers, Röbers oder Götzs dieser Welt.
Links: Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Kicker
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